Global Compact Deutschland 2012
Themen Themen dieser Ausgabe sind u.a.: Nachhaltiges Personalmanagement, Rio+20 Bilanz, Green Business und die Welt im Jahr 2052 sowie Neues aus dem UN Global Compact. Jahrbuch des deutschen Netzwerkes mit Beiträgen u.a. von Ban Ki-moon (Vorwort), Georg Suso Sutter, Georg Kell, Christina Raab und Jorgen Randers sowie 31 deutschen Global Compact- Mitgliedsunternehmen. 136 Seiten, durchgehend farbig, broschiert, FSC-zertifizierter und klimaneutraler Druck, limitierte Auflage. Münster 2013: macondo publishing GmbH ISBN-13: 978-3-9813540-4-1
Themen Themen dieser Ausgabe sind u.a.: Nachhaltiges Personalmanagement, Rio+20 Bilanz, Green Business und die Welt im Jahr 2052 sowie Neues aus dem UN Global Compact.
Jahrbuch des deutschen Netzwerkes mit Beiträgen u.a. von Ban Ki-moon (Vorwort), Georg Suso Sutter, Georg Kell, Christina Raab und Jorgen Randers sowie 31 deutschen Global Compact- Mitgliedsunternehmen. 136 Seiten, durchgehend farbig, broschiert, FSC-zertifizierter und klimaneutraler Druck, limitierte Auflage.
Münster 2013: macondo publishing GmbH
ISBN-13: 978-3-9813540-4-1
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global<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
compact<br />
<strong>2012</strong>
Herausgegeben mit freundlicher Unterstüzung durch:<br />
SERVICE MIT SYSTEM
Grußnote<br />
I greatly appreciate the time and energy that all of you have<br />
committed to the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. UN-business collaboration<br />
is essential for achieving a better future.<br />
We are on a good track already.<br />
Through the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, some 7,000 companies in 135 countries<br />
are working to change their operations to align with universal<br />
principles.<br />
Platforms and working groups on sustainable energy, climate, water,<br />
women’s empowerment and anti-corruption are thriving.<br />
Ban Ki-moon, UN-Generalsekretär<br />
We have Local Networks on the ground in 101 countries. I have<br />
visited at least a dozen of these and been very inspired by the level<br />
of enthusiasm and action. In April, I launched the network in<br />
Myanmar and felt the true potential of the <strong>Compact</strong> to contribute<br />
to the historic transition under way in that country.<br />
These are all promising signs.<br />
But as we know, much more needs to be done to increase both the<br />
scale and quality of corporate sustainability practices.<br />
Not enough companies are taking the agenda seriously. We have set<br />
a goal of reaching 20,000 companies by 2020 as part of our efforts<br />
to reach critical mass.<br />
For those companies that are in the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, we must find<br />
a way to keep them engaged and improving their work. Just onequarter<br />
of our participants consider their work advanced.<br />
It is also unfortunate that we are forced to remove so many companies<br />
each year – especially small companies – that are not meeting the<br />
requirements of the initiative. These are companies that have found<br />
their way to the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, yet somehow do not keep pace.<br />
We must work harder to keep them on the path of sustainability.<br />
These two goals – growth and quality –<br />
are keys to <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>’s future.<br />
Auszug aus der Rede von UN Generalsekretär Ban Ki-moon anlässlich des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
Board Meetings, Rio de Janeiro, 21 Juni <strong>2012</strong>
Inhalt<br />
3<br />
Grußnote<br />
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon<br />
8<br />
14<br />
18<br />
22<br />
Nachhaltiges Personalmanagement<br />
CSR ohne HR ist PR – Der Mensch macht den<br />
Unterschied<br />
Dr. Georg Suso Sutterr<br />
CSR-Tools im Personalbereich<br />
Sonja Scheferling<br />
Diversity Management –<br />
DGCN-Schwerpunktthema <strong>2012</strong><br />
Infografik: Demographischer Wandel in <strong>Deutschland</strong><br />
6<br />
Nachhaltiges Personalmanagement<br />
26<br />
30<br />
33<br />
34<br />
37<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside<br />
Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> wird zur transformativen Initiative<br />
Georg Kell im Gespräch<br />
Fünf Dinge, die wir von Rio+20 lernen können<br />
Tom Biggs<br />
Info: Publikationen<br />
Das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk <strong>2012</strong><br />
Dr. Jürgen Janssen<br />
CoP-Tool des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerkes<br />
Dennis Lohmann<br />
24<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Inside<br />
40<br />
44<br />
46<br />
48<br />
50<br />
53<br />
Green Business<br />
Green Business im Kontext sich ändernder Lebensstile<br />
Dr. Christina Raab, Isabell Ullrich, Sarah Beckers<br />
Innovationsförderung durch „Green Business“<br />
Dennis Lohmann<br />
Green Economy – Ein neues Wirtschaftswunder?<br />
Prof. Dr. Annette Schavan im Gespräch<br />
Zukünftige Infrastrukturen der Energieversorgung<br />
Prof. Dr. Ortwin Renn, Prof. Dr. Armin Grunwald , Dr. Wolfgang Weimer-Jehle<br />
Green Business Assessment<br />
André Månsson, Philip Thormark<br />
Info: Publikationen<br />
38<br />
Green Business
Die Welt in 2052<br />
130<br />
Stichwort „Die Grenzen des Wachstums“<br />
126<br />
Die Welt im Jahr 2052 –<br />
Neues Szenario des „Club of Rome“<br />
132<br />
Zusammenstellung: Dr. Elmer Lenzen<br />
WBCSD-Vision 2050<br />
Prof. Dr. Jørgen Randers im Gespräch<br />
Dr. Elmer Lenzen<br />
54<br />
58<br />
60<br />
62<br />
64<br />
66<br />
68<br />
70<br />
72<br />
74<br />
76<br />
80<br />
82<br />
84<br />
86<br />
88<br />
Best Practice<br />
Übersicht<br />
Kärcher<br />
Verantwortung übernehmen hat bei Kärcher Tradition<br />
PwC<br />
Unternehmen nutzen Corporate-Citizenship-Potenziale<br />
kaum<br />
ABB<br />
Duales Bildungssystem auf der Überholspur<br />
Bayer<br />
Innovative Lösungen für ein langes und aktives<br />
Erwerbsleben<br />
Bosch<br />
Diversity bei Bosch – ein bedeutender Erfolgsfaktor<br />
GIZ<br />
Innovative Lösungen für nachhaltige Lieferketten<br />
Heraeus<br />
Frühzeitig andere Kulturen und das Unternehmen<br />
kennenlernen<br />
HypoVereinsbank<br />
„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“<br />
Miele<br />
Mitarbeiter fördern, Potenziale entdecken<br />
Weidmüller<br />
Alt und Jung verbinden: Die beste Team-Lösung<br />
Audi<br />
Audi future energies – Ökonomie und Ökologie<br />
im Einklang<br />
BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />
Ressourceneffizienz als Gemeinschaftsprojekt<br />
Deutsche Post DHL<br />
GoGreen: Das Umweltschutz-Programm von<br />
Deutsche Post DHL<br />
Evonik<br />
Der Baum der Berber<br />
HSE<br />
Der HSE-Konzern als Energie-, Infrastruktur und<br />
Klimadienstleister<br />
90<br />
92<br />
94<br />
96<br />
98<br />
102<br />
104<br />
106<br />
108<br />
110<br />
112<br />
114<br />
116<br />
118<br />
120<br />
122<br />
LAROSÉ<br />
Ressourcenschonung durch Energierückgewinnung<br />
Merck<br />
Treibhausgase reduzieren – Merck aktiv dabei<br />
RWE<br />
Viel Wind auf hoher See<br />
Deutsche Telekom<br />
Zukunft im Praxistest:<br />
Umweltfreundliche Technologien<br />
in der T-City<br />
VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken<br />
Verantwortliches Energiemanagement<br />
als Langfriststrategie<br />
BASF<br />
Nachhaltigkeit messbar machen<br />
BMW Group<br />
Nachhaltiges Wirtschaften<br />
als ganzheitlicher Ansatz<br />
CEWE<br />
Klare Haltung: Compliance bei CEWE<br />
Coca-Cola <strong>Deutschland</strong><br />
Nachhaltigkeit mit Lebensfreude verbinden<br />
Daimler<br />
Integrität im Dialog: Gemeinsam für eine<br />
integre Unter nehmenskultur<br />
Ernst & Young<br />
Energieeffizienz: Wesentlicher Faktor für<br />
Wettbewerbsfähigkeit<br />
Krones<br />
Nachhaltigkeit im Getränkemaschinenbau<br />
MAN<br />
MAN verbessert CR-Performance signifikant<br />
Mediengruppe macondo<br />
Guidance und Guidelines für nachhaltiges Gründen<br />
Volkswagen<br />
Für mehr Sicherheit im Straßenverkehr –<br />
überall auf der Welt<br />
Lavaris Technologies<br />
Neue Wege in der Wasseraufbereitung<br />
und -analyse
Agenda<br />
6 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Human Resources<br />
Nachhaltiges<br />
Personal<br />
management<br />
Eine konsequente Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung bedeutet nicht nur Veränderungen bei Produkten und<br />
Geschäftsmodellen, sondern auch einen bewußten Umgang mit der „Ressource“ Mensch. Unser Schwerpunkthema<br />
„Nachhaltiges Personalmanagement“ zeigt anschaulich die vielen Facetten des Themas, gibt praxisnah Tipps, welche<br />
Maßnahmen Unternehmen einsetzen können, und beleuchtet insbesondere die Aspekte Diversity Management und<br />
Demografischer Wandel.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
7
Agenda<br />
CSR<br />
ohne HR<br />
ist PR<br />
Der Mensch macht den Unterschied<br />
Die strategische Bedeutung von<br />
Human Resources Management (HR) für<br />
Corporate Social Responsibility (CSR) –<br />
eine wertschöpfende Partnerschaft<br />
Von Dr. Georg Suso Sutter<br />
„Unternehmen, die „Corporate Social Responsibility“ in ihre<br />
Unternehmensstrategie aufgenommen haben und den daran<br />
geknüpften Anspruch glaubhaft leben, sind attraktiver<br />
für hochqualifizierte Mitarbeiter und wettbewerbsfähiger<br />
am Markt.“ Angesichts solcher Befunde ist es nicht weiter<br />
erstaunlich, dass sich zunehmend mehr Unternehmen weit<br />
über gesetzliche Pflichten hinaus für Arbeitsbedingungen,<br />
Gesellschaft und Umwelt einsetzen.<br />
Das Zauberwort heißt CSR – ein nachhaltiges Handlungskonzept<br />
auf freiwilliger Basis, welches im Einklang mit den Unternehmenswerten<br />
gesellschaftliche und ökologische Aspekte<br />
in die Unternehmensstrategie und in das tägliche unternehmerische<br />
Handeln integriert und dabei auf den nachhaltigen<br />
Unternehmenserfolg abzielt.<br />
Ein solches Bekenntnis zu CSR erfordert die aktive Verantwortungsübernahme<br />
für den Kontext der unternehmerischen Tätigkeit<br />
– nach innen und außen – will ein Unternehmen nicht<br />
das wertvollste Gut, nämlich die Glaubwürdigkeit, verlieren<br />
und CSR zu einem reinen Public-Relation-Aktionismus verkommen<br />
lassen. Es sind letztlich das interne Führungsverständnis,<br />
die internen Kommunikationsprinzipien, das Fähigkeits- und<br />
Wissenspotenzial, die Kernwerte des Unternehmens, die Unternehmenskultur,<br />
die die mit CSR einhergehenden Prinzipien<br />
der Nachhaltigkeit, der Verantwortung, der Berechenbarkeit<br />
und der Transparenz sicherstellen.<br />
Damit rückt zwangsläufig der Mensch in den Mittelpunkt der<br />
Betrachtungen. Denn wer sonst soll diese Prinzipien im unternehmerischen<br />
Kontext gestalten? Kein anderer Stakeholder<br />
in- und außerhalb eines Unternehmen würde von den Aktivitäten<br />
des Unternehmens optimal profitieren, würden sich<br />
nicht die Mitarbeiter mit einer hohen inneren Verpflichtung<br />
für die Ziele des Unternehmens einsetzen. Die Mitarbeiter<br />
entscheiden darüber, inwieweit Anspruch und Wirklichkeit<br />
von CSR-Konzepten zu einer glaubwürdigen Synthese wachsen.<br />
Soll CSR also nicht von vornherein zu einer reinen PR-Aktion<br />
verkommen, so ist es naheliegend, dass dem Funktionsbereich<br />
Human Resources eine entscheidende Rolle zukommt. Er<br />
kann dafür sorgen, dass die Mitarbeiter ihr Engagement auf<br />
CSR ausrichten, oder noch deutlicher: HR ist der Schlüsselpartner<br />
im Unternehmen, der dafür sorgt, dass CSR zu einem<br />
Erfolgsfaktor bei der Erreichung der Unternehmensziele wird.<br />
Für diese Schlüsselrolle gibt es gibt ausreichend „gute“ Gründe:<br />
Weltweite Studien zeigen, dass Unternehmen, die sich<br />
für das Gemeinwesen engagieren und CSR ernsthaft in ihren<br />
Business-Alltag integrieren, Mitarbeiterbindung und Mitarbeiterzufriedenheit<br />
signifikant erhöhen. Darüber hinaus gelingt es<br />
ihnen besser, engagierte und loyale Mitarbeiter zu rekrutieren.<br />
Solche Befragungsergebnisse können eigentlich nicht weiter<br />
überraschen. Denn letztlich treffen die mit CSR verbundenen<br />
Themen der Nachhaltigkeit in sozialer und ökologischer Hinsicht<br />
auf Kernpunkte im Wertegerüst von immer mehr gerade<br />
jungen Menschen. Die heranwachsende Generation sucht<br />
nach Unternehmen, die es ermöglichen, Sinn zu erfahren;<br />
junge Menschen bevorzugen es, für denjenigen zu arbeiten,<br />
der einen Unterschied macht – und nur eine werteorientierte<br />
Unternehmensführung, getragen von einer CSR-Strategie,<br />
8<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
garantiert diesen Unterschied. Entsprechend bewältigen Mitarbeiter<br />
dann besonders engagiert ihre Aufgaben, wenn sie<br />
sich mit den Werten ihrer Führungskräfte und des Unternehmens<br />
identifizieren können. Von daher ist es naheliegend,<br />
dass die ernsthafte Beschäftigung mit CSR einen erheblichen<br />
positiven Einfluss auf die Kosten der Rekrutierung und der<br />
Mitarbeiterbindung hat. Die HR-Verantwortlichen haben also<br />
den Schlüssel in der Hand, wenn es um die Entwicklung hin<br />
zu einem sozial und ökologisch verantwortlichen Unternehmen<br />
geht, wenn es darum geht, die Menschen für die damit<br />
verbundenen Anliegen zu gewinnen.<br />
Je besser HR-Professionals ihre Hebelwirkung bzgl. CSR verstehen,<br />
desto mehr eröffnet CSR den HR-Verantwortlichen<br />
auch die Chance, den eigenen strategischen Anspruch zu<br />
konkretisieren und sich in der Rolle als Businesspartner zu<br />
bewähren. Sie müssen sich allerdings öffentlich zu dieser<br />
strategischen Rolle bekennen. In dem Maße, in dem CSR zum<br />
handlungsleitenden Konzept im Unternehmen werden soll,<br />
muss sich HR als verantwortliche Instanz für die Veränderung<br />
und Weiterentwicklung der Menschen, der Organisationen,<br />
der Kultur eines Unternehmens behaupten. Es geht also um<br />
viel, wenn CSR auf HR trifft – es geht um die Glaubwürdigkeit<br />
von CSR und um die der der HR-Verantwortlichen selbst.<br />
Nachhaltiges HR-Management –<br />
Monitoring Shared Value<br />
Die Herausforderung besteht für das HR-Management darin,<br />
sich letztlich selbst an den Kriterien von CSR messen lassen<br />
zu müssen. Denn nur ein nachhaltiges Human Ressource-<br />
Management kann einen glaubwürdigen Beitrag im Hinblick<br />
auf die Implementierung von CSR im Unternehmen und letztlich<br />
zu einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung leisten.<br />
In der Vergangenheit sah sich die Personalarbeit immer wieder<br />
der Kritik ausgesetzt, als reine Administrationsfunktion nur<br />
Kostenfaktor ohne direkten Bezug zur Wertschöpfung des<br />
Unternehmens zu sein. Selbst dort, wo Personalentwicklungsaktivitäten<br />
das Profil einer HR-Funktion bestimmten, standen<br />
ihre Vertreter unter massivem Rechtfertigungsdruck. Nun hat<br />
sich in dieser Hinsicht in vielen Unternehmen schon Gewaltiges<br />
getan. Mit dem Schritt hin zu einer aus der Unternehmensstrategie<br />
abgeleiteten HR-Arbeit konnte aufgezeigt werden, welch<br />
enormer Hebel in einem zukunftsgerichteten HR-Management<br />
modernen Zuschnitts für die Wertschöpfungsprozesse liegt.<br />
Allerdings muss auch ganz nüchtern festgestellt werden, dass<br />
in vielen HR-Funktionen damit eine Entwicklung weg vom<br />
Menschen hin zu „Instrumenten“ einherging. Zum einen<br />
haben sich viele dieser Ansätze wie Potenzialanalyse, Stellenbewertungs-<br />
und Beurteilungssysteme etc. als geeigneter Weg<br />
zur Stützung der eigenen Legitimation erwiesen. Zum anderen<br />
sind solche Instrumente von Führungskräften nur zu gerne<br />
angenommen worden, suggerieren sie doch, dass Führung<br />
„machbar“ sei und man „etwas“ so schwer Kontrollierbares wie<br />
den Menschen im Griff haben könne. Was damit aber geschieht,<br />
ist quasi eine Ent-Fokussierung des Mitarbeiters als Mensch in<br />
seinem persönlichen Erleben der Unternehmenswirklichkeit.<br />
Und das widerspricht dem CSR-Gedanken fundamental.<br />
Nachhaltiges HR-Management im Zeichen von CSR hat dann<br />
auch Konsequenzen für die erforderliche Qualifikation >><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
9
Agenda<br />
der HR-Verantwortlichen selbst. Es braucht innerhalb der<br />
HR-Community Professionals mit einem unternehmerischen<br />
Anspruch, reife Persönlichkeiten, die ihren Anspruch klar<br />
formulieren und sich deutlich positionieren, wenn unternehmensinterne<br />
Entwicklungen in die falsche Richtung laufen.<br />
Gerade wenn Krisenbewältigung auf der Tagesordnung steht<br />
und diese Krisen dem bisher scheinbar Bewährten keinen<br />
Marktplatz mehr bieten, geht es letztlich um die eigenen<br />
Werte, um die eigene Haltung und Verantwortung gegenüber<br />
den Menschen, die der Führung bedürfen. Das Dilemma ist<br />
nur, dass diese „Haltung“ dann in der Krise nicht so einfach<br />
abruf bar ist.<br />
Bei all dem bleibt zu bedenken: Die Bemühungen zur Unterstützung<br />
der Integration von CSR in die Geschäftsprozesse werden<br />
nur dann erfolgreich sein, wenn sie von einem starken Commitment<br />
der Geschäftsleitung und des obersten Managements<br />
getragen werden. HR kann nicht ohne diesen Schulterschluss<br />
handeln. Es muss der politische Wille vorhanden sein, CSR<br />
über alle Funktionsbereiche hinweg als strategisches Konzept<br />
zu implementieren.<br />
Schlüsselthemen für ein gelingendes Zusammenwirken<br />
von HR und CSR<br />
Inhaltlich berührt CSR fast alle Bereiche der Personalarbeit.<br />
Die im Folgenden ausgewählten Handlungsfelder des HR-<br />
Managements sind Schlüsselthemen mit einem enormen<br />
Gestaltungspotenzial für ein fruchtbares Zusammenwirken<br />
von CSR und HR:<br />
• Weiterentwickeln der Unternehmenskultur –<br />
die HR-Schlüsselinitiative<br />
Eine der wichtigsten Initiativen des HR-Managements in<br />
Bezug auf die Verankerung des CSR-Konzepts in der Unternehmenskultur<br />
ist das Herausarbeiten der Kernwerte des<br />
Unternehmens sowie der darauf auf bauenden Vision und<br />
Mission des Unternehmens. Es geht darum sicherzustellen,<br />
dass diese mit den im CSR-Konzept verankerten Werten,<br />
mit den ethischen Grundprinzipien des Unternehmens<br />
vereinbar sind und dass sich die Mitglieder der Organisation<br />
aktiv damit auseinandersetzen.<br />
• Gewinnen von Mitarbeitern – CSR als großartiges<br />
Rekrutierungs-Tool<br />
Der Wert nachhaltiger Unternehmensführung, eine klare<br />
Wertorientierung verbunden mit einem schlüssigen CSR-<br />
Konzept für die Gewinnung von Mitarbeitern kann nicht<br />
hoch genug eingeschätzt werden. Gerade in Zeiten, in denen<br />
sich der Arbeitsmarkt für qualifizierte Mitarbeiter dreht<br />
(Fachkräftemangel), erweist eine auf Nachhaltigkeit angelegte<br />
Unternehmenskultur eine besondere Anziehungskraft auf<br />
potenzielle Mitarbeiter. Das CSR-Wertegefüge sollte dann<br />
konsequenterweise auch als Maßstab für die Auswahl neuer<br />
Mitarbeiter herangezogen werden.<br />
• Binden von Mitarbeitern – gelebte Employability<br />
Mitarbeiterbindung in enger Anlehnung an die CSR-Strategie<br />
des Unternehmens heißt zunächst, für verantwortete Arbeitsbedingungen<br />
zu sorgen: Sicherstellen der Wahrung<br />
der Rechte der Arbeitnehmer, für eine transparente und<br />
faire Entlohnung sorgen, Rahmenbedingungen für die<br />
Entfaltung der Potenziale und für eine gesunde Leistungsfähigkeit<br />
schaffen usw.<br />
Darüber hinaus geht es darum, die gängigen Instrumente<br />
der Potenzialsteuerung, der Gehaltsfindung, der Arbeitszeitund<br />
Familienpolitik danach zu hinterfragen, inwieweit diese<br />
wirklich von der Gleichrangigkeit der Interessen ausgehen<br />
und inwieweit sie den Menschen im Blick behalten. Gerade<br />
10<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Human Resources<br />
Die ernsthafte Beschäftigung mit CSR<br />
hat einen erheblichen positiven Einfluss<br />
auf die Kosten der Rekrutierung und der<br />
Mitarbeiterbindung.<br />
beim Thema „berufliche Entwicklung“ ist ein Umdenken<br />
angemahnt. Will man hier die Mitarbeiter in ihren Interessen<br />
ernst nehmen, dann sollten Karriere und berufliche Förderung<br />
in einem partnerschaftlichen Zusammenwirken zwischen<br />
Beschäftigten und ihren Führungskräften besprochen werden.<br />
Schließlich sind es die Führungskräfte selbst, die das „Wohlbefinden“<br />
der Mitarbeiter und damit deren Engagement und<br />
Bindung an das Unternehmen maßgeblich beeinflussen.<br />
Ihre klare, wertorientierte Haltung, das heißt eine u.a. auf<br />
Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Vertrauen aufbauende<br />
Beziehungsgestaltung, ist hierfür die Basis.<br />
• Work Life Balance und Burn out / Bore out fokussieren<br />
– eine Schlüsselinvestition<br />
Work Life Balance und Burn out / Bore out-Prophylaxe sind<br />
bei weitem noch nicht so in die betrieblichen Abläufe und<br />
in die Arbeitsbeziehungen integriert, wie es angesichts der<br />
zunehmenden Anforderungen, die an Mitarbeiter gestellt<br />
werden, notwendig wäre.<br />
Es liegt im ureigensten Interesse des Unternehmens, dass<br />
seine Führungskräfte ihren Umgang mit den Mitarbeitern<br />
selbstkritisch reflektieren. Da dies in vielen Unternehmen<br />
nicht selbstverständlich ist, hat HR die Aufgabe, auf einen<br />
sozial verantwortlichen Umgang mit den Mitarbeitern hinzuwirken.<br />
Das beginnt bei der Art und Weise, wie im Alltag<br />
miteinander gesprochen wird, bezieht sich im Weiteren auf<br />
angemessene Rahmenbedingungen, unter denen die Arbeit<br />
zu leisten ist, bindet den Mitarbeiter in der Vielfalt seiner<br />
beruflichen und privaten Rollen in die Überlegungen mit<br />
ein und beachtet dann vor allem, dass weder Unterforderung<br />
noch Überforderung und schon gar nicht Mobbing<br />
zum Alltag gehören.<br />
Es ist die ureigenste Aufgabe, ja Verpflichtung für HR-<br />
Verantwortliche, diese Themen zum Kern ihrer Monitoring-<br />
und Unterstützungsfunktion zu machen. HR muss<br />
sich das Recht erstreiten, immer dann intervenieren zu<br />
dürfen, wenn auch nur die leisesten Anzeichen für Fehlentwicklungen<br />
offensichtlich werden. Ansonsten werden<br />
auf Hochglanzbroschüren präsentierte CSR-Konzepte sehr<br />
schnell kontraproduktiv und die Glaubwürdigkeit des gesamten<br />
CSR-Konzepts steht auf dem Spiel. An der Qualität<br />
der Führungskräfte-Mitarbeiterbeziehung erweist es sich<br />
letztlich, inwieweit HR seiner CSR-Rolle gerecht wird.<br />
• Diversity managen – das Potenzial der Vielfalt nutzen<br />
Die Implementierung einer CSR-Strategie ohne gelebtes<br />
Diversity-Management bliebe unglaubwürdig. Allerdings<br />
muss das Verständnis über die gängigen Dimensionen<br />
der Arbeitsplatz-Diversity-Diskussion hinausgehen. Diskriminierungen<br />
welcher Art auch immer müssen von HR<br />
selbstverständlich mit hoher Aufmerksamkeit verfolgt<br />
werden. Die Herausforderungen unter CSR-Gesichtspunkten<br />
liegen darüber hinaus darin, die Unterschiedlichkeit der<br />
Menschen und damit die Vielfalt an Ideen, Erfahrungen<br />
und Blickwinkeln auf die Arbeit zu nutzen. Unternehmen<br />
werden sich auch in dieser Fähigkeit unterscheiden und<br />
ggf. dem Risiko unterliegen, wertvolle Mitarbeiter an den<br />
Wettbewerb zu verlieren.<br />
• Glaubwürdig kommunizieren – die Macht der<br />
Transparenz<br />
Transparenz ist eines der Kernmerkmale von CSR, und<br />
gleichzeitig ist CSR selbst eines der sensibelsten Themen<br />
in der öffentlichen Wahrnehmung. Der Unterschied zu<br />
früher ist der, dass Transparenz inzwischen aktiv von allen<br />
Stakeholdern eingefordert wird. Unternehmen sind kaum<br />
noch in der Lage, die Informationshoheit für sich zu beanspruchen.<br />
Von daher sollte ein Unternehmen heutzutage<br />
ein großes Interesse daran haben, dass ein großer Teil der<br />
Belegschaft sich in Bezug auf Kommunikation engagiert.<br />
Diese Bemühungen verpuffen, wenn es an einer glaubwürdigen<br />
Kommunikation durch das oberste Management<br />
fehlt oder wenn Diskrepanzen zwischen „Sonntagsreden“<br />
und dem konkreten Handeln im Alltag offensichtlich werden.<br />
Nach Außen leidet darunter in erheblichem Maße<br />
die Reputation des Unternehmens. Durch die gewaltige<br />
Macht der neuen sozialen Netzwerke können die Folgen<br />
dramatisch sein. Genauso problematisch ist es, wenn sich<br />
die Mitarbeiter (zumindest innerlich) abwenden und sich<br />
ihre Unzufriedenheit letztlich in der Arbeitsleistung und<br />
Qualität widerspiegelt.<br />
Selbstverständlich ließe sich die Aufzählung dieser CSR-<br />
Schlüsselthemen noch erweitern. Zu denken ist z. B. gerade im<br />
Kontext von CSR an einen gelebten Umweltschutz. Letztlich<br />
wird jeder Human Resources-Manager mit dem Anspruch,<br />
nachhaltiges Human Resources-Management zu leben, in<br />
enger Abstimmung mit der Unternehmensleitung sorgfältig<br />
prüfen müssen, welche Schlüsselthemen er als strategisch<br />
relevant vorantreiben will. >><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
11
Agenda<br />
Bausteine einer HR-CSR-Roadmap<br />
Es ist zu empfehlen, das HR-CSR-Konzept schrittweise<br />
über ein Phasenkonzept anzugehen. Eine<br />
Roadmap ist hilfreich, weil damit die Unternehmensleitung<br />
Klarheit und „Sicherheit“ in Bezug auf<br />
den von HR eingeschlagenen Kurs gewinnt. Genauso<br />
wichtig ist es, dass damit für die Mitarbeiter des<br />
Unternehmens ein höchstmögliches Maß an Transparenz<br />
geschaffen wird. Schließlich wird durch eine<br />
solche Roadmap HR in ihrer Leistungsfähigkeit für<br />
alle Stakeholder greif barer.<br />
Im Folgenden werden<br />
beispielhaft mögliche<br />
Bausteine einer solchen<br />
HR-CSR-Roadmap vorgestellt.<br />
Diese Liste ist<br />
entsprechend der Erfordernisse<br />
des jeweiligen<br />
Unternehmens anzupassen<br />
und zu ergänzen.<br />
Baustein 10<br />
Angemessene<br />
„Compensation<br />
and Benefits”<br />
Baustein 13<br />
Verfassen der<br />
HR-CSR-Politik<br />
Baustein 11<br />
Freiwilliges<br />
gesellschaftliches<br />
Engagement<br />
Baustein 15<br />
„Messen” der<br />
Wirksamkeit<br />
im Dialog<br />
Baustein 14<br />
Kommunikation<br />
gegenüber den<br />
Mitarbeitern<br />
Baustein 12<br />
Mitarbeiter als<br />
CSR-Botschafter<br />
Baustein 6<br />
Nachhaltiges Talent-,<br />
Kompetenz- und<br />
Performance-<br />
Management<br />
Baustein 7<br />
Förderung von<br />
Wohlbefinden und<br />
Work Life Balance<br />
Baustein 8<br />
Gesundheitsschutz<br />
mit Weitblick<br />
Baustein 9<br />
Bereitstellen von<br />
„Lernräumen“<br />
Baustein 1<br />
Systematische<br />
Analyse der<br />
Stakeholder<br />
Baustein 2<br />
Weiterentwicklung<br />
der Unternehmenskultur<br />
Baustein 3<br />
Erstellen eines<br />
„Employee Codes<br />
of Conduct”<br />
Baustein 4<br />
Employer-Branding<br />
und Recruiting neu<br />
ausrichten<br />
Baustein 5<br />
Förderung von<br />
Diversity im<br />
HR-Bereich<br />
Nachhaltiges Human Resources-Management –<br />
eine Investition in den Kern von CSR<br />
Angesichts permanenter Veränderungsnotwendigkeit und<br />
unvermeidbarer Krisen im Wirtschaftsgeschehen entscheidet<br />
sich die Frage nach der Bewältigungs- und Gestaltungskraft,<br />
letztlich nach der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen in<br />
einem erheblichen Maß daran, dass Unternehmen begreifen,<br />
Prinzipien der nachhaltigen Unternehmensführung fest in<br />
ihrer Unternehmensführung verankern zu müssen. HR kann<br />
aufgrund seiner Querschnittfunktion und seiner Fokussierung<br />
auf den Menschen dabei eine Schlüsselrolle übernehmen.<br />
Voraussetzung dafür ist wiederum, dass HR sich als Partner<br />
auf Augenhöhe positioniert und sich zu dieser Aufgabe<br />
bekennt. Dieses Bekenntnis umfasst die innere und äußere<br />
Verpflichtung auf Leitprinzipien einer nachhaltigen HR-<br />
Politik, die als machtvolle Stellhebel im Unternehmensalltag<br />
wirken werden:<br />
• Stellhebel 1: in wertschöpfender Partnerschaft mit den Führungskräften<br />
und den Mitarbeitern den Wert des Menschlichen<br />
für den betrieblichen Leistungserstellungsprozess ins<br />
rechte Licht rücken.<br />
• Stellhebel 2: werteorientierte Führung als kulturelle Gestaltungsaufgabe<br />
und als Qualitäts-Maßstab einfordern –<br />
12<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
ezogen in erster Linie auf Selbst-Führung, dann auf die<br />
Führung Anderer und schließlich bezogen auf das Zusammenwirken<br />
in der Organisation.<br />
• Stellhebel 3: eine neue Qualität des Zusammenwirkens<br />
und des Dialogs zwischen den Menschen als Leitprinzip<br />
verankern.<br />
• Stellhebel 4: alle Bemühungen auf das eigentlich wertvolle,<br />
auf die Besonderheit des Menschen, auf die Entfaltung des<br />
Potenzials des Einzelnen in einem Leistungserstellungsprozess<br />
fokussieren.<br />
Letztlich soll HR für Rahmenbedingungen sorgen, damit<br />
den Menschen, den Teams und der Organisation die Frage<br />
nach dem „Wofür“ zum Anliegen und damit einer (immer<br />
vorläufigen) Beantwortung zugeführt wird. Ein solchermaßen<br />
vorgenommener Perspektivenwechsel in der Human-<br />
Resources-Arbeit trägt letztlich zur Resilienz, das heißt zu<br />
einer Stärkung der Bewältigungs- und damit Gestaltungskraft<br />
einer Organisation bei.<br />
Es ist also höchste Zeit, dass Unternehmen die Gestaltungskraft<br />
ihrer HR-Funktion voll ausschöpfen. Das Bekenntnis der<br />
Unternehmensleitung zu HR als strategischem Partner sowie<br />
die Professionalität, mit der HR CSR ins Bewusstsein bringt,<br />
wird letztlich auch zum Maßstab für die Ernsthaftigkeit von<br />
CSR selbst. Die Schlüssel nachhaltigen Wirtschaftens sind<br />
Transparenz, Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit. Diese<br />
Werte zu erreichen ist schwierig, sie zu „verlieren“ leicht.<br />
Nachhaltiges Human Resources-Management zahlt letztlich<br />
auf diesen Kern von CSR ein.<br />
Über den Autor<br />
Dr. Georg Suso Sutter war bis 2010 beim Versandhaus Primondo tätig und dort u. a.<br />
für das Human Resources Management von über 20.000 Menschen verantwortlich.<br />
Als Consultant und Coach (GSS Consulting – Shared Value) unterstützt er heute<br />
Unternehmer, Führungskräfte und ihre Organisationen bei den Aufgabenstellungen<br />
Transformations-Management und Kulturentwicklung, Werteorientierte Führung,<br />
Human Potential Management sowie Selbst- und Lebensführung.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
13
Agenda<br />
CSR-Tools<br />
im Personalbereich<br />
Mitarbeiter sind für Unternehmen eine wichtige Ressource. Ihre Leistungen tragen wesentlich<br />
zum wirtschaftlichen Erfolg bei. Ein nachhaltiges Personalmanagement stärkt die Motivation der<br />
Angestellten. Können sie sich im Unternehmen weiterentwickeln? Wie lassen sich Familie und<br />
Beruf vereinbaren? Sind Minderheiten in die Belegschaft integriert? Es gibt bereits eine Vielzahl<br />
von unternehmerischen Maßnahmen, welche die Bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigen.<br />
Dieser Überblick zeigt unterschiedliche Instrumente und Praxisbeispiele auf.<br />
Von Sonja Scheferling<br />
14 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong> 2011
Human Resources<br />
Aus- und Fortbildungen<br />
Unternehmen suchen Auszubildende, Jugendliche einen Ausbildungsplatz.<br />
Bevor Schüler heute ihren Abschluss machen,<br />
haben sie die Möglichkeit, durch Schülerpraktika oder „Girls<br />
and Boys Days“ die Arbeitswelt kennenzulernen.<br />
Um später praxiserprobte Hochschulabsolventen einzustellen,<br />
bieten immer mehr Unternehmen in Kooperation mit<br />
Universitäten duale Studiengänge an. Hier lernen Studenten<br />
nicht nur theoretisch im Hörsaal, sondern arbeiten schon im<br />
Betrieb. Aufgrund des Fachkräftemangels gibt es heute auch<br />
Ausbildungen für Menschen, die über 50 Jahre alt sind und<br />
wieder ins Berufsleben einsteigen.<br />
Durch Fortbildungen stellen Unternehmen nicht nur eine hohe<br />
Qualifikation der Angestellten sicher, sondern erhalten ihre<br />
Arbeitsmarktfähigkeit. Die Formen der Fortbildungen sind in<br />
Dauer und Durchführung sehr unterschiedlich. Sie reichen von<br />
internen Seminaren, in welchen die unternehmenseigenen<br />
Experten andere Angestellte fortbilden, bis hin zu Schulungen<br />
durch externe Bildungsträger. Einige Unternehmen führen<br />
sogenannte Corporate Universities, welche Fortbildungen<br />
gemäß der eigenen Strategie anbieten, wobei die Abschlüsse<br />
meistens nicht staatlich anerkannt sind.<br />
CSR-Tools im Bereich Ausbildung:<br />
• Schülerpraktika / Girls- and Boys Days<br />
• Partnerschaften mit Schulen<br />
• Neue Ausbildungsberufe<br />
• Wettbewerbe / Stipendien<br />
• Duale Studiengänge<br />
• Trainees<br />
• Azubis über 50 Jahre<br />
CSR-Tools im Bereich Fortbildung:<br />
• Ex- und interne Seminare<br />
• Berufsbegleitende Studien<br />
• Corporate Universities<br />
• Aufenthalte in anderen Standorten<br />
Best Practice Ausbildung: BSH – „Junior Firma“<br />
Um eigenverantwortliches und selbständiges Arbeiten während der Ausbildung zu stärken, hat die BSH Bosch und Siemens<br />
Hausgeräte GmbH (BSH) mit der „Junior Firma“ ein eigenes Ausbildungskonzept entwickelt. Nach dem Prinzip „learning<br />
by doing“ sollen unternehmerisches Denken und Handeln sowie soziale Kompetenzen gefördert werden. Es handelt sich<br />
dabei um eine „Dienstleistungsfirma in der Firma“. Die Studenten der Berufsakademie und die kaufmännischen Auszubildenden<br />
führen die „Junior Firma“ in eigener Verantwortung. Zu ihren Aufgaben zählen das Veranstaltungsmanagement,<br />
die Unterstützung von kleineren Projekten sowie die Mitarbeit im „Für uns Shop“, einem internen Verkauf von Hausgeräten<br />
an BSH Mitarbeiter. Damit wickeln die Nachwuchskräfte selbständig reale Geschäftsprozesse ab: von der Vermarktung<br />
und Akquise bis zur Leistungsverrechnung und den Quartals- und Jahresabschlüssen. Durch die praktische Arbeit können<br />
die Studenten und Auszubildenden ihre bereits erworbenen Kenntnisse anwenden und festigen. Organisatorisch der<br />
Ausbildungsabteilung der BSH zugeordnet, betreut ein Ausbilder die Nachwuchskräfte der „Junior Firma“. Grundsätzlich<br />
dürfen in der „Junior Firma“ jedoch nur Aufträge angenommen werden, die den Ausbildungs- und Lernzielen der Nachwuchskräfte<br />
entsprechen.<br />
Best Practice Fortbildung: Volkswagen – Qualifizierung gemäß der<br />
Berufsfamilien<br />
Bedarfsgerechte Qualifizierung für Mitarbeiter umfasst alle Fortbildungsmaßnahmen für die Beschäftigten der unterschiedlichen<br />
Berufsfamilien bei Volkswagen. Zu einer Berufsfamilie zählen alle Angestellten mit verwandten Berufen, Tätigkeiten<br />
oder Fachkompetenzen. Die Fortbildungen orientieren sich an konkreten Arbeitsprozessen innerhalb der einzelnen Berufsfamilien<br />
und richten sich nach den jeweiligen Anforderungen. Dabei vermitteln die eigenen Fachexperten ihr Wissen durch<br />
Vorträge, Patenprogramme oder Praxisberatungen an die Kollegen. Der Ansatz des gemeinsamen Lernens wurde in den<br />
sogenannten Berufsfamilienakademien verfestigt. So hat beispielsweise der Geschäftsbereich Produktion und Logistik die<br />
Produktionsakademie gegründet. Um effiziente Fortbildungen zu ermöglichen, wird hier zunächst der Qualifizierungsbedarf<br />
der Mitarbeiter basierend auf Kompetenzprofilen ermittelt. Für einen Maschinenführer in der Produktion gelten andere<br />
Ansprüche als für einen Angestellten in der Logistik. Daher sind die erstellten Profile sehr unterschiedlich. Im Anschluss<br />
entwickeln die Mitarbeiter der Akademie die Maßnahmen, die zu den unterschiedlichen Kompetenzprofilen passen. Durch<br />
den Aufbau der Berufsfamilienakademien möchte der Konzern seine internationalen Standorte in das Lernkonzept einbinden.<br />
Neben der Produktionsakademie gibt es bis jetzt zehn weitere Einrichtungen wie etwa die Beschaffungsakademie,<br />
die Komponentenakademie oder die Vertriebsakademie.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
15
Agenda<br />
Diversity Management<br />
Die Vielfalt menschlicher Gesellschaften findet sich zunehmend<br />
in den Belegschaften der Unternehmen wieder. Kennzeichen<br />
dafür sind ein hoher Frauenanteil – auch in Führungsetagen –<br />
und die unterschiedliche ethnisch-kulturelle Herkunft der<br />
Mitarbeiter. Die Einstellung von älteren Mitarbeitern und<br />
von behinderten Menschen über die gesetzlich festgelegte<br />
Quote von fünf Prozent zählen ebenfalls dazu. Das Diversity<br />
Management nutzt die menschliche Vielfalt, um das Unternehmen<br />
weiterzuentwickeln und sorgt für eine Kultur der<br />
Offenheit gegenüber allen Arbeitnehmern. Möchte sich ein<br />
Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt behaupten, muss es<br />
diese sogenannten „weichen“ Standortfaktoren verwirklichen.<br />
Dazu gibt es unterschiedliche Möglichkeiten wie etwa die<br />
Einführung von Frauenquoten. Auch können betriebliche<br />
Integrationsbeauftragte eingesetzt werden, die Mitarbeiter<br />
mit Migrationshintergrund unterstützen.<br />
Beispiele für Diversity Management:<br />
• Integrationsbeauftrage<br />
• Frauenquote<br />
• Behindertengerechte Arbeitsplätze<br />
Best Practice Diversity Management: Deutsche Telekom – Frauenquote<br />
Die Deutsche Telekom hat im Jahr 2010 als erstes Dax-30-Unternehmen die Frauenquote eingeführt. Bis 2015 soll<br />
der weibliche Anteil an oberen und mittleren Führungspositionen bei 30 Prozent liegen. Diese Regelung gilt global für<br />
alle Landesgesellschaften. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde die gesamte Talentkette mit Zielvorgaben versehen. So<br />
müssen an Entwicklungsprogrammen für Führungskräfte mindestens 30 Prozent Frauen teilnehmen. Sind Managementposten<br />
vakant, müssen ebenfalls mindestens 30 Prozent Frauen in die engere Auswahl kommen. Dementsprechend<br />
gab es 2011 bereits 31 weibliche Aufsichtsräte von Beteiligungen der Deutschen Telekom. Ein Jahr zuvor waren es erst<br />
13 gewesen. Mit Marion Schick, Vorstand Personal, und Claudia Nemat, Vorstand Europa und Technik, wurden bis zum Mai<br />
<strong>2012</strong> zwei Frauen in die höchsten Positionen des Konzerns erhoben. Um die Vielfalt im Unternehmen fest zu verankern,<br />
führt die Telekom konzernweite Gender Collaboration Trainings durch. Diese sollen die Führungskräfte im Umgang mit<br />
den zunehmend heterogenen Mitarbeiterteams schulen.<br />
Work Life Balance<br />
Das menschliche Leben besteht nicht nur aus arbeiten. Genauso<br />
wichtig sind die Familie und sportliche Aktivitäten für<br />
das Wohlbefinden. Nachhaltiges Personalmanagement sorgt<br />
dafür, dass die Mitarbeiter ihren Beruf mit dem Privatleben<br />
vereinbaren können. So gibt es für Angestellte mit Kindern<br />
flexible Arbeitszeitmodelle und zahlreiche Betreuungsangebote.<br />
Neben den hauseigenen Kinderkrippen sichern Kooperationsvereinbarungen<br />
mit lokalen Kindergärten bei Bedarf die<br />
Aufsicht. Um den Mitarbeitern in Fragen der Betreuung von<br />
pflegebedürftigen Familienangehörigen zu helfen, richten<br />
Unternehmen sogenannte „Pflegebüros“ ein.<br />
Beispiele für Work Life Balance:<br />
• Betreuungsangebote für Kinder (Kitas und<br />
Kindergärten in Unternehmen, Kooperationen<br />
mit umliegenden Kindergärten)<br />
• Ferienfreizeitprogramme für Kinder<br />
• Pflegebüros, die Tipps zur Betreuung von pflegebedürftigen<br />
Angehörigen geben<br />
• Kooperationen mit Pflegediensten<br />
• Flexible Wochen-Arbeitszeitmodelle<br />
• „Sabbatical“<br />
• „Lebensarbeitszeitkonto“<br />
Best Practice Work Life Balance:<br />
Vodafone – Vielseitige Hilfe für<br />
pflegebedürftige Familienmitglieder<br />
Vodafone <strong>Deutschland</strong> stellt unterschiedliche Angebote<br />
bereit, um seine Mitarbeiter bei der Versorgung von pflegebedürftigen<br />
Angehörigen zu unterstützen. In Zusammenarbeit<br />
mit der Arbeiterwohlfahrt (AWO) bieten zwei Standorte<br />
professionelle und vertrauliche Inhouse-Pflegeberatungen<br />
an. Diese helfen bei der Auswahl von ambulanten<br />
Pflegediensten und der Vermittlung von Haushaltshilfen.<br />
Kommt es zu Konflikten mit den Angehörigen oder fühlen<br />
sich die Mitarbeiter überlastet, können sie sich anonym an<br />
das AWO Krisentelefon wenden. Flexible Arbeitszeitmodelle<br />
ermöglichen den Mitarbeitern, ihre freie Zeit besser<br />
für die Pflege der Familienmitglieder einzuteilen. Bei der<br />
Blockteilzeit arbeiten die Angestellten sechs Monate in<br />
Vollzeit, bevor sie dann ein halbes Jahr zu Hause bleiben.<br />
Nach vorheriger Absprache mit dem Vorgesetzten können<br />
Mitarbeiter im „Flexible Office“ tageweise von zu Hause<br />
aus ihren beruflichen Aufgaben nachgehen. Darüber<br />
hinaus bietet Vodafone den Mitarbeitern an, sie bis zu<br />
sechs Wochen unbezahlt freizustellen.<br />
16<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Human Resources<br />
Gesundheitsmanagement<br />
Ergometer in der Betriebskantine, Rückenschule im Konferenzraum<br />
oder Massagen im Sanitätszimmer: Sogenannte<br />
Gesundheitstage im Unternehmen zeigen praktisch, wie<br />
Mitarbeiter fit werden und gesünder leben. Bei körperlichen<br />
Problemen, Stressbewältigung oder Vorsorgeuntersuchungen<br />
können sich Mitarbeiter an betriebsärztliche Dienste wenden.<br />
Das Angebot von Sport- und Präventionskursen bieten einen<br />
guten Ausgleich zum Berufsalltag. Auch können Unternehmen<br />
Kooperationen mit Fitnessstudios schließen und gegen Kurs-<br />
Teilnahmenachweise die Gebühren für die Mitarbeiter übernehmen.<br />
Darüber hinaus passen Unternehmen die Arbeitsplätze<br />
von älteren Mitarbeitern an, damit sie bis ins Rentenalter ihrer<br />
Beschäftigung beschwerdefrei nachgehen können.<br />
Zum Gesundheitsmanagement zählen beispielsweise:<br />
• Gesundheitstage in Unternehmen<br />
• Kooperation mit betriebsärztlichen Diensten,<br />
beispielsweise für Vorsorgeuntersuchungen<br />
• Optimierung der Arbeitsplätze für ältere Mitarbeiter<br />
• Übernahme der Kosten von Präventionskursen<br />
• Wellness-Angebote wie vergünstigte Massagen<br />
Best Practice Gesundheitsmanagement: BMW – „Produktionssystem 2017“<br />
Was es heißt, mit einer älteren Belegschaft in einem Fertigungsbereich zu arbeiten, hat BMW mit seinem Pilotprojekt<br />
„Produktionssystem 2017“ untersucht. Dazu stellte das Werk in Dingolfingen ein Zukunftsszenario an einem Band der<br />
Hinterachsgetriebemontage nach. Dementsprechend wurde ein Altersdurchschnitt der Belegschaft von 47 Jahren für 2017<br />
simuliert. Die Führungskräfte, Meister und Mitarbeiter erarbeiteten dann gemeinsam Optimierungsmöglichkeiten für die<br />
Arbeitsplätze und die Arbeitsorganisation. Gelenkschonende Holzfußböden am Arbeitsplatz, schwenkbare Monitore mit<br />
größerer Schrift, Lupen, ergonomische Sitzmöglichkeiten oder belastungsoptimierte Arbeitsplatz-Rotationen verbesserten<br />
die Arbeitsbedingungen für die älteren Arbeitnehmer. Durch Angebote wie Physiotherapie und Workshops sensibilisierte<br />
der Automobilhersteller parallel seine Belegschaft für das Thema Gesundheit und Alter. Darüber hinaus hat BMW mit der<br />
neuen Achsgetriebemontage im Dingolfinger Werk den ersten großen Bau realisiert, der von Beginn an die Ergebnisse des<br />
Projekts umsetzt. So wurden in der Planungsphase für die neue Produktionsstrecke neben den Anregungen der Mitarbeiter<br />
auch Vorschläge von Ärzten und Therapeuten für optimierte Arbeitsbedingungen berücksichtigt.<br />
Corporate Citizenship<br />
Heute engagieren sich viele Mitarbeiter im Namen ihrer Firma.<br />
Dabei spielt die Unterstützung der lokalen Bevölkerung an<br />
internationalen Produktionsstandorten genauso eine Rolle<br />
wie bürgerschaftliches Engagement am Heimatstandort. So<br />
bauen Mitarbeiter Schulen und sammeln Geld für Unterrichtsmaterialien.<br />
Wiederum andere helfen bei Essensausgaben für<br />
Obdachlose oder verkaufen Sachspenden auf Flohmärkten für<br />
einen guten Zweck.<br />
Auch werden Mitarbeiter über einen fest definierten Zeitraum<br />
entsprechend ihrer Fähigkeiten für Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
und im Katastrophenmanagement von<br />
den Unternehmen freigestellt. Wichtig ist, dass die Ziele der<br />
Projekte und die Partnerunternehmen zusammenpassen und<br />
durch die Hilfe keine zusätzlichen Abhängigkeiten bei den<br />
Betroffenen entstehen.<br />
Zum Corporate Citizenship rechnet man:<br />
• Soziales Engagement im Umfeld<br />
des Unternehmenssitzes<br />
• Soziales Engagement an internationalen<br />
Produktionsstandorten<br />
Best Practice Corporate Citizenship:<br />
DHL – „<strong>Global</strong> Volunteer Day“<br />
Wenn Zehntausende von Mitarbeitern aus über 100 Ländern<br />
im selben Zeitraum ehrenamtlich tätig sind, ist<br />
„<strong>Global</strong> Volunteer Day“ bei der Deutschen Post DHL. Die<br />
Hilfsaktionen finden seit 2011 einmal im Jahr über mehrere<br />
Tage hinweg an den Standorten des Konzerns statt.<br />
Über Art, Umfang und Umsetzung der Initiativen entscheiden<br />
die Mitarbeiter selbst. Allerdings sollten sich<br />
die Projekte an den Schwerpunkthemen des nachhaltigen<br />
Engagements des Unternehmens GoGreen, GoTeach und<br />
GoHelp orientieren.<br />
Der „<strong>Global</strong> Volunteer Day“ hat seinen Ursprung im Jahr<br />
2008 in der Region Asien-Pazifik. Damals hatten sich rund<br />
15.000 Kollegen zusammengetan, um an einem Tag im<br />
Jahr gemeinnützigen Einrichtungen und Organisationen<br />
zu helfen. Dieses Engagement wuchs immer weiter und<br />
wurde in anderen Ländern bekannt. 2011 gab der Konzern<br />
dann der Aktion mit dem „<strong>Global</strong> Volunteer Day“ einen<br />
Namen und machte sie so zum weltweiten Projekt.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
17
Agenda<br />
DGCN-Schwerpunktthema<br />
Diversity<br />
Management<br />
Im Rahmen internationalisierter Wirtschaftsbeziehungen werden Unternehmen verstärkt mit<br />
unterschiedlichen Kulturen und Arbeitsstilen konfrontiert. Der positive Umgang mit dieser Unterschiedlichkeit<br />
und Vielfalt wird als zentraler Aspekt einer erfolgreichen internationalen Unternehmensführung<br />
gesehen. Nicht zuletzt im Lieferkettenmanagement wird die Fähigkeit zur produktiven<br />
Zusammenarbeit mit Menschen verschiedener Kulturen, Arbeits- und Lebensweisen zu einer<br />
zentralen unternehmerischen Herausforderung. Dabei erkennen nicht nur große multinationale<br />
Unternehmen (MNU) sondern auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) immer mehr den<br />
Wert vielfältiger Fähigkeiten und Talente in ihrer Belegschaft und darüber hinaus.<br />
Gleichzeitig steht die Anerkennung von Diversity im engen<br />
Zusammenhang mit der Realisierung von Gleichberechtigung<br />
und Anti-Diskriminierung und ist somit wichtiger Teil der<br />
unternehmerischen Verantwortung für die Menschenrechte,<br />
wie sie in den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte<br />
formuliert ist.<br />
Um Handlungsmöglichkeiten für Unternehmen aufzuzeigen<br />
und Herausforderungen für MNU und KMU in diesem Bereich zu<br />
besprechen, bearbeitete das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk<br />
(DGCN) <strong>2012</strong> das Schwerpunktthema Diversity. Als Element<br />
eines menschenrechtskonformen, sozial verantwortlichen<br />
unternehmerischen Handelns baut das DGCN-Jahresthema<br />
Diversity auf den bisherigen Diskussionen zum Themenkomplex<br />
„Wirtschaft und Menschenrechte” auf.<br />
Welche Bedeutung hat „Diversity”?<br />
„Diversity” wird im Deutschen zumeist mit „Vielfalt” übersetzt<br />
und bezieht sich auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede unter<br />
den Mitarbeitern einer Organisation. Dabei wird oft zwischen<br />
„Managing Diversity” und „Diversity Management” unterschieden.<br />
Während beim „Managing Diversity” Unterschiedlichkeiten<br />
im Unternehmen festgestellt und Maßnahmen zum Schutz<br />
von Minderheiten ergriffen werden (reaktiv), ist das gezielte<br />
Diversity Management zu einem wichtigen Instrument in<br />
Unternehmen geworden.<br />
Ziel ist hierbei nicht nur die Realisierung von Chancengleichheit<br />
am Arbeitsplatz, sondern auch die Schaffung eines positiven<br />
und produktiven Arbeitsklimas und die konstruktive Nutzung<br />
der vorhandenen personellen Vielfalt im Unternehmen (proaktiv).<br />
Ursprünglich als Personalmanagement-Strategie entwickelt<br />
ist Diversity Management heute im breiteren Kontext globaler<br />
Wirtschaftsbeziehungen ein bedeutendes Element strategischer<br />
und sozial nachhaltiger Unternehmensführung.<br />
Seit seiner Entstehung in den 1970er Jahren in den USA<br />
haben sich Ziel und Ausrichtung des Diversity-Ansatzes verändert.<br />
Während in den 1990er Jahren der Schwerpunkt<br />
noch hauptsächlich auf der Anerkennung von Vielfalt und<br />
Verschiedenheit lag, geht es in der aktuellen Diskussion vermehrt<br />
darum, das „Nebeneinander” von Verschiedenheit in<br />
ein handlungsorientiertes „Miteinander” umzuwandeln. Aus<br />
diesem soll eine Organisationskultur werden, in der Vielfalt<br />
möglich ist, geschätzt und auch genutzt wird. Dazu müssen<br />
Bedingungen geschaffen werden, unter denen Beschäftigte<br />
ihre jeweiligen Talente und Fähigkeiten einbringen können,<br />
ohne sich dabei zu stark an eine vorgegebene Norm anpassen<br />
zu müssen. Das bedeutet z. B., dass flexible Arbeitszeiten ermöglicht<br />
werden, um Beschäftigte mit minderjährigen Kindern<br />
oder pflegebedürftigen Eltern nicht zu benachteiligen. Flexible<br />
Arbeitszeitregelungen können ebenso eingerichtet werden,<br />
um Menschen mit verschiedenem Glaubenshintergrund die<br />
Einhaltung religiöser Feste und Feiertage zu ermöglichen.<br />
18<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Human Resources<br />
Die Vielfalt eines Menschen definiert sich über drei Dimensionen<br />
(vgl. Abbildung): Merkmale wie Geschlecht, Alter,<br />
körperliche und geistige Fähigkeiten, ethnische Herkunft,<br />
Religionszugehörigkeit bzw. Weltanschauung und sexuelle<br />
Orientierung gehören zur „inneren Dimension”. Variationen<br />
in Lebens- und Arbeitsstilen sowie unterschiedliche Bildungsund<br />
biographische Hintergründe gehören der äußeren Dimension<br />
an. Schließlich werden durch die „organisationale<br />
Dimension” Zugehörigkeiten innerhalb eines Unternehmens<br />
oder einer Organisation beschrieben.<br />
Die Vorteile von Vielfalt<br />
Diversity Management befasst sich nicht allein mit dem Schutz<br />
und der Gleichberechtigung von Minderheiten und strukturell<br />
benachteiligten Gruppen sondern vor allem mit der Nutzbarmachung<br />
von Vielfalt. Selbstverständlich hilft der Diversity-<br />
Ansatz, rechtliche Bestimmungen zur Anti-Diskriminierung<br />
einzuhalten und damit einen ersten wichtigen Schritt zu deren<br />
Umsetzung zu tun. Diversity Management geht jedoch über<br />
die reine Minimierung rechtlicher Risiken hinaus und stellt<br />
die Vorteile für Unternehmen, Menschen und Gesellschaft<br />
in den Mittelpunkt.<br />
Diversity Management wird im Kontext der meisten OECD-Länder<br />
als Instrument verwendet, mit dessen Hilfe Unternehmen<br />
sich wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Trends anpassen<br />
und diese produktiv nutzen können. Die in ethnischer und<br />
kultureller Hinsicht vielfältiger werdenden Gesellschaften<br />
verlangen von Unternehmen, dass sie sich den Herausforderungen<br />
und Chancen von Diversity stellen, nicht zuletzt auch,<br />
um neue Marktchancen und die Potentiale von Diversity<br />
zu nutzen. Dies wird durch professionelles Diversity<br />
Management ermöglicht, etwa indem mit Hilfe<br />
umfassender Kenntnisse verschiedener Sprachen<br />
und regional-kultureller Hintergründe<br />
ein breiteres Spektrum an Produkten und<br />
Dienstleistungen zielgruppenspezifisch<br />
entwickelt und angeboten werden kann.<br />
Status<br />
Die ethnisch und kulturelle Vielfalt<br />
ist durchaus kein alleiniges Merkmal<br />
westlicher Industriegesellschaften –<br />
im Gegenteil: So zählt beispielsweise<br />
Indien zu den kulturell, sprachlich<br />
und ethnisch vielfältigsten<br />
Ländern der Erde. Darüber hinaus<br />
finden Migrationsströme nicht nur<br />
von Süden nach Norden, sondern in<br />
Auftreten<br />
Gewerkschaftszugehörigkeit<br />
ebenfalls großem Ausmaß auch zwischen Ländern des Südens<br />
statt. Die Öffnung für Vielfalt kann daher auch Unternehmen<br />
in Schwellen- und Entwicklungsländern helfen, die Qualität<br />
und Marktgängigkeit ihrer Produkte und Dienstleistungen<br />
zu erhöhen. Durch die Stärkung benachteiligter Gruppen<br />
können Unternehmen so auch zu einer positiven gesamtgesellschaftlichen<br />
Entwicklung beitragen.<br />
Neben diverser kultureller Hintergründe und Sprachkenntnisse<br />
der Mitarbeiter können Unternehmen auch deren Wissen über<br />
spezielle Bedürfnisse und Interessen bestimmter Personengruppen<br />
nutzen (z. B. Eltern von Kindern mit Behinderungen). Die<br />
Erfahrungen und Sichtweisen dieser Personen als Potenzial<br />
wahrzunehmen, erweitert die Möglichkeiten, unterschiedliche<br />
Denkweisen und Problemlösungsansätze nutzbar zu machen<br />
und damit Kreativität, Produktivität und Innovation zu fördern.<br />
Organisationen mit einer vielfältigen Belegschaft verfügen<br />
daher potenziell auch über eine größere Vielfalt an Ideen und<br />
können sich damit unter Umständen schneller und flexibler<br />
auf dynamische Markt- und Kundenanforderungen einstellen.<br />
Die Beschäftigung von und Investition in strukturell benachteiligte<br />
Personengruppen hat somit einen direkten Einfluss<br />
auf die eigene Unternehmensleistung. Sie erbringt gleichzeitig<br />
einen gesamtgesellschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen<br />
Nutzen, indem diese Personen zu kaufkräftigen Kunden<br />
und Kundinnen werden. Unternehmen, die die Vielfalt in<br />
der Belegschaft fördern, können damit zuvor benachteiligte<br />
Personengruppen unter den Beschäftigen auch zu eigenen<br />
Kunden machen. >><br />
Familienstand<br />
Religion<br />
und Weltanschauung<br />
Ethnische<br />
Zugehörigkeit<br />
Berufserfahrung<br />
Organisationale<br />
Dimension<br />
Funktion / Einstufung<br />
Äußere Dimension<br />
Geografische Lage<br />
Innere Dimension<br />
Alter<br />
Persönlichkeit<br />
Physische<br />
Fähigkeiten<br />
Ausbildung<br />
Arbeitsinhalte<br />
/ -feld<br />
Einkommen<br />
Geschlecht<br />
Sexuelle<br />
Orientierung<br />
Religion<br />
Management-<br />
Elternschaft<br />
Gewohnheiten<br />
Freizeitverhalten<br />
Abteilung<br />
Einheit<br />
Gruppe<br />
Arbeitsort<br />
Dauer der<br />
Zugehörigkeit<br />
Dimensionen von Diversity<br />
Quelle: Charta der Vielfalt, www.charta-der-vielfalt.de<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
19
Agenda<br />
Schließlich erhöht Offenheit für verschiedene (Arbeits-)Kulturen<br />
und Talente Unternehmen die Attraktivität für junge<br />
Fach- und Führungskräfte. Durch aktives Talentmanagement<br />
und die Wertschätzung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />
kann zudem die Bindung an das Unternehmen erhöht werden.<br />
Umsetzung von Diversity Management<br />
Um alle Möglichkeiten einer vielfältigen Belegschaft ausschöpfen<br />
zu können, muss die Vielfalt oder dessen Mangel zuerst<br />
erkannt werden. Daher steht am Anfang der Entwicklung<br />
und Umsetzung eines individuellen Diversity-Ansatzes eine<br />
Bestandsaufnahme. Wie bei allen grundlegenden und strategischen<br />
Entscheidungen und Prozessen im Unternehmen sind<br />
auch hier Initiative und Unterstützung der Geschäftsleitung<br />
unabdinglich. Gleichzeitig baut das Konzept auf eine Bewusstseinsänderung<br />
auch bei den Beschäftigten. Das Diversity<br />
Management ist daher als langfristig angelegte Strategie zu<br />
betrachten und sollte transparent gestaltet werden, um die<br />
Unterstützung der Belegschaft zu gewinnen. Um sicher zu<br />
gehen, dass das angestrebte Ziel bzw. die Zielgruppe erreicht<br />
wird, sollte in bestimmten Abständen ein Monitoring bzw.<br />
eine Evaluierung auf der Grundlage anerkannter Indikatoren<br />
stattfinden. Diese Aufgaben sind natürlich mit gewissen Kosten,<br />
Zeit und Personalaufwand verbunden. Dies kann sich insbesondere<br />
für kleine Unternehmen, die über keine gesonderte<br />
CSR- oder Personalabteilung verfügen, als Hürde heraus stellen.<br />
Andererseits erlaubt die geringere Mitarbeiterzahl in KMU es<br />
unter Umständen eher, individuelle Talente zu fördern und<br />
Räume für Kreativität zu schaffen.<br />
Diversity und nachhaltiges Lieferkettenmanagement<br />
Da das Konzept des Diversity Managements zuerst in Industrieländern<br />
entwickelt und umgesetzt wurde, ist es dort deutlich<br />
weiter verbreitet als in Entwicklungs- oder Schwellenländern.<br />
Als ein zentrales Instrument für sozial-nachhaltiges Wirtschaften<br />
ist es aber gerade auch im Zusammenhang mit internationalen<br />
Lieferketten relevant. Nach den UN-Leitprinzipien für<br />
Wirtschaft und Menschenrechte tragen Unternehmen eine<br />
Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte und eine<br />
Vorteile von Diversity Management<br />
• Effiziente Umsetzung von Anti-Diskriminierungsgesetzen<br />
(falls eine entsprechende Gesetzgebung<br />
vorhanden ist)<br />
• Zeitnahe Anpassung und Nutzung wirtschaftlicher<br />
und gesellschaftlicherTrends<br />
• Erschließen neuer Märkte und Marktsegmente<br />
• Je nach Umfeld: Sicherung der gesellschaftlichen<br />
Licence-to-operate und evtl. positiver Beitrag<br />
zur gesamtgesellschaftlichen Entwicklung durch<br />
Stärkung benachteiligter Gruppen<br />
• (redundant mit oben) Steigerung der Attraktivität<br />
für innovative Mitarbeiter aus verschiedenen<br />
Personengruppen<br />
• Geringere Personalfluktuation durch offene<br />
Organisationskultur<br />
20<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Human Resources<br />
entsprechende Sorgfaltspflicht sowohl im eigenen unmittelbaren<br />
Verantwortungs- und Kontrollbereich als auch in ihren<br />
Geschäftsbeziehungen. Ein wichtiges Element ist dabei der<br />
Einsatz für Gleichberechtigung, Anti-Diskriminierung und ein<br />
grundsätzlicher Respekt für Vielfalt. So kommt der positive<br />
Umgang mit Vielfalt nicht nur dem Unternehmen und seinen<br />
Beschäftigten selbst, sondern auch ihrem Umfeld und der<br />
Gesellschaft im Allgemeinen zugute. Unternehmen können<br />
an Standorten in Entwicklungs- und Schwellenländern von<br />
vielfältigen Belegschaften und einer vielfältigen Kundenbasis<br />
profitieren und gleichzeitig für die Überwindung sozialer<br />
Ungleichheiten eintreten.<br />
Häufig besteht hier ein Spielraum zur Unterstützung unterrepräsentierter<br />
oder benachteiligter Gruppen, seien es<br />
Frauen, ältere Beschäftigte, Menschen mit körperlichen<br />
Einschränkungen, ethnische oder religiöse Minderheiten<br />
etc. Das Bewusstsein für solche Herausforderungen in Zulieferbetrieben<br />
sowie aktive Maßnahmen zur Förderung<br />
von Vielfalt in diesen Betrieben minimieren Risiken und<br />
kann die Reputation gegenüber externen Anspruchsgruppen<br />
beispielsweise aus der lokalen Zivilgesellschaft verbessern.<br />
Wie auch bei der Förderung anderer Nachhaltigkeitsaspekte<br />
in Lieferketten ist es sinnvoll, bei der Einführung und Umsetzung<br />
von Diversity Management einen kooperativen Ansatz<br />
unter Einbindung der Zulieferer zu verfolgen. Neben der<br />
gezielten Förderung von Zulieferfirmen, die von bestimmten<br />
Minderheitengruppen oder Frauen geführt werden, können<br />
Unternehmen mit ihren Subunternehmen bzw. ausländischen<br />
Niederlassungen gemeinsam Projekte zur Umsetzung eines<br />
Diversity-Ansatzes entwickeln. Dabei gibt es keine auf alle<br />
Länder und Situationen übertragbare Vorlage, wie genau die<br />
Vielfalt in einem Unternehmen gewährleistet und entsprechend<br />
genutzt werden kann. Konkrete Maßnahmen sollten<br />
sich daher an den gesellschaftlichen, sozio-ökonomischen und<br />
kulturellen Gegebenheiten des jeweiligen Landes und den<br />
speziellen Bedürfnissen der Belegschaften orientieren. Das<br />
können beispielsweise besondere Herausforderungen im Gesundheitsbereich<br />
oder mit bestimmten religiösen Bräuchen sein.<br />
Die jeweilige Bedeutung von unter Diversity gefassten Merkmalen<br />
und Gruppenzugehörigkeiten kann sich zwischen<br />
Ländern und Regionen stark unterscheiden. In Indien spielen<br />
beispielsweise neben dem Geschlecht und der Religion auch<br />
der Geburtsort bzw. die regional-ethnische und sprachliche<br />
Herkunft und für Hindus die Kastenzugehörigkeit eine<br />
besondere Rolle und müssen entsprechend berücksichtigt<br />
werden. In <strong>Deutschland</strong> kann es sinnvoll sein, Parkplätze<br />
für Menschen mit Behinderungen zur Verfügung zu stellen,<br />
während dort, wo die MitarbeiterInnen mehrheitlich nicht<br />
mit dem Auto zur Arbeit kommen, andere Schwerpunkte<br />
sinnvoll erscheinen. Trotz dieser Besonderheiten lassen sich<br />
einige idealtypische Schritte zur Umsetzung von Diversity<br />
Management identifizieren.<br />
Diversity als Jahresthema <strong>2012</strong> im DGCN<br />
Im Rahmen der Arbeit am Jahresthema „Wirtschaft und Menschenrechte<br />
– Diversity” in <strong>2012</strong> wurden die in dem Hintergrundpapier<br />
identifizierten Ansätze und Herausforderungen<br />
diskutiert, Good-Practice-Beispiele vorgestellt und gemeinsames<br />
Lernen angestoßen. Beim Arbeitstreffen zu Beginn des<br />
Jahres lag der Fokus auf dem Business Case für Diversity, auf<br />
Ansätzen für Diversity Management in MNU und KMU und<br />
den Women Empowerment Principles des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />
Im Herbst standen Diversity und Gleichbehandlung mit Blick<br />
auf unternehmerische Wertschöpfungsketten im Mittelpunkt.<br />
Ein Schwerpunkt wurde auf unternehmensübergreifende<br />
Kooperationsinitiativen gelegt, da sich von diesen die größte<br />
Breitenwirkung erwarten lässt. Auf Basis der Veranstaltungen<br />
im Netzwerk wird das Thema weiter inhaltlich auf bereitet.<br />
Darüber hinaus werden neue Entwicklungen aus dem allgemeinen<br />
Themenfeld Menschenrechte aufgegriffen. Von<br />
besonderer Bedeutung sind dabei die UN-Leitprinzipien für<br />
Wirtschaft und Menschenrechte („Ruggie Framework”) und<br />
ihre Umsetzung in der Unternehmenspraxis. Weitere Veranstaltungen,<br />
Informationen und Publikationen zum Thema<br />
werden laufend auf der Webseite des DGCN veröffentlicht.<br />
Quelle:<br />
Hintergrundpapier des Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerkes<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
21
Agenda<br />
Ist-Zustand<br />
Fachkräftemangel:<br />
Sozialversicherungspflichtige<br />
Beschäftigte:<br />
Geburtenrate:<br />
120.000<br />
aus MINT<br />
25 %<br />
> 50 Jahre<br />
1,4<br />
Kinder pro Familie<br />
Entwicklung der Bevölkerung bis 2050<br />
Bevölkerung:<br />
Anteil der Über-60-Jährigen:<br />
Erwerbstätige:<br />
25 %<br />
37 %<br />
81<br />
Millionen<br />
70<br />
Millionen<br />
2010 2050<br />
2006 2050<br />
42 30<br />
42<br />
Millionen<br />
2011<br />
30<br />
Millionen<br />
2050<br />
Wie bleiben Regionen und Unternehmen zukunftsfähig?<br />
• Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern<br />
a. Gesicherte Kinderbetreuung<br />
b. Flexible Arbeitszeitmodelle etc.<br />
c. Ganztagsschulen<br />
• Städte attraktiver für Familien gestalten<br />
• Beschäftigung von Frauen fördern<br />
• In Bildung und technischen Fortschritt investieren<br />
• Anpassen der Unternehmen an ältere<br />
Belegschaften<br />
• Förderung von qualifizierter Einwanderung<br />
• Verbesserte Integration von Menschen<br />
mit Migrationshintergrund<br />
• Stärkung der Zivilgesellschaft<br />
22<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Human Resources<br />
Schwache Zukunftsaussichten<br />
Lübeck (Schleswig-Holstein)<br />
Oberspreewald-Lausitz (Brandenburg)<br />
Mecklenburg-Strelitz (Mecklenburg-Vorpommern)<br />
Altenburger Land (Thüringen)<br />
Prignitz (Brandenburg)<br />
Görlitz (Sachsen)<br />
Stendal (Sachsen-Anhalt)<br />
Osterode am Harz (Niedersachsen)<br />
Herne (Nordrhein-Westfalen)<br />
Wismar (Mecklenburg-Vorpommern)<br />
Elbe-Elster (Brandenburg)<br />
Uckermark (Brandenburg)<br />
Bremerhaven (Bremen)<br />
Recklinghausen (Nordrhein-Westfalen)<br />
Kyffhäuserkreis (Thüringen)<br />
Burgenlandkreis (Sachsen-Anhalt)<br />
Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anahlt)<br />
Demmin (Mecklenburg-Vorpommern)<br />
Gelsenkirchen (Nordrhein-Westfalen)<br />
Uecker-Randow (Mecklenburg-Vorpommern)<br />
Köln<br />
Rostock<br />
Hamburg<br />
Bremen<br />
Hannover Berlin<br />
Dresden<br />
Starke Zukunftsaussichten<br />
Landkreis München (Bayern)<br />
Eichstätt (Bayern)<br />
Landkreis Landshut (Bayern)<br />
Bad Tölz-Wolfratshausen (Bayern)<br />
Kelheim (Bayern)<br />
Freising (Bayern)<br />
Bodenseekreis (Baden-Württemberg)<br />
Erding (Bayern)<br />
Potsdam (Brandenburg)<br />
Stadt Ansbach (Bayern)<br />
Biberach (Baden-Württemberg)<br />
Landkreis Erlangen-Höchstadt (Bayern)<br />
Jena (Thüringen)<br />
Dingolfing-Landau (Bayern)<br />
Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim (Bayern)<br />
Neuburg-Schrobenhausen (Bayern)<br />
Ludwigsburg (Baden-Württemberg)<br />
Kitzingen (Bayern)<br />
Ebersberg (Bayern)<br />
Neumarkt in der Oberpfalz (Bayern)<br />
Frankfurt<br />
Stuttgart<br />
München<br />
Demografischer<br />
Wandel<br />
in <strong>Deutschland</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
23
Agenda<br />
Rio+20:<br />
Bilanz und Perspektiven<br />
24 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Inside UNGC<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
25
Agenda<br />
Interview<br />
„Der<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
wird zur transformativen<br />
Initiative “<br />
Umwelt- und Sozialfragen haben aktuell auf der weltpolitischen Bühne einen schweren Stand. Das hat der<br />
UN-Gipfel in Rio überdeutlich gezeigt. Doch das ändert nichts daran, dass die Probleme drängender werden und<br />
Antworten gefunden werden müssen. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> als weltweit wichtigste Initiative für unternehmerische<br />
Verantwortung kann hier eine Führungsrolle übernehmen. Doch in welchem Maß kann Wirtschaft da einspringen,<br />
wo Politik versagt? Und reicht die Kraft des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, wirklich marktverändernde Impulse zu geben?<br />
Wir sprachen darüber mit UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Executive Director Georg Kell.<br />
Wir verzeichnen aktuell den höchsten CO 2<br />
-Ausstoß in der Menschheitsgeschichte.<br />
In immer mehr Ländern wächst die Kluft zwischen arm<br />
und reich rasant. Und auch der Artenschwund schreitet ungebremst<br />
voran. Die Lage der Menschenrechte stagniert bestenfalls. Ich könnte<br />
die Liste beliebig fortsetzen. Wieso kommt die Menschheit beim Thema<br />
Nachhaltige Entwicklung keinen Schritt weiter?<br />
Georg Kell: Das ist die Frage aller Fragen! Ich habe dazu<br />
eine philosophische und eine praxisnahe Antwort: Meine<br />
philosophische Antwort lautet, dass wir Menschen zwar vorgeben,<br />
rational zu sein, aber in Wirklichkeit ist der Mensch<br />
schlechthin phlegmatisch. Wir sind nur bedingt fähig, die<br />
Zukunft in unser Handeln einzubeziehen. Außerdem neigen<br />
wir leider auch dazu, in Zwängen zu denken und zu leben.<br />
Diese sind zumeist alle kurzfristiger Natur: Politiker wollen<br />
wiedergewählt werden, CEOs wollen einen guten Jahresabschluss<br />
präsentieren.<br />
Der ganze Zeithorizont, wie ihn uns die Wirtschaft vordiktiert,<br />
ist sehr kurzfristig. Und auch die meisten Belohnungssysteme<br />
sind so ausgerichtet, dass langfristiges Handeln eigentlich gar<br />
nicht richtig eingebunden wird. Nicolas Stern hat zum Beispiel<br />
schon vor einigen Jahren in seiner bekannten Klima-Review<br />
darauf hingewiesen, dass die Finanz- und Evaluierungskonzepte<br />
inadäquat sind, weil sie die Umwelt nach wie vor als<br />
ein externer Faktor behandeln.<br />
Wirtschaftlich, praxisnah gesehen ist der Hauptgrund, dass<br />
CO 2<br />
-effizientes Verhalten weiterhin nicht ausreichend sowohl<br />
von Verbraucherseite als auch durch politische Auflagen belohnt<br />
wird. Ein symptomatischer Indikator ist, dass weltweit<br />
mehr Subventionen in fossile Energieträger als in erneuerbare<br />
Energien investiert werden.<br />
Als Ingenieur muss ich feststellen, dass wir nach wie vor in<br />
einer Industrialisierungsphase sind, die von alten Mechanismen<br />
und statischen Modellen dominiert wird. Wir haben es noch<br />
nicht geschafft, uns technologisch in eine Zukunft zu bewegen,<br />
in der ganz klar die Kosten und Folgen von zukünftigen<br />
Schäden schon internalisiert sind.<br />
Die Schwerfälligkeit von Politik und Gesellschaften zeigt sich immer<br />
wieder auf internationaler Bühne. Beispiel der Rio+20 Gipfel im<br />
Sommer <strong>2012</strong>. Der Rio+20 Gipfel wird von fast allen als Misserfolg<br />
bewertet. Wie können internationale Konferenz künftig besser funktionieren?<br />
26<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Inside UNGC<br />
Kell: Diese kritische Meinung zu Rio teile ich nicht. Das Ergebnis<br />
einer Konferenz wie Rio+20 muss im Zusammenhang<br />
damit gesehen werden, wie wir derzeitig geopolitisch dastehen.<br />
Es ist kein Geheimnis, dass Multilaterismus im Eisschrank<br />
liegt. Das ist sehr enttäuschend. Wir wissen auch die Gründe<br />
dafür: Die Welt fragmentiert angesichts eines fundamentalen<br />
Transformationsprozesses. Wirtschaftliches Wachstum<br />
verlagert sich beispielsweise von den traditionellen Zentren<br />
des Nordens in die neuen Zentren im Süden und Osten. Vor<br />
nicht allzu langer Zeit war der Blaue Salon in Genf der Ort,<br />
an dem die Abschlüsse für multilaterale Geschäfte gemacht<br />
wurden. Das ist so nicht mehr möglich. Die Welt ist heute viel<br />
komplizierter. Wir stehen einer komplett neuen Generation<br />
von Markakteuren gegenüber, von denen viele aus den BRIC-<br />
Staaten kommen, und von denen jeder seine Unabhängigkeit<br />
entschlossen verteidigt. Sie fühlen sich als Nachzügler und<br />
fordern für sich das Recht ein, auf jede erdenkliche Art und<br />
Weise so schnell wie möglich reich zu werden. Das ist eine<br />
ganz andere Einstellung, als sie die Gründer der Vereinten<br />
Nationen teilten.<br />
Wir beobachten, dass ganz eng national definierte Interessen<br />
die politische Agenda dominieren. Die Fähigkeit und der<br />
Wille von Regierungen zu gemeinsamem Handeln angesichts<br />
drängender Themen ist auf einem sehr niedrigen Niveau. Der<br />
Wille zur politischen Zusammenarbeit nimmt sogar stetig ab,<br />
obwohl zugleich die wirtschaftliche Verflechtung, etwa bei<br />
Technologien, bei Warenflüssen und auch auf den Finanzmärkten<br />
täglich zunimmt.<br />
Vor diesem Hintergrund muss man die Rio-Konferenz sehen. Aus<br />
meiner Sicht ist es daher bewundernswert, dass wir dennoch<br />
ein Rio-Abschlussdokument erreicht haben. Es war nämlich<br />
bis zuletzt durchaus im Bereich des Möglichen, dass dies die<br />
erste UN-Konferenz hätte werden können, die ohne jegliches<br />
Abschlussdokument endet. Die Vorbereitungskonferenzen zu Rio<br />
waren extrem frustrierend. Selbst auf dem Gipfel sah es lange<br />
so aus, dass es zu keinem Konsens kommt. Dank des Gastgebers<br />
Brasilien und vor allem Präsidentin Dilma Rousseff ist es überhaupt<br />
zu einem halbwegs vernünftigen Abschlussdokument<br />
gekommen. Es beinhaltet ein paar wichtige Punkte wie etwa<br />
die Anerkennung der Bedeutung von Green Economy und<br />
Corporate Sustainability, wie sie der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> versteht.<br />
Wenn man das mit dem Multilaterialismus alter Tage vergleicht,<br />
bei dem für alle Beteiligten etwas Greif bares und Gutes >><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
27
Agenda<br />
heraussprang, ist das natürlich enttäuschend. Aber angesichts<br />
der Welt, wie sie sich heute darstellt, ist das, was am Ende in<br />
Rio passierte, so etwas wie ein kleines Wunder.<br />
Das Corporate Sustainability Forum (CSF) im Vorfeld zum Rio+20<br />
Staatengipfel galt als eines der wenigen positiven Signale aus Rio. Der<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> war dort Mitveranstalter. Was haben Sie besser gemacht?<br />
Welche Erfahrungen sind in die Politik übertragbar?<br />
Was kann man besser machen? Nicht so gut hat die Schnittstelle<br />
zwischen Wirtschaft und Politik funktioniert. Da gibt es noch<br />
viel zu verbessern. So wurden die meisten Aktionen, die im<br />
Corporate Sustainability Forum gelauncht wurden, von den<br />
Politikern, wenn überhaupt, nur am Rande wahrgenommen.<br />
Beim nächsten Mal werden wir uns daher viel stärker damit<br />
beschäftigen, wie wir die privaten Lösungen und Initiativen<br />
besser mit den politischen Frameworks verknüpfen können.<br />
Welche Signale und Impulse sehen Sie für einen möglichen Rio+20<br />
Prozess?<br />
Kell: Veränderungen müssen von unten kommen. Das CSF<br />
war ziemlich groß, aber global betrachtet sind wir nach wie<br />
vor eine Minderheit. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ist trotz seiner vielen<br />
tausend Teilnehmer weiterhin eine Randbewegung. Wir<br />
sind noch nicht mainstream und haben auch noch nicht den<br />
Kipppunkt dahin erreicht. Für den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ist deshalb<br />
jetzt das Wichtigste, eine kritische Masse zu erreichen. Das<br />
geht nur Land für Land.<br />
Die EU-Kommission plant für die nahe Zukunft strengere CSR-Regeln<br />
für Unternehmen, sogenannte Selbst- und Koregulierungsprozesse. Der<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> als freiwillige Selbstverpflichtung (Soft Law) ist hier<br />
ganz zentral eingeplant. Ist das für Sie in Ordnung, wenn die Firmen<br />
künftig per EU-Dekret in den <strong>Compact</strong> gedrängt werden? Sind das<br />
die Art von Participants, die Sie wollen?<br />
Kell: Ich sage den europäischen Kollegen immer wieder: Bitte<br />
vergesst nicht, dass Europa bei vielen Themen wie Klimaschutz,<br />
Effizienz und sozialem Verhalten sehr fortgeschritten ist.<br />
Europa ist hier weltweit Vorreiter. Jetzt kommt es darauf an,<br />
sich so zu verhalten, dass die anderen dem folgen können.<br />
Europa muss Beispiele und Anreizsysteme schaffen, sodass<br />
Niederlassungen und Zulieferketten etwa dem Vorbild folgen<br />
können und wollen.<br />
Kell: Rio+20 war die erste Konferenz in der Geschichte der<br />
Vereinten Nationen, bei der die Wirtschaft eine eigene Parallelkonferenz<br />
mit über 120 Veranstaltungen abhielt. Viele von den<br />
Aktivitäten dort waren keine, die den Lauf der Weltgeschichte<br />
verändern werden, könnte man jetzt kritisch sagen. Das stimmt,<br />
aber viele Initiativen wurden so katalysiert und verstärkt, dass<br />
sie jetzt in die Breite getragen werden können. Solche Aktionen<br />
und das breite Engagement des privaten Sektors haben in Rio<br />
gezeigt, dass es innerhalb der Wirtschaftscommunity eine<br />
Gruppe gibt, die bereit ist, deutlich über das hinauszugehen,<br />
was Politiker derzeit vorgeben.<br />
Was waren die Haupthürden im Vorfeld? Was kann man in Zukunft<br />
besser machen?<br />
Kell: Es hat uns ein Jahr Arbeit mit dem ganzen Team gekostet.<br />
Wir hatten in der Tat im Vorfeld das Problem, dass viele<br />
Unternehmen uns gefragt haben, warum sie nach Rio gehen<br />
sollen, wenn die eigenen Regierungschefs mit aller Wahrscheinlichkeit<br />
nicht kommen oder wenig beschlossen wird?<br />
Darauf haben wir damals argumentiert: Umso wichtiger ist es,<br />
dass die Wirtschaft kommt und zeigt, was möglich ist. Diese<br />
Taktik hat sich ausgezahlt.<br />
Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> versteht sich als rein freiwillige Initiative.<br />
Ich freue mich, wenn der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> eine nützliche Rolle<br />
spielen kann, um Verantwortung in Europa voranzutreiben. Wir<br />
können aber kein Ersatz für fehlende staatliche Regulierung<br />
in einzelnen Ländern sein. Vielmehr sollten regulatorische<br />
und freiwillige Verpflichtungen stets zusammen existieren. Es<br />
geht nicht darum, sie gegeneinander auszuspielen, sondern<br />
clevere Brücken zu bauen.<br />
Manche Bürger und NGOs wehren sich gegen die Idee von wachsender<br />
unternehmerischer Verantwortung. Wenn Unternehmen nämlich im<br />
Rahmen ihrer Einflussmöglichkeiten gesellschaftspolitische Herausforderungen<br />
mitgestalten, dann bedeutet das zugleich, dass sie Einfluss<br />
nehmen, dass sie an der gesellschaftlichen Governance teilhaben. Dieser<br />
Ansatz bietet aber auch viel Brisanz, denn Unternehmen sind per se<br />
nicht demokratisch gewählt!<br />
Kell: Diese Bedenken nehme ich sehr erst. Die Human Rights<br />
Guiding Principles haben Klarheit geschaffen und uns daran<br />
erinnert, dass der Staat die Hauptverantwortung im Bereich<br />
Menschenrechte trägt. Das war schon immer so, ist aber<br />
deutlich reartikuliert worden. Ich habe übrigens gerade mit<br />
Gordon Brown darüber gesprochen. Er baut eine neue Business-<br />
28<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Inside UNGC<br />
Plattform zum Thema Bildung auf. Das ist durchaus diskussionswürdig,<br />
da Ausbildung, vor allem elementare Schulbildung,<br />
allgemein als staatliche Aufgabe gilt. Im Sinne von Fairness<br />
und Chancengleichheit sollte es auch weiterhin ein öffentlicher<br />
Auftrag bleiben. Gordon Brown stimmt darin überein.<br />
Sein Argument ist, dass Wirtschaft auf die Regierungen Druck<br />
ausüben kann, die zurückfallen.<br />
Es gibt eine Reihe Staaten in der Welt, wo im Bildungssektor<br />
wenig passiert, weil die Regierung schwach ist, weil Armut<br />
herrscht oder weil der ganze Bereich unzureichend entwickelt<br />
ist. In solchen Situationen ist jede Hilfe notwendig. Es<br />
geht also nicht darum, dass das Anliegen privatisiert wird,<br />
sondern mit privaten Geldern die Fähigkeit des öffentlichen<br />
Dienstes verbessert wird. In der Praxis passiert das leider sehr<br />
unorchestriert, so dass es hier sowohl positive wie negative<br />
Entwicklungen gibt.<br />
Was sind die nächsten Meilensteine des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>?<br />
Kell: Dank Rio+20 und auch Dank des Wachstums unserer<br />
inzwischen über 100 Netzwerke sind wir sehr ambitioniert<br />
geworden. Wir glauben, dass es jetzt möglich ist, den <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> zu einer transformativen Initiative zu entwickeln.<br />
Wir glauben, dass es möglich ist, weitreichende und mächtige<br />
Plattformen aufzubauen, die die Gesellschaft verändern können.<br />
Wir werden dazu viel mehr in unsere Initiativen wie Caring-<br />
4Climate oder CEO Water Mandate investieren. Das Thema<br />
Anti-Korruption wollen wir um den Faktor zehn ausweiten.<br />
Um das zu schaffen, müssen zwei Ziele erreicht werden: Erstens<br />
müssen wir dazu eine kritische Masse erreichen, und<br />
unser selbstgestecktes Wachstumsziel, von 7.000 Unternehmen<br />
auf 20.000 zu wachsen, hat weiterhin Top-Priorität. Das ist<br />
übrigens gar nicht so einfach, weil wir jetzt auch sehr strikte<br />
Delisting-Regeln für inaktive Telnehmer haben. Die Hälfte der<br />
Unternehmen, die dem <strong>Compact</strong> beitreten, verlassen ihn im<br />
Schnitt auch wieder nach ein bis zwei Jahren. Die Situation<br />
ist besonders kritisch in Märkten, in denen kein Strukturen<br />
für Offenlegung und Reporting existieren.<br />
Zweitens: Wir betreiben derzeit acht globale Themenplattformen<br />
und unterstützen über 100 Netzwerke. Die Frage ist<br />
jetzt, wie daraus Veränderungen angestoßen werden können.<br />
Impulse hierzu müssen global als auch lokal kommen. Unseren<br />
kommenden Leaders Summit im September 2013 in<br />
New York wollen wir dazu nutzen. Er soll das Signal setzen,<br />
dass wir bereit sind, eine die Gesellschaft transformierende<br />
Bewegung zu werden.<br />
Lieber Georg, herzlichen Dank für das Gespräch!<br />
Das Interview führte Dr. Elmer Lenzen<br />
Was steht im Rio-Dokument?<br />
Green Economy:<br />
In der rund 50 Seiten umfassenden Abschlusserklärung bekennen<br />
sich die Teilnehmerstaaten zum Konzept der „Green<br />
Economy“, das ein ressourcenschonendes Wirtschaften zum<br />
Ziel hat. Bis 2015 sollen hierzu Nachhaltigkeitsziele ausgearbeitet<br />
werden. Konkrete Indikatoren für Wohlstand, die über<br />
das Bruttoinlandsprodukt hinausgehen, fehlen allerdings<br />
nach Ansicht des WWF.<br />
UN Institutionen:<br />
Die UNEP wird nicht zur UN-Agentur, aber erste Schritte, die<br />
in diese Richtung führen können, wurden beschlossen. Die<br />
Aufwertung der Kommission für nachhaltige Entwicklung<br />
(CSD) zum einflussreicheren globalen Nachhaltigkeitsrat ist<br />
gescheitert, sie wurde nur zu einem „Forum“ aufgewertet.<br />
Millenniumsziele:<br />
Darüber hinaus enthält das Rio-Papier Vorschläge für<br />
den Kampf gegen Armut, Klimaerwärmung und Wüstenbildung.<br />
So ist etwa geplant, die 2015 auslaufenden UN-<br />
Millenniumsziele fortzuschreiben, vermutlich dann als<br />
Sustainable Development Goals (SDGs).<br />
Entwicklungsfinanzierung:<br />
Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff versprach, dass<br />
man sich weiter für finanzielle Hilfen bei der nachhaltigen<br />
Transformation der Entwicklungsländer einsetzen werde.<br />
30 Milliarden Dollar hatten diese von den Industriestaaten<br />
gefordert, was aufgrund der Finanzkrise abgelehnt wurde.<br />
Energie:<br />
Zum angestrebten „Energiezugang für alle“ wird nur der<br />
Start einer Initiative bestätigt. Es fehlt eine Jahreszahl,<br />
wann das Ziel erreicht werden soll. Nicht einmal der Ausbau<br />
Erneuerbarer Energien wird thematisiert. Was „Sustainable<br />
Modern Energies“ sind, wird der individuellen Definition<br />
überlassen.<br />
Wasser:<br />
Im Vergleich zu Johannesburg-Vereinbarungen sind einige<br />
deutliche Formulierungen zur Wechselbeziehung mit<br />
Ökosystemen und deren Rolle für Wasserverfügbarkeit<br />
sowie neue Verpflichtungen zum Wassermanagement enthalten.<br />
Es wird anerkannt, dass Wasser einen Kernbereich<br />
der nachhaltigen Entwicklung darstellt. Der Versuch, das<br />
Prinzip der gemeinsamen Verantwortung von grenzübergreifenden<br />
Wasserökosystemen aufzuweichen, konnte<br />
abgewehrt werden.<br />
Meere:<br />
In letzter Minute wurde eine bereits im vorigen Text enthaltene<br />
Vereinbarung zur Umsetzung des UN-Seerechtsübereinkommens<br />
gestrichen, die den Schutz der Hohen See<br />
ermöglichen sollte – bis dahin eines der wenigen wirklich<br />
guten und wichtigen Zwischenergebnisse.<br />
Quelle: UmweltDialog.de<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
29
Agenda<br />
Fünf Dinge,<br />
die wir von Rio+20<br />
lernen können<br />
Von Tom Bigg<br />
Viele haben den Rio+20-Gipfel rundherum als Katastrophe<br />
und das Schlussdokument 283 als „Absätze voller Flausen“<br />
gebrandmarkt. Manche wiederum leiten im völligen Kontrast<br />
dazu daraus Gründe für Optimismus und Perspektiven ab.<br />
Die Ergebnisse der Rio+20-Konferenz geben derzeit kaum<br />
Anlass zu viel Optimismus, aber vielleicht wird der Wert des<br />
Gipfels in längerfristigen Veränderungen von Einstellungen<br />
und Verständnis der Akteure liegen. Letztendlich sind nämlich<br />
alle globalen Gipfeltreffen im unmittelbaren Nachgang<br />
zunächst einmal abgeschrieben worden. Ich denke dabei an<br />
fünf Dinge, die wir aus dem Rio-Prozess lernen können und die<br />
längerfristige Einschätzungen beeinflussen und den Rahmen<br />
für Schlüsselthemen der kommenden Jahre setzen könnten:<br />
1. Nachhaltige Entwicklung hat noch einen langen Weg<br />
vor sich, um Top-Priorität von Politik und Macht zu<br />
werden.<br />
Eines der markantesten Bilder des Gipfelwochenendes von<br />
Rio war Bundeskanzlerin Angela Merkel, wie sie ein weiteres<br />
Tor der deutschen Nationalmannschaft gegen Griechenland<br />
feierte. Sie hatte keine terminlichen Probleme, um ihre Nationalmannschaft<br />
zu sehen, aber es war Frau Merkel nicht<br />
möglich, einen Abstecher vom G20-Treffen in Mexiko nach<br />
Rio zu unternehmen!<br />
Wenn überhaupt, dann stellte der Gipfel einen Rückschritt in<br />
den jahrzehntelangen Bemühungen dar, die mit der Brundtland-Kommission<br />
in den späten 1980er Jahren begannen, um<br />
Themen wie Eigenkapital, Selbstversorgung und internationale<br />
Zusammenarbeit in den Mittelpunkt der globalen und nationalen<br />
Politik zu stellen. Viele Regierungen sind immer noch<br />
durch die Umwelt- oder Entwicklungshilfe-Minister vertreten,<br />
während ihre Kollegen aus den Bereichen Finanzen, Planung<br />
und Wirtschaft nur vereinzelt anwesend sind. Im Gegensatz<br />
dazu waren die Vorstandsvorsitzenden von Konzernen wie<br />
Unilever, Puma und den größten brasilianischen Unternehmen<br />
durchaus in Rio gegenwärtig; einige warnten sogar dickköpfig,<br />
dass, wenn die Regierungen nicht bald Schritte zur Lösung<br />
der globalen Probleme ergreifen, sie dies selbst in die Hand<br />
nehmen würden.<br />
Zwanzig Jahre nach dem ursprünglichen Erdgipfel ist die<br />
Kern-Anklage der Nachhaltigkeits-Spezialisten und CSR-Organisationen,<br />
dass unsere Politiker immer noch nicht die<br />
grundsätzliche Bedeutung von nachhaltiger Entwicklung<br />
verstehen, und dass es weiterhin viel einfacher für sie ist, das<br />
Thema zu einer Fußnote der Politik zu verbannen.<br />
2. Regierungen des Südens sind durchsetzungsfähig<br />
und haben eine klare Agenda – auch wenn für einige<br />
Länder das derzeit nur bedeutet, „Nein“ zu sagen.<br />
Dreißig Monate zuvor, beim Kopenhagen-Gipfel, gab es für<br />
die europäischen Regierungen ein brutales Erwachen, als<br />
sie sich während der Klimaverhandlungen plötzlich an den<br />
Rand gedrängt fanden – durch eine Absprache zwischen<br />
den USA, China und Indien. Diese Machtverschiebung war<br />
in Rio+20 diesmal weniger auffällig – vielleicht auch, weil<br />
angenommen wurde, dass weniger auf dem Spiel steht. Aber<br />
der wachsende Einfluss der sogenannten G77-Länder war dennoch<br />
ein markantes Merkmal der Konferenz. Die Regierungen<br />
von Kolumbien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und<br />
Guatemala waren eng an der Ausarbeitung der Sustainable<br />
Development Goals (SDG) beteiligt, afrikanische Staaten zeigten<br />
starkes Interesse am Konzept der „Green Economy“, um<br />
möglicherweise ihre zukünftigen Entwicklungspfade daran<br />
auszurichten, und China wiederum konzentrierte sich auf<br />
die möglichen Auswirkungen, die ein größerer Fokus auf die<br />
Umwelt auf die Schaffung von Arbeitsplätzen haben könnte.<br />
Viele lateinamerikanische Länder haben sich wiederum<br />
lautstark gegen etwas aufgelehnt, das sie als die „Reduktion<br />
von Natur als Wirtschaftsgut“ bezeichnen. Das geschehe aus<br />
ihrer Sicht durch Policy-Tools wie Zahlungen für Ökosystem-<br />
Dienstleistungen oder andere Bewertungssysteme, die einen<br />
monetären Wert von ökologischen Ressourcen aufzeigen. Die<br />
30<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Inside UNGC<br />
misstrauisch und verwirrt waren dank der Tagesordnung,<br />
welche die UN-Generalversammlung festgelegt hatte. Dies<br />
wurde besonders deutlich bei den eher schlecht definierten<br />
Elementen einer „Green Economy“, die ein positives, neues<br />
Forschungsgebiet hätten werden können, aber die nie zufriedenstellend<br />
erklärt oder in einen Kontext gestellt wurden.<br />
Aber das wesentlich grundlegendere Problem liegt im UN<br />
Konsens-Prozess an sich. Virgilio Viana von der brasilianischen<br />
„Organisation Fundação Amazonas Sustentável“ (FAS) hat sich<br />
treffend so ausgedrückt: Wenn die UN Verhandlungsführer<br />
entscheiden müssten, ob alle Kaffee oder Bier bekommen sollten,<br />
dann würden sie auch dabei nie zu einer Einigung kommen.<br />
Man kann sich also vorstellen, wie viel schwerer es sein muss,<br />
eine Reihe von starken, gemeinsamen Vereinbarungen entlang<br />
einer breiten Themenagenda für den Gipfel zu treffen –<br />
diese müssten dann auch noch tief verwurzelte Interessen,<br />
Verdächtigungen und ideologische Unterschiede unter einen<br />
Hut bekommen. Dieser Prozess wird zusätzlich auch noch<br />
durch einen Mangel an Glaubwürdigkeit behindert: Die an<br />
den Gipfelvorbereitungen beteiligten Regierungen entfernten<br />
jegliche Assessmentverfahren zur Begutachtung ihrer Fortschritte<br />
bei der Umsetzung früherer globaler Verpflichtungen.<br />
Trotz all dieser bestehenden Mängel konnten sich die Regierungen<br />
zunächst nicht einmal auf das endgültige Schlussdokument<br />
einigen. Noch einen Tag vor dem Eintreffen der Staats- und<br />
Regierungschefs standen erst 28 Prozent des Abschlusstextes.<br />
Die Brasilianer durchschlugen den gordischen Knoten, indem<br />
sie eine „Friss oder stirb“-Erklärung veröffentlichten, die<br />
keinerlei feste Zusagen enthielt und die folglich von allen<br />
angenommen werden konnte. Das war enorm attraktiv, weil<br />
es doch einen Kollaps im Kopenhagen-Stil vermied und es<br />
den politischen Führern erlaubte, mit leichter Hand über den<br />
erfolgreichen Abschluss zu reden.<br />
G77-Staaten schließlich haben kollektiv die EU-Bemühungen<br />
um konkrete Ziele und Zeitpläne im Vertragstext abgelehnt.<br />
Vielleicht ist das Positivste, was man daraus ableiten kann,<br />
dass Länder mit mittlerem Einkommen, die außerhalb des<br />
G20-Zusammenschlusses sind, weiter wachsen und einen<br />
zunehmenden Bedarf an einem effektiven und stabilen multilateralen<br />
System haben, welches Regeln aufstellt, die sie<br />
benötigen. Im Gegensatz zu den ganz großen Staaten können<br />
sie diese Stabilität nämlich nicht durch ihren eigenen Einfluss<br />
allein sicherstellen. Dies scheint hinter Kolumbiens Vorschlag<br />
zu stehen, klare Ziele und Verpflichtungen einzuführen, und es<br />
gibt in der Zukunft Potential, diese positive Kritik auszubauen.<br />
3. Der UN Multilateralismus-Prozess funktioniert nicht –<br />
zumindest nicht für globale Verhandlungen über<br />
nachhaltige Entwicklung.<br />
Der Rio+20-Moloch ist das Ergebnis eines Zwei Jahre dauernden<br />
Vorbereitunsprozesses, der vom Tag 1 an zum Scheitern<br />
verurteilt war. Es hilft dabei keineswegs, dass viele Staaten<br />
Aber diese Rio+20-Vereinbarung ist von geringem Wert für<br />
die Zukunft – sie ist erschreckend dünn bei Verpflichtungen<br />
oder vereinbarten Maßnahmen; sie gibt nicht einmal den hart<br />
erkämpften Konsens zwischen einzelnen Regierungen wieder<br />
und hat es versäumt, bessere Ansätze zur Regierungsführung<br />
zu etablieren, um globalen Herausforderungen zu begegnen.<br />
Auf der Haben-Seite sollte stehen, dass dies die Totenglocken<br />
für überbordende UN-Prozesse einläutet, auch wenn derzeit<br />
noch wenig klar ist, wie etwas Positiveres aussehen kann, um<br />
diesen Platz einzunehmen.<br />
4. Wir brauchen einen Erkläransatz für systemische<br />
Veränderung; „Naturkapital“ und Green Economy-<br />
Ansätze könnten den Rahmen bilden.<br />
Es ist enorm frustrierend, dass Rio+20 die nachhaltige Entwicklung<br />
nicht als das beste Mittel für die Welt zur Bewältigung<br />
wirtschaftlicher Volatilität, sozialer Unruhen und Ungleichheit<br />
und gegen die Gefahren durch Übernutzung der Umwelt und<br />
damit einhergehend dem Erreichen einiger systemischer Kipppunkte<br />
präsentieren konnte. Dieses globale Ereignis, welches<br />
nur einmal je Generation stattfindet, ist damit gescheitert,<br />
eine Resonanz gegenüber dem Kreis derjenigen, die direkt<br />
beteiligt oder interessiert sind, zu erzeugen. >><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
31
Agenda<br />
Gegensätzliche Verhandlungspositionen, etwa zu Fragen,<br />
wer CO 2<br />
einsparen muss und wer wie viel bezahlen soll,<br />
lähmten die Verhandlungen bei der Rio+20-Konferenz.<br />
„Wir können nicht auf alle wichtigen Indikatoren hinweisen,<br />
die auftauchen, aber unterhalb der globalen Meta-Ebene der<br />
Analyse gibt es außergewöhnliche Innovation und Praxis“,<br />
sagte der Leiter des UN-Umweltprogramms, Achim Steiner.<br />
„Wir erfinden eine Million mal die verschiedensten Lösungen,<br />
aber wenn wir nicht die Strukturen und Systeme schaffen,<br />
um Wandel zu fördern, bleibt das, was getan werden könnte,<br />
in Labors und Testgeländen.“<br />
Solche Initiativen müssen eingreifen und den Mainstream<br />
herausfordern. Die entstehende Allianz für „Naturkapital“ ist<br />
so ein Ansatz, der den wirtschaftlichen Begriff des Kapitals<br />
auf die natürlichen Ökosysteme ausdehnt, und er hat das<br />
Potenzial, eine Veränderungsdynamik auszulösen.<br />
Die transformativen Auswirkungen des Ansatzes einer Green<br />
Economy wurden im Detail auf der Fair Ideas Konferenz des<br />
IIED im Vorfeld zu Rio+20 diskutiert. Eine der wichtigsten<br />
Schlussfolgerungen der Konferenz war, dass ein Ansatz zu<br />
grünem Wirtschaften das Potenzial hätte, durch eine bessere<br />
Nutzung der natürlichen Ressourcen Menschen aus der Armut<br />
zu befreien. Das wäre auch kein Wettbewerbshemmnis oder<br />
eine Bremse für die Entwicklung, wie viele befürchten. Doch<br />
die Bedenken, die Viele in Rio zum Ausdruck brachten, sind<br />
fundiert, und ein Green Business-Ansatz, der nicht vor allem<br />
auf Armutsbekämpfung, Gerechtigkeit und ökologische Stabilität<br />
im Interessen der ärmsten Länder und Menschen setzt,<br />
wäre ein schwerer Rückschlag.<br />
5. Durch Sustainable Development Goals Verbesserungen<br />
nachvollziehbar machen und die Rechenschaftspflicht<br />
verbessern.<br />
Die Sustainable Development Goals könnten einen Kurs zu<br />
einer gerechteren und nachhaltigeren Welt setzen. Um dies<br />
zu tun, müssten sie die Probleme mit dem aktuellen, eben<br />
nicht nachhaltigen Wirtschaftsmodell lokalisieren, welches<br />
der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon treffend als ökologischen<br />
„globalen Selbstmord-Pakt“ bezeichnete, und sie müssten<br />
Verbesserungen und Rechenschaftspflicht auf allen Ebenen<br />
des Regierens nachvollziehbar machen. Das ist eine große<br />
Herausforderung. Es bedeutet, mächtige Anspruchsgruppen<br />
und Interessen herauszufordern und langfristiges Wohlergehen<br />
über kurzfristige Vorteile zu stellen.<br />
Wie man von dieser idealistischen Vision zu Zielvereinbarungen<br />
kommen kann, ist derzeit bei weitem nicht klar. Sinnvolle<br />
Ziele werden nicht in Verhandlungen zwischen Regierungen<br />
auftauchen – und sie werden am meisten erst einmal denen<br />
nützen, die große Veränderungen befürworten statt denen, die<br />
in politischen Zwängen und Kompromissen gefangen sind. Die<br />
Beziehung zwischen den SDGs und einem Post-Millennium<br />
Development Goals-Rahmen für die internationale Entwicklungshilfe<br />
ist ein weiteres, offenes Problem.<br />
Viele Hindernisse liegen noch auf unserem Weg, aber wenn<br />
aktuelles Denken gefordert wird und neue, messbare Umweltziele<br />
auf den Weg gebracht werden, dann könnte der Rio+20<br />
Gipfel doch noch ein wichtiges Erbe hinterlassen.<br />
Quelle:<br />
Publiziert unter csr-manager.org. Dieser Blog wurde ursprünglich auf der<br />
IIED Website veröffentlicht und untersteht der Creative Commons Lizenz.<br />
Übersetzung: Dr. Elmer Lenzen<br />
32<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Inside UNGC<br />
Rio+20 Corporate Sustainability Forum –<br />
Summary Report<br />
Im Vorfeld des UN-Klimagipfels hat der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> als<br />
Co-Veranstalter das „ Rio+20 Corporate Sustainability Forum“<br />
durchgeführt. Im jetzt vorgestellten Konferenzbericht werden<br />
die wichtigsten Ergebnisse und Forderungen aufgezeigt.<br />
Unternehmen waren bei dieser Teilkonferenz wesentlich problembewusster<br />
und lösungsorientierter als die Staatschefs.<br />
CSR könne eine vitale Rolle zur Problemlösung spielen, so die<br />
Autoren des Reports. Dabei müsse die langfristige Wertschöpfung<br />
im finanziellen, sozialen, ökologischen und ethischen<br />
Bereich geschärft werden. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> will hierzu<br />
in Zukunft gezielt auf kollaborative, internationale Initiativen<br />
setzen und sich dort einbringen, um entsprechende qualitative<br />
wie quantitative Reichweiten zu erzeugen. Der Report zeigt<br />
hier entsprechende Akteure und Plattformen auf.<br />
Innovation and Collaboration<br />
for the Future We Want<br />
15-18 June <strong>2012</strong><br />
OvervIeW and OutCOmes<br />
Summary report<br />
Download: http://www.unglobalcompact.org/docs/news_<br />
events/<strong>2012</strong>_CSF/Rio_CSF_Overview_Outcomes.pdf<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> International Yearbook <strong>2012</strong><br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
International Yearbook<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Implementation Survey 2011<br />
<strong>2012</strong><br />
Mit weit über 7.500 Unternehmen ist der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> in<br />
jüngster Zeit rasant angewachsen. Doch wie ist die Einstellung<br />
der Unternehmen zur Initiative? Wie hoch ist der Umsetzungsgrad<br />
der Zehn Prinzipien? Wie sehen die Unterschiede<br />
zwischen langjährigen Teilnehmern und Neumitgliedern aus?<br />
Spannende Antworten auf diese und weitere Aspekte gibt die<br />
empirische Studie „<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Implementation Survey<br />
2011“. Demnach beschäftigen sich 70 Prozent der teilnehmenden<br />
CEOs mit Nachhaltigkeitsfragen und 44 Prozent der<br />
Firmen haben eine entsprechende Strategie. Die Zahl der<br />
CoPs stieg um 46 Prozent auf 4.150 im Jahr. 38 Prozent der<br />
Unternehmen sind dabei der Meinung, dass der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
ihnen beim Ausbau der eigenen CSR-Strategie hilft. Vor<br />
allem Langzeitmitglieder zeigen auch in schwierigen Themenfeldern<br />
wie Lobbyarbeit und Menschenrechte eine deutlich<br />
überdurchschnittliche Performance.<br />
Schwerpunktthemen der Ausgabe sind der Rio+20 Summit,<br />
Strategic Philantrophy und CSR in Lateinamerika sowie ein<br />
ausführliches Dossier zum komplexen Themenfeld Corporate<br />
Foresight. Dabei greift das Jahrbuch aktuelle Trends<br />
und Themen aus dem CSR-Bereich auf: Es beleuchtet hierzu<br />
einerseits die wichtigsten Inhalte und Argumente und zeigt<br />
andererseits ganz praktisch Umsetzungsmöglichkeiten im<br />
Unternehmen auf. Das zeigt spiegelt etwa im Kapitel „Strategic<br />
Philantrophy“: Ausgangspunkt ist für viele Unternehmen<br />
das klassische Spenden. Das lässt sich strukturieren, ausbauen<br />
und in einen komplexeren CSR-Anspruch integrieren.<br />
Das Jahrbuch enthält darüber hinaus Beiträge u. a. von Georg<br />
Kell (UNGC), Kyle Peterson (FSG), Jerome Glenn (Millennium<br />
Project) sowie Achim Steiner (UNEP). Außerdem veranschaulichen<br />
Best Practice Beispiele von 42 Unternehmen aus verschiedensten<br />
Teilen der Welt die Integration der zehn Prinzipien<br />
des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> in das jeweilige Unternehmensumfeld.<br />
Download: http://csr-manager.org/en-wAssets/docs/<br />
Yearbooks/GCYB_<strong>2012</strong>_final_screen.pdf<br />
ANNUAL REVIEW OF BUSINESS<br />
POLICIES & ACTIONS TO<br />
ADVANCE SUSTAINABILITY<br />
2011 <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Implementation Survey<br />
Download: http://www.unglobalcompact.org/docs/news_<br />
events/8.1/2011_<strong>Global</strong>_<strong>Compact</strong>_Implementation_Survey.pdf<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong> 33
Agenda<br />
Das Deutsche<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
Netzwerk<br />
<strong>2012</strong><br />
Von Dr. Jürgen Janssen<br />
Der nationale und internationale Rahmen für nachhaltige<br />
Entwicklung und CSR hat sich auch in <strong>2012</strong> rasant weiter<br />
entwickelt. Die CSR-Strategie der Bundesregierung befindet<br />
sich in der Umsetzungsphase, die EU-Kommission hat einen<br />
kontrovers diskutieren Vorschlag für eine CSR-Strategie der EU<br />
vorgelegt, die neue Fassung der OECD-Leitsätze für Multinationale<br />
Unternehmen gewinnt langsam an Bedeutung und die<br />
UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie<br />
neue Regelungen zur Korruptionsbekämpfung in verschiedenen<br />
Ländern heben die Diskussion um Unternehmensverantwortung<br />
auf eine neue Ebene.<br />
Vor diesem Hintergrund haben die Rio+20-Konferenz sowie<br />
das Corporate Sustainability Forum in ihrem Umfeld viele<br />
Entscheider aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft<br />
zusammengebracht. Trotz einer Reihe dort veröffentlichter<br />
Selbstverpflichtungen („commitments“) vor allem von Unternehmen<br />
und Netzwerken sowie der Ansprache der zentralen<br />
globalen Herausforderungen hat sich in Rio aber auch wieder<br />
gezeigt, dass die Vereinbarung ambitionierter und messbarer<br />
Nachhaltigkeitsziele international derzeit nicht konsensfähig<br />
ist. In diesem Umfeld kommt dem <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> als weltweiter,<br />
wirtschaftsgetriebener Multi-Stakeholderinitiative der<br />
UN eine zentrale Rolle zu. Die zehn Prinzipien des <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> fordern alle Teilnehmer unabhängig vom jeweiligen<br />
regulatorischen Rahmen auf, ihre Unternehmensführung auf<br />
Nachhaltigkeit und Verantwortungsübernahme auszurichten<br />
und damit zumindest mittelbar zu einer nachhaltigen Entwicklung<br />
weltweit beizutragen.<br />
Die im Deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk (DGCN) zusammengeschlossenen<br />
rund 300 deutschen Teilnehmer des <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> übersetzen diese Anforderung seit nunmehr zehn<br />
Jahren in konkrete Arbeitsprogramme und Formate. In <strong>2012</strong><br />
war einer der Höhepunkte des Arbeitsprogramms die Konferenz<br />
„The Green Economy <strong>2012</strong> – Business Contribution to<br />
Securing Sustainability“ in Arnheim, die das niederländische<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk zusammen mit dem DGCN veranstaltet<br />
hat. Über 200 Teilnehmer aus den Niederlanden und<br />
<strong>Deutschland</strong> diskutierten im Vorlauf zur Rio+20-Konferenz und<br />
dem Corporate Sustainability Forum die Einflussmöglichkeiten<br />
von Unternehmen auf die soziale, Umwelt- und finanzielle<br />
Dimension der Nachhaltigkeit. Neben den Netzwerkveranstaltungen<br />
und dem Ausbau des Coaching-Angebots wurden in<br />
<strong>2012</strong> eine Reihe von Initiativen und Instrumenten aufgegriffen<br />
und in die Breite getragen. An dieser Stelle sollen nur einige<br />
hervorgehoben werden:<br />
• Bereits 2010 veröffentlicht, gewinnen die Women Empowerment<br />
Principles, die gemeinsam von UN Women und <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> entwickelt wurden, in <strong>Deutschland</strong> nur langsam<br />
Bekanntheit. Zusammen mit UN Women <strong>Deutschland</strong> und<br />
BPW Germany e. V. hat das DGCN die deutsche Fassung der<br />
Prinzipien im Rahmen eines öffentlichen Fachgesprächs mit<br />
ca. 100 Teilnehmern vorgestellt und wird deren Verbreitung<br />
weiterhin aktiv vorantreiben.<br />
• Zusammen mit UNICEF und Save the Children hat das<br />
DGCN die Children’s Rights and Business Principles über-<br />
34<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Gemeinsame Konferenz des deutschen und<br />
niederländischen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerks in der<br />
Eusebius-Kirche in Arnheim im Frühjahr <strong>2012</strong><br />
setzt. Die deutsche Fassung mit dem Titel „Kinderrechte<br />
und unternehmerisches Handeln“ wird Anfang 2013 mit<br />
Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung veröffentlicht.<br />
• Viele Unternehmen stehen bei der Umsetzung des 10. Prinzips<br />
des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> vor besonderen Herausforderungen.<br />
Mit der Übersetzung des Schulungsinstruments<br />
RESIST und der Entwicklung eines Coachings zum Thema<br />
Korruptionsbekämpfung und Compliance erhalten <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> Unternehmen in <strong>Deutschland</strong> zukünftig weitere<br />
Unterstützung in diesem Bereich.<br />
• Das Interesse der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Teilnehmer am Thema<br />
Nachhaltigkeit in der Lieferkette ist weiterhin sehr groß. Das<br />
DGCN hat daher den <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Leitfaden „Nachhaltigkeit<br />
in der Lieferkette“ übersetzt, das Online-Tool „Kompass<br />
Nachhaltigkeit“ überarbeitet und ein darauf auf bauendes<br />
Unternehmenscoaching organisiert.<br />
• Das DGCN unterstützt seine Teilnehmer im Bereich Berichterstattung<br />
durch die Bereitstellung von deutschsprachigen<br />
Informationsmaterialien sowie im Rahmen von Webinaren<br />
zur „Communication on Progress (CoP)“.<br />
Um dem weitergehenden Bedarf der Netzwerkteilnehmer<br />
gerecht zu werden, entwickelt die Geschäftsstelle aktuell<br />
ein softwarebasiertes Berichtstool, das auf Seite 37 dieses<br />
Jahrbuchs ausführlich vorgestellt wird.<br />
Seit 2008 bildet das Thema Wirtschaft und Menschenrechte<br />
einen wichtigen Schwerpunkt der Netzwerkarbeit. Die Geschäftsstelle<br />
bietet den DGCN-Teilnehmern mittlerweile ein<br />
umfassendes, aufeinander auf bauendes Angebot an Informations-,<br />
Lern- und Dialogformaten an, das sowohl für Einsteiger<br />
als auch für fortgeschrittene Unternehmen wertvolle<br />
Unterstützung aufzeigt.<br />
DGCN-Arbeitsprogramm<br />
„Wirtschaft und Menschenrechte“<br />
Arbeitstreffen<br />
• Lern- und Dialogforum<br />
• Workshops und Fachgespräche<br />
zu wechselnden<br />
Themen im Multi-Stakeholder-<br />
Format<br />
• „Organizational Capacy<br />
Assessment Instrument“<br />
• Eigene Kapazitäten online<br />
analysieren und mit der Umsetzung<br />
einer MR-Strategie<br />
beginnen<br />
OCAI-Tool<br />
Coaching<br />
• Erkennen und Bewerten von<br />
Menschenrechtsrisiken<br />
• Praktische Umsetzung unternehmerischer<br />
Verantwortung<br />
im Managementsystem<br />
• Coaching Alumni Gruppe<br />
• Regelmäßiger Austausch über<br />
eigene Projekte, Erfolge und<br />
neue Herausforderungen<br />
• Strukturiertes Lernen<br />
Lerngruppe<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
35
Agenda<br />
human rights policy“ ins Deutsche – „Menschenrechtsstrategien<br />
entwickeln“ – steht Unternehmen ein Ratgeber für die<br />
Umsetzung der zweiten Säule der UN Leitprinzipien für Wirtschaft<br />
und Menschenrechte zur Verfügung. Auch die vertiefte<br />
Partnerschaft mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte<br />
(DIMR) zeigt erste Früchte: Das Handbuch „Menschenrechte<br />
achten“ gibt einen kurzen und prägnanten Überblick über<br />
die Vielfalt der Thematik und beschreibt dann anhand von<br />
Fallbeispielen, wie Unternehmen die verschiedenen Menschenrechte<br />
positiv, aber auch negativ beeinflussen können.<br />
Über die Förderung der Umsetzung der UN Leitprinzipien<br />
für Wirtschaft und Menschenrechte hinaus wurden die menschenrechtlichen<br />
Aspekte von Diversity und Inklusion näher<br />
beleuchtet. Hierzu fanden zwei Workshops im Rahmen der<br />
Arbeitstreffen statt, bei denen die Themen zunächst allgemein<br />
auf bereitet und dann in ihrer Relevanz für die Lieferkette<br />
betrachtet wurden. Eine ausführliche Beschreibung findet<br />
sich im entsprechenden Hintergrundpapier.<br />
Besonders im Bereich Tools und Ressourcen hat das DGCN<br />
sein Angebot ausgedehnt. Mit dem Launch der neuen DGCN-<br />
Homepage konnte das im Rahmen der Lerngruppe mit einem<br />
externen Partner entwickelte OCAI (Organisational Capacity<br />
Assessment Instrument) als frei zugängliches Online-Tool<br />
in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht werden.<br />
Es wurde mittlerweile von einer Reihe von Unternehmen<br />
als Einstiegsinstrument verwendet und wird von mehreren<br />
Organisationen empfohlen. Eine Übersetzung in weitere<br />
Sprachen ist geplant.<br />
Darüber hinaus schaffen zwei aktuelle Publikationen einen<br />
besseren Zugang zum Thema Menschenrechte: Mit der Übersetzung<br />
der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Publikation „How to develop a<br />
Über den Autor:<br />
Dr. Jürgen Janssen ist Mitarbeiter in der Geschäftsstelle des DGCN und Kontaktperson<br />
des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> in <strong>Deutschland</strong>.<br />
Ausblick 2013<br />
Während <strong>2012</strong> von den Vorbereitungen des Corporate Sustainability<br />
Forums unmittelbar vor dem Rio+20 Gipfel, dem Ausbau<br />
bei den Umsetzungstools und Coachings sowie vom starken<br />
Wachstum des Netzwerks geprägt war, wird im DGCN 2013 u. a.<br />
die Einführung des CoP-Tools, der Ausbau des Angebots rund<br />
um das 10. Prinzip sowie die weitere Vertiefung der Arbeit an<br />
den Themen Menschenrechte und Arbeitsnormen im Fokus<br />
stehen. Dabei sollen die in <strong>2012</strong> begonnen Kooperationen mit<br />
anderen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerken weiter ausgebaut werden.<br />
Auf der internationalen Ebene bereitet der UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
den Leaders Summit im Herbst vor, zu dem nach 2010 wieder<br />
wichtige Führungspersönlichkeiten in New York erwartet werden.<br />
Für die unmittelbare Arbeit in unserer Multi-Stakeholder-<br />
Initiative wird aber vor allem die geplante Neuausrichtung<br />
des Verhältnisses und der Zusammenarbeit zwischen dem<br />
UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>, seiner Arbeitsgruppen und Initiativen<br />
einerseits und den mittlerweile über 100 lokalen Netzwerken<br />
mit ihren sehr unterschiedlichen Charakteristika andererseits<br />
von großer Bedeutung sein.<br />
In diesem Umfeld werden die Unternehmen, zivilgesellschaftlichen<br />
Organisationen und politischen Institutionen im DGCN<br />
auch in 2013 an der Umsetzung ihrer ambitionierten Nachhaltigkeitsziele<br />
arbeiten. Mit Blick auf die vielfach sehr langsamen<br />
oder gar blockierten internationalen politischen Prozesse wollen<br />
die Teilnehmer des DGCN zeigen, dass zukunftsgerichtete,<br />
nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung<br />
sowohl zu einer gerechteren <strong>Global</strong>isierung und zum Schutz<br />
unserer natürlichen Lebensgrundlagen beitragen als auch<br />
den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen<br />
sicherstellen kann.<br />
Stets aktuelle Informationen zur Netzwerkarbeit sowie Instrumente und<br />
Ressourcen finden Sie unter www.globalcompact.de<br />
36<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Inside UNGC<br />
CoP-Tool<br />
des Deutschen<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
Netzwerkes<br />
Für die meisten im DAX gelisteten Unternehmen ist CSR-Reporting heute selbstverständlich. Für die Teilnehmer<br />
des UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> gehört der Fortschrittsbericht (Communication on Progress - COP) zu den Pflichten<br />
innerhalb der Initiative. Um auch kleinen und mittelständischen Unternehmen eine einheitliche und den Anforderungen<br />
entsprechende Berichterstattung zu gewährleisten, bietet das Deutsche <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Netzwerk jetzt<br />
eine spezielle Software an.<br />
Von Dennis Lohmann<br />
Die Bedeutung von Reporting ist auch deshalb wichtig, weil<br />
die Richtlinien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> von weltweit operierenden<br />
Firmen fordern, ihr Nachhaltigkeitsmanagement<br />
auf Zulieferbetriebe auszudehnen. Ein professionelles CSR-<br />
Reporting wird für viele kleinere und mittlere Unternehmen<br />
daher zukünftig von entscheidender Bedeutung sein. Dabei<br />
geht es nicht darum, in allen Bereichen von vornherein gute<br />
Ergebnisse vorweisen zu können, sondern Transparenz nach<br />
internationalen Standards herzustellen.<br />
Zehn Prinzipien & vier Felder von Nachhaltigkeit<br />
Ausgehend von den zehn Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
unterteilt die neue Software die Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
daher auch logisch in die vier Bereiche: Menschenrechte,<br />
Arbeitsnormen, Umweltschutz sowie Korruptionsbekämpfung.<br />
Vorab werden jedoch erst einmal die Basisdaten erhoben,<br />
die in einer Matrix auf Excell-Basis eingebunden werden. Zu<br />
diesen gehören unter anderem Kennzahlen wie Jahresumsatz,<br />
Berichtszeitraum oder Branche des Unternehmens, aber auch<br />
Fragen zur Implementierung von CSR in Managementstrukturen.<br />
In einer weitgehend funktional gestalteten Maske werden<br />
die Nutzer anschließend durch die vier Kernbereiche geführt.<br />
Grundlegend unterscheidet das System dabei zwischen Indikatoren<br />
und Nachhaltigkeitsfragen:<br />
• Zu den Indikatoren werden dabei etwa Fakten wie die<br />
Gesamtwasserentnahme, der Anteil der Mitarbeiter, die<br />
spezielle Schulungen zu den einzelnen Bereichen erhalten<br />
haben, oder der Anteil von Frauen an der Gesamtbelegschaft<br />
beziehungsweise in Führungspositionen gezählt. Die<br />
Möglichkeit, bei bestimmten Punkten keine Angaben zu<br />
machen, steigert an dieser Stelle zwar die Kompatibilität<br />
der Software mit verschiedenen Unternehmen, allerdings<br />
sollten die Macher deutlich vermerken, welche Fragen in<br />
jedem Fall beantwortet werden müssen.<br />
• Ein zweiter Komplex behandelt anschließend Fragen zur<br />
Nachhaltigkeit. Diese decken Teilbereiche der CSR-Strategie<br />
eines Unternehmens ab, die sich nicht oder nur schwer in<br />
eindeutigen Zahlen ausdrücken lassen. Hier geht es vor allem<br />
um Zielsetzungen, Mechanismen zur Umsetzung oder auch<br />
die Zuordnung eines Themas innerhalb der Managementstruktur.<br />
Hier sind die CSR-Verantwortlichen gefragt, die<br />
Strategie inhaltlich knapp und präzise auszuformulieren.<br />
Fazit<br />
Insgesamt bietet die Software eine übersichtliche Struktur und<br />
eine ansprechende Schlussdokumentation. Für Einsteiger beim<br />
Thema CSR-Reporting wären kurze Erläuterungen – wie sie z. B.<br />
GRI anbietet – sehr hilfreich. Die Stärken liegen erkennbar<br />
darin, per Knopfdruck ein Reporting generieren zu können.<br />
Das Tool wird im Januar 2013 veröffentlicht und gegen eine<br />
Schutzgebühr zunächst nur <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Unternehmen<br />
zur Verfügung gestellt. Informationen:globalcompact@giz.de<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
37
Agenda<br />
Green<br />
Business<br />
38<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Green Business<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
39
Agenda<br />
Green Business<br />
im Kontext sich ändernder<br />
Lebensstile<br />
Es ist ein Symbol, das aus der Nachhaltigkeits- und Umweltbewegung nicht wegzudenken ist:<br />
das Bild unseres blauen Planeten. Es möchte dem Betrachter unzähliger Logos, Präsentationen<br />
und Buchdeckel ins Bewusstsein rufen, dass wir nur diese eine Erde haben und dass ihre Ressourcen<br />
endlich sind. One-Planet-Living ist ein Ansatz, der verdeutlicht, dass vor allem nordamerikanische<br />
und europäische Lebensstile dieser Tatsache nicht gerecht werden. Wäre der durchschnittliche<br />
europäische Lebensstil auf der ganzen Welt verbreitet, benötigten wir langfristig die<br />
Ressourcen von drei Erden; dem nordamerikanischen Lebensstil entsprächen fünf Planeten.<br />
40<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Green Business<br />
Von Dr. Christina Raab, Isabell Ullrich und Sarah Beckers<br />
Sinkende Rohstoff bestände und dementsprechend steigende<br />
Preise verlangen ein Umdenken weg von punktuellen Betrachtungen<br />
hin zu langfristigen Herangehensweisen. Produktion<br />
und Konsum sind eng verwoben mit alltäglichen Verhaltensmustern<br />
und Gewohnheiten der Menschen. Dabei geht es um<br />
Bereiche des alltäglichen Lebens wie Fortbewegung, Wohnen,<br />
Ernährung oder Gesundheit. Nicht nur das Konsumverhalten<br />
sondern ganze Lebensstile müssen sich wandeln, um dem<br />
One-Living-Ansatz gerecht zu werden. Viele Individuen und<br />
Unternehmen haben dies verstanden und für sich und ihre<br />
Gesellschaft neue Wege, Initiativen und Geschäftsmodelle<br />
gefunden, die nachhaltigere Lebensstile ermöglichen. Dies<br />
geht einher mit einem Wertewandel zum Beispiel von der<br />
Wegwerfgesellschaft hin zu nachhaltigerem Konsum und<br />
vom Besitz eigener Güter hin zu gemeinschaftlicher Nutzung.<br />
Neben der Politik und der Zivilgesellschaft nimmt die Wirtschaft<br />
eine Schlüsselrolle bei diesem Prozess ein. Es geht<br />
nicht mehr nur darum, möglichst fair gehandelte und ökologisch<br />
produzierte Waren zu verkaufen, sondern auch darum,<br />
Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln, die<br />
nachhaltigere Lebensstile ermöglichen und im besten Fall eine<br />
„Green Economy“ vorantreiben. Dies stellt nicht nur eine Notwendigkeit<br />
dar, sondern birgt eine Vielzahl von Möglichkeiten.<br />
Neue Lebensstile schaffen neue Märkte, die genutzt werden<br />
können, um in einer Welt immer schnellerer Veränderung<br />
wettbewerbsfähig zu bleiben.<br />
Um jedoch langfristig einen Trend und eine Wandlung hin<br />
zu nachhaltigeren Lebensstilen zu schaffen, bedarf es einer<br />
Reihe aufeinander aufbauender Maßnahmen, die zunehmend<br />
zukunftsorientiert und innovativ angelegt sind. Im operativen<br />
Bereich lässt sich zunächst mit vorhandenen Produkten und<br />
Gütern arbeiten, indem man sich entlang der Wertschöpfungskette<br />
für mehr Effizienz und eine sozial- und umweltverträgliche<br />
Produktion einsetzt. Bereits hier ist es wichtig, über den<br />
eigenen Tellerrand hinaus zu blicken und Zulieferer und andere<br />
Akteure der Wertschöpfungskette mit einzubeziehen. So kann<br />
beispielweise ein Einzelhandelsunternehmen sich nicht nur<br />
für geschlossene Kühltheken in den Filialen entscheiden, um<br />
selbst Energie zu sparen, sondern ressourcenschonende Praktiken<br />
in die vorgelagerten Wertschöpfungskettenschritte, wie<br />
Produktion und Rohstoffanbau, tragen oder zur Voraussetzung<br />
für Belieferungen machen. Denn umfassendes nachhaltiges<br />
Wirtschaften und innovative Nachhaltigkeitslösungen lassen<br />
sich zunehmend nur mehr in Kooperation erzielen. Dies wird<br />
auch durch eine vom Collaborating Centre on Sustainable<br />
Consumption and Production (CSCP) im Jahre 2011 durchgeführte<br />
Studie untermauert, welche sich mit Nachhaltigkeit in<br />
der deutschen Konsumgüterindustrie befasst. Dabei wurden<br />
35 Stakeholder aus Gesellschaft und Politik, sowie aus der<br />
Konsumgüterwirtschaft selbst befragt. Neben Klimaschutz und<br />
nachhaltiger Ressourcen- und Landnutzung wurden Aspekte<br />
wie Produkttransparenz, faire Handelspartnerschaften und<br />
Kooperationen und die Förderung nachhaltiger Konsummuster<br />
als die fünf Schlüsselthemen identifiziert.<br />
Dies belegt, dass die Wertschöpfungskette der Produktion nur<br />
ein Teil des Ganzen ist. Auch in der anderen Richtung des<br />
Lebenszyklus des Produkts verbirgt sich großes Potenzial. Die<br />
Umwelteinflüsse der eigentlichen Nutzung des Produkts durch<br />
den Konsumenten werden oftmals noch vernachlässigt. Selbst<br />
ein umweltschonendes Waschmittel, das bei sehr niedrigen<br />
Wassertemperaturen vollkommene Sauberkeit garantiert, kann<br />
in seinem Nachhaltigkeitsprofil weit nach unten rutschen, wenn<br />
es aus Gewohnheit des Nutzers doch bei 60 Grad eingesetzt<br />
wird. Ein nachhaltiges Produkt funktioniert hier nur, wenn<br />
nicht nur das Kaufverhalten, sondern vor allem die alltäglichen<br />
Lebensumstände und damit das Verbraucherverhalten in die<br />
Überlegungen der Produktentwicklung und -kommunikation<br />
mit einbezogen werden.<br />
In einer vom CSCP in <strong>2012</strong> durchgeführten Studie über verbrauchergerechte<br />
Kommunikation durch Unternehmen wurde<br />
der Wandel zu einem nachhaltigen Verbraucherverhalten als<br />
überdurchschnittlich relevant bewertet. In der Befragung von<br />
40 führenden, multinationalen Unternehmen insbesondere aus<br />
dem Bereich Handel (Lebensmittel und Textil) und Markenhersteller<br />
des produzierenden Gewerbes (Textil, Möbel, Dienstleistungen)<br />
wurde deutlich, dass das Verbraucherverhalten >><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
41
Agenda<br />
in der Zukunft als ein Kommunikationsziel von Unternehmen<br />
noch an Bedeutung gewinnen wird. Dies wäre zu begrüßen,<br />
da dies zum einen das Potenzial birgt, die Kommunikation<br />
noch näher an den Gewohnheiten der Verbraucher zu orientieren<br />
anstatt den Fokus nur auf Produktionsbedingungen zu<br />
richten. Zum anderen besteht mit diesem neuen Fokus die<br />
Möglichkeit, Konsum- und Lebensstile nachhaltiger zu gestalten.<br />
Demnach kommt dem Einbeziehen von Verbrauchern<br />
in Unternehmensentscheidungen und einer zielgerichteten<br />
Verbraucherbildung wesentliche Bedeutung zu.<br />
Solche Informations- und Bildungsangebote findet man in<br />
den letzten Jahren immer häufiger bei Stromanbietern. Von<br />
Privatisierung und Marktöffnung getrieben gehen sie vermehrt<br />
auf Kunden ein, indem sie ihre Strategie auf effiziente Nutzung<br />
umstellen. Least Cost Planning ist dabei das Grundprinzip, das<br />
die Kosten aller Beteiligten minimieren soll, und somit nicht<br />
nur für die direkt beteiligten Konsumenten und Produzenten<br />
einen Vorteil schafft, sondern auch die Energieressourcen<br />
zukünftiger Generationen schont. Für Maßnahmen, die sich<br />
auf die Nutzung des Produkts beziehen, bedarf es jedenfalls<br />
eines ganzheitlichen Verständnisses von Nachhaltigkeit und<br />
eines erweiterten Dialogs mit Konsumentenvertretern.<br />
Der nächste logische Schritt entlang des Produktlebenszyklus<br />
ist die Verwertung. Hier hat sich der Anglizismus „Up-cycling“<br />
für innovative, nachhaltige Ideen eingebürgert. Es geht also<br />
nicht mehr um das reine Recycling, bei dem ein Produkt oder<br />
eine Verpackung wiederverwendet wird, sondern explizit um<br />
die Aufwertung des Materials bzw. Abfalls in neue, nützliche<br />
Produkte. Immer mehr Up-cycling-Produkte erscheinen im<br />
Konsumgüterbereich, angeführt von Pionieren wie Patagonia<br />
und Royal Robbins, doch auch Nobelmarken wie Hermes<br />
nutzen inzwischen das Up-cycling Prinzip für die Schaffung<br />
neuer Produkte aus ihren Birkin Bags. Nachhaltigkeit ist chic<br />
geworden. Auch das britische Unternehmen Worn Again<br />
macht sich dieses Potential zunutze. Es setzt solche Aufwertungsprojekte<br />
vor allem innerhalb von Unternehmen um. Aus<br />
Sitzschonern und Regenmänteln des Zugbetreibers Eurostar<br />
fertigte Worn Again maßgeschneiderte Taschen für die Zugbegleiter.<br />
So werden einerseits Materialkosten, andererseits<br />
teure Abfallgebühren eingespart. Diese Trends entstehen und<br />
verbreiten sich hauptsächlich über das Internet und Online-<br />
Marketing- und Vertriebskanäle.<br />
Zudem haben ausgehend vom Konzept des Tauschens, Teilens<br />
und Leihens vor allem Online-Plattformen jüngst großen Zuspruch<br />
erhalten. Hier entwickeln sich oft aus dem Non-Profit-<br />
Bereich heraus lukrative Modelle. So können die Nachfolger<br />
von Couchsurfing.org, Betreiber von Wohnraum-Tauschbörsen<br />
wie AirBnB.com oder 9flats.com, Gewinne verzeichnen, indem<br />
sie an Buchungen in Form einer Marge beteiligt werden.<br />
Dieses Beispiel ist außerdem beschreibend für den Übergang<br />
vom Produkt hin zur nachhaltig angelegten Dienstleistung. So<br />
hat beispielsweise der Waschmaschinen-Hersteller Electrolux<br />
in schwedischen Kommunen das Konzept eines Wasch-Centers<br />
entwickelt. In Kooperation mit Serviceanbietern und Hausverwaltungen<br />
vor Ort stellt die Firma Ausstattung und Service<br />
für die Wasch-Center zur Verfügung. Anwohner müssen für<br />
die Nutzung eine monatliche Gebühr entrichten, sich aber<br />
nicht um die Maschinen kümmern. Für Reparaturen und<br />
Ersatz sorgen lokale Dienstleister. Electrolux begleitet den<br />
Prozess von der Entwurfsphase an, übernimmt die Installation<br />
und Ausbildung und berät zu Umweltfragen, Marktanalysen,<br />
Mietverträgen und der Finanzplanung. Zusätzlich stellt das<br />
Unternehmen den Ausstattern, Mieterverbünden und Wohnungsbaugesellschaften<br />
Erfahrungswerte bei der Implementierung<br />
gemeinsamer Richtlinien für die Einrichtung und<br />
Nutzung eines Wasch-Centers zur Verfügung.<br />
Die Idee des Telecomputing geht noch einen Schritt weiter<br />
zur Quelle des nachhaltigen Tausch-Trends. Online Netzwerke<br />
und Social Media sind eine der bedeutendsten Treiber dieser<br />
Entwicklung. Rachel Botsman und Roo Rogers stellen 2010<br />
in „What’s mine is yours“ fest, dass 78 Prozent der Befragten<br />
einer Studie angaben, Online-Interaktionen habe ihre Offenheit<br />
für das Tauschen und Teilen mit Fremden gesteigert.<br />
Durch die Social Media Revolution sind Vertrauensbarrieren<br />
gefallen und dadurch eine Fülle von neuen Möglichkeiten<br />
geschaffen worden.<br />
Telecomputing-Anbieter nutzen diese Möglichkeit und den<br />
Bedarf, der sich aus dem rasanten Fortschritt der Computertechnologie<br />
ergibt. Sie bieten Rechenleistung und Speicherplatz<br />
von externen Servern an und machen damit auch den<br />
Schritt vom Produkt zur Dienstleistung. Der Nutzer zahlt<br />
nicht mehr für eine Produkt – Software, eine Festplatte oder<br />
einen Prozessor – sondern für die Nutzung dieser Produkte.<br />
Der Produktlebenszyklus wird verlängert, die Rechenleistung<br />
auf dem zentralen Servers geteilt und damit effizienter<br />
genutzt. In der Zukunft könnte das so aussehen, dass man<br />
sein Smartphone im Büro an die Steckdose anschließt und<br />
während des Ladevorgangs wird die Rechenleistung des Geräts<br />
dem unternehmensinternen Netzwerk zur Verfügung gestellt.<br />
Die Herausforderung endlicher Ressourcen bei einem wach-<br />
42<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Green Business<br />
Etappen auf dem Weg zum Wertewandel<br />
Zukunft<br />
Sozialer Wandel<br />
Pioniere des<br />
Wertewandels<br />
Verwertung<br />
Gebrauch<br />
Neue<br />
nachhaltigere<br />
Produkte<br />
und Service-<br />
Innovationen<br />
Integrative,<br />
serviceorientierte<br />
Geschäftsmodelle<br />
Neue<br />
Lebensstile<br />
Distribution<br />
Up-cycling<br />
und innovativer<br />
After-Sales<br />
Service<br />
Neue Produkte,<br />
Services,<br />
Geschäftsmodelle<br />
Produktion<br />
Verbesserte<br />
Produkt-<br />
Performance im<br />
Lebenszyklus<br />
Rohstoffe<br />
Produktion<br />
existierender<br />
Produkte<br />
nachhaltiger<br />
gestalten<br />
Vorhandene<br />
Produkte und<br />
Services<br />
Operativ<br />
strategisch wirkungsorientiert<br />
Quelle: CSCP<br />
Gegenwart<br />
senden Bedürfnis nach Wohlstand und die damit einhergehenden<br />
Veränderungen von Lebensstilen kann also nicht nur als<br />
Hürde, sondern auch als Chance begriffen werden. Dahinter<br />
steht die Notwendigkeit nach Produkten, Dienstleistungen<br />
und Geschäftsmodellen, die One-Planet Living ermöglichen<br />
und zunehmend etablieren. Um dies zu erreichen sind neben<br />
ganzheitlichen, systemischen Betrachtungsweisen auch<br />
Innovation und Kooperation unabdingbar. Gerade auf Innovationsprozesse<br />
angewandt, kann der Gedanke des Teilens und<br />
Tauschens völlig neue Produktentwicklungen frei setzen und<br />
neuartige Geschäftsmodelle zu Tage bringen. Die Einbeziehung<br />
von verschiedenartigen Akteuren und das gezielte Vereinen<br />
von unterschiedlichen Sichtweisen bildet den strategischen<br />
Überbau einer Entwicklung hin zu neuen Lebensstilen und<br />
einer nachhaltigeren Gesellschaft. Diesen Anspruch sollte<br />
auch Green Business im Kontext sich ändernder Lebensstile<br />
für sich geltend machen.<br />
Über die Autoren:<br />
Dr. Christina Raab, Isabell Ullrich und Sarah Beckers arbeiten am Collaborating<br />
Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP).<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
43
Agenda<br />
InnovationsFörderung<br />
durch<br />
Green Business<br />
Wie kann Wachstum funktionieren ohne zur Belastung des Klimas oder der knapper werdenden<br />
Ressourcen zu führen? Eine Antwort hierauf ist das Konzept von „Green Business“, mit dessen<br />
Hilfe dieser Widerspruch aufgelöst werden soll: Nachhaltige Entwicklung bei einer gleichzeitigen<br />
Begrenzung von Wachstum. Wichtige Impulse erwarten sich Experten vor allem für die Bereiche<br />
Informationstechnologie, Mobilität and Gebäude.<br />
Von Dennis Lohmann<br />
Green I T<br />
Der Begriff „Green I T“ beschreibt Angebote, die darauf abzielen,<br />
die Produktion und den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
(I K T) umwelt- und ressourcenschonend<br />
zu gestalten. Politiker in <strong>Deutschland</strong> und Europa messen<br />
„Green I T“ mittlerweile eine entscheidende Bedeutung bei der<br />
Erreichung von Klimaschutzzielen und dem Umbau zu einer<br />
nachhaltigen Wirtschaft bei. Zahlen des Wissenschaftlichen<br />
Dienstes des Deutschen Bundestages belegen, dass alleine 2007<br />
der weltweit durch den Betrieb von I T-Geräten und -Anlagen<br />
verursachte Stromverbrauch für mehr als zwei Millionen<br />
Tonnen CO 2<br />
verantwortlich ist – in <strong>Deutschland</strong> liegt der<br />
Anteil des I T-bedingten Stromverbrauchs bei über zehn Prozent.<br />
Gerade im Bereich der Rechenzentren gibt es große Potenziale,<br />
den Energieverbrauch zu reduzieren. Grundlage sind an dieser<br />
Stelle ganzheitliche Analysen, die alle wichtigen Elemente<br />
wie Server, Umluftkühler, Raumvolumen und Deckenhöhe<br />
einbeziehen. So kann der Energieverbrauch zum Beispiel<br />
durch eine moderate Steigerung der Raumtemperatur gesenkt<br />
werden, gleichzeitig drehen sich die Lüfter der Server aber<br />
schneller, was wiederum zu steigendem Stromverbrauch führt.<br />
Eingesetzt werden darüber hinaus schon heute Systeme, bei<br />
denen die entstehende Wärme für Heizanlagen genutzt oder<br />
Außenluft als Kühlung eingesetzt wird.<br />
Gleichzeitig bieten die IK T Lösungen, um das Energiemanagement<br />
von Unternehmen und Privathaushalten zu optimieren.<br />
Unter den Stichworten Smart Buildings, Smart<br />
Logistics, Smart Grid und Smart Motors verstehen Experten<br />
die unterschiedlichen Möglichkeiten, durch den gezielten<br />
Einsatz von IK T-basierten Lösungen den Energiebedarf zu<br />
senken. Unternehmen, die sich auf diese Bereiche spezialisiert<br />
haben, verweisen dabei auf die Potenziale, die zum Beispiel<br />
in intelligenten Licht- und Energiesteuerungssystemen, der<br />
Dematerialisierung von Geschäftsprozessen (Virtual Conferencing,<br />
E-Media, E-Dokument, E-Paper) oder einer verbesserten<br />
Logistikplanung liegen.<br />
Gerade dem Bereich Energieverwaltung (Smart Grid) werden<br />
hohe Wachstumspotenziale bescheinigt. Die durch die Energiewende<br />
beförderte dezentrale Produktion und Verteilung<br />
von Strom kann nur mit intelligenten Steuerungssystemen<br />
funktionieren. Eines der größten Probleme ist dabei, zu allen<br />
Zeiten eine ausreichende Menge an Strom vorzuhalten. I T-<br />
Lösungen, die Strom für Waschmaschine, das Elektroauto oder<br />
ausgesuchte Produktionsanlagen nur dann abrufen, wenn er<br />
gerade im Überfluss vorhanden und damit auch günstig ist,<br />
versprechen Abhilfe für Anbieter und Verbraucher.<br />
44<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Green Business<br />
Green Mobility<br />
Mobilität bestimmt unser Leben und ist eine Grundvoraussetzung<br />
für das globalisierte Wirtschaftssystem. Die wachsende<br />
Weltbevölkerung und steigender Wohlstand in Schwellen- und<br />
Entwicklungsländern werden die Mobilität jedoch grundlegend<br />
verändern. Die Studie „Verkehr 2050“ des Frauenhofer Instituts<br />
aus dem Jahr 2011 spricht in diesem Zusammenhang von<br />
einer „Entschleunigung“ des Lebens. Demnach habe in den<br />
heute entwickelten Ländern der Besitz eines eigenen PKW als<br />
Statussymbol durch steigende Energiekosten und eine weiter<br />
zunehmende Verstädterung des Lebens ausgedient.<br />
Der in der Studie prognostizierte Ölpreis von bis zu 250 US $<br />
pro Barrel läutet zusätzlich das Ende herkömmlicher Verbrennungsmotoren<br />
ein. Durch City-Limits versucht die Politik<br />
zudem bereits heute, den Zeitvorteil des Autos gegenüber Bus,<br />
Bahn oder Fahrrad zu reduzieren. Langfristig soll das zu einem<br />
Bedeutungszuwachs von Car- und Bike-Sharing-Modellen<br />
führen, die durch flexible Nutzungs- und Bezahlmodelle<br />
ihre Attraktivität gegenüber heutigen Ansätzen erheblich<br />
steigern können.<br />
Für die Automobilhersteller bedeutet dies eine erhebliche<br />
Umstellung ihres Business Case. „Die werden sich ein zweites<br />
Standbein schaffen müssen“, glaubt Dr. Wolfgang Schade,<br />
Leiter des Geschäftsfeldes Verkehrssysteme beim Fraunhofer-<br />
Institut für System- und Innovationsforschung, und verweist<br />
Green Building<br />
Der schon heute zu beobachtende Trend der Verstädterung<br />
gesellschaftlichen Lebens wird sich auch in Zukunft fortsetzen.<br />
Viele Staaten, die heute noch als Entwicklungsländer<br />
bezeichnet werden, wandeln sich zunehmend von einer Agrar-<br />
zu einer Güter- und Dienstleistungsgesellschaft. Die Folge<br />
sind wachsende Städte und eine Fokussierung des Lebens auf<br />
urbane Ballungszentren. In deren Umfeld kommt es dadurch<br />
zu einer zunehmenden Verknappung von Ressourcen. Einige<br />
Schätzungen gehen daher davon aus, dass die Investitionen<br />
für städtische Infrastruktur sich im Jahr 2030 weltweit auf bis<br />
zu 40 Billionen US $ belaufen werden. Die urbanen Ballungszentren<br />
müssen so angelegt werden, dass Müllaufkommen<br />
jedweder Art minimiert werden, die natürliche Biodiversität<br />
erhalten werden kann und die Grundbedürfnisse der Bewohner<br />
möglichst energie- und ressourcenschonend gedeckt<br />
werden können.<br />
Auch vor dem Hintergrund der Energiewende und der damit<br />
verbundenen Ziele bei der Senkung von CO 2<br />
-Emissionen<br />
wird daher immer wieder auf den Gebäudebestand in Europa<br />
verwiesen. Aus gutem Grund: Mehr als 40 Prozent des Energieverbrauchs<br />
und 35 Prozent der Treibhausgas-Emissionen<br />
entstehen momentan durch den Strom- und Heizungsverbrauch<br />
in Gebäuden. Ein verantwortungsvolles Management, inklusive<br />
einer energetischen Sanierung von Altbeständen und der Förderung<br />
von energieschonenden Neubauten, ist Teil der Lösung.<br />
auf Smarts erfolgreiches Konzept Car2go oder BMWs neue Submarke<br />
BMW i, die ein komplettes Mobilitätskonzept inklusive<br />
Car-Sharing etablieren soll. Auch die Forscher des Instituts für<br />
Zukunftsforschung und Wissensmanagement (I F K) gehen davon<br />
aus, dass sich Anbieter in Zukunft den neuen Gegebenheiten<br />
anpassen müssen. In ihrem „Barometer zur Mobilität der Zukunft“<br />
sprechen sie in diesem Zusammenhang von „Mobilitätsclustern“:<br />
diese bieten Verbrauchern ein Höchstmaß an<br />
Informationen und vernetzen die unterschiedlichen Anbieter<br />
und Angebote und regeln Zahlungs- und Buchungsoptionen.<br />
Möglichkeiten gibt es viele: Von einer neuen Dämmung über<br />
die Installation von Solarfassaden bis hin zum Einsatz innovativer<br />
Wärmerückgewinnungssysteme werden viele Lösungen<br />
schon heute in der Gebäudetechnik angewandt. Gerade für<br />
Unternehmen sind langfristige Einsparpotenziale wichtige<br />
Handlungstreiber bei der Modernisierung ihrer Gebäude, berichtet<br />
die Studie „Green Buildings“ der HypoVereinsbank aus<br />
dem Jahr 2011. Gleichzeitig fällt auf, dass für Privathaushalte<br />
neue Vorgaben seitens der Politik und steigende Heizkosten<br />
ein Umdenken zunehmend attraktiver machen.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
45
Agenda<br />
Interview<br />
Green Economy –<br />
Ein neues Wirtschaftswunder ?<br />
Green Economy war im Juni <strong>2012</strong> zentrales Thema des Umweltgipfels<br />
Rio+20. Doch was kommt danach? Green Economy ist<br />
vor allem eins: eine Chance für wirtschaftliche Entwicklung, Armutsbekämpfung<br />
und Umweltschutz weltweit, aber besonders<br />
auch für <strong>Deutschland</strong>. Bundesforschungsministerin Annette<br />
Schavan und Bundesumweltminister Peter Altmaier wollen<br />
mit einer gemeinsamen Initiative den Umbau der Wirtschaft<br />
zu einer nachhaltigen „Green Economy“ beschleunigen. Im<br />
Interview stellte sich Forschungsministerin Annette Schavan<br />
Fragen zu Nachhaltigkeit und Green Business.<br />
Die Staatengemeinschaft tut sich oft schwer, das hat die Folgekonferenz<br />
Rio+20 wieder gezeigt. Wie bewerten Sie die Ergebnisse?<br />
Annette Schavan: Sie sind immerhin Schritte in die richtige<br />
Richtung. Nehmen Sie das in Rio verhandelte Konzept einer<br />
umweltgerechten und Ressourcen schonenden „Grünen Ökonomie“.<br />
Das ist eine neue Form des Wirtschaftens. Wichtig<br />
ist: Wir müssen Wirtschaft, Umwelt und Soziales durch eine<br />
Kultur der Nachhaltigkeit in Einklang bringen – so wie es<br />
eben in Leutkirch schon geschieht. Ökonomie und Ökologie<br />
gehören zusammen. Nur so kann es gelingen, globale Probleme<br />
wie Hunger, Bevölkerungsexplosion, Klimawandel<br />
und Artensterben zu besiegen. Wir brauchen eine gerechte<br />
Wirtschaftsordnung, die es allen Menschen ermöglicht, an<br />
Entwicklung, Bildung und Wohlstand teilzuhaben. Nachhaltiges<br />
Handeln und Wohlstand sind zwei Seiten einer<br />
Medaille – siehe Leutkirch.<br />
In Rio ging es vor allem um Politik. Welche Rolle spielt da überhaupt<br />
noch Wissenschaft und Forschung?<br />
Schavan: Wissenschaft und Forschung wurden in Rio ernster<br />
genommen denn je. Die Forschung ist klar in der Mitte<br />
der Gesellschaft angekommen. Sie gibt uns wissensbasierte<br />
Handlungsalternativen an die Hand, mit deren Hilfe wir<br />
die großen Probleme unserer Zeit angehen können. Im<br />
Abschlussdokument der Rio+20-Konferenz wird nicht nur<br />
das Ziel genannt, bis 2015 international anerkannte Nachhaltigkeitsziele<br />
für die Staatengemeinschaft zu vereinbaren.<br />
Es wird auch ausdrücklich der wichtige Beitrag der Wissenschaftsgemeinschaft<br />
hierzu betont. Das FONA-Programm des<br />
Bundesforschungsministeriums wird zur Entwicklung dieser<br />
Nachhaltigkeitsziele übrigens wichtige wissenschaftliche<br />
Grundlagen liefern.<br />
Impulse kommen in <strong>Deutschland</strong> nicht zuletzt von der Energiewende.<br />
Der Chef des Word Ressources Institute in Washington soll sie sogar<br />
für das größte Nachhaltigkeitsexperiment aller Zeiten halten. Klingt<br />
das nicht übertrieben?<br />
Schavan: Mit der Energiewende ist <strong>Deutschland</strong> international<br />
ein Vorreiter, zumal als große Industrienation. Das hat man<br />
uns in Rio deutlich zu verstehen gegeben. Bis 2050 sollen rund<br />
80 Prozent des deutschen Energiebedarfs durch erneuerbare<br />
Ressourcen gedeckt werden, das ist sehr anspruchsvoll. Eine<br />
„grüne Wirtschaft“, wie sie in Rio diskutiert wurde, kann nur<br />
entstehen, wenn Gesellschaft und Industrie ständig neue<br />
Innovationen schaffen. Wir in <strong>Deutschland</strong> bekommen das<br />
gut hin und profitieren davon – bei uns kommen viele<br />
Innovationen früher auf den Markt als anderswo. Auf dem<br />
Ausstellungsgelände in Rio haben sich darum deutsche Unternehmen<br />
präsentiert, darunter Energiedienstleister und<br />
Automobilunternehmen. Vorgestellt wurden auch neue<br />
Antriebssysteme, die vielen Aspekte der Elektromobilität oder<br />
neue Werkstoffe, die auch vom Bundesforschungsministerium<br />
gefördert werden. In der Umweltbranche ist die Produktion<br />
ja besonders forschungs- und wissensintensiv.<br />
46<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Green Business<br />
Wie geht es weiter voran?<br />
Schavan: Es gibt in <strong>Deutschland</strong> eine lange Tradition, Forschung<br />
und Entwicklung in den Dienst der Nachhaltigkeit zu stellen.<br />
Daran knüpfen wir an, nehmen Sie nur die nationale Nachhaltigkeitsstrategie.<br />
Mit dem Wissenschaftsjahr „Zukunftsprojekt<br />
Erde“ wollen wir mit den Bürgern nun ein Jahr darüber<br />
diskutieren, wie wir künftig leben und wirtschaften wollen.<br />
Sicher ist: Um die Lebenschancen künftiger Generationen zu<br />
bewahren, müssen wir unser Leben an vielen Punkten neu<br />
ausrichten. Forschung und Entwicklung sind auf diesem Weg<br />
der Schlüssel.<br />
Wir danken für das Gespräch!<br />
Quelle:<br />
Das vollständige Interview erschien bei UmweltDialog.de<br />
Gemeinsame Initiative von BMBF und BMU<br />
Bundesforschungsministerin Annette Schavan und Bundesumweltminister<br />
Peter Altmaier wollen mit einer gemeinsamen<br />
Initiative den Umbau der Wirtschaft zu einer nachhaltigen<br />
„Green Economy“ beschleunigen. Schavan und Altmaier hatten<br />
dazu rund 450 Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik,<br />
Verbänden und Gesellschaft zu einer zweitägigen Konferenz<br />
nach Berlin eingeladen, um unter anderen über die Frage zu<br />
diskutieren, wie mit marktwirtschaftlichen Instrumenten<br />
nachhaltige Produktion, Preisbildung und Konsumverhalten<br />
erreicht werden können. Die Konferenz in Berlin soll der erste<br />
Schritt auf dem Weg zu einem neuen Forschungsprogramm<br />
Green Economy sein. Ziel der „Grünen Ökonomie“ ist es, die<br />
Art des Wirtschaftens in Zukunft ressourceneffizienter, umweltverträglicher<br />
und sozial inklusiver zu machen.<br />
„Wir brauchen eine neue Qualität von Wachstum, in der Wirtschaftsentwicklung<br />
und Ressourcenverbrauch voneinander<br />
entkoppelt sind“, sagte Bildungsministerin Schavan in ihrer<br />
Eröffnungsrede. „Die besten Ideen, Wege und Produkte nützen<br />
nichts, wenn Gesellschafts- und Demokratieverträglichkeit<br />
fehlen. Das neue Wirtschaftswunder zielt auf qualitatives<br />
Wachstum, auf nicht weniger als die Erhaltung der Lebensgrundlagen.<br />
Dafür brauchen wir einen breiten Konsens in<br />
Wirtschaft und Gesellschaft.“<br />
Peter Altmaier, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und<br />
Reaktorsicherheit, ergänzte in seinem Vortrag: „Mir geht es<br />
darum, den alten und falschen Gegensatz von Umwelt und<br />
Industrie zu überwinden! Wir müssen uns Gedanken darüber<br />
machen, wie das, was wir in <strong>Deutschland</strong> entwickeln, auf der<br />
ganzen Welt angewandt werden kann. Wir haben gute Voraussetzungen<br />
dafür, dass wir eine neue Auf bruchstimmung<br />
schaffen.“<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
47
Agenda<br />
Zukünftige<br />
Infrastrukturen<br />
der Energieversorgung<br />
die Helmholtz-Allianz „ENERGY-TRANS“<br />
Von Prof. Dr. Ortwin Renn, Prof. Dr. Armin Grunwald und Dr. Wolfgang Weimer-Jehle<br />
Die von der Politik beschlossene Energiewende in <strong>Deutschland</strong>,<br />
also der beschleunigte Ausstieg aus der Kernenergie, der<br />
rasche Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energieträger und<br />
die deutliche Steigerung der Energieeffizienz, stellt nicht nur<br />
erhebliche technische Anforderungen. Das Zusammenspiel<br />
aus Energiebereitstellung, -verteilung und -nutzung bildet<br />
ein sozio-technisches System und seine Transformation ist<br />
daher auch eine gesellschaftliche Herausforderung. Ihre Bewältigung<br />
wird über das Gelingen der Energiewende in erheblichem<br />
Ausmaß mitbestimmen. Teil dieser gesellschaftlichen<br />
Herausforderung sind die notwendigen Veränderungen im<br />
Verbraucherverhalten, die Gewinnung von Akzeptanz für die<br />
technisch notwendigen Infrastrukturen wie Speicherkraftwerke<br />
Die Helmholtz-Allianz im Überblick<br />
Helmholtz Allianz „Energy-Trans“<br />
Sprecher: Prof. Dr. Armin Grunwald (KIT),<br />
Prof. Dr. Ortwin Renn (Universität Stuttgart)<br />
Teilnehmende Institutionen: Karlsruher Institut für Technologie<br />
(KIT), Forschungszentrum Jülich, Helmholtz-Zentrum<br />
für Umweltforschung (UFZ), Deutsches Zentrum für Luftund<br />
Raumfahrt (DLR), Universität Stuttgart, Universität<br />
Magdeburg, Freie Universität Berlin, Zentrum für Europäische<br />
Wirtschaftsforschung, Mannheim<br />
Budget: 16,5 Mio. €, Laufzeit: 2011-2016<br />
Homepage: http://www.energy-trans.de<br />
und Hochspannungstrassen, die Entwicklung von Anreizsystemen<br />
für die erforderlichen Innovationen, der Umgang mit<br />
möglicherweise neu auftretenden Risikoformen, eine partizipative<br />
Gestaltung der Planungs- und Genehmigungsverfahren<br />
sowie die Entwicklung von attraktiven Betreibermodellen für<br />
dezentrale Energieanlagen.<br />
Mögliche Wege, diesen Herausforderungen zu begegnen, werden<br />
von der 2011 gegründeten Helmholtz-Allianz „Energy-Trans“<br />
erforscht. In Helmholtz-Allianzen kooperieren Helmholtz-<br />
Zentren mit universitären und anderen Forschungseinrichtungen<br />
zur Bearbeitung strategischer Forschungsaufgaben<br />
mit besonders breit gefächerten Kompetenzerfordernissen.<br />
In Energy-Trans bearbeiten vier Helmholtz-Zentren, drei Universitäten<br />
und ein außeruniversitäres Forschungszentrum ein<br />
abgestimmtes Forschungsprogramm mit dem Ziel, die Transformation<br />
des deutschen Energiesystems in seinem europäischen<br />
und internationalen Kontext vor allem aus der Perspektive<br />
der gesellschaftlichen Bedarfs- und Nutzerseite zu betrachten,<br />
für die voraussehbar auftretenden Probleme Lösungswege zu<br />
entwickeln und den Transformationsprozess damit effizient<br />
und sozialverträglich gestaltbar zu machen. Im Mittelpunkt<br />
stehen die vielfältigen Schnittstellen zwischen technischen<br />
und sozialen Faktoren, die den Transformationsprozess hin<br />
zu neuen Energieinfrastrukturen beeinflussen.<br />
Das Forschungsprogramm, an dem etwa 50 Sozial- und Politikwissenschaftler,<br />
Psychologen und Philosophen, Wirtschafts- und<br />
Rechtswissenschaftler, Ingenieure und Systemanalytiker in 17<br />
Projekten und zwei Querschnittsprogrammen tätig sind, ist in<br />
fünf Forschungsfelder gegliedert. Sie spiegeln die inhaltliche<br />
Breite, aber auch die starken Interdependenzen zwischen den<br />
Projektforschungen der Allianz wider.<br />
48<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Green Business<br />
Im Forschungsfeld „Technisch-Soziale Entwicklungen“ werden<br />
für die Energiewende wichtige technische Optionen hinsichtlich<br />
ihrer potentiellen Wirkungen und ihre Einbettung in<br />
sozio-ökonomische Rahmenbedingungen und in den europäischen<br />
Kontext untersucht. Anhand von Beispielregionen<br />
werden außerdem die regionalen Aspekte der Energiewende<br />
beleuchtet. Die von ihr ausgelösten tiefgreifenden Strukturänderungen<br />
werden technische, aber auch vielschichtige<br />
soziale und organisationale Innovationen erfordern. Das<br />
Forschungsfeld „Innovationsprozesse und die Transformation<br />
des Energiesystems“ erforscht daher den Innovationsprozess<br />
selbst in seinen Mechanismen und Voraussetzungen, wobei<br />
auf verschiedene Problemstellungen und Konzepte aus der<br />
Innovationsforschung Bezug genommen wird. Vergegenwärtigt<br />
man sich die Präzendenzlosigkeit der angestrebten<br />
Transformation und die Komplexität des Energiesystems als<br />
sozio-technisches System, so wird deutlich, dass mit den nötigen<br />
neuen technischen Konstellationen, aber auch mit den neuen<br />
Organisationsformen und Akteurskonstellationen zahlreiche<br />
unerwünschte Wechselwirkungen und Effekte einhergehen<br />
können. Darunter sind beispielsweise systemische Risiken, die<br />
die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems oder seiner Teilsysteme<br />
betreffen können. Hier liegt der Forschungsschwerpunkt<br />
des Forschungsfelds „Risiko und Regulierungen“.<br />
Die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Doppelrolle als Nutzer<br />
des Energiesystems einerseits und als Betroffene seiner Nebenwirkungen<br />
spielen in den Forschungsfeldern „Nutzerverhalten<br />
und Nachfragesteuerung“ und „Planung und Partizipation“<br />
eine zentrale Rolle. Das Forschungsfeld „Nutzerverhalten<br />
und Nachfragesteuerung“ untersucht das Nachfrageverhalten<br />
von privaten und gewerblichen Nutzern. Im Kontext der<br />
Energiewende kommt dem Nutzerverhalten große Bedeutung<br />
zu, weil auf der Nutzerseite Lastverschiebungs- und Energieeffizienzpotenziale<br />
realisiert werden sollen, um die Stabilität<br />
des Gesamtsystems zu stützen und den Bedarf an neuen<br />
Übertragungsnetzen zu verringern. Weiter sind die Bürger im<br />
Kontext der Energiewende durch den Ausbau von Infrastrukturen<br />
wie Hochspannungsleitungen, Windkraftanlagen oder<br />
Speichern betroffen, woraus Konfliktpotentiale und Proteste<br />
erwachsen können. Neue Verfahren und innovative Ansätze<br />
sind hier erforderlich um diesen Konflikten vorzubeugen<br />
oder zu deren konstruktiver Lösung beizutragen. Diesen<br />
Fragen wird im Forschungsfeld „Planung und Partizipation“<br />
nachgegangen.<br />
Die Forschungsfelder bieten den inhaltlichen und organisatorischen<br />
Rahmen für Projekte mit enger verwandten Forschungsgegenständen.<br />
Eine interdisziplinäre und gleichzeitig<br />
integrative Forschung zur Energiewende verlangt aber auch<br />
nach einer engen Vernetzung zwischen den Forschungsfeldern.<br />
Diese Vernetzung wird in der Allianz über die Querschnittsprogramme<br />
„Nachhaltigkeitsmonitoring“ und „Foresight<br />
Integration“ gestärkt. Darin werden die Implikationen der<br />
durch die Energiewende hervorgerufenen technischen, wirtschaftlichen<br />
und sozialen Veränderungen reflektiert und<br />
für ein inhaltlich und methodisch abgestimmtes Vorgehen<br />
innerhalb der Allianz beim Entwurf und bei der Anwendung<br />
von Zukunftsbildern Sorge getragen.<br />
Dieses interdisziplinäre Forschungsprogramm einerseits inhaltlich<br />
kohärent zu organisieren und andererseits auf die<br />
Bedürfnisse von Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit nach<br />
handlungsrelevanter Orientierung zu fokussieren wird die<br />
zentrale Herausforderung der nächsten Jahre für die Teilnehmer<br />
und die Koordinatoren der Allianz sein.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
49
Agenda<br />
Green Business Assessment<br />
Umwelt- und<br />
Unternehmens-<br />
Die Verbindung zwischen<br />
performance<br />
Die Einstellung gegenüber dem Umweltmanagement hat sich im Verlauf der Jahre verändert.<br />
War sie lange Zeit eine reaktive Haltung, die sich auf Unfälle und Umweltverschmutzung<br />
fokussierte, so wandelte sie sich bis heute zu einer proaktiven Sichtweise. Diese sieht die<br />
ökologische Leistung als wesentlichen Erfolgsfaktor von Unternehmen an. Eine bessere<br />
Umwelt-Performance vermag die Wettbewerbsvorteile von Unternehmen auf unterschiedliche<br />
Weisen zu steigern. So reduzieren weniger Abfall und effizientere Produktionswege nicht nur<br />
die Umweltbelastung, sondern senken gleichzeitig die Kosten für ein Unternehmen.<br />
Von André Månsson und Philip Thormark<br />
Manager müssen Wechselwirkungen beim Formulieren und<br />
Evaluieren ihrer Geschäftsstrategie berücksichtigen. Die existierenden<br />
Methoden zur Bewertung von Umweltmanagement<br />
und Geschäftsstrategien evaluieren aber nur jeweils einen<br />
Punkt. Deshalb sind sie oft nicht hilfreich, um Strategien mit<br />
besagtem Synergie-Effekt zu entwickeln. Um beides gleichzeitig<br />
zu berücksichtigen, benötigt man ein Modell, welches das Wissen<br />
der beiden Felder integriert. Das hier vorgestellte Konzept<br />
richtet sich an kleine und mittelständische Unternehmen.<br />
Eine ganzheitliche Sicht auf das Unternehmen und die Faktoren,<br />
welche die Umwelt-Performance beeinflussen, verhindern<br />
eine Priorisierung der beiden Felder. Früher wurde<br />
Umweltmanagement als rein interne Angelegenheit betrachtet.<br />
Das Ziel war es, ökologische Belastungen beispielsweise<br />
durch Herstellungsprozesse zu vermeiden oder zu reduzieren.<br />
Gestiegene Erwartungen von Konsumenten und anderen<br />
Stakeholdern haben diesen Fokus verändert. Heute spielen<br />
der gesamte Lebenszyklus und die Wertschöpfung durch das<br />
Umweltmanagement eine Rolle. In einigen Fällen überwiegt<br />
dieser „indirekte Effekt“ die Bedeutung von Umweltbelastungen<br />
durch Herstellungsprozesse. Insofern müssen gleichermaßen<br />
die interne und die externe Performance evaluiert werden,<br />
um die Green Business-Performance eines Unternehmens zu<br />
beurteilen.<br />
Ein systematischer Evaluierungs-Ansatz strukturiert die Maßnahmen<br />
auf dem Weg zur Verbesserung der Performance<br />
nach ihrer Bedeutung. Dabei verhindert er, dass bestimmte<br />
Bereiche übersehen werden. Auch ermöglicht er den Vergleich<br />
der Unternehmens-Performance über die Jahre hinweg.<br />
Um die Komplexität einer Evaluation zu vereinfachen, sollten<br />
die Umweltindikatoren zusammen in jeweilige Kategorien der<br />
internen und externen Einbindung unterteilt werden. So sind<br />
die internen Indikatoren wie beispielsweise Energieverbrauch,<br />
Unterstützung des Managements oder Einsatz der Mitarbeiter<br />
von den externen zu trennen. Die Frage, wie nachhaltig<br />
das Produkt-Portfolio nach Verkaufs- und Green Marketing-<br />
Initiativen und Reporting ist, spielt hier eine Rolle. Darüber<br />
hinaus bezieht sich die externe Einbindung auf die gegenseitige<br />
Beeinflussung von Unternehmen und Stakeholdern.<br />
Die Anzahl der Kategorien ist ein Kompromiss zwischen<br />
Transparenz und Genauigkeit einerseits und Vereinfachung<br />
und Mittelbarkeit andererseits. Zwecks Leserfreundlichkeit<br />
werden hier nur fünf Kategorien vorgestellt.<br />
50<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Green Business<br />
Emission, Abfall<br />
und Gebrauch<br />
von Ressourcen Interne Prozesse<br />
Logistik &<br />
Beschaffung<br />
Wertschöpfung Externer Dialog<br />
• CO 2<br />
• Industrieabfall<br />
• Energieverbrauch<br />
• Materialien & Wasser<br />
• Umweltmanagementsystem<br />
• HR & Umwelt-<br />
Training<br />
• Richtlinien zur<br />
Corporate<br />
Governance<br />
• Aufwändiges<br />
Bewertungssystem<br />
• Grüne<br />
Einkaufspolitik<br />
• Produkt Portfolio<br />
• Produkt Service<br />
System<br />
• Kundenbetreuung<br />
• Umfang des externen<br />
Reportings<br />
• Green Marketing-<br />
Maßnahmen<br />
• Informationsprogramme<br />
Die Kategorien sollten immer zusammen benutzt werden.<br />
So reduziert sich das Risiko einer Suboptimierung. Außerdem<br />
kann die Beziehung zwischen interner und externer<br />
Performance gemäß der ökologischen Unternehmensstrategie<br />
bewertet werden. Diese muss sich immer an den Geschäftszielen<br />
des Unternehmens ausrichten. Dadurch bleibt sie präzise<br />
und vermittelt den Verbrauchern eine eindeutige Botschaft.<br />
Durch die Einteilung in interne und externe Umweltindikatoren<br />
kann auch bewertet werden, ob die Umwelt-Performance<br />
hauptsächlich eine Frage von gestiegener Effizienz, zum Beispiel<br />
durch reduzierten Abfall, oder von Effektivität ist. Das würde<br />
wiederum eine umfassende Sicht auf die gesellschaftliche<br />
Auswirkung des Unternehmens benötigen.<br />
Darüber hinaus sind Indikatoren nicht nur Werkzeuge zum<br />
Messen. Sie können den Entscheidungsprozess unterstützen,<br />
weil die Manager durch das Aussuchen der passenden Indikatoren<br />
ihre Strategie reflektieren und konkretisieren.<br />
Evaluierungs-Prozess und Methodik<br />
Ein konsistentes Evaluierungs-Modell muss einer eindeutigen<br />
Methodik wie in Abbildung 2 folgen.<br />
Abbildung 1: Beispiel für fünf Kategorien, angeordnet von der<br />
internen zur externen Perspektive der Umwelt-Performance.<br />
Sollten keine internen Experten zur Verfügung stehen, können<br />
externe Evaluierungs-Institute hinzugezogen werden. Der<br />
Bewertungs-Prozess beginnt mit einem Meeting, bei welchem<br />
sich die externen Berater und die Vertreter des Unternehmens<br />
über die Erwartungen austauschen. Außerdem werden hier<br />
der Umfang und die Grenzen des Assessments festgelegt. Eine<br />
Vorab-Studie hilft, das Unternehmen und seine Branche zu<br />
verstehen. Sie basiert auf externen Quellen und beinhaltet<br />
die gesamte Darstellung des Unternehmens: Geschäftsmodell,<br />
Größe, Wettbewerbssituation, kommuniziertes Umweltprofil<br />
und so weiter. Darüber hinaus benötigen die Experten Daten<br />
und Dokumente wie den Umwelt- und Geschäftsbericht, die<br />
Unternehmensleitlinien, die jeweiligen Zertifikate für das<br />
Umweltmanagementsystem, Marketing Material oder Informationen<br />
zu den Anspruchsgruppen. Sind Daten verfügbar,<br />
informiert die Vorab-Studie auch über erste Umwelttätigkeiten<br />
des Unternehmens. >><br />
Startup<br />
Meeting<br />
Interviews &<br />
Analyse<br />
Präsentieren der<br />
Ergebnisse<br />
Vorab-Studie &<br />
Zusammentragen der Daten<br />
Evaluation &<br />
Bewertung<br />
Abbildung 2<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
51
Agenda<br />
Interview und Analyse<br />
Der nächste Schritt des Evaluierungs-Prozesses umfasst die<br />
Befragung relevanter Mitarbeiter der zu untersuchenden<br />
Abteilungen. Die Fragen ergeben sich aus den zuvor angesprochenen<br />
Kategorien. Auf die interne Perspektive bezogen,<br />
sollten Umweltmanger des Unternehmens befragt werden, weil<br />
diese einen guten Einblick in die Strukturen des betrieblichen<br />
Umweltengagements haben. Fragen zu Schnittstellen zwischen<br />
interner und externer Perspektive stehen in Verbindung mit<br />
den entsprechenden Abteilungen im Unternehmen, wie etwa<br />
dem Einkauf oder der Logistik. Darum sollten sie von den<br />
jeweiligen Abteilungsleitern beantwortet werden. Fragen<br />
zu der strategischen Ausrichtung des Umweltmanagements<br />
richten sich an den Geschäftsführer, an die Kommunikationsund<br />
Marketingleiter oder an die Umweltmanager. Um unterschiedliche<br />
Kenntnisse über das Unternehmen zu ermitteln,<br />
können dieselben Fragen auch Interview-Partnern anderer<br />
Abteilungen gestellt werden.<br />
Evaluierung und Präsentation der Ergebnisse<br />
Für die Evaluierung des Unternehmens wird ein Beratungsgremium<br />
aufgebaut, das die gesammelten Informationen<br />
analysiert. Das Gremium besteht aus Vertretern verschiedener<br />
Bereiche wie dem Management oder der Produktentwicklung<br />
und Experten aus dem Bereich der Nachhaltigkeit. Das Evaluierungs-Modell<br />
stellt einen Bezugsrahmen für das Gremium<br />
bereit, um die Bemühungen des Unternehmens systematisch<br />
zu bewerten und zu kategorisieren. Dabei muss immer die<br />
ganzheitliche Perspektive des Unternehmens berücksichtigt<br />
werden. Die Auswertungen der Dokumente und Interviews<br />
ergeben dann die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken<br />
für das Unternehmen. Eine Analyse über die allgemeinen<br />
Einstellungen zum Unternehmen vergleicht die tatsächliche<br />
mit der angestrebten Unternehmenspolitik. Zum Schluss<br />
müssen die Ergebnisse und dazugehörige Empfehlungen so<br />
präsentiert werden, dass sie für jeden Mitarbeiter verständlich<br />
sind und im gesamten Unternehmen kommuniziert werden<br />
können. Dadurch bekommen gleichermaßen Management<br />
und Angestellte einen Eindruck über die ökologischen Stärken,<br />
Schwächen, Risiken und Chancen des Unternehmens. Diese<br />
beeinflussen künftige Unternehmensentscheidungen und<br />
können die Mitarbeiter zum Wandel motivieren.<br />
Verständlich aufbereitete Ergebnisse<br />
Damit ein Unternehmen auf den neuesten Stand der Umwelt-<br />
Performance kommt, muss die Effektivität vor der Effizienz<br />
gewährleistet werden. Die Resultate der Evaluierung können<br />
auf verschiedene Weisen genutzt werden. Die wichtigsten sind:<br />
• Kontinuierlicher Verbesserungsprozess als Methode<br />
• Formulieren der ökologischen Ziele und der Umweltstrategie<br />
• Interne und externe Kommunikation<br />
Nachhaltigkeit ist ein komplexes Gebiet. Daher ist es schwierig<br />
vorherzusagen, wie bestimmte Maßnahmen ein Unternehmen<br />
beeinflussen. Das vorgestellte Modell bewertet nicht nur die<br />
Anstrengungen, sondern kategorisiert sie bezüglich ihres<br />
Einflusses auf andere Geschäftstätigkeiten. Da das Unternehmen<br />
von der internen zu der externen Perspektive allumfassend<br />
bewertet wurde, können dadurch leichter Maßnahmen<br />
zum Gesamtwohl der Unternehmensentwicklung initiiert<br />
werden. Außerdem wurde so die Basis für die Entwicklung<br />
einer Umweltstrategie geschaffen, die auf das Kerngeschäft<br />
abgestimmt ist. Darüber hinaus können die Ergebnisse der<br />
Evaluierung helfen, relevante Ziele für das Unternehmen zu<br />
bestimmen. Sind die Resultate verständlich aufbereitet, können<br />
sie insbesondere von CSR-Managern benutzt werden, um ihre<br />
Botschaft in alle Unternehmensbereiche zu übermitteln. Den<br />
CSR-Managern fehlen oftmals die Durchsetzungsmöglichkeiten,<br />
um Veränderungen im Unternehmen zu implementieren.<br />
Darum benötigen sie überzeugende Argumente, um die Aufmerksamkeit<br />
von der Unternehmensführung zu bekommen<br />
und Entscheidungen durchzuführen. Durch den umfassenden<br />
Ansatz, der ökonomische Überlegungen in strategische ökologische<br />
Entscheidungen mit einbezieht, können CSR-Manager<br />
Initiativen vorschlagen, die sowohl der Umwelt-Performance<br />
als auch dem Endresultat dienen.<br />
Zielgruppen<br />
Das vorgestellte Modell ist vor allem für wachsende, kleine<br />
und mittelständische Unternehmen gedacht. Erstens tragen<br />
sie wesentlich zur industriellen Umweltverschmutzung bei.<br />
So ergab eine Studie des Network for Business Sustainability<br />
(NBS) über kanadische Klein- und Mittelstands-Unternehmen,<br />
dass diese 80 Prozent der schädlichen Umwelt-Auswirkungen<br />
verursachen, darüber hinaus sind sie auch für über 60 Prozent<br />
der Unternehmensabfälle verantwortlich. Zweitens fehlen<br />
klein- und mittelständischen Unternehmen oftmals Zeit und<br />
personelle Ressourcen für ökologische Belange. Deswegen<br />
kommt dem Umweltmanagement hier eine untergeordnete<br />
Rolle zu. Für schnell wachsende Unternehmen ist es wichtig,<br />
einen strukturierten Ansatz zu haben, um mit ökologischen<br />
Themen umzugehen. Daher ist es notwendig, diese Unternehmen<br />
mit einem Tool zum Bewerten und Managen ihrer<br />
Umwelt-Performance auszustatten. Große Unternehmen haben<br />
Budget für Werbekampagnen, um ihre nachhaltigen Produkte<br />
und Leistungen voranzubringen. Klein- und mittelständische<br />
Unternehmen müssen andere Möglichkeiten finden, um<br />
ihre Anstrengungen zu kommunizieren. Da die Ergebnisse<br />
der Evaluierung verständlich auf bereitet wurden, können<br />
sie auch für die externe Kommunikation benutzt werden.<br />
Über die Autoren:<br />
Philip Thormark ist Berater im Bereich Sustainable Business bei der schwedischen<br />
Firma ÅF AB. André Månsson ist Doktorand an der Lund Universität.<br />
Das Model wurde gemeinsam von ÅF AB und der Universität Lund entwickelt.<br />
Aktuell bietet ÅF AB Kunden das Modell als Assessment Service unter dem Namen<br />
Green Business Screening an.<br />
Gekürzte Übersetzung aus dem Englischen von Sonja Scheferling<br />
52<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Green Business<br />
United Nations:<br />
Transition to a Green<br />
Economy: Benefits,<br />
Challenges and Risks from<br />
a Sustain able Development<br />
Perspective [Kindle Edition]<br />
Dieser Report entstand im Vorfeld der<br />
Rio+20 Konferenz, bei der bekanntlich<br />
Green Economy eines der zentralen und<br />
beherrschenden Themen bei der Ausgestaltung von Nachhaltiger<br />
Entwicklung und Armutsbekämpfung werden sollte. Diese Studie<br />
basiert auf dem Know-how eines Panels von unabhängigen<br />
Experten, die eine Reihe von politischen Optionen untersucht<br />
haben. Diese schließen makro-ökonomische, technologische,<br />
industrielle und handelspolitische Optionen ein. Sie beleuchten<br />
auch die Rolle der internationalen Gemeinschaft zur Förderung<br />
einer Weiterverbreitung der Green Economy, insbesondere in<br />
Entwicklungsländern. Mithilfe eines strukturalistischen Ansatzes<br />
unterstreichen die Autoren, dass der Übergang zu einer grünen<br />
Wirtschaft nicht weniger als eine technologische Transformation<br />
bedeutet, mit tiefen Auswirkungen auf Produktionsweisen und<br />
Konsummuster.<br />
Format: Kindle Edition, Dateigröße: 404 KB<br />
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 96 Seiten<br />
Verlag: United Nations <strong>2012</strong>, ASIN: B007ZFUVMK, EUR 2,68<br />
Jan vom Brocke, Stefan Seidel,<br />
Jan Recker (Herausgeber):<br />
Green Business<br />
Process Management:<br />
Towards the Sustainable<br />
Enterprise<br />
„Green Business Process Management –<br />
Towards the Sustainable Enterprise“ fasst<br />
den derzeitigen Wissensstand zum Thema<br />
zusammen, wie Unternehmensprozesse unter nachhaltigen Gesichtspunkten<br />
gemanaged und verbessert werden können. Wirtschaftsunternehmen<br />
sind zentraler Teil unserer Gesellschaft und<br />
tragen als solche erheblich zur Umweltzerstörung – etwa durch<br />
Ressourcenverbrauch, Ausstoß von Klimagasen oder anfallenden<br />
Müll bei der Produktion – bei. Um diesen negativen Einfluss auf die<br />
Natur zurückzufahren, müssen sie nachhaltige und umweltfreundliche<br />
Unternehmensabläufe einführen. Dieses Buch diskutiert die<br />
dabei aufkommenden Herausforderungen und Fragestellungen,<br />
wenn es darum geht, „grüne“ Unternehmensabläufe zu definieren.<br />
Es stellt Tools und Methoden vor, diese Prozesse anzustoßen, und<br />
berichtet von Fallbeispielen, wo dies erfolgreich umgesetzt wurde.<br />
Gebundene Ausgabe: 263 Seiten, Verlag: Springer, <strong>2012</strong><br />
ISBN-13: 978-3642274879, EUR 106,95<br />
Hans-Christoph Binswanger,<br />
Anja Grothe u. a. (Herausgeber):<br />
Jahrbuch Nachhaltige Ökonomie<br />
<strong>2012</strong> / 2013:<br />
Im Brennpunkt: Green Economy<br />
Das vom Netzwerk Nachhaltige Ökonomie<br />
2010 initiierte „Jahrbuch Nachhaltige Ökonomie“<br />
untersucht den Einfluss der Ökonomie<br />
auf eine Nachhaltige Entwicklung und ihre<br />
sozial-kulturellen, ökologischen und ökonomischen Dimensionen.<br />
Es setzt sich mit dem Lehrgebäude und den politischen Konsequenzen<br />
der traditionellen Ökonomie auseinander, entwickelt<br />
alternative Ansätze und zeigt Strategieansätze in unterschiedlichen<br />
Handlungsfeldern auf. Damit leistet das Jahrbuch einen<br />
wichtigen Beitrag zur Reformierung unseres Wirtschaftens, hin<br />
zu einer zukunftsfähigen Wirtschafts- und Lebensweise nach<br />
dem Prinzip der starken Nachhaltigkeit. Das Jahrbuch beruht<br />
auf den Kernaussagen des 2009 gegründeten Netzwerkes<br />
Nachhaltige Ökonomie, das heute von über 250 renommierten<br />
Persönlichkeiten und Netzwerkpartnern unterstützt wird. Die<br />
Mitglieder eint die Überzeugung, dass die traditionelle Ökonomie<br />
die globalen Probleme des 21. Jahrhunderts nicht lösen kann.<br />
Broschiert: 496 Seiten, Verlag: Metropolis, <strong>2012</strong><br />
ISBN-13: 978-3895189777, EUR 29,80<br />
Worldwatch Institute in Zusammenarbeit<br />
mit der Heinrich-Böll-Stiftung<br />
und Germanwatch (Herausgeber):<br />
Zur Lage der Welt <strong>2012</strong>:<br />
Nachhaltig zu einem WOHLstand<br />
für alle<br />
Rio <strong>2012</strong> und die Architektur<br />
einer weltweiten grünen<br />
Politik<br />
Die Erschöpfung natürlicher Ressourcen, die Armut in den Ländern<br />
des Südens, dazu der desolate Zustand der öffentlichen<br />
Haushalte und der immer härter geführte Kampf um Nahrung,<br />
Wasser und Energie – dies alles sind Probleme, die nur behoben<br />
werden können, wenn das Prinzip der Nachhaltigkeit unser<br />
Handeln bestimmt. Der aktuelle Bericht der Reihe „Zur Lage<br />
der Welt“ skizziert die Grundzüge einer „Grünen Ökonomie“ und<br />
entwickelt Visionen und Ideen für eine nachhaltige Verkehrs- und<br />
Stadtentwicklung, eine zukunftsfähige Energieerzeugung, eine<br />
menschengerechte Unternehmenskultur oder eine Landwirtschaft,<br />
die gesunde Lebensmittel für alle produziert. Die vorliegende<br />
Sammlung neuer Ideen und Maßnahmen führt uns einmal mehr<br />
vor Augen, dass eine zukunftsfähige Welt nicht auf internationalen<br />
Konferenzen geschaffen wird, sondern durch Innovation, Kraft und<br />
Engagement der Zivilgesellschaft und ihrer unzähligen sozialen<br />
Gruppierungen. Eine andere Politik ist machbar. Die Wegskizze<br />
dazu findet sich in diesem Buch.<br />
Broschiert: 286 Seiten, Verlag: Oekom, <strong>2012</strong><br />
ISBN-13: 978-3865812902, EUR 19,95<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong> 53
Best Practice<br />
Menschenrechte<br />
Umweltschutz<br />
Kärcher<br />
PwC<br />
Audi<br />
BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />
Deutsche Post DHL<br />
Arbeitsnormen<br />
ABB<br />
Bayer<br />
Bosch<br />
GIZ<br />
Heraeus<br />
Evonik<br />
HSE<br />
LAROSÉ<br />
Merck<br />
RWE<br />
Deutsche Telekom<br />
VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken<br />
HypoVereinsbank<br />
Miele<br />
Weidmüller<br />
Für die redaktionellen Beiträge dieser Rubrik sind ausschließlich die Unternehmen und ihre Autoren selbst verantwortlich.<br />
54 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong> 2011
Best Practice<br />
CSR Management<br />
BASF<br />
BMW Group<br />
CEWE<br />
Coca-Cola <strong>Deutschland</strong><br />
Daimler<br />
Ernst & Young<br />
Krones<br />
MAN<br />
Mediengruppe macondo<br />
Volkswagen<br />
Entwicklung & Partnerschaft<br />
Lavaris Technologies<br />
62<br />
80<br />
102<br />
64<br />
104<br />
66<br />
82<br />
106<br />
108<br />
110<br />
84<br />
112<br />
86<br />
68<br />
70<br />
88<br />
72<br />
58<br />
114<br />
90<br />
122<br />
116<br />
118<br />
92<br />
74<br />
60<br />
94<br />
96<br />
120<br />
98<br />
76<br />
ABB<br />
Audi<br />
BASF<br />
Bayer<br />
BMW Group<br />
Bosch<br />
BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />
CEWE<br />
Coca-Cola <strong>Deutschland</strong><br />
Daimler<br />
Deutsche Post DHL<br />
Ernst & Young<br />
Evonik<br />
GIZ<br />
Heraeus<br />
HSE<br />
HypoVereinsbank<br />
Kärcher<br />
Krones<br />
LAROSÉ<br />
Lavaris Technologies<br />
MAN<br />
Mediengruppe macondo<br />
Merck<br />
Miele<br />
PwC<br />
RWE<br />
Deutsche Telekom<br />
Volkswagen<br />
VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken<br />
Weidmüller<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong> 2011<br />
55
Best Practice<br />
MENSCHENRECHTE<br />
ARBEITSNORMEN<br />
Prinzip 1: Unternehmen sollen den Schutz der internationalen<br />
Menschenrechte unterstützen und achten.<br />
Prinzip 2: Unternehmen sollen sicherstellen, dass sie sich<br />
nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen.<br />
Prinzip 3: Unternehmen sollen die Vereinigungsfreiheit<br />
und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Kollektivverhandlungen<br />
wahren sowie ferner für<br />
Prinzip 4: die Beseitigung aller Formen der Zwangsarbeit,<br />
56 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong> 2011
Best Practice<br />
Menschenrechte<br />
Kärcher<br />
PwC<br />
Arbeitsnormen<br />
ABB<br />
Bayer<br />
Bosch<br />
GiZ<br />
Heraeus<br />
HypoVereinsbank<br />
Miele<br />
Weidmüller<br />
Prinzip 5: die Abschaffung der Kinderarbeit und<br />
Prinzip 6: die Beseitigung von Diskriminierung bei Anstellung<br />
und Beschäftigung eintreten.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong> 2011<br />
57
Kärcher<br />
Verantwortung übernehmen<br />
hat bei Kärcher Tradition<br />
Schon 1939 ließ Firmengründer Alfred Kärcher das Abwasser am Unternehmensstandort<br />
Winnenden in einer Kläranlage filtern, bevor es in den nahegelegenen Buchenbach floss.<br />
Damals war das Schlagwort der Nachhaltigkeit nahezu unbekannt. Trotzdem war der Gründer<br />
überzeugt, dass anhaltender wirtschaftlicher Erfolg nur unter Berücksichtigung ökologischer<br />
und vor allem auch sozialer Belange möglich sei. Hinter diesen Prinzipien stand eine moralische<br />
Grundhaltung, die bis heute in der Kultur des Familienunternehmens verankert ist.<br />
Nachhaltigkeit: das ist für Kärcher gesundes<br />
Wachstum, gesellschaftliche<br />
Verantwortung und Umweltschutz –<br />
regional und global. „Unser international<br />
ausgerichtetes Unternehmen hat sich<br />
dank seiner hohen Innovationskraft und<br />
dem Engagement seiner Mitarbeiter zum<br />
weltweiten Markt- und Technologieführer<br />
in der Reinigungstechnik entwickelt.<br />
Das gibt uns gleichzeitig die Chance, uns<br />
über unsere tägliche Arbeit hinaus engagieren<br />
zu können“, so der Vorsitzende<br />
der Geschäftsführung Hartmut Jenner.<br />
Wie breitgefächert das Engagement des<br />
Unternehmens ist, zeigen beispielhaft die<br />
Kooperationen mit dem <strong>Global</strong> Nature<br />
Fund (GNF) und dem SOS-Kinderdorf e. V.<br />
Pilotprojekt ab Ende <strong>2012</strong> in Südamerika<br />
gebaut. Im Jahr 2013 sind fünf bis sechs<br />
weitere geplant.<br />
„Für jeden verkauften Hochdruckreiniger<br />
unserer eco!ogic-Reihe geht ein<br />
Förderbeitrag für die Auf bereitung von<br />
jeweils 1.000 Litern Wasser an die Initiative“,<br />
erklärt Hartmut Jenner. Und Udo<br />
Gattenlöhner, Geschäftsführer des <strong>Global</strong><br />
Nature Fund, ergänzt: „Partnerschaften<br />
mit Firmen wie Kärcher sind uns wichtig,<br />
denn die effiziente Zusammenarbeit von<br />
Unternehmen und Umweltverbänden<br />
kann Lösungen für die gesellschaftlichen<br />
Herausforderungen unserer Zeit bieten.<br />
Daneben sind wir sicher, dass es uns mit<br />
den bereitgestellten Fördermitteln gelingt,<br />
bessere hygienische Bedingungen<br />
sowie eine höhere Lebensqualität der<br />
dort lebenden Menschen und nachfolgender<br />
Generationen zu gewährleisten.“<br />
Kinder sind Zukunft<br />
So existenziell wie Wasser sind für Kinder<br />
Geborgenheit und ein Zuhause. Aber<br />
Wasser ist Leben<br />
Seit <strong>2012</strong> unterstützt Kärcher die Initiative<br />
„Living Lakes“ des <strong>Global</strong> Nature Fund<br />
(GNF). Das internationale Seennetzwerk<br />
hat den Erhalt der Seen und Feuchtgebiete<br />
der Erde zum Ziel. Weltweit sind<br />
103 Seen auf fünf Kontinenten Teil des<br />
Netzwerks, allein in <strong>Deutschland</strong> zählen<br />
elf dazu. Beim ersten gemeinsamen Kooperationsprojekt<br />
„Clean Water for the<br />
World“ geht es darum, mit dem Bau<br />
von Pflanzenkläranlagen die Abwässer<br />
dörflicher Gemeinschaften in den<br />
Projektregionen biologisch zu reinigen.<br />
Denn besonders in Entwicklungsländern<br />
beeinträchtigen ungefilterte Abwässer<br />
noch immer wertvolle Wasserressourcen<br />
und die Gesundheit der Menschen. Die<br />
erste grüne Wasserfilteranlage wird als<br />
58 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Menschenrechte<br />
überall auf der Welt gibt es Kinder, die<br />
nicht bei ihren Eltern leben können. Hilfe<br />
bietet SOS-Kinderdorf. „Den Leitspruch<br />
des Vereins – Wir sind Familie! – können<br />
wir als Unternehmen unterschreiben.<br />
Für das enge und vertrauensvolle<br />
Verhältnis sowie den fairen Umgang<br />
zwischen Führung und Belegschaft steht<br />
bei uns der Begriff „Kärcher-Familie“,<br />
sagt Hartmut Jenner.<br />
Seit 2011 ist das Unternehmen Kooperationspartner<br />
des SOS-Kinderdorf e.V.<br />
Kärcher hilft auch ganz praktisch mit<br />
Produkten und Beratung. Als erste Einrichtung<br />
wurde im vergangenen Jahr<br />
das SOS-Kinderdorf Württemberg in<br />
Schorndorf-Oberberken mit passenden<br />
Reinigungsgeräten ausgestattet: vom<br />
Hochdruckreiniger bis hin zur Scheuersaugmaschine.<br />
Hanne Mörtl, die Leiterin<br />
des Kinderdorfes: „Die Geräte können wir<br />
sehr gut im Haushalt und Garten gebrauchen.<br />
Sie entlasten unsere Kinderdorf-<br />
Mütter bei der täglichen Arbeit und natürlich<br />
auch unseren Etat.“ Auch weitere<br />
SOS-Kinderdörfer weltweit berät Kärcher<br />
fachkundig, schult sie und stattet sie bedarfsgerecht<br />
mit Reinigungsgeräten aus.<br />
Derzeit gibt es 518 SOS-Kinderdörfer<br />
in 132 Ländern, die sich hauptsächlich<br />
durch private Spenden finanzieren. Seit<br />
der Gründung des ersten Kinderdorfes<br />
durch den Mediziner Hermann Gmeiner<br />
im Jahr 1949 haben 60.000 Kinder dort<br />
ein Zuhause gefunden.<br />
Ob lokal oder global, im Kleinen wie<br />
im Großen: Kärcher will seiner Verantwortung<br />
umfassend und nachhaltig<br />
gerecht werden. Das gesellschaftliche<br />
Engagement reicht von der Soforthilfe<br />
nach Naturkatastrophen bis hin zur<br />
Unterstützung bedürftiger Menschen.<br />
Seit 1993 beschäftigt das Unternehmen<br />
beispielsweise rund 100 psychisch kranke<br />
Menschen des Samariter-Stifts / Fränkische<br />
Werkstätten.<br />
Ein Kultursponsoring der besonderen<br />
Art betreibt Kärcher ebenfalls seit vielen<br />
Jahren: Weltweit führen Spezialisten Reinigungsarbeiten<br />
an denkmalgeschützten<br />
Gebäuden und Kunstwerken durch. Von<br />
der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in<br />
Berlin über die Christusstatue in Rio de<br />
Janeiro bis hin zu den Präsidentenköpfen<br />
am Mount Rushmore (USA): Über 90<br />
Objekte auf allen Kontinenten hat das<br />
Familienunternehmen bereits fachgerecht<br />
gereinigt.<br />
Familie bedeutet Verantwortung<br />
Der Schlüssel zum Erfolg sind bei Kärcher<br />
die Begeisterung und das Engagement<br />
der Belegschaft. Die Gruppe<br />
beschäftigt mehr als 9.000 Mitarbeiter<br />
in 57 Ländern. Eine große Verantwortung!<br />
Um ihr gerecht zu werden,<br />
setzt Kärcher auf unternehmerische<br />
Beweglichkeit und die Fokussierung auf<br />
den Kunden. Moderne Unternehmens-,<br />
Service- und Dienstleistungsstrukturen<br />
misst der Innovationsführer ebenso<br />
viel Bedeutung zu, wie der gezielten<br />
Weiterentwicklung seiner Produkte.<br />
Rund 85 Prozent aller Maschinen im aktuellen<br />
Kärcher Programm sind jünger<br />
als fünf Jahre. Über 600 Ingenieure und<br />
Techniker arbeiten an Problemlösungen,<br />
um die Produkte noch effizienter und<br />
umweltfreundlicher zu machen. Für<br />
Kärcher ein Garant für gesundes, nachhaltiges<br />
Wachstum über die nächsten<br />
Jahrzehnte hinaus.<br />
Kärcher achtet auch auf eine ressourcenschonende<br />
Fertigung. Obwohl die<br />
Produktionsleistung in den vergangen<br />
vier Jahren um fast 25 Prozent anstieg,<br />
blieben die CO 2<br />
-Emissionen nahezu konstant.<br />
Ein Holzhackschnitzelheizwerk<br />
am Standort Oberes Bühlertal spart rund<br />
340.000 Liter Heizöl beziehungsweise<br />
rund 1.000 Tonnen CO 2<br />
im Jahr. Eine<br />
effiziente Wasserkreislaufführung im<br />
Bereich Qualitäts- und Funktionstests<br />
sorgt dort auch für eine 95-prozentige<br />
Recyclingquote. Mit konsequenter<br />
Wärmerückgewinnung, besserer Gebäudeisolierung<br />
und Geothermie an<br />
allen Neubauten konnte Kärcher den<br />
Gasverbrauch nahezu halbieren.<br />
So bilden wirtschaftlicher Erfolg<br />
und eine nachhaltige Entwicklung bei<br />
Kärcher von jeher eine Einheit. „Wir<br />
wandeln unsere Ergebnisse in Investitionen<br />
um, die wir dem Fortbestand<br />
unseres Unternehmens, der Gesellschaft<br />
und dem Umweltschutz zugutekommen<br />
lassen“, so Hartmut Jenner, Vorsitzender<br />
der Geschäftsführung.<br />
Vielfalt ist Chance<br />
Links: Kooperationsprojekt „Clean Water for<br />
the World“<br />
Rechts: Das SOS-Kinderdorf Württemberg<br />
in Schorndorf-Oberberken<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
59
PWC<br />
Unternehmen nutzen<br />
Corporate-Citizenship-<br />
Potenziale kaum<br />
Der Druck auf die Manager deutscher Unternehmen wächst. Einerseits erwarten die Stakeholder<br />
von ihnen, dass sie das Unternehmen nachhaltig führen und zu sozialen, ökologischen wie finanziellen<br />
Themen zukunftsfähig positionieren. Dazu gehört es auch, das Unternehmen als Teil der<br />
Gesellschaft zu verstehen und einzubringen – also ein aktiver Corporate Citizen zu sein. Andererseits<br />
stellt auch die Rechtsprechung hohe Ansprüche an einen transparenten und nutzengetriebenen<br />
Umgang mit Gesellschaftsmitteln. Wie sieht gutes Corporate Citizenship heute aus?<br />
Von Heinke Richter und Hendrik Fink<br />
Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen<br />
hat in <strong>Deutschland</strong> eine lange<br />
Tradition. Die über Jahre gelebte Philanthropie<br />
passt aber kaum noch zu den<br />
steigenden Anforderungen der Stakeholder<br />
und orientiert sich nur selten an den<br />
strategischen Zielen des Unternehmens.<br />
Gelingt es den Unternehmen, ihr gesellschaftliches<br />
Engagement in Einklang mit<br />
ihrer Unternehmensstrategie zu bringen<br />
und die eigenen Kernkompetenzen zu<br />
nutzen, zahlen sich Corporate Citizenship-Aktivitäten<br />
auf mehrfache Weise<br />
aus: Die Gesellschaft profitiert durch<br />
gezieltes, wirkungsorientiertes Engagement<br />
und das Unternehmen stützt seine<br />
Unternehmensziele und positioniert<br />
sich gegenüber seinen Stakeholdern.<br />
Die Abstimmung des gesellschaftlichen<br />
Engagements mit den Unternehmenszielen<br />
ist darüber hinaus auch wichtiger<br />
Teil der rechtlichen Verantwortung der<br />
Unternehmen, da das Engagement aus<br />
Gesellschaftsmitteln erfolgt.<br />
96 Prozent der deutschen<br />
Unternehmen betreiben Corporate<br />
Citizenship<br />
Das gesellschaftliche Engagement von<br />
Unternehmen kann sehr vielfältig sein.<br />
Es reicht von einfachen Sach- oder<br />
Geldspenden über den freiwilligen<br />
Einsatz von Mitarbeitern für soziale<br />
Projekte während der Arbeitszeit bis<br />
zur Organisation eigener Sozialprojekte.<br />
Katastrophenhilfe im Ausland kann<br />
ebenso unter Corporate Citizenship<br />
subsummiert werden wie die aktive<br />
Resozialisierung gewalttätig gewordener<br />
Jugendlicher. Heute engagieren<br />
sich bereits 96 Prozent der deutschen<br />
Unternehmen in unterschiedlichster Art<br />
und Weise für die Gesellschaft. Durch<br />
ihr gesellschaftliches Engagement positionieren<br />
sie sich auch gegenüber ihren<br />
Wie kann die Praxis aussehen?<br />
Beispiel 1<br />
Maßnahme: Ein Elektronikunternehmen<br />
stellt Mitarbeiter zur<br />
Durchführung von Universitätsworkshops<br />
frei. Dort tauschen sie<br />
sich zu aktuellen Trends und<br />
Möglichkeiten in der Elektronikbranche<br />
aus.<br />
Wirkung: Die Identifikation der Mitarbeiter<br />
mit ihrem Unternehmen<br />
und damit auch die Mitarbeiterbindung<br />
und -motivation steigen. Dem<br />
Unternehmen eröffnen sich neue<br />
Lösungsideen und Denkanstöße.<br />
Das Interesse der Studierenden<br />
an der Elektronikbranche und am<br />
Unternehmen steigt.<br />
Stakeholdern. Je wirkungsvoller dabei<br />
die gesellschaftliche Herausforderung<br />
bekämpft wird, desto besser kann auch<br />
die Positionierung gegenüber den Stakeholdern<br />
gelingen. Die größtmögliche<br />
Wirkung und Glaubwürdigkeit wird<br />
durch die Ausrichtung der Aktivitäten<br />
an den Unternehmenszielen und die<br />
Nutzung der eigenen Kernkompetenzen<br />
erzielt.<br />
Beispiel 2<br />
Maßnahme: Ein global agierendes<br />
Logistikunternehmen stellt<br />
Kapazitäten für den Transport<br />
von Gütern zur Katastrophenhilfe<br />
bereit.<br />
Wirkung: Die Folgen der Katastrophe<br />
können schneller bewältigt<br />
werden. Die wirtschaftlichen<br />
Aktivitäten in der Region normalisieren<br />
sich schneller.<br />
Das Unternehmensimage,<br />
die Attraktivität als Arbeitgeber<br />
sowie die Bindung der eigenen<br />
Mitarbeiter steigt.<br />
60 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Menschenrechte<br />
Corporate-Citizenship-Aktivitäten sind noch nicht strategisch ausgerichtet:<br />
der befragten Unternehmen<br />
definieren Ziele für ihr<br />
gesellschaftliches<br />
Engagement.<br />
23 %<br />
Etwa<br />
40 %<br />
der deutschen Großunternehmen<br />
verfolgen die gesetzten Ziele<br />
zu Corporate Citizenship stringent.<br />
Mehr als<br />
80 %<br />
der Unternehmen<br />
tätigen Spenden<br />
ohne direkten<br />
Bezug zum<br />
Kerngeschäft.<br />
80 % der Unternehmen<br />
möchten auf diese Weise<br />
mehr Verantwortung für<br />
Nachhaltigkeit übernehmen.<br />
75 % der Unternehmen<br />
sehen diese Spenden<br />
als Chance für die<br />
Verbesserung des Images.<br />
54 % der Unternehmen<br />
möchten so ihre<br />
Arbeitgeberattraktivität<br />
steigern.<br />
Gelingt es, die Corporate Citizenship-<br />
Aktivitäten strategisch an den Unternehmenszielen<br />
und den Anforderungen<br />
der Stakeholder auszurichten, kann eine<br />
hohe Wirkung und Glaubwürdigkeit<br />
erreicht werden. Dazu ist es unerlässlich,<br />
klare Ziele zu definieren und die<br />
Maßnahmen durch ein strukturiertes<br />
Management effektiv, nachhaltig und<br />
an den Kernkompetenzen des Unternehmens<br />
orientiert umzusetzen. Entsteht<br />
dagegen der Eindruck, dass das gesellschaftliche<br />
Engagement z. B. lediglich<br />
persönlichen Beweggründen entspringt<br />
und nicht auf gesellschaftliche Interessen<br />
Beispiel 3<br />
Maßnahme: Durch eine transparente<br />
und auf die Anforderungen der<br />
Stakeholder abgestimmte Berichterstattung<br />
stellt ein Unternehmen<br />
sein gesellschaftliches Engagement<br />
und dessen Relevanz und Wirksamkeit<br />
dar.<br />
Wirkung: Das Unternehmen positioniert<br />
sich aktiv und nachhaltig als<br />
relevantes Mitglied der Gesellschaft<br />
und zeigt, dass es sich seiner Rolle<br />
bewusst ist. In entsprechenden<br />
Ratings und Rankings landet es auf<br />
guten Plätzen und kann so Investoren<br />
genauso wie Mitarbeiter, Kunden und<br />
Bewerber positiv stimmen.<br />
abzielt, droht im schlimmsten Fall nicht<br />
nur ein Reputationsschaden, sondern<br />
auch eine mögliche Straf barkeit wegen<br />
Untreue.<br />
Notwendigkeit der Professionalisierung<br />
ist erkannt<br />
Zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut<br />
TNS Emnid hat PwC<br />
das gesellschaftliche Engagement der<br />
deutschen Wirtschaft unter die Lupe<br />
genommen. In unserem Auftrag wurden<br />
im Herbst 2011 100 der 500 größten<br />
deutschen Unternehmen zu ihrem gesellschaftlichen<br />
Engagement befragt und die<br />
Ergebnisse in unserer Studie „Corporate<br />
Citizenship – Was tun deutsche Großunternehmen?“<br />
ausgewertet.<br />
Zwei Drittel der deutschen Unternehmen<br />
haben die Relevanz des Themas Corporate<br />
Citizenship erkannt und messen<br />
ihm eine hohe Bedeutung bei. Trotzdem<br />
betreibt weniger als die Hälfte der Unternehmen<br />
das eigene gesellschaftliche<br />
Engagement ganzheitlich und schöpft<br />
so die vorhandenen Potenziale voll aus.<br />
Ein weiterer Baustein auf dem Weg zu einer<br />
Professionalisierung des gesellschaftlichen<br />
Engagements ist die Evaluierung<br />
der Maßnahmen. Eine Wirkungsanalyse<br />
ist Voraussetzung für sinnvolle Planung,<br />
Steuerung und Qualitätssicherung der<br />
Projekte. Des Weiteren dient sie der<br />
Legitimation nach innen und außen.<br />
40 Prozent der Unternehmen evaluieren<br />
heute aber ihr gesellschaftliches Engagement<br />
überhaupt nicht. Nur knapp<br />
ein Viertel der Unternehmen stellt die<br />
Wirkung der Maßnahmen regelmäßig<br />
fest. Von diesen schätzen wiederum 2/3<br />
die Qualität als verbesserungswürdig ein.<br />
Werden geeignete Evaluationsverfahren<br />
frühzeitig in der Planung der Projekte<br />
berücksichtigt, lässt sich nicht nur der<br />
Aufwand für die Wirkungsmessung reduzieren,<br />
sondern auch das Ergebnis des<br />
Engagements verbessern.<br />
Unsere Studie zeigt: Viele Jahre haben<br />
sich deutsche Unternehmen vor allem<br />
philanthropisch als Corporate Citizen<br />
engagiert. Und das durchaus erfolgreich.<br />
Die wachsenden Anforderungen der<br />
Stakeholder führen heute dazu, dass<br />
ein ganzheitlicher Ansatz für das gesellschaftliche<br />
Engagement von Unternehmen<br />
unausweichlich ist. Unternehmen<br />
sollten ihre Aktivitäten enger mit ihrem<br />
Kerngeschäft verknüpfen, sie strategisch<br />
steuern und evaluieren und die dahinterliegenden<br />
Entscheidungsprozesse<br />
nachvollziehbar dokumentieren. Nur<br />
so kann es gelingen, die Potenziale von<br />
Corporate Citizenship für die Gesellschaft<br />
und das Unternehmen zu heben sowie<br />
etwaige Haftungsrisiken für die Organe<br />
und Mitarbeiter des Unternehmens zu<br />
minimieren.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
61
ABB<br />
Duales Bildungssystem<br />
auf der Überholspur<br />
Fachkräftemangel und demographischer Wandel sind Zeiterscheinungen, mit denen sich in<br />
<strong>Deutschland</strong> fast alle Unternehmen auseinandersetzen müssen. Eine Schlüsselstellung bei<br />
der Gewinnung von Fachkräften nehmen naturgemäß Ausbildung und Studium ein. Bei ABB in<br />
<strong>Deutschland</strong> befanden sich zum 1. September <strong>2012</strong> bundesweit insgesamt 1.368 junge Menschen<br />
in Ausbildung, davon 633 für etwa 160 Partnerunternehmen im Rahmen der Verbundausbildung.<br />
Mit 6,7 Prozent konnte ABB ihre Ausbildungsquote gegenüber dem Vorjahreswert<br />
weiter steigern. Das unterstreicht den hohen Stellenwert, den sie diesem Thema einräumt.<br />
Von Dr. Wolfgang Böhmer<br />
Bei ABB in <strong>Deutschland</strong> ist für Ausbildung<br />
und duales Studium die ABB Training Center<br />
GmbH & Co. KG (ATC) zuständig. Sie<br />
versteht sich als Lernunternehmen, das<br />
neue Entwicklungen erkennt, seine Angebote<br />
daraufhin ausrichtet und moderne<br />
Bildungsinhalte und -methoden vermittelt.<br />
Das ATC macht sich stark für die unternehmensinterne<br />
sowie Verbundausbildung<br />
in der Metropolregion Rhein-Neckar und<br />
in der Bundeshauptstadt Berlin.<br />
Ganzheitlicher Bildungsservice<br />
vor allem für KMU<br />
Es unterstützt als Bildungsdienstleiter<br />
im Verbund auch die Wirtschaft vor Ort.<br />
Derzeit bietet es rund 160 vor allem<br />
kleineren und mittleren Unternehmen<br />
(KMU) ganzheitlichen Bildungsservice an.<br />
Das heißt neben der Durchführung sind<br />
auch Beratung, Coaching und Knowhow-Transfer<br />
für eine firmenspezifische<br />
Aus- und Weiterbildung eingeschlossen.<br />
Die Verbundausbildung ermöglicht den<br />
Partnerunternehmen die Einstellung von<br />
Auszubildenden und Studenten entsprechend<br />
ihrem Bedarf und ihren Kompetenzanforderungen<br />
gerade dann, wenn<br />
sie die Kapazitäten dazu aus technischen<br />
oder personellen Gründen nicht haben.<br />
Neben dem Realisieren von Synergien<br />
hilft sie aber auch, Kenntnisse internationaler<br />
Geschäftspraktiken, ausländischer<br />
Märkte und individuelle Fachkenntnisse<br />
übergreifend zu vermitteln.<br />
In der Regel durchlaufen die Auszubildenden<br />
die komplette „Grundausbildung“<br />
sowie verschiedene Fachmodule und<br />
Prüfungsvorbereitungen in den ATC-Einrichtungen.<br />
Die „Fachausbildung“ findet<br />
in den jeweiligen Partnerunternehmen<br />
statt. Verschiedene Betriebsabläufe und<br />
unterschiedliche Einsatzfelder vermitteln<br />
ein breiteres Spektrum. Indem das<br />
Lernen unter wechselnden personellen,<br />
räumlichen und lernorganisatorischen<br />
Rahmenbedingungen stattfindet, werden<br />
zugleich günstige Voraussetzungen<br />
für die Entwicklung fachübergreifender<br />
und sozialer Kompetenzen geschaffen –<br />
vor allem die Fähigkeit, kooperativ in<br />
Arbeitsgruppen zusammenarbeiten.<br />
Die Chance auf einen Arbeitsplatz bzw.<br />
auf eine gut ausgebildete Fachkraft im<br />
Verbund ist höher, die Kosten können<br />
deutlich reduziert werden.<br />
Erfolgsmodell duales Studium<br />
Das Studium an der dualen Hochschule<br />
verfolgt ein ähnliches Konzept wie bei<br />
der dualen Ausbildung. Die Studenten<br />
absolvieren das Studium im Betrieb und<br />
an der Hochschule. Seine Wurzeln hat<br />
das duale Studium in Baden-Württemberg<br />
(DHBW), wo es vor fast 40 Jahren<br />
in 50 Unternehmen begann. Derzeit<br />
beteiligen sich rund 9.000 Unternehmen.<br />
Schon zehn Prozent aller Studienplätze<br />
sind in Baden-Württemberg dual, im<br />
restlichen <strong>Deutschland</strong> nur zwei Prozent.<br />
Das duale Studium ist die am schnellsten<br />
wachsende Studienform in <strong>Deutschland</strong>.<br />
Nach Angaben des Bundesinstituts für<br />
Berufsbildung studierten im Jahr 2011<br />
bereits gut 60.000 Studenten dual.<br />
Bei ABB können junge Menschen ein<br />
Studium an der Dualen Hochschule<br />
Baden-Württemberg in Mannheim<br />
aufnehmen. Es handelt sich dabei um<br />
ein theoretisches Studium mit praktischer<br />
Anwendung. In der Regel im Drei-<br />
Monats-Rhythmus wechseln sich die<br />
Studienphasen mit den Praxiseinsätzen<br />
an einem der 39 Standorte von ABB in<br />
<strong>Deutschland</strong> oder vielleicht sogar bei<br />
einem Auslandsaufenthalt ab.<br />
Insgesamt gewinnt die deutsche Industrie<br />
durch duale Ausbildung und duales Studium<br />
jährlich mehrere Hunderttausend<br />
Fachleute. Und während in einigen europäischen<br />
Ländern wie Spanien eine Jugendarbeitslosigkeit<br />
von rund 50 Prozent<br />
herrscht, liegt die Quote in <strong>Deutschland</strong><br />
bei 7,9 Prozent. Außerdem sorgen duale<br />
Ausbildung und duales Studium für<br />
geringe Abbrecherzahlen und eine hohe<br />
Loyalität zum Ausbildungsbetrieb. Deshalb<br />
sollen schon bald auch in Spanien<br />
62 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Arbeitsnormen<br />
Jugendliche nach deutschem Vorbild<br />
ausgebildet werden. Auch sollen junge<br />
Spanier zur Ausbildung nach <strong>Deutschland</strong><br />
gelockt werden und hier helfen,<br />
dem Fachkräftemangel zu begegnen.<br />
Berufliche Bildung bei ABB als<br />
Vorbild für das Ausland<br />
Israel, Großbritannien, Malaysia, Indonesien<br />
und China interessieren sich ebenfalls<br />
für das Ausbildungsmodell. Deshalb<br />
fanden in letzter Zeit häufig Begegnungen<br />
von Verantwortlichen des ATC mit ausländischen<br />
Delegationen statt.<br />
Eine israelische Delegation unter Führung<br />
des Ministers für Industrie, Handel<br />
und Arbeit, Shalom Simhon, besuchte<br />
kürzlich das ATC in Berlin. Ziel war,<br />
das Modell der Verbundausbildung kennenzulernen.<br />
Neben Minister Simhon,<br />
dem Präsidenten des Herstellerverbands<br />
Israels und der Handelsattachée und Direktorin<br />
des Israel Trade Center gehörten<br />
20 weitere Personen der Delegation an.<br />
Äußerst beeindruckt war die israelische<br />
Delegation über das große Netzwerk aus<br />
mehr als 150 Berliner und Brandenburger<br />
Unternehmen, die die Dienstleistungen<br />
des Berliner ATC nutzen. Minister<br />
Simhon war fasziniert davon, wie es ABB<br />
gelungen ist, diese Struktur einerseits<br />
aufzubauen und – noch wichtiger –<br />
auch produktiv zu halten. Dabei interessierten<br />
ihn vor allem die Kosten der<br />
Berufsausbildung und wie das Modell<br />
in Berlin funktioniert.<br />
Und auch die OECD hat im März <strong>2012</strong><br />
das Ausbildungszentrum im Rahmen<br />
einer Jahrestagung mit 30 Fachleuten aus<br />
dem internationalen Bildungsgeschäft<br />
besucht. Thema war auch hier die Rolle<br />
der dualen Ausbildung beim Übergang<br />
von Jugendlichen in ein erfolgreiches<br />
Arbeitsleben.<br />
Auch die EU setzt auf duales Prinzip<br />
Die neuen EU-Zielsetzungen in der beruflichen<br />
Bildung bis 2020, die primär<br />
auf nationale Systemreformen gerichtet<br />
sind, setzen ebenso auf das duale Prinzip,<br />
auf die enge Verzahnung von Schule und<br />
Wirtschaft und die Arbeitsmarktrelevanz<br />
der Ausbildung. Gründe dafür sind nicht<br />
nur die relative Stabilität des dualen<br />
Systems im Zuge der globalen Finanzund<br />
Wirtschaftskrise, sondern auch<br />
das Spitzenranking <strong>Deutschland</strong>s bei<br />
der Jugendarbeitslosigkeit, beim hohen<br />
Qualifikationsniveau und beim guten<br />
Übergang in den Arbeitsmarkt nach der<br />
Ausbildung. Mehrere EU-Staaten, darunter<br />
Schweden, Ungarn und Rumänien,<br />
haben Reformschritte in Richtung der<br />
dualen Ausbildung eingeleitet.<br />
Oben links: Hemdat Sagi, Handelsattachée<br />
und Direktorin des Israel Trade Center,<br />
Minister Shalom Simhon und Zvi Oren (v. l.),<br />
Präsident des Herstellerverbands Israels,<br />
informieren sich über das ATC.<br />
Oben rechts: Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel zu Besuch im ATC Berlin anlässlich<br />
des Ausbildungsstarts im Jahr 2011<br />
Ausbildungsangebot und Studiengänge bei ABB<br />
Gewerblich-technische Berufe<br />
Anlagenmechaniker/-in, Elektroniker/-in, Fachinformatiker/-in, Feinwerkmechaniker/-in,<br />
Fertigungsmechaniker/-in, Industriemechaniker/-in, Konstruktionsmechaniker/-in,<br />
Maschinen- und Anlagenführer/-in, Mechatroniker/-in,<br />
Mechatroniker/-in für Kältetechnik, Technische/-r Produktdesigner/-in,<br />
Verfahrensmechaniker/-in, Werkzeugmechaniker/-in, Zerspanungsmechaniker/-in<br />
Kaufmännische Berufe<br />
Bürokaufmann/-frau mit Zusatzqualifikationen in Schreibtechnik, EDV und<br />
Englisch, Industriekaufmann/-frau, Fachkraft für Lagerlogistik, Fachlagerist/-in,<br />
Patentanwaltsfachangestellte/-r<br />
Studiengänge<br />
Elektrotechnik, Informatik, Maschinenbau, Mechatronik Studienrichtung<br />
Allgemeine Mechatronik, Projekt-Engineering, Wirschaftsingenieurwesen,<br />
Wirtschaftsinformatik<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
63
Bayer<br />
Innovative Lösungen<br />
für ein langes und aktives<br />
Erwerbsleben<br />
Der demografische Wandel rückt die Belange älterer Arbeitnehmer stärker in den Blickpunkt<br />
einer lebensphasenorientierten Personalpolitik. Denn in kaum einem anderen Bereich sind<br />
die bevorstehenden Veränderungen für die Unternehmen bereits so klar erkennbar: Ab <strong>2012</strong><br />
wird das gesetzliche Renteneintrittsalter in <strong>Deutschland</strong> schrittweise auf 67 Jahre angehoben.<br />
Gleichzeitig verlieren bewährte Instrumente wie die Altersteilzeit oder Frühruhestand zunehmend<br />
an Bedeutung, die bislang vielen Beschäftigten einen gleitenden bzw. vorzeitigen Ausstieg<br />
aus dem Erwerbsleben ermöglicht haben. Bayer geht angesichts dieser Entwicklung davon aus,<br />
dass der Altersdurchschnitt der Beschäftigten in <strong>Deutschland</strong> von derzeit 44 Jahren auf rund<br />
50 Jahre im Jahr 2020 steigen wird. Auch der Anteil der Mitarbeiter, die 60 Jahre und älter<br />
sind, wird bis dahin deutlich zunehmen.<br />
Von Georg Müller<br />
64 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Arbeitsnormen<br />
Belastungsreduzierung im Alter bei Bayer:<br />
Schichtarbeiter Herbert Sonnabend (rechts)<br />
arbeitet künftig weniger, sein junger Kollege<br />
Taner Ceyhan wird dafür fest aus der Ausbildung<br />
übernommen.<br />
Wie können die verlängerte Lebensarbeitszeit<br />
personalpolitisch gestaltet und die<br />
Beschäftigten dabei unterstützt werden,<br />
auch mit über 60 Jahren noch gesund<br />
und leistungsfähig zu sein? Bayer hat<br />
auf diese Schlüsselfrage des Demografie-<br />
Managements gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern<br />
eine innovative<br />
und in dieser Form bislang einzigartige<br />
Antwort formuliert. Auf der Basis des<br />
Branchentarifvertrags „Lebensarbeitszeit<br />
und Demografie“ hat Bayer seit 2010 eine<br />
gleichnamige Gesamtbetriebsvereinbarung<br />
im Unternehmen implementiert,<br />
die in hohem Maße auch die Interessen<br />
älterer Beschäftigter berücksichtigt.<br />
So haben Tarif beschäftigte, die in<br />
voll- oder teilkontinuierlicher Wechselschicht<br />
tätig sind, ab dem vollendeten<br />
55. Lebensjahr einen Anspruch auf bis<br />
zu 20 schichtfreie Tage im Jahr. Die arbeitsfreien<br />
Tage können in Abstimmung<br />
mit der Betriebsleitung über das gesamte<br />
Kalenderjahr verteilt genommen werden.<br />
Der Lohnausgleich für die arbeitsfreien<br />
Tage erfolgt über ein Langzeitkonto aus<br />
den Mitteln des Demografiefonds, für<br />
den Bayer jährlich rund 4,8 Mio. Euro<br />
bereitstellt. Ziel ist es, das Arbeitspensum<br />
von körperlich besonders beanspruchten<br />
Mitarbeitern in den letzten Jahren der<br />
Berufstätigkeit spürbar zu verringern<br />
und ihnen so einen gleitenden Ausstieg<br />
aus dem Arbeitsleben zu ermöglichen.<br />
Die Belastungsreduzierung im Alter<br />
verbindet mehrere wichtige Gedanken des<br />
Demografie-Managements miteinander:<br />
Einerseits bleiben ältere Beschäftigte auch<br />
in körperlich fordernden Tätigkeitsbereichen<br />
als wertvolle Mitarbeiter erhalten<br />
und haben dank eines verringerten Arbeitspensums<br />
eine realistische Chance,<br />
tatsächlich bis zum Erreichen des gesetzlichen<br />
Renteneintrittsalters berufstätig<br />
zu bleiben, andererseits entstehen durch<br />
die Arbeitszeitreduzierung zusätzliche<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten für junge<br />
Mitarbeiter in diesen Bereichen. Denn<br />
die entstehenden Lücken im Schichtplan<br />
werden durchgängig neu besetzt, häufig<br />
durch ehemalige Auszubildende. Auf<br />
diese Weise werden qualifizierte Fachkräfte<br />
im Unternehmen gehalten und ein<br />
geordneter Übergang von betrieblichem<br />
Erfahrungswissen auf die nachfolgende<br />
Generation sichergestellt.<br />
Weitere Bestandteile der Gesamtbetriebsvereinbarung<br />
„Lebensarbeitszeit und<br />
Demografie“ sind die Belastungsreduktion<br />
für langfristig erkrankte Beschäftigte, die<br />
im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements<br />
(BEM) 80 zusätzliche<br />
freie Arbeitsstunden in Anspruch nehmen<br />
können, sowie eine umfangreiche<br />
medizinische Vorsorgeuntersuchung für<br />
insgesamt rund 21.000 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter in <strong>Deutschland</strong>. Auch diese<br />
Maßnahmen dienen unmittelbar dem<br />
Ziel, die Gesundheit der Beschäftigten<br />
langfristig zu erhalten und so eine Berufstätigkeit<br />
bis ins Alter zu ermöglichen.<br />
Doch nicht nur in produktionsnahen<br />
Unternehmensbereichen möchte<br />
Bayer das Wissen und die Potenziale<br />
älterer Beschäftigter nutzen und erhalten.<br />
Das Bayer Senior Experts Network, kurz<br />
BaySEN, bietet leitenden Angestellten<br />
seit Ende 2010 die Möglichkeit, auch<br />
über die Pensionierung hinaus für das<br />
Unternehmen tätig zu sein. Die Senior<br />
Experts können sich mit einem Profil in<br />
der BaySEN-Datenbank registrieren lassen<br />
und werden je nach Bedarf und Eignung<br />
als Berater zu einem Projekt hinzugezogen.<br />
Dabei bestehen vielfältige Einsatzmöglichkeiten:<br />
Gefragt sind sowohl<br />
General Manager als auch spezialisierte<br />
Fachkräfte und erfahrene Team- und<br />
Projektmanager für Einsätze in nahezu<br />
allen Unternehmensbereichen.<br />
Mit der Gesamtbetriebsvereinbarung<br />
„Lebensarbeitszeit und Demografie“, der<br />
in ihr enthaltenen Gesundheitsförderung<br />
und weiteren flankierenden Maßnahmen<br />
hat Bayer schon heute die Voraussetzungen<br />
geschaffen, um der künftig wachsenden<br />
Anzahl älterer Beschäftigter eine<br />
möglichst lange und aktive Teilhabe am<br />
Erwerbsleben zu ermöglichen.<br />
Georg Müller ist Personalchef von Bayer in<br />
<strong>Deutschland</strong>.<br />
Mitarbeiter-Altersstruktur bei Bayer in <strong>Deutschland</strong><br />
älter als 60 Jahre<br />
1,4 %<br />
50 bis 59 Jahre<br />
31,2 %<br />
40 bis 49 Jahre<br />
36,6 %<br />
jünger als 20 Jahre<br />
2,9 %<br />
20 bis 29 Jahre<br />
11,1 %<br />
30 bis 39 Jahre<br />
16,8 %<br />
Die meisten der 35.800 Beschäftigten des Bayer-Konzerns in <strong>Deutschland</strong> sind heute<br />
über 40 Jahre alt – Tendenz steigend. Weltweit beschäftigt der Bayer-Konzern derzeit<br />
111.800 Mitarbeiter.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
65
BoscH<br />
Diversity bei Bosch – ein<br />
bedeutender Erfolgsfaktor<br />
Internationalisierung, soziale Vernetzung, Individualisierung, demographischer Wandel … All dies<br />
sind gesellschaftliche Veränderungen, die sich auch in der Arbeitswelt widerspiegeln. Bei Bosch<br />
zählen vielfältige Denkweisen, Erfahrungen, Führungs- und Arbeitsstile seit jeher zum Selbstverständnis.<br />
Mit weltweit über 300.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus vier Generationen<br />
in rund 150 Ländern wird Diversity bei Bosch tagtäglich gelebt. So entwickelt das Technologieunternehmen<br />
vielfältige Produkte und Dienstleistungen und schafft damit „Technik fürs Leben“.<br />
Von Madeleine Förster<br />
Als eines der ersten Unternehmen hat<br />
Bosch im Dezember 2007 die „Charta<br />
der Vielfalt“ unterzeichnet, mit der sich<br />
Unternehmen offiziell verpflichten, Vielfalt<br />
anzuerkennen und wertzuschätzen.<br />
Das hat seinen Grund: Diversity ist ein<br />
Schlüsselfaktor für den wirtschaftlichen<br />
Erfolg von Bosch, weil Vielfalt die Voraussetzung<br />
für innovative Ideen schafft.<br />
Daher denken wir bei Bosch in Kompetenzen<br />
– unabhängig von Aspekten wie<br />
Alter, Geschlecht oder Herkunft. Um die<br />
Vielfalt in Zukunft noch weiter zu stärken<br />
und für den nachhaltigen Erfolg bei Bosch<br />
zu nutzen, hat die Geschäftsführung<br />
2011 die Projektgruppe „Diversity“ ins<br />
Leben gerufen, mit dem Ziel, Diversity<br />
Management strategisch im Unternehmen<br />
zu verankern. Zunächst stehen dabei die<br />
Schwerpunkte Geschlecht, Generationen,<br />
Internationalität und Arbeitskultur im<br />
Fokus. Durch eine Diversity Kommunikationsinitiative<br />
werden Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter an rund 200 Standorten<br />
weltweit eingeladen, Vielfalt bei Bosch<br />
bewusst zu entdecken und die Vorteile<br />
im Alltag zu nutzen. Ziel der mehrstufigen<br />
Kampagne unter dem Motto „Vielfalt<br />
ist unser Vorteil“ ist, das Verständnis<br />
für Vielfalt und den damit verbundenen<br />
(Mehr) Wert zu fördern und durch das<br />
Aufzeigen positiver Beispiele erlebbar<br />
zu machen. Begleitet wird die Kommunikation<br />
von informativen Vorträgen<br />
und umfangreichen Diversity Qualifizierungsangeboten,<br />
bei denen gezielt<br />
einzelne Dimensionen wie „Gender Talk“<br />
oder „Interkulturelle Kompetenz“ im<br />
Mittelpunkt stehen.<br />
Ute Lepple, Kaufmännische Leiterin Produktbereich<br />
Zubehör bei Bosch Power Tools,<br />
Solothurn, Schweiz. Die Diplom-Betriebswirtin<br />
mit einer Leidenschaft für Bergsport und klassisches<br />
Ballett lebt mit ihrem Ehemann seit<br />
10 Jahren in der Schweiz und hat eine dreijährige<br />
Tochter. Sie zeigt berufliche Vielfalt:<br />
Nach ihrem Studium an der Berufsakademie<br />
hat sie bisher in den Bereichen Logistik,<br />
Personal, Revision und Einkauf gearbeitet.<br />
Florian Bankoley, Geschäftsführer der<br />
Mobility Media GmbH in Berlin, <strong>Deutschland</strong>.<br />
Trainee in Bühl, Stuttgart und Wuxi/China,<br />
einst einziger Betriebswirtschaftler unter Ingenieuren<br />
im schwedischen Kundenteam,<br />
heute einer der jüngsten Geschäftsführer<br />
einer Bosch Tochtergesellschaft. Als Basketball-Trainer<br />
ist er Vorbild für Jugendliche –<br />
und nennt als sein eigenes Vorbild Franz<br />
Fehrenbach: wegen dessen Authentizität.<br />
Jumana Al-Sibai, Verkaufsleiterin im Geschäftsbereich<br />
Gasoline Systems, Schwieberdingen,<br />
<strong>Deutschland</strong>. Sie ist eine der Top-Frauen im<br />
Bosch Management und bekam im September<br />
2011 ihr zweites Kind. Familie und Karriere zu<br />
verbinden ist für sie natürlich – genauso wie die<br />
Arbeit als eine von wenigen Frauen im technischen<br />
Umfeld. Vielfalt als Chance zu nutzen, lernte<br />
die Halb-Araberin schon zu Beginn ihrer Laufbahn:<br />
im Ausland und bei früheren Arbeitgebern.<br />
66 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Arbeitsnormen<br />
Balance zwischen Berufs- und<br />
Privatleben ist wichtiger Stellhebel<br />
Bosch lebt vom Expertenwissen und<br />
Engagement seiner hochqualifizierten<br />
Mitarbeiter. Deshalb wollen wir die besten<br />
Männer und Frauen jeden Alters und jeder<br />
Herkunft für Bosch gewinnen, binden und<br />
in ihrer Karriere fördern. Diese gewünschte<br />
Vielfalt funktioniert jedoch nur nachhaltig,<br />
wenn die Arbeitskultur stimmt<br />
und die Mitarbeiter authentisch sein<br />
dürfen. Hierzu muss das Unternehmen<br />
eine offene, wertschätzende Unternehmenskultur<br />
bieten und die Bedürfnisse<br />
aller Mitarbeiter ernst nehmen. Verschiedene<br />
Stellhebel wie die Vereinbarkeit von<br />
Berufs- und Privatleben spielen dabei<br />
eine entscheidende Rolle. „Es liegt uns<br />
am Herzen, dass unsere Mitarbeiter Beruf<br />
und Privates gut miteinander verbinden<br />
können. Bei uns müssen sie sich nicht für<br />
oder gegen das Eine oder Andere entscheiden.<br />
Wir unterstützen deshalb mit vielen<br />
Maßnahmen, Rahmenbedingungen und<br />
personalpolitischen Instrumenten unsere<br />
Mitarbeiter in ihrer individuellen<br />
Gestaltung hinsichtlich Arbeitszeit und<br />
-ort“, berichtet Geschäftsführer Christoph<br />
Kübel. Eine dieser Rahmenbedingungen<br />
ist z.B. eine gute Kinderbetreuung. Sie<br />
ermöglicht unseren Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern, Beruf und Familie erfolgreich<br />
zu vereinbaren. Nachdem der Bedarf<br />
nicht ausreichend über die Kommunen in<br />
<strong>Deutschland</strong> abgedeckt wird, unterstützen<br />
wir als Arbeitergeber unsere Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter und bieten<br />
an unseren Standorten eigene Angebote<br />
zu Kinder-, Ferien- und Notfallbetreuung<br />
sowie sonstigen Services bei der Pflege von<br />
Angehörigen an. „Wir sind davon überzeugt,<br />
dass sich die Herausforderungen,<br />
denen wir künftig begegnen werden, nur<br />
so meistern lassen und es nur so möglich<br />
ist, auch in Zukunft die besten Talente<br />
für Bosch zu gewinnen“, verdeutlicht<br />
Kübel. Durch dieses Engagement wurde<br />
Bosch <strong>2012</strong> auch zum familienfreundlichsten<br />
Großunternehmen <strong>Deutschland</strong>s<br />
gekürt. Die Jury überzeugte zudem, dass<br />
Führungskräfte bei Bosch aktiv an der<br />
Veränderung der Unternehmenskultur<br />
mitwirken und den eigenen Mindset<br />
immer wieder auf den Prüfstand stellen.<br />
Ergebnisse vor Präsenz<br />
Erst die Kinder zur Schule bringen, dann<br />
von Zuhause aus an der Videokonferenz<br />
teilnehmen. Freitags freinehmen, um das<br />
lange erträumte private Buchprojekt zu<br />
verwirklichen. Nachmittage reservieren,<br />
um sich in Führungsseminaren persönlich<br />
fortzubilden. Geht nicht? Doch, geht<br />
wohl. Denn Wandel weg von starren Präsenzzeiten<br />
hin zu mehr Flexibilität ist<br />
bereits im vollen Gange und ebenfalls ein<br />
Katalysator für Vielfalt. Dabei setzt Bosch<br />
vor allem auf das eigene Erleben. Wer<br />
selbst positive Erfahrungen gesammelt hat,<br />
ermutigt auch Mitarbeiter und Kollegen.<br />
Deshalb haben wir die Initiative MORE<br />
(Mindset of ORganisation and Executives)<br />
ins Leben gerufen: über 150 Führungskräfte<br />
haben dabei für 125 Tage verschiedene<br />
Bosch: Familienfreundlichstes<br />
Unternehmen <strong>Deutschland</strong>s <strong>2012</strong><br />
Familienfreundlichkeit gehört bei Bosch explizit<br />
zur Personalpolitik. Das Bekenntnis zur<br />
Familie ist bei Bosch kein Karrierekiller – im<br />
Gegenteil – es kann die Karriere fördern.<br />
(v. l.): Bundesfamilienministerin Kristina<br />
Schröder, Bosch-Geschäftsführer Christoph<br />
Kübel, Bundeskanzlerin Angela Merkel,<br />
Abteilungsleiterin der Zentralstelle Mitarbeiterentwicklung,<br />
Vielfalt und Chancengleichheit<br />
Heidi Stock<br />
Arbeitszeitmodelle getestet – angefangen<br />
bei einzelnen Tagen im Homeoffice bis<br />
hin zur Teilzeit. Die Resonanz war überwältigend,<br />
weshalb „MORE“ weiter ausgebaut<br />
wird, um weiteren Führungskräften<br />
und Mitarbeitern das flexible Arbeiten<br />
auf Probe zu ermöglichen. „Am Schluss<br />
brauchen wir die richtige Kompetenz<br />
am richtigen Arbeitsplatz“, betont Kübel.<br />
„Durch flexible Angebote sind wir attraktiv<br />
für Mitarbeiter und gewinnen die vielfältigsten<br />
Talente für uns.“ Bosch wird daher<br />
konsequent den erfolgreich eingeschlagenen<br />
Weg weitergehen, denn wir sind<br />
überzeugt: Vielfalt ist unser Vorteil!<br />
Was verstehen wir bei Bosch unter Diversity?<br />
Wir schätzen die Vielfalt von Denkweisen, Erfahrungen, Perspektiven und<br />
Lebensentwürfen und sichern damit unseren langfristigen unternehmerischen<br />
Erfolg. So gewinnen wir im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter, Produkte<br />
und Dienstleistungen, denn „Bosch, Technik fürs Leben“ bedeutet nicht nur<br />
eine, sondern eine Vielfalt von Lösungen. Deshalb ist Diversity Management<br />
ein fester Bestandteil unserer Unternehmensstrategie und in unseren<br />
Unternehmenswerten verankert. Dabei stehen zunächst die Dimensionen<br />
Geschlecht, Generationen, Internationalität und Arbeitskultur im Fokus.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
67
GIZ<br />
Innovative Lösungen für<br />
nachhaltige Lieferketten<br />
Strickschals und Handschuhe, Halsketten und Ringe, Schlüsselanhänger und Kaffeebecher –<br />
Tausende Artikel der Konsumgüterindustrie verlassen Tag für Tag asiatische Fabriken und<br />
warten kurze Zeit später in europäischen und amerikanischen Regalen auf Käufer. Diese legen<br />
zunehmend Wert auf fair produzierte Ware und auch die Investoren und Aktionäre achten<br />
verstärkt auf Sozialstandards und gute Arbeitsbedingungen vor Ort. Doch die Erfahrung zeigt,<br />
dass viele Zulieferer in Entwicklungs- und Schwellenländern, die für deutsche Unternehmen<br />
produzieren, diese Anforderungen nicht erfüllen. Mit seinem Programm develoPPP.de entwickelt<br />
das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)<br />
seit Jahren gemeinsam mit deutschen und europäischen Unternehmen tragfähige Lösungen,<br />
um Produktionsbedingungen vor Ort zu verbessern.<br />
Von Lisa Süß<br />
Große Handelsunternehmen versuchen<br />
seit vielen Jahren, menschenunwürdige<br />
Arbeitsbedingungen in ihrer Produktion<br />
auszuschließen. Dabei stehen sie vor<br />
vielen Herausforderungen: Wie stellt<br />
man sicher, dass Zulieferer keine Kinder<br />
beschäftigen? Ihren Arbeiterinnen<br />
und Arbeitern faire Löhne bezahlen?<br />
Überstunden ein gewisses Maß nicht<br />
überschreiten? Sicherheitsrichtlinien<br />
eingehalten werden?<br />
Das Programm develoPPP.de, finanziert<br />
vom BMZ, unterstützt Unternehmen<br />
darin, Antworten auf diese Fragen zu<br />
finden. Umsetzungspartner sind dabei<br />
die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft<br />
mbH (DEG), die sequa<br />
gGmbH und die Deutsche Gesellschaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)<br />
GmbH. Die Organisationen arbeiten<br />
seit Jahrzehnten in Entwicklungs- und<br />
Schwellenländern und verfügen über<br />
breite Netzwerke mit Partnern aus Regierungen,<br />
der Wirtschaft, Gemeinden,<br />
Kammern und Nichtregierungsorganisationen<br />
vor Ort. Ihre Erfahrungen, komplexe<br />
Prozesse weltweit zu managen,<br />
und ihre weitreichende Fachexpertise<br />
machen sie zu kompetenten Partnern<br />
für die Wirtschaft.<br />
Runde Tische vernetzten Akteure<br />
Das develoPPP.de-Programm läuft seit<br />
1999. Seither unterstützen GIZ, DEG<br />
und sequa Unternehmen dabei, die<br />
Arbeits- und Sozialstandards in ihren<br />
Zulieferbetrieben zu verbessern. „Vor<br />
15 bis 20 Jahren war der Ansatz vor<br />
allem, Verhaltenskodizes und Audits zu<br />
entwickeln. Um die Jahrtausendwende<br />
herum schlossen sich namhafte Handelsunternehmen<br />
dann erstmals zusammen,<br />
um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.<br />
Damals haben wir zum Beispiel mit der<br />
Außenhandelsvereinigung des Deutschen<br />
Einzelhandels (AVE) einen einheitlichen<br />
Verhaltenskodex für Textilbetriebe entwickelt“,<br />
erzählt Bernadette Daubenmerkl,<br />
die für die GIZ develoPPP.de-Projekte in<br />
Asien betreut.<br />
In den Folgejahren erkannten viele Handelsunternehmen,<br />
wie wichtig es ist, ihre<br />
Zulieferer mit Trainingsmaßnahmen und<br />
Qualifizierungsangeboten dabei zu unterstützen,<br />
die Standards einzuhalten. In<br />
68 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Arbeitsnormen<br />
wenig nachhaltige Ergebnisse erzielt.“<br />
Tchibo und GIZ setzten daher in ihrer<br />
Partnerschaft zuerst darauf, 18 Trainer<br />
aus den jeweiligen Projektländern auszubilden.<br />
Diese führten dann mit Vertretern<br />
des Topmanagements, des mittleren<br />
Managements, Arbeiterinnen und<br />
Arbeitern, sowie Einkäufern von Tchibo<br />
Workshops und Fabrikbesuche durch,<br />
in denen alle gemeinsam an Lösungen<br />
arbeiteten. Umsetzung und nachhaltige<br />
Veränderungen gelingen, weil alle<br />
relevanten Akteure einbezogen wurden.<br />
Zufriedene Arbeiter und gestiegene<br />
Produktivität<br />
dieser Zeit entstanden mit Unterstützung<br />
von develoPPP.de in elf Ländern sogenannte<br />
Runde Tische. Dort trafen sich<br />
die Vertreter von Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen,<br />
staatlichen<br />
Organisationen und Gewerkschaften, um<br />
gemeinsam Lösungen für eine effiziente<br />
und einheitliche Umsetzung sozialer Mindeststandards<br />
zu finden. 2003 gründete<br />
der AVE schließlich die Business Social<br />
Compliance Initiative (BSCI) auf europäischer<br />
Ebene. Bernadette Daubenmerkl<br />
erinnert sich: „Seit der Mitte der 1990er<br />
Jahre waren die Handelsunternehmen<br />
ein gutes Stück weitergekommen. Doch<br />
alleine durch punktuelle Trainings und<br />
Audits konnten einige Grundprobleme<br />
nicht gelöst werden. Die lokalen Produzenten<br />
reagierten auf die Überprüfung<br />
ihrer Arbeitsbedingungen teilweise mit<br />
Bestechung der Auditoren, doppelter<br />
Buchführung und geringer Transparenz.<br />
Aus diesem Grund waren wir auf der<br />
Suche nach neuen Herangehensweisen.“<br />
Im Dialog für Arbeitsrechte<br />
Tchibo und die GIZ nahmen deshalb<br />
2007 mit dem Dialogansatz ein Konzept<br />
auf, das aus den Runden Tischen hervorgegangen<br />
war und entwickelten ihn<br />
weiter. Den daraus entstandenen Ansatz<br />
WE (Worldwide Enhancement of Social<br />
Quality) erprobten Tchibo und die GIZ in<br />
40 Pilotfabriken in Bangladesch, China<br />
und Thailand. WE setzt auf den Austausch<br />
zwischen Managern, Beschäftigten<br />
und deren Vertretern sowie zwischen<br />
Einkäufern und Lieferanten. Nanda Bergstein,<br />
Leiterin Lieferantenbeziehungen<br />
Konsumentenprodukte bei Tchibo, erklärt,<br />
warum die branchenüblichen Audits<br />
alleine nur begrenzt wirksam sind:<br />
„Sozialaudits können einen Überblick<br />
über die Ist-Situation eines Betriebs geben,<br />
sind aber selten Anreiz zur positiven<br />
Veränderung. Dies liegt vor allem daran,<br />
dass Audits und Managementtrainings<br />
nicht an den Hauptursachen der Herausforderungen<br />
in den Fabriken ansetzen.<br />
Das sind die konfliktträchtigen Beziehungen<br />
zwischen Management und Beschäftigten<br />
sowie mangelnde Methodik<br />
und Wissen zur Überwindung derselben.<br />
Stattdessen wurde Druck auf Fabriken<br />
ausgeübt, die als westlich empfundenen<br />
Anforderungen umzusetzen. Dies hat<br />
viele Barrieren aufgebaut und letztlich<br />
Der Blick auf die vergangenen fünf Jahre<br />
ist laut Bergstein überzeugend: „Die erzielten<br />
Ergebnisse sind deutlich nachhaltiger<br />
als mit den bisherigen Instrumenten<br />
und sie beziehen sich sowohl auf Sozialstandards<br />
wie höhere Löhne, weniger<br />
Überstunden und weniger Unfälle als<br />
auch auf Business-Indikatoren. Durch<br />
das Pilotprojekt haben wir gelernt, dass<br />
Menschenrechte und Business Performance<br />
kein Widerspruch sind, sondern<br />
höchst kompatibel. Der positive Business<br />
Case entsteht dann, wenn die Beteiligten<br />
Dialogmethodik anwenden und das<br />
Management echte Partizipation und<br />
Repräsentanz der Arbeiter zulässt. Dies<br />
zeigt sich etwa in besserer Produktqualität<br />
und höherer Produktivität. Fabriken,<br />
die ursprünglich sehr skeptisch waren,<br />
sind in dem Programm geblieben, weil<br />
sie festgestellt haben, dass sich ihre Organisationen<br />
dadurch ganzheitlich entwickeln<br />
und sie Kundenanforderungen<br />
besser erfüllen konnten“.<br />
Für Tchibo Grund genug, das Projekt<br />
auf andere Länder und weitere Fabriken<br />
auszudehnen. „Wir wollen nach und nach<br />
all unsere wichtigen Zulieferer in das<br />
Projekt holen“, bekräftigt Bergstein. Derzeit<br />
haben 175 Fabriken das Programm<br />
abgeschlossen oder sind in der laufenden<br />
Qualifizierung. Ihre Erfahrungen und<br />
Ergebnisse teilen Tchibo und die GIZ<br />
mit anderen Akteuren des Textilsektors<br />
auf www.we-socialquality.com. Dadurch<br />
profitiert die gesamte Branche von dem<br />
positiven Ansatz und kann ihre Arbeitsbedingungen<br />
nachhaltig verbessern.<br />
Weitere Informationen finden Sie auf<br />
www.develoPPP.de<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
69
HERAEUS<br />
Frühzeitig andere Kulturen<br />
und das Unternehmen<br />
kennenlernen<br />
Das Programm „Meet the Family“ ermöglicht Mitarbeiterkindern von Heraeus kulturellen Austausch<br />
und Firmeninformation aus erster Hand.<br />
Von Christoph Ringwald<br />
Spätestens wenn die ersten Überlegungen<br />
zur eigenen Berufswahl angestellt<br />
werden, fragen sich Kinder, in welchem<br />
Umfeld die eigenen Eltern beschäftigt<br />
sind. Was macht das Unternehmen und<br />
wie sind die Menschen, die darin arbeiten?<br />
Umso spannender wird die Frage,<br />
wenn es sich bei dem Arbeitgeber um<br />
ein global tätiges Unternehmen handelt.<br />
Der Hanauer Edelmetall- und Technologiekonzern<br />
Heraeus beschäftigt mehr als<br />
13.300 Mitarbeiter an über 120 Standorten<br />
auf der Welt. Eine gute Basis also, um<br />
die Neugier des Mitarbeiternachwuchses<br />
zu befriedigen und sowohl einen Einblick<br />
in die Vielfalt von Heraeus wie auch<br />
in die Kultur und Lebensweise anderer<br />
Länder zu geben. Was normalerweise<br />
nur über Schüleraustausche erreicht<br />
werden kann, bietet das Unternehmen<br />
selbst an: „Meet the Family“ ist das internationale<br />
Austauschprogramm für<br />
Mitarbeiterkinder. Die Jugendlichen<br />
haben dabeidie Möglichkeit, am Leben<br />
einer Heraeus Familie in einem anderen<br />
Land teilzunehmen und auch einen<br />
der internationalen Heraeus Standorte<br />
kennen zu lernen.<br />
„Meet the Family“ bietet seinen Teilnehmern<br />
die Chance, erste Auslandserfahrungen<br />
zu sammeln und über Länder<br />
und Geschäftsbereichsgrenzen hinweg<br />
Freundschaften zu knüpfen. Das im Jahr<br />
2007 ins Leben gerufene Programm ist<br />
Bestandteil der CSR-Strategie des Unternehmens,<br />
welche auf den Grundwerten<br />
des über 160 Jahre alten Familienunternehmen<br />
basiert: So steht neben der<br />
unternehmerischen Verantwortung<br />
auch die familienorientierte Fürsorge<br />
im Fokus. Für den Erfolg von Heraeus<br />
bildet interkulturelle Kompetenz die<br />
Grundlage in der tagtäglichen grenzüberschreitenden<br />
Zusammenarbeit. Dr. Frank<br />
Heinricht, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
der Heraeus Holding GmbH,<br />
erläutert die Idee hinter dem Programm:<br />
„Eine zunehmend vernetzte Welt verlangt<br />
gerade von der nächsten Generation, dass<br />
sie offen auf andere Menschen zu- und<br />
sensibel mit kulturellen Besonderheiten<br />
umgeht. Hierzu wollen wir einen<br />
Beitrag leisten und laden die Heraeus<br />
Mitarbeiter weltweit ein, ihren Sohn<br />
oder ihre Tochter von „Meet the Family“<br />
partizipieren zu lassen.“<br />
Umfangreicher Matchingprozess<br />
sichert gegenseitige Anknüpfungspunkte<br />
Jedes Jahr erhalten etwa 30 Kinder von<br />
Heraeus Mitarbeitern zwischen 15 und<br />
18 Jahren die Chance, an „Meet the Family“<br />
teilzunehmen. Für rund zwei Wochen<br />
besuchen sich die Heranwachsenden<br />
gegenseitig in ihren Gastfamilien und<br />
verbringen so insgesamt vier Wochen<br />
gemeinsam. Je nach Vereinbarung zwischen<br />
den Partnerfamilien erfolgt der<br />
Austausch vorzugsweise in den Schulferien.<br />
Dabei sollten Besuch und Gegenbesuch<br />
möglichst im selben Jahr stattfinden.<br />
Der „Meet the Family“-Turnus beginnt<br />
am Jahresanfang: Frühzeitig wird in<br />
70 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Arbeitsnormen<br />
der internen Kommunikation auf die<br />
Bewerbungsfrist bis Mitte Februar hingewiesen.<br />
Der Bewerbungsprozess erfolgt<br />
durch den Heraeus Mitarbeiter schriftlich<br />
anhand standardisierter Fragebögen. Er<br />
liefert möglichst detaillierte Einblicke<br />
zur Motivation der Bewerber und ihrem<br />
familiärem Umfeld. Auf Basis dieser<br />
Bewerbung nimmt das „Meet the Family“-<br />
Team, welches aus drei Personen besteht<br />
und in der Heraeus Konzernkommunikation<br />
angesiedelt ist, das so genannte<br />
„Matching“ vor. Nur bei Eintreffen bestimmter<br />
Grundvoraussetzungen kann<br />
der Austausch ein Erfolg werden. Die<br />
vom Organisationsteam erstellten obligatorischen<br />
Kriterien haben sich dabei in<br />
den vergangenen fünf Jahren bewährt:<br />
So werden nur Paarungen ähnlichen<br />
Alters, gleichen Geschlechts, mit entsprechenden<br />
Fremdsprachenkenntnissen<br />
und überschneidenden Interessen und<br />
Länderwünschen zusammengestellt. Das<br />
Projektteam achtet dabei auf möglichst<br />
interkontinentale Kombinationen,um<br />
einen echten Blick „über den Tellerrand“<br />
zu gewährleisten. So nahmen im Jahr<br />
<strong>2012</strong> Teilnehmer aus Belgien, <strong>Deutschland</strong>,<br />
Frankreich, Niederlande, Polen,<br />
plant das Projektteam die konkrete Buchung<br />
der Reisen für Besuch und Gegenbesuch.<br />
Heraeus kommt dabei für<br />
die gesamten Kosten für die Hin- und<br />
Rückreise sowie die Auslandskrankenund<br />
Unfallversicherung für die Dauer des<br />
Aufenthaltes auf. Daneben unterstützt<br />
das Projektteam bei Aufenthaltsgenehmigungen,<br />
Impfungen, Essensunverträglichkeiten<br />
und anderen Fragen des<br />
Alltags. Vorbereitungsseminare für die<br />
Teilnehmer erleichtern die interkulturelle<br />
Kontaktaufnahme und machen Vorfreude<br />
auf die anstehenden Erfahrungen.<br />
Auch während der Reisen ist das „Meet<br />
werden während des Aufenthalts geteilt,<br />
gemeinsame Unternehmungen in den<br />
Gastfamilien organisiert. Immer wieder<br />
erreichen das Projektteam schon während<br />
des Austauschs begeisterte Berichte<br />
und Bilder, die Ausflüge und Eindrücke<br />
dokumentieren. Diese fließen auch in<br />
einen obligatorischen Reisebericht, den<br />
die Teilnehmer des Programms nach<br />
ihrer Reise verfassen. Dem medialen<br />
Wandel Rechnung tragend, wurden sie<br />
von Heraeus im Jahr <strong>2012</strong> erstmals mit<br />
digitalen Filmkameras ausgestattet. So<br />
lässt sich das Erlebte multimedial verarbeiten<br />
und mit Freunden und Familien in<br />
sozialen Netzwerken teilen. Traditioneller<br />
Programmpunkt des Aufenthalts ist<br />
auch ein Besuch des jeweiligen Heraeus<br />
Standorts, bei dem Gastkind und der<br />
eigene Nachwuchs die Partnereltern an<br />
ihren Arbeitsplatz begleiten. So wird die<br />
Vielfalt der Heraeus Welt mit eigenen<br />
Augen sichtbar.<br />
Durch das „Meet the Family“-Programm<br />
hatten bislang rund 130 Kinder von<br />
Heraeus Mitarbeitern die Möglichkeit,<br />
in ein neues Land zu reisen, andere<br />
Kulturen zu erleben und Fremdsprachen<br />
Schweiz, USA, Brasilien, Südafrika und<br />
China an dem Programm teil.<br />
Unterstützung des Projekteams bei<br />
Vorbereitung und Durchführung<br />
Trotz aller Vorarbeit ist das erste gegenseitige<br />
Kennenlernen der Partnerfamilien<br />
entscheidend für die Durchführung des<br />
Austauschs. Erst nach diesem Schritt<br />
the Family“-Team ansprechbar: Verpasste<br />
Flüge, verloren gegangenes Gepäck und<br />
plötzliche Anfälle schweren Heimwehs<br />
werden routiniert und mit großer Hilfsbereitschaft<br />
behandelt.<br />
In der Zeit des Austauschs lernen die<br />
Teilnehmer das alltägliche Familienleben<br />
in einem anderen Land und Kulturkreis<br />
kennen. Freunde und Hobbys<br />
zu üben. Aus den Paarungen sind viele<br />
Freundschaften entstanden, die auch den<br />
Zeitraum des Austauschs überdauern.<br />
Berichte von Familien, die sich auch<br />
später gegenseitig besuchen, und „Meet<br />
the Family“-Absolventen, die auf eigene<br />
Kosten noch ein zweites und drittes Mal<br />
zu ihren Gastfamilien reisen, unterstreichen<br />
den nachhaltigen Erfolg dieser<br />
familienorientierten Maßnahme.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
71
HypoVereinsbank<br />
„Es gibt nichts Gutes,<br />
außer man tut es!“<br />
Viele Mitarbeiter der HypoVereinsbank setzen sich in ihrer Freizeit freiwillig für gemeinnützige<br />
Zwecke ein. Für das Gemeinwohl stellen sie großzügig Zeit, Geld und Wissen zur Verfügung.<br />
Ihr Engagement verleiht ihnen Energie, es fördert die Motivation und neue Ideen. Der gemeinschaftliche<br />
Einsatz für die Gesellschaft stärkt darüber hinaus das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
innerhalb der Bank, er festigt die lokalen Geschäftsbeziehungen und das Engagement<br />
an den regionalen Standorten. Freiwilliges Mitarbeiterengagement zu ermöglichen und<br />
mit bankeigenen Aktivitäten zu verknüpfen, ist kennzeichnend für die Corporate-Citizenship-<br />
Strategie der HypoVereinsbank.<br />
Von Stefan Löbbert<br />
Mitarbeiter für Nachhaltigkeit zu motivieren<br />
und ihr Mitwirken zu fördern,<br />
gehört zu den Kernaufgaben unternehmerischen<br />
Nachhaltigkeitsmanagements.<br />
Wird das Nachhaltigkeitsengagement<br />
eines Unternehmens von den Mitarbeitern<br />
nicht getragen, sind die langfristigen<br />
Erfolgsaussichten gering.<br />
Die Mitarbeiterprogramme der HypoVereinsbank<br />
setzen bewusst an der Schnittstelle<br />
zwischen Privatperson und Mitarbeiter<br />
an, mit dem Ziel, größtmögliche<br />
Weitere Informationen unter www.hvb.de/nachhaltigkeit<br />
72 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Arbeitsnormen<br />
Synergien zwischen dem privatem Engagement<br />
der Mitarbeiter, der Nachhaltigkeitsstrategie<br />
der HypoVereinsbank und der<br />
Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation<br />
herzustellen. „Wir für die Region“ heißt das<br />
Motto, das die Programme bündelt und<br />
gleichzeitig die Stoßrichtung vorgibt: Vor<br />
Ort, im konkreten Umfeld der jeweiligen<br />
Mitarbeiter, findet das Engagement statt.<br />
Wir für die Region<br />
Beim Employee Volunteering kooperieren<br />
HypoVereinsbank-Filialen dezentral mit<br />
sozialen Organisationen in ihrer jeweiligen<br />
Region. Die Filialmitarbeiter suchen<br />
sich selbst ein Kooperationsprojekt aus<br />
und engagieren sich gemeinschaftlich<br />
als Team. In Nürnberg beispielsweise<br />
verbindet die HypoVereinsbank seit 2009<br />
ihr regionales Bankgeschäft mit Spenden<br />
und dem ehrenamtlichen Engagement<br />
der Mitarbeiter. In Kooperation mit der<br />
„Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung<br />
Nürnberg e.V.“ setzen sich mittlerweile<br />
über 300 Mitarbeiter für Menschen<br />
mit Behinderung ein. Sie begleiten geistig<br />
oder körperlich eingeschränkte Personen<br />
bei Ausflügen, übernehmen Gartenarbeit<br />
in den Lebenshilfeheimen, geben Tanzkurse<br />
oder unterstützen die Organisation<br />
bei Messeauftritten. Seit 2010 bietet die<br />
Filiale Nürnberg fünf Menschen mit<br />
Handicap einen Arbeitsplatz. Im Tagungsservice<br />
sowie im Mitarbeitercafé<br />
übernehmen sie das Catering. Zusätzlich<br />
zur ehrenamtlichen Unterstützung erhält<br />
die Lebenshilfe Nürnberg regelmäßig<br />
finanzielle Förderung im Rahmen<br />
der Aktion Motiv-ec-Karten, bei der zwei<br />
Euro pro Karte an eine gemeinnützige<br />
Organisation gespendet werden.<br />
Hand in Hand mit unseren<br />
Mitarbeitern<br />
Beim Programm „Ehrensache!“ wird die ehrenamtliche<br />
Arbeit einzelner Mitarbeiter<br />
belohnt, bei zum Beispiel dem Malteser<br />
Hilfsdienst oder dem Deutschen Alpenverein.<br />
Als „Bonus“ gibt es Sonderurlaub von<br />
bis zu zwei Tagen und eine Geldspende<br />
an die betreffende Organisation. An dem<br />
Programm können alle Mitarbeiter, die<br />
sich mindestens 25 Stunden pro Jahr<br />
freiwillig ehrenamtlich engagieren, teilnehmen.<br />
Seit dem Start des Programms<br />
im Jahr 2009 wurden bereits 1.000 Urlaubstage<br />
genehmigt und 282.200 € an<br />
Spendengeldern überwiesen. So begleitet<br />
in München eine Mitarbeiterin seit 17<br />
Jahren einen behinderten Jungen und<br />
seine Familie im „Verein zur Betreuung<br />
und Integration behinderter Kinder und<br />
Jugendlicher“ (BiB e.V.). Seit Beginn des<br />
Programms „Ehrensache!“ hat sie 25 ihrer<br />
Kollegen dazu bewegt, sich ebenfalls für<br />
die Freizeitbetreuung behinderter Kinder<br />
und ihrer Geschwister zu engagieren.<br />
Echte Antworten – konkrete<br />
Maßnahmen<br />
Die jüngste Volunteering-Initiative, das<br />
HVB Jugendmentoring-Programm, ermutigt<br />
Mitarbeiter, sich als Mentoren für sozial<br />
benachteiligte Jugendliche einzusetzen.<br />
Die Jugendlichen erhalten wertvolle Unterstützung<br />
auf dem oft steinigen Weg<br />
ins Berufsleben – die Mitarbeiter wiederum<br />
erfahren, wie befriedigend es ist,<br />
sein Wissen weiterzugeben und konkret<br />
helfen zu können. Nebenbei schulen die<br />
Mitarbeiter auch noch Schlüsselkompetenzen<br />
wie Empathie, Konfliktmanagement<br />
und Motivationstechniken.<br />
Die HypoVereinsbank kooperiert dabei<br />
mit der Joblinge gAG, die die Mentoren<br />
auswählt, schult und begleitet und eine<br />
Vermittlungsquote von 60 bis 70 Prozent<br />
aller teilnehmenden Mentees aufweist.<br />
In München haben nach der Vorstellung<br />
des Programms Anfang <strong>2012</strong> spontan<br />
über 60 Mitarbeiter Interesse bekundet,<br />
von denen knapp 30 schon fest als Mentoren<br />
eingeplant sind. Auch in weiteren<br />
Städten sind Mentoring-Programme im<br />
Auf bau, und es haben sich bereits Interessenten<br />
gemeldet.<br />
Kleine Spenden mit großer Wirkung<br />
Unter dem Motto „Stimmt so!“, können<br />
Mitarbeiter seit Anfang des Jahres bei<br />
der Rest-Cent-Initiative jeden Monat den<br />
Nachkommabetrag ihres Nettogehalts an<br />
soziale Projekte für Kinder und Jugendliche<br />
in <strong>Deutschland</strong> spenden. Auf diese<br />
Weise kommt am Endes des Jahres eine<br />
beachtliche Summe zusammen, die von<br />
der UniCredit Foundation verdoppelt<br />
wird und an vier gemeinnützige Einrichtungen<br />
geht, die von den Mitarbeitern<br />
ausgewählt wurden. Die Rest-Cent-Initiative<br />
ging als Sieger einer hausinternen<br />
Ideenkampagne hervor und ist somit ein<br />
genuines Mitarbeiterprojekt.<br />
Bereits Tradition hat das Gift Matching-<br />
Programm bei der HypoVereinsbank.<br />
Jeder Mitarbeiter kann dabei die Verdoppelung<br />
privat getätigter Spenden an<br />
gemeinnützige Organisationen beantragen.<br />
Voraussetzung ist die Bildung einer<br />
Gruppe von fünfzehn oder mehr Personen,<br />
die zusammen an eine Organisation<br />
mindestens 1.000 € spenden. Durch die<br />
Pflicht zur gegenseitigen Vernetzung<br />
werden die „Herzensprojekte“ der Mitarbeiter<br />
im Haus bekannt gemacht und<br />
wird eine Plattform für das private Engagement<br />
der Mitarbeiter geschaffen, die<br />
den Ehrenämtlern nicht selten zu neuen<br />
tatkräftigen Unterstützern ihrer Projekte<br />
verhilft, auch über die reinen Spenden<br />
hinaus. Seit dem Start des Programms<br />
2007 sind auf diesem Weg über 740.000 €<br />
an Mitarbeiterspenden zusammengekommen,<br />
die jeweils von der UniCredit<br />
Foundation verdoppelt wurden.<br />
Zahlen und Fakten:<br />
Die Mitarbeiterprogramme<br />
der<br />
HypoVereinsbank<br />
• soziale Kooperationen an<br />
130 Standorten<br />
• 39.000 Stunden ehrenamtlicher<br />
Einsatz der Mitarbeiter<br />
• 305 Tage genehmigter Sonderurlaub<br />
für ehrenamtliches<br />
Engagement<br />
• Mitarbeiterspenden in Höhe<br />
von 220.000 €, die von<br />
der HypoVereinsbank und<br />
der UniCredit Foundation<br />
verdoppelt wurden<br />
• … allein im Jahr 2011<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
73
Miele<br />
Mitarbeiter fördern,<br />
Potenziale entdecken<br />
Es ist ein bekanntes Problem in den Unternehmen: Der Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft<br />
nimmt weiter zu. Schon heute verursachen nicht besetzte Stellen nach Berechnungen<br />
des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) etwa acht Milliarden Euro Wertschöpfungsverlust<br />
pro Jahr. Um seine Zukunftsfähigkeit zu sichern, legt das Gütersloher Familienunternehmen<br />
Miele daher besonderes Gewicht auf sorgfältige Auswahl und Qualifizierung seiner Mitarbeiter.<br />
Umfragen unter den knapp 17.000 Beschäftigten des Hausgeräteherstellers und aktuelle Statistiken<br />
belegen außerdem: Miele gilt als verantwortlicher Arbeitgeber mit einer einzigartigen<br />
Unternehmenskultur.<br />
Die mitarbeiterorientierte Kultur im<br />
Unternehmen geht auf die beiden Gründer<br />
Carl Miele und Reinhard Zinkann<br />
zurück, die beispielsweise schon 1909<br />
für ihre Beschäftigten eine Betriebskrankenkasse<br />
einrichteten. Ihre Vorstellungen<br />
von Wertschätzung und sozialer<br />
Teilhabe flossen gleichsam in die DNA<br />
des Unternehmens ein. Diese Grundhaltung<br />
ist heute die ideale Basis, um<br />
sich dem drohenden Fachkräftemangel<br />
zu stellen.<br />
Die langfristige Strategie des Unternehmens<br />
Miele beinhaltet drei zentrale<br />
Punkte:<br />
1. Individuelle Förderung von Fach- und<br />
Führungskräften unter besonderer<br />
Berücksichtigung von Vielfalt und<br />
Chancengleichheit bei Ausbau des<br />
Anteils weiblicher Führungskräfte<br />
2. Förderung des qualifizierten Nachwuchses,<br />
um junge Menschen an Miele<br />
zu binden und deren Potenziale zu<br />
nutzen<br />
3. Interne Weiterbildung mit dem Ziel,<br />
die Motivation und Leistungsfähigkeit<br />
einer älter werdenden Belegschaft zu<br />
sichern<br />
Führungsfrauen und weibliche<br />
Talente<br />
Der Frauenanteil innerhalb der Belegschaft<br />
in <strong>Deutschland</strong> ist bei Miele mit<br />
etwas über 23 Prozent seit einigen Jahren<br />
konstant. Die Zahl der weiblichen<br />
Führungskräfte hat sich dagegen seit<br />
2008 um 2,2 Punkte auf 8,1 Prozent<br />
gesteigert. Um an dieser Stelle aktuelle<br />
und zukünftige Potenziale noch besser<br />
nutzen zu können, beteiligt sich das<br />
Familienunternehmen unter anderem<br />
seit <strong>2012</strong> bereits zum dritten Mal an der<br />
Initiative Cross Mentoring OWL, die vom<br />
Land Nordrhein-Westfalen und der EU<br />
gefördert wird.<br />
Dieses Projekt richtet sich an Unternehmen<br />
aus der Privatwirtschaft. Grundlage<br />
ist das so genannte Cross Mentoring<br />
mit zwei beteiligten Frauen. Hierbei<br />
kommen Mentoren und Mentees aus<br />
unterschiedlichen Unternehmen zusammen,<br />
was auch kleineren und mittleren<br />
Betrieben die Teilnahme ermöglicht.<br />
In Tandem-Teams treffen sich jeweils<br />
eine junge Frau und eine erfahrene<br />
weibliche Führungskraft ein Jahr lang<br />
einmal pro Monat, um aktuelle Arbeitssituationen<br />
oder Fragen der Karrieregestaltung<br />
gemeinsam zu reflektieren. Die<br />
Zusammenarbeit hilft jungen Talenten,<br />
ihr Netzwerk zu erweitern und ihren<br />
Erwartungshorizont zu schärfen. Weil<br />
hierbei die Mentorin auch ihren eigenen<br />
Karriereweg Revue passieren lässt,<br />
profitieren beide Seiten.<br />
Ein besonderer Anreiz für die teilnehmenden<br />
„Potenzialträgerinnen“ ist die<br />
unkomplizierte Projektstruktur, die am<br />
individuellen Bedarf ausgerichtet ist und<br />
mehr vermitteln soll als formales Wissen<br />
und Methoden. Ein Rahmenprogramm<br />
bietet eine zusätzliche Plattform zum<br />
organisationsübergreifenden Austausch.<br />
Der Abgleich zwischen Erwartungshaltung<br />
und gemachten Erfahrungen<br />
schließt das Programm ab. Miele engagiert<br />
sich seit 2007 in dem Programm und<br />
ist <strong>2012</strong> mit jeweils zwei Mentorinnen<br />
und Mentees beteiligt – 2010 sowie<br />
2011 konnte aufgrund des Wechsels der<br />
NRW-Landesregierung kein Programm<br />
angeboten werden.<br />
Produktivität der Mitarbeiter<br />
langfristig sichern<br />
Auch Personalentwicklung und Weiterbildung<br />
sind zentrale Bestandteile der<br />
Personalpolitik bei Miele. Sie sichern die<br />
74 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Arbeitsnormen<br />
Miele: Verantwortung<br />
beim Mitarbeiter-<br />
Management<br />
• 16.716 Mitarbeiter (davon<br />
10.327 in <strong>Deutschland</strong>)<br />
• 496 Auszubildende (davon<br />
101 in dualen Studiengängen)<br />
• 23,2 Prozent Frauenanteil in<br />
der deutschen Belegschaft<br />
(Anteil der Frauen in Führungspositionen:<br />
8,1 Prozent)<br />
• Durchschnittsalter der Miele-<br />
Mitarbeiter: 46,1 Jahre<br />
• Weiterbildung pro Mitarbeiter:<br />
8,4 Stunden im Jahr<br />
• Fluktuationsrate in<br />
<strong>Deutschland</strong>: etwa 1 Prozent<br />
Leistungsfähigkeit des Unternehmens,<br />
fördern Innovationen und unterstützen<br />
die Beschäftigungsfähigkeit einer im<br />
Durchschnitt älter werdenden Belegschaft.<br />
Auf den Säulen interne, externe<br />
und offene Weiterbildung haben die<br />
Gütersloher ein System entwickelt, das<br />
eine große Anzahl an Themengebieten<br />
abdeckt – von konkreten Arbeitsmethoden<br />
über Persönlichkeitsentwicklung<br />
bis hin zum Fahrsicherheitstraining.<br />
Ergänzend bietet Miele den Mitarbeitern<br />
die Möglichkeit der persönlichen<br />
Weiterbildung durch anerkannte berufsbegleitende<br />
Fortbildungen oder Studiengänge.<br />
Auf diesem Weg soll vor allem<br />
das Konzept vom lebenslangen Lernen<br />
unterstützt werden. Das spiegelt sich<br />
auch im hohen Anteil der über 50-jährigen<br />
Arbeitnehmer wider: Dieser stieg<br />
in <strong>Deutschland</strong> von 23,5 Prozent im<br />
Jahr 2007 auf nunmehr 32 Prozent an.<br />
Zur Sicherstellung des eigenen Anspruchs<br />
führt Miele jedes Jahr Mitarbeitergespräche<br />
durch, bei denen sowohl Führungskräfte<br />
als auch Mitarbeiter ihre Erwartungen<br />
und Wünsche äußern können.<br />
Gemeinsam werden Umsetzungsmöglichkeiten<br />
diskutiert und die gewünschten<br />
Wege abschließend mit der Personalentwicklung<br />
abgestimmt. Im Durchschnitt<br />
verbrachte jeder Miele-Mitarbeiter im<br />
vergangenen Jahr acht bis neun Stunden<br />
bei Weiterbildungsmaßnahmen.<br />
Master@Miele<br />
Um sich potenziellen Neuzugängen als<br />
interessanter Arbeitgeber zu präsentieren,<br />
unterstützt Miele darüber hinaus<br />
verschiedene Studiengänge. Etwa mit<br />
dem „Master@Miele-Programm“: Hier<br />
erhalten interessierte Bachelor-Absolventen<br />
die Chance, parallel zum Master-Studium<br />
das Unternehmen kennenzulernen,<br />
und sich mit neuen Kolleginnen und<br />
Kollegen innerhalb des Unternehmens<br />
zu vernetzen. Studienbegleitend arbeiten<br />
die Masterstudenten aus den Bereichen<br />
Maschinenbau und Elektrotechnik direkt<br />
in den technischen Fachbereichen<br />
oder engagieren sich bei konkreten Projekten.<br />
Die Ausbildungsunterstützung<br />
endet aber nicht mit der Vermittlung<br />
von Praxiswissen. So bekommen alle<br />
teilnehmenden Masterstudenten die<br />
Gelegenheit, sich auch fächerübergreifend<br />
zu qualifizieren. Diese Maßnahmen<br />
beinhalten unter anderen Themen aus<br />
den Bereichen Betriebswirtschaft, Kommunikation<br />
und Arbeitsorganisation.<br />
Für ein aktives Unternehmen bietet dieses<br />
Vorgehen verschiedene Vorteile: Es<br />
kann sich als engagierter Arbeitgeber<br />
präsentieren und erhält motivierte Mitarbeiter,<br />
die sich des Anforderungsprofils<br />
am Arbeitsplatz bewusst sind. Gerade in<br />
Zeiten, in denen der demografische Wandel<br />
die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern<br />
zunehmend zur Herausforderung<br />
macht, können Unternehmen, die sich<br />
bereits im Bildungssektor positionieren,<br />
ihre zukünftigen Angestellten zielgenau<br />
abholen. Miele sieht sich an dieser Stelle<br />
bereits heute auf einem guten Weg und<br />
unterstützt 100 Auszubildende in dualen<br />
Studiengängen.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
75
WEIDMÜLLER<br />
Alt und Jung verbinden:<br />
Die beste Team-Lösung<br />
Von Dominique Alhäuser<br />
Für das Familienunternehmen Weidmüller ist die Förderung sowohl von Nachwuchs als auch<br />
von erfahrenen Arbeitnehmern gelebte Nachhaltigkeit, die den Folgen des demographischen<br />
Wandels entgegenwirkt.<br />
Laut Schätzungen der UNO leben 2050 auf<br />
der Welt über 9 Milliarden Menschen. Davon<br />
werden 22 Prozent über 60 Jahre alt sein. Dieser<br />
Veränderung unserer Altersstruktur muss<br />
auch im wirtschaftlichen Umfeld Rechnung<br />
getragen werden. Die Arbeitskraft und die<br />
Arbeitslust älterer Mitarbeiter muss erhalten<br />
und die Potenziale der heranwachsenden<br />
Generationen gefördert und voll ausgeschöpft<br />
werden. Das mittelständische Familienunternehmen<br />
Weidmüller engagiert sich deshalb<br />
konsequent und strukturiert mit einer eigenen<br />
Akademie für die Nachwuchskräfte von<br />
morgen und bietet gleichzeitig für ältere<br />
Arbeitnehmer spezielle Work-Life-Balance-<br />
Programme an.<br />
Jung oder alt? Für das Familienunternehmen<br />
Weidmüller keine Frage. „Wir<br />
müssen unsere älteren Arbeitnehmer<br />
dabei unterstützen, gesund und mit<br />
Spaß zu arbeiten, und die jungen dabei,<br />
ihren Weg im Leben zu finden und<br />
ihre Potenziale auszuschöpfen“, erklärt<br />
Vorstandssprecher Dr. Peter Köhler. In<br />
seinen Augen ist es nicht nur ethisch<br />
verwerflich, Kollegen über 50 Jahre zum<br />
alten Eisen zu zählen, sondern angesichts<br />
der demografischen Entwicklung<br />
auch unternehmerisch unklug. Ältere<br />
Kollegen bringen einen umfangreichen<br />
Erfahrungsschatz in den täglichen Arbeitsprozess<br />
ein, der im Zusammenspiel<br />
mit den aktuellen Qualifikationen jüngerer<br />
Mitarbeiter die perfekte Mischung<br />
für ein auf Innovation und Präzision<br />
ausgerichtetes Unternehmen bildet.<br />
Bereits seit 2003 unterhält das Unternehmen<br />
mit Stammsitz in Detmold eine<br />
eigene Akademie. „Unter dem Dach der<br />
Weidmüller Akademie haben wir die<br />
internationalen Aktivitäten zur Qualifizierung,<br />
zum Wissensauf bau im Unternehmen<br />
und zum Wissenstransfer<br />
mit externen Instituten, Universitäten<br />
und Partnern vereint“, erklärt Köhler.<br />
Seit 2011 hat die Akademie auch einen<br />
Ableger in Shanghai und setzt sich dort<br />
beispielsweise dafür ein, dass das Erfolgsmodell<br />
„Duales Studium“ auch in<br />
Asien Fuß fasst. Außerdem kooperiert<br />
die Akademie mit renommierten Hochschulen<br />
in <strong>Deutschland</strong>, Asien und der<br />
Für Dr. Peter Köhler, Vorstandssprecher, ist<br />
die Förderung der Mitarbeiter ein ausschlaggebender<br />
Erfolgsfaktor.<br />
ganzen Welt, beispielsweise mit dem<br />
Centrum Industrial IT in <strong>Deutschland</strong><br />
oder der Shanghai Jiaotong University,<br />
um Forschung zu fördern.<br />
Besonders am Herzen liegt es dem Unternehmen,<br />
nicht erst die Berufsanfänger<br />
zu erreichen, sondern schon früher, bei<br />
fundierter Bildung und der richtigen<br />
Berufswahl, zu unterstützen. Über 3.000<br />
Schüler auf der ganzen Welt schnuppern<br />
bei Weidmüller jedes Jahr die erste „Berufsluft“.<br />
2011 wurde das Unternehmen<br />
für sein Konzept zur Berufsorientierung,<br />
das Schülerinnen und Schüler ab der<br />
siebten Klasse durchgängig begleitet,<br />
mit dem Hermann-Schmidt-Preis ausgezeichnet.<br />
„Wir nutzen die kindliche<br />
Neugierde und Begeisterungsfähigkeit,<br />
um Jugendliche spielerisch an Themen<br />
wie Mathematik, Naturwissenschaften<br />
oder Technik heranzuführen“, erklärt<br />
Personalchef Dr. Jürgen Ober. „Aktuell<br />
gibt es in <strong>Deutschland</strong> rund 98.000 offene<br />
Stellen für Ingenieure, wie der Verein<br />
Deutscher Ingenieure mitteilt – und in<br />
Zukunft werden hierzulande noch mehr<br />
Ingenieure gebraucht. In Bildung zu<br />
investieren, ist für Weidmüller deshalb<br />
gelebte Nachhaltigkeit“, ergänzt Köhler.<br />
Auch beim Berufseinstieg bemüht sich<br />
Weidmüller darum, mit einem vielfältigen<br />
Angebot den richtigen Weg für jeden<br />
Kandidaten zu bieten. Seit über 60 Jahren<br />
ist Weidmüller Ausbildungsbetrieb<br />
und begleitet weltweit jedes Jahr über<br />
76 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Arbeitsnormen<br />
200 Auszubildende und Nachwuchskräfte<br />
in das Berufsleben. Neben der<br />
klassischen Ausbildung in insgesamt<br />
zehn Berufen im technischen oder kaufmännischen<br />
Bereich bieten duales Studium<br />
oder Trainee-Programm weitere<br />
attraktive Möglichkeiten für den idealen<br />
Einstieg in den Wunschberuf. Im Ausbildungsplan<br />
der 18-monatigen Trainee-<br />
Programme sind Auslandsaufenthalte<br />
mit einer Dauer von drei Monaten in<br />
einer der weltweiten Weidmüller Dependancen<br />
fester Bestandteil. Zudem gibt<br />
es integrierte „Mentorenprogramme“:<br />
Führungskräfte stehen dem Nachwuchs<br />
als direkte Ansprechpartner zur Verfügung<br />
und sind bei der Karriereplanung<br />
behilflich. Der direkte Austausch fördert<br />
auch die Dialogkultur im Unternehmen.<br />
„Für die Arbeitnehmer von heute – egal<br />
ob Einsteiger oder mit Berufserfahrung<br />
– müssen neben dem Lohn die<br />
weichen Faktoren stimmen: Eine motivierende<br />
Unternehmenskultur zählt<br />
ebenso dazu wie eine produktive Arbeitsatmosphäre“,<br />
so Ober. Diese wird<br />
zum einen durch eine wertschätzende<br />
Führungskultur und umgängliche Kollegen,<br />
zum anderen aber auch durch<br />
zusätzliche Anreize wie individuelle<br />
Weiterbildungsmöglichkeiten oder gemeinsame<br />
Sport- und Freizeitaktivitäten<br />
positiv geprägt.<br />
Aktuell wurden gezielt Maßnahmen entwickelt,<br />
um auf die Bedürfnisse älterer<br />
Arbeitnehmer einzugehen. Altersgerechte<br />
Angebote sollen Arbeitsleistung, Arbeitsfähigkeit<br />
und nicht zuletzt die Motivation<br />
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
ab 57+ insbesondere in den letzten Jahren<br />
vor Eintritt in die gesetzliche Rente<br />
erhalten. Beispielsweise können ältere<br />
Mitarbeiter ihre Arbeitszeit reduzieren<br />
und eine Teilzeitvereinbarung eingehen,<br />
mit der sie im regelmäßigen Wechsel<br />
jeweils eine Fünf- und eine Vier-Tage-<br />
Woche arbeiten. Ebenfalls ab dem Alter<br />
von 57 haben Mitarbeiter Anspruch auf<br />
zwei zusätzliche Tage Sonderurlaub.<br />
Mit steigendem Alter wächst auch die<br />
Anzahl der zusätzlichen Urlaubstage –<br />
bis zu 36 Tage Sonderurlaub können<br />
so entstehen. Auch längere Auszeiten<br />
sind möglich: So können Mitarbeiter<br />
drei Monate in einem Teilzeitvertrag<br />
voll arbeiten, um dann drei Monate<br />
freigestellt zu werden.<br />
Für die Gesundheit der älteren Mitarbeiter<br />
werden zusätzliche Maßnahmen<br />
angeboten. Dazu zählen neben einem<br />
allgemeinen Gesundheitscheck beim<br />
Arzt ein jährlicher Seh- und Hörtest<br />
oder auch ein Zuschuss für ein Hörgerät.<br />
Ehe- bzw. Lebenspartner können in die<br />
individuelle Gestaltung von speziellen<br />
Gesundheitsprogrammen mit einbezogen<br />
werden: Beispielsweise über einen<br />
Zuschuss für einen Urlaubsaufenthalt<br />
in einer Kurklinik oder gemeinsame<br />
Kochkurse für gesundes Essen.<br />
Die innovativen Aktivitäten stoßen nicht<br />
nur bei den Mitarbeitern auf begeistertes<br />
Interesse, sie wirken auch extern<br />
dem Eindruck entgegen, Alter wäre ein<br />
Makel, der ausgeglichen werden müsse.<br />
Vielmehr ist das Programm Ausdruck der<br />
besonderen Wertschätzung für ältere<br />
Arbeitnehmer und deren für das Unternehmen<br />
enorm wertvollen Qualifikationen.<br />
Köhler betont: „Der Unterschied<br />
zwischen einem guten und einem sehr<br />
guten Unternehmen sind die Mitarbeiter<br />
– die jungen und die erfahrenen,<br />
zusammen im Team.“<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
77
Best Practice<br />
UMWELTSCHUTZ<br />
Prinzip 7: Unternehmen sollen im Umgang mit Umweltproblemen<br />
einen vorsorgenden Ansatz unterstützen,<br />
Prinzip 9: die Entwicklung und Verbreitung<br />
umweltfreundlicher Technologien fördern.<br />
Prinzip 8: Initiativen ergreifen, um ein größeres Verantwortungsbewusstsein<br />
für die Umwelt zu erzeugen und<br />
78 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong> 2011
Best Practice<br />
Umweltschutz<br />
Audi<br />
BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />
Deutsche Post DHL<br />
Evonik<br />
HSE<br />
LAROSÉ<br />
Merck<br />
RWE<br />
Deutsche Telekom<br />
VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken<br />
Korruptionsbekämpfung<br />
Prinzip 10: Unternehmen sollen gegen alle Arten der Korruption<br />
eintreten, einschließlich Erpressung und Bestechung.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong> 2011<br />
79
Audi<br />
Audi future energies –<br />
Ökonomie und Ökologie<br />
im Einklang<br />
Audi strebt in der Automobilindustrie eine führende Rolle beim nachhaltigen Umgang mit allen<br />
Ressourcen an – ein großes Ziel dabei ist ganzheitliche CO 2<br />
-neutrale Mobilität.<br />
Von Dr. Peter F. Tropschuh und Elise Pham<br />
Um dieses Ziel zu erreichen, richtet<br />
Audi den Blick weit über das hinaus,<br />
was als Emission aus der Abgasanlage<br />
herauskommt. Neben der reinen Nutzungsphase<br />
betrachtet das Unternehmen<br />
auch die Fahrzeugherstellung und das<br />
Recycling sowie die Kraftstoffvorkette,<br />
die zunehmend an Bedeutung gewinnt.<br />
Der Betrieb elektrisch angetriebener<br />
Autos wie der Audi e-tron-Modelle entlastet<br />
nur dann die Umwelt, wenn der<br />
Strom, den sie nutzen, aus regenerativer<br />
Energie kommt.<br />
Aber auch bei anderen Antriebskonzepten<br />
liegt bei der Vorkette der Energieträger<br />
ein wichtiger Schlüssel zu echter<br />
Nachhaltigkeit. Daher bringt sich Audi<br />
als erster Automobilhersteller weltweit<br />
selbst in die Entwicklung und Produktion<br />
erneuerbarer Kraftstoffe ein, die ohne<br />
Biomasse auskommen. Audi hat dabei<br />
das ganze Spektrum der Antriebstechnologie<br />
im Blick – die zukünftigen<br />
Energieträger heißen Audi e-gas, Audi<br />
e-hydrogen, Audi e-power, Audi e-ethanol<br />
und Audi e-diesel.<br />
regenerativer Strom, zum Beispiel aus<br />
Wind- oder Sonnenenergie. Die Anlage<br />
mit ihrer Aufnahmeleistung von rund<br />
6.000 kW wird vor allem dann Windstrom<br />
beziehen, wenn ein Überangebot<br />
vorliegt.<br />
In der Anlage wird der erneuerbare<br />
Strom in einem ersten Schritt mittels<br />
Elektrolyse in Wasserstoff (Audi e-hydrogen)<br />
umgewandelt, den Treibstoff<br />
für künftige Brennstoffzellenautos wie<br />
den Audi Q5 HFC. Derzeit allerdings<br />
existiert die notwendige Wasserstoff-<br />
Versorgungsinfrastruktur noch nicht.<br />
Audi löst dieses Problem durch einen<br />
weiteren innovativen Verfahrensschritt.<br />
Stromnetz<br />
Die Windenergie wird in<br />
das öffentliche Stromnetz<br />
eingespeist.<br />
Durch Kombination des Wasserstoffs<br />
mit CO 2<br />
entsteht in der Methanisierungsanlage,<br />
die der Elektrolyse nachgeschaltet<br />
ist, synthetisches erneuerbares<br />
Erdgas – das Audi e-gas. Es lässt sich<br />
vor Ort in das Erdgasnetz einspeisen<br />
Gasnetz<br />
Das e-gas wird im öffentlichen<br />
Gasnetz gespeichert und kann so<br />
auch Haushalte und Industrie mit<br />
Energie aus erneuerbaren Quellen<br />
versorgen.<br />
Audi e-gas<br />
Der erste Schritt ist das Audi e-gas project,<br />
in dem Audi eine ganze Kette nachhaltiger<br />
Energieträger aufbaut. Derzeit errichtet<br />
das Unternehmen im norddeutschen<br />
Werlte die weltweit erste sogenannte<br />
Power-to-Gas-Anlage im industriellen<br />
Maßstab, die aus CO 2<br />
und erneuerbarem<br />
Strom einspeisefähiges, synthetisches<br />
Erdgas generiert. Zu ihrem Betrieb dient<br />
Windenergie<br />
Ausgangspunkt für<br />
das Audi e-gas project ist<br />
regenerativ erzeugter Strom.<br />
Elektrolyse<br />
Die mit Windstrom betriebene<br />
Elektrolyse-Anlage spaltet Wasser<br />
in Sauerstoff und Wasserstoff.<br />
CO 2<br />
Methanisierung<br />
Der Wasserstoff reagiert in einer<br />
Methanisierungsanlage mit Kohlendioxid.<br />
Ergebnis: e-gas (künstliches Erdgas)<br />
CNG-Tankstelle<br />
Der steigende Anteil an<br />
e-gas fördert klimafreundliche Langstreckenmobilität.<br />
80 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Umweltschutz<br />
und dort speichern. Das CO 2<br />
stammt<br />
aus einer bestehenden Biogasanlage, die<br />
aus organischen Abfällen Biomethan<br />
herstellt, gleichzeitig aber auch CO 2<br />
emittiert. Die Audi e-gas-Anlage bindet<br />
das CO 2<br />
in den Treibstoff ein. Somit<br />
ist das Audi e-gas ein klimaneutraler<br />
Treibstoff – bei der Verbrennung im<br />
Motor wird genau die Menge CO 2<br />
frei,<br />
die vorher in der e-gas-Anlage gebunden<br />
wurde. Von 2013 an wird die Anlage<br />
in Werlte voraussichtlich etwa 1.000<br />
Tonnen Methan pro Jahr produzieren<br />
und dabei 2.800 Tonnen CO 2<br />
binden.<br />
Mit dem regenerativ erzeugten Audi<br />
e-gas können 1.500 Audi A3 Sportback<br />
TCNG jeweils 15.000 Kilometer pro Jahr<br />
CO 2<br />
-neutral fahren.<br />
Auch die deutsche Energiewirtschaft<br />
könnte mittelfristig vom Konzept des<br />
Audi e-gas project profitieren, denn es<br />
beantwortet die offene Frage, wie sich<br />
umweltverträglich produzierter Strom<br />
auch über Wochen und Monate speichern<br />
lässt. Dieses einzigartige Potenzial<br />
der Strom-Gas-Kopplung, Wind- oder<br />
auch Solarenergie in großen Mengen<br />
zu speichern, kann dem weiteren Ausbau<br />
der erneuerbaren Energien starke<br />
Impulse verleihen.<br />
Unter dem Oberbegriff Audi e-power<br />
engagiert sich Audi in Initiativen, die sich<br />
mit der Produktion sauberer elektrischer<br />
Energie beschäftigen. Im April 2010 ist<br />
Audi dem internationalen Konsortium<br />
Desertec Industrie Initiative (Dii GmbH)<br />
beigetreten. Dessen langfristiges Ziel besteht<br />
darin, in den Wüsten Nordafrikas<br />
und des Nahen Ostens klimafreundliche<br />
Solarenergie zu erzeugen.<br />
Audi e-ethanol und Audi e-diesel<br />
Das Problem ist altbekannt, aber noch<br />
immer ungelöst: Die Verbrennung herkömmlicher<br />
Kraftstoffe aus Mineralöl<br />
belastet die Atmosphäre durch die Freisetzung<br />
von Kohlendioxid. Ethanol und<br />
Diesel aus nachwachsenden Rohstoffen<br />
wie Mais und Raps erzielen in der Regel<br />
eine bessere Umweltbilanz. Aber sie<br />
stehen in Konkurrenz zum Anbau von<br />
Nahrungsmitteln – langfristig können<br />
sie in einer Welt, deren Bevölkerung immer<br />
schneller wächst, keine Lösung sein.<br />
Die flüssigen Kraftstoffe für die CO 2<br />
-neutrale<br />
Mobilität der Zukunft erfordern einen<br />
radikal neuen Ansatz – Audi entwickelt<br />
ihn im Rahmen einer Kooperation mit<br />
dem US-amerikanischen Unternehmen<br />
Joule Unlimited. Die 2007 gegründete<br />
Biotechnologiefirma arbeitet daran, synthetische<br />
Kraftstoffe mithilfe spezieller<br />
Mikroorganismen zu produzieren – Audi<br />
e-diesel und Audi e-ethanol.<br />
Erforderlich dafür sind Wasser, CO 2<br />
, Sonnenenergie<br />
und spezielle Mikroorganismen,<br />
Einzeller von wenigen tausendstel<br />
Millimeter Größe. Ebenso wie Pflanzen<br />
betreiben diese Organismen die so genannte<br />
oxygene Photosynthese. Die Experten<br />
von Joule Unlimited haben diesen<br />
Photosyntheseprozess so verändert, dass<br />
die Mikroorganismen aus dem Kohlendioxid<br />
direkt Ethanol oder langkettige<br />
Alkane – wichtige Bestandteile von<br />
Dieselkraftstoff – herstellen. Von den<br />
Organismen ausgestoßen, werden die<br />
Kraftstoffe vom Wasser abgetrennt und<br />
gereinigt. Audi e-ethanol, das heute<br />
schon in einer Pilotanlage hergestellt<br />
wird, hat dieselben chemischen Eigenschaften<br />
wie das bereits am Markt etablierte<br />
Bioethanol – mit dem entscheidenden<br />
Vorteil, dass es ohne Biomasse<br />
produziert wird. Es kann als Beimischung<br />
zu fossilem Benzin oder als Grundlage<br />
für E85-Kraftstoff dienen.<br />
Neben der Entwicklung von Audi<br />
e-ethanol arbeitet die Marke mit den<br />
Vier Ringen gemeinsam mit Joule Unlimited<br />
daran, synthetischen Dieselkraftstoff,<br />
Audi e-diesel, herzustellen. Eine große<br />
Stärke des neuen Kraftstoffs wird seine<br />
Reinheit sein. Er ist schwefel- und aromatenfrei<br />
– im Gegensatz zu Mineralöldiesel,<br />
der ein Gemisch aus verschiedensten<br />
Kohlenwasserstoffverbindungen bildet.<br />
Aufgrund seiner hohen Cetanzahl ist<br />
der Zukunftskraftstoff sehr zündwillig,<br />
seine chemische Beschaffenheit ermöglicht<br />
eine unbegrenzte Zumischung zum<br />
fossilen Diesel. Joule Unlimited und Audi<br />
befinden sich in der Bauphase einer<br />
Demonstrationsanlage im Bundesstaat<br />
New Mexico – in einer unfruchtbaren<br />
Region mit hoher Sonneneinstrahlung.<br />
In transparenten Kunststoffschläuchen<br />
wird ab Ende <strong>2012</strong> zum ersten Mal Audi<br />
e-ethanol produziert, Audi e-diesel folgt<br />
voraussichtlich Ende 2013. Schon die<br />
Demonstrationsanlage macht die entscheidenden<br />
Vorteile gegenüber Bioethanol<br />
deutlich: Der Flächenertrag ist nach<br />
heutigen Prognosen um mindestens den<br />
Faktor 10 höher; zudem lassen sich für<br />
die Energieproduktion Flächen nutzen,<br />
die für die Landwirtschaft ungeeignet<br />
sind, zum Beispiel Wüstenregionen. Die<br />
kommerzielle Produktion der neuen<br />
Kraftstoffe könnte innerhalb der nächsten<br />
fünf Jahre starten.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
81
BSH Bosch und Siemens Hausgeräte<br />
Ressourceneffizienz als<br />
Gemeinschaftsprojekt<br />
Umfassender Umweltschutz auf allen Stufen der Wertschöpfungskette gehört für die BSH<br />
Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH (BSH) zu den Grundlagen ihrer unternehmerischen<br />
Verantwortung. Den Anforderungen des Klimaschutzes begegnet Europas führender Hausgerätehersteller<br />
nicht nur mit der Entwicklung und Produktion supereffizienter Hausgeräte,<br />
sondern auch durch die systematische Senkung des Ressourcenverbrauchs in Produktion<br />
und Verwaltung. Dazu hat der Konzern das Programm „Ressourceneffizienz 2015“ gestartet,<br />
mit dem der Ressourcenverbrauch bis 2015 um 25 Prozent im Vergleich zu 2009 gesenkt<br />
werden soll. Ein weltweites Expertennetzwerk sorgt für den Wissenstransfer zwischen den<br />
BSH-Standorten, sogenannte Resource Officer kümmern sich um die Umsetzung vor Ort.<br />
Brigitte Furth ist Spezialistin für Spritzgusstechnik<br />
am BSH-Standort Giengen<br />
und Mitglied des weltweiten Netzwerks<br />
von internen und externen Experten,<br />
das zur Umsetzung des Programms „Ressourceneffizienz<br />
2015“ gegründet wurde.<br />
Gemeinsam mit ihren Kollegen arbeitet<br />
sie strategisch an der Steigerung der Ressourceneffizienz<br />
bei Spritzgussverfahren.<br />
Dazu haben sie Checklisten mit vielen<br />
kleinen Maßnahmen erstellt, die in der<br />
Summe deutliche Einsparungen bewirken.<br />
„Basis dafür waren Workshops, in<br />
denen wir alle Ideen zusammengetragen<br />
haben, wie wir bei der Herstellung von<br />
Kunststoffteilen im Spritzgussverfahren<br />
den Verbrauch von Energie und Rohstoffen<br />
reduzieren können“, so Furth.<br />
Diese Checklisten und gesammelten<br />
Erfahrungen stehen künftig allen BSH-<br />
Standorten zur Verfügung. Damit der<br />
Wissensaustausch standortübergreifend<br />
funktioniert, wird das Projekt zentral<br />
gesteuert. An den Standorten selbst<br />
sind es die sogenannten Resource Officer,<br />
die für die Erreichung der Reduktionsziele<br />
beim Einsatz von Energie<br />
und Ressourcen verantwortlich sind.<br />
Durch die konzernweit bereitgestellten<br />
Checklisten können sie auf einen großen<br />
Erfahrungsschatz zurückgreifen und<br />
ihre bei der Anwendung gewonnenen<br />
Erkenntnisse anderen Standorten zur<br />
Verfügung stellen.<br />
Fünf Bausteine der Ressourceneffizienz<br />
Welche Maßnahmen konkret an den<br />
einzelnen Standorten umgesetzt werden,<br />
entscheiden die Resource Officer selbst.<br />
Verpflichtend sind jedoch die konzernweiten<br />
Zielvorgaben – also auch die<br />
Senkung des spezifischen Verbrauchs der<br />
nicht-produktbezogenen Ressourcen um<br />
25 Prozent bis 2015. Dazu gehören alle<br />
Energieformen, Wasser und Betriebsstoffe<br />
wie Öle, Fette und Chemikalien sowie<br />
Feststoffe von Papier über Kunststoffe<br />
bis zu Metallen. Zur Umsetzung des Programms<br />
haben die Spezialisten zunächst<br />
die wichtigsten Bausteine definiert und<br />
die Prozesse mit dem höchsten Ressourcenverbrauch<br />
analysiert. Anschließend<br />
entwickelten und erprobten sie für die<br />
größten „Ressourcenfresser“ Konzepte<br />
zur energetischen Optimierung und zur<br />
Reduktion des Verbrauchs. Die daraus<br />
entstandenen Prozessleitfäden kommen<br />
nun an allen BSH-Standorten zum Einsatz.<br />
Ein weiterer wichtiger Baustein beinhaltet<br />
die Erfassung, Aufbereitung und<br />
Überwachung von Energiekennzahlen<br />
sowie die Entwicklung eines Ressourcenmonitorings.<br />
Außerdem gibt es Kennzahlen,<br />
die Einfluss bei Gebäuden und<br />
Gebäudesanierungen auf den zukünftigen<br />
Ressourcenverbrauch haben – denn<br />
auch hier spielt der Umweltschutz eine<br />
wichtige Rolle. So wurde zum Beispiel<br />
der neue Hauptsitz der niederländischen<br />
BSH-Tochtergesellschaft in Amsterdam<br />
nach dem sogenannten Cradle-to-Cradle-<br />
Konzept errichtet. Es verfolgt das Ziel<br />
von geschlossenen technischen oder<br />
biologischen Kreisläufen für Werkstoffe,<br />
Energie, Wasser und Abfall – also<br />
die Wiederverwendung aller genutzten<br />
Materialien.<br />
Einbindung und Motivation der<br />
Mitarbeiter<br />
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das<br />
ehrgeizige Ressourceneffizienzprogramm<br />
sind die Mitarbeiter. Verschiedene Kommunikationsmittel<br />
informieren über<br />
den effizienten Umgang mit Ressourcen<br />
am Arbeitsplatz. Die Mitarbeiter werden<br />
82 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Umweltschutz<br />
BSH Standort Traunreut<br />
aber auch aufgefordert, selbst Ideen zur<br />
Verbesserung der Ressourcenschonung<br />
einzubringen. Im Rahmen eines Best<br />
Practice Awards werden diese systematisch<br />
erfasst und die besten Vorschläge<br />
ausgezeichnet.<br />
Standort Traunreut als Vorreiter<br />
Vorreiter unter den BSH-Standorten in<br />
Sachen Ressourceneffizienz ist die Herdefabrik<br />
im oberbayerischen Traunreut.<br />
Diese hatte sich mit der 2009 eingeführten<br />
„Energie-Effizienz-Initiative Traunreut“<br />
zum Ziel gesetzt, den Energie- und<br />
Ressourcenverbrauch innerhalb von<br />
fünf Jahren um mindestens 25 Prozent<br />
zu senken. Mithilfe von Maßnahmen in<br />
der Anlagen- und Gebäudeoptimierung<br />
sowie der Sensibilisierung und Schulung<br />
der Mitarbeiter konnten seit 2009 bereits<br />
knapp zehn Millionen Kilowattstunden<br />
Strom – das entspricht ungefähr dem<br />
Jahresstromverbrauch einer Gemeinde<br />
mit 2.500 Einwohnern – eingespart<br />
werden. Über 170 Einzelmaßnahmen<br />
wurden bisher umgesetzt. Im Oktober<br />
<strong>2012</strong> erhielt die Fabrik den Bayerischen<br />
Energiepreis. Mit dieser Auszeichnung<br />
würdigt das bayerische Wirtschaftsministerium<br />
innovative Lösungen zum verantwortungsvollen<br />
Umgang mit Energie.<br />
Umweltschutz mit Tradition<br />
Umweltschutz ist für Europas führenden<br />
Hausgerätehersteller aber kein Modetrend<br />
sondern hat im Konzern seit<br />
vielen Jahren Tradition. Bereits Anfang<br />
der 1990er Jahre hat die BSH ein konzernweites<br />
Umweltmanagementsystem<br />
implementiert. Der Energie- und Wasserverbrauch<br />
in den Fertigungsprozessen<br />
konnte im Laufe der vergangenen Jahre<br />
sukzessive reduziert werden: Durch<br />
zahlreiche Einzelmaßnahmen in den<br />
Fabriken, insbesondere jedoch durch<br />
die gesteigerte Produktivität, ließ sich<br />
der spezifische Energie- und Wasserverbrauch<br />
2011 weltweit um zehn Prozent<br />
gegenüber dem Vorjahr senken.<br />
Anfang <strong>2012</strong> erhielt das Unternehmen<br />
für sein Engagement im Sinne des Klimaschutzes<br />
die Auszeichnung als „Klimaschutzunternehmen<br />
<strong>Deutschland</strong>“ von<br />
der Bundesregierung und dem Deutschen<br />
Industrie- und Handelskammertag. Die<br />
BSH habe Energieeffizienzmaßnahmen<br />
von herausragender Innovationskraft<br />
umgesetzt und trage durch ihre Produkte<br />
in besonderer Weise zum Klimaschutz<br />
bei, so die Begründung der Jury.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
83
Deutsche Post DHL<br />
GoGreen: Das Umweltschutz-Programm<br />
von<br />
Deutsche Post DHL<br />
Als global agierender Logistikdienstleister bewegen wir Güter und Informationen auf der ganzen<br />
Welt und sind dadurch ein bedeutender Motor für die globale Vernetzung. Im Rahmen unseres<br />
Umweltschutzprogramms GoGreen konzentrieren wir uns vor allem darauf, die größte Auswirkung<br />
unserer Geschäftstätigkeit auf die Umwelt, die CO 2<br />
-Emissionen, zu verringern. Wir sind uns<br />
daneben auch der weiteren Umwelteinflüsse unserer geschäftlichen Aktivitäten bewusst und<br />
gehen mit den natürlichen Ressourcen so schonend wie möglich um.<br />
Wir tragen zur Nachhaltigkeit unseres<br />
Geschäfts bei, indem wir mit unserem<br />
Umweltschutzprogramm die Geschäftspraktiken<br />
in unserem Konzern verändern.<br />
So reduzieren wir unsere Abhängigkeit<br />
von fossilen Brennstoffen, verbessern<br />
unsere Umwelteffizienz und reduzieren<br />
unsere Kosten. Wir erschließen uns damit<br />
auch neue Märkte und Geschäftschancen,<br />
helfen unseren Kunden, ihre eigenen<br />
Umweltziele zu erreichen, und sorgen<br />
so dafür, dass Deutsche Post DHL als<br />
umweltbewusstes Unternehmen wahrgenommen<br />
wird.<br />
Als erstes Logistikunternehmen überhaupt<br />
haben wir uns bereits im Jahr 2008<br />
ein messbares CO 2<br />
-Effizienzziel gesetzt:<br />
Bis zum Jahr 2020 wollen wir die CO 2<br />
-Effizienz<br />
unserer eigenen Aktivitäten und<br />
der unserer Transport-Subunternehmer<br />
im Vergleich zum Basisjahr 2007 um<br />
30 Prozent verbessern. Das bedeutet:<br />
Für jeden versandten Brief, jedes verschickte<br />
Paket, jede transportierte Tonne<br />
Fracht und jeden genutzten Quadratmeter<br />
Lagerfläche wollen wir die<br />
CO 2<br />
-Emissionen bis zum Jahr 2020 um<br />
30 Prozent reduzieren. Das Zwischenziel,<br />
eine Effizienzsteigerung von 10 Prozent<br />
für unsere eigenen Emissionen bis<br />
zum Jahr <strong>2012</strong>, haben wir frühzeitig in<br />
2010 erreicht. Die folgenden Beispiele<br />
zeigen, wie Deutsche Post DHL die Prinzipien<br />
zum Umweltschutz des UN <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> umsetzt.<br />
Die fünf Handlungsfelder von GoGreen<br />
Um den Umweltschutz im Konzern zu verankern und die negativen Auswirkungen<br />
unseres Geschäfts zu mindern, konzentrieren wir unsere Aktivitäten auf<br />
fünf Handlungsfelder:<br />
• Transparenz schaffen: Wir messen die Umweltauswirkungen mit dem<br />
Schwerpunkt auf CO 2<br />
inklusive der Transporte unserer Subunternehmer<br />
und berichten darüber.<br />
• Effizienz verbessern: Wir setzen alternative Technologien in unserer<br />
Flotte und unseren Gebäuden ein, verwenden alternative Kraftstoffe<br />
und optimieren unserer Netzwerke.<br />
• Mitarbeiter mobilisieren: Jeder Beitrag zählt. Unsere Mitarbeiter werden in<br />
unser Umweltschutzprogramm einbezogen. Sie tragen das Bewusstsein für<br />
den Umweltschutz in den Konzern und fungieren als unsere Botschafter.<br />
• Grüne Lösungen anbieten: Mit den GOGREEN-Produkten und -Dienstleistungen<br />
unterstützen wir unsere Kunden dabei, ihre eigenen Umweltziele zu<br />
erreichen.<br />
• Vorreiterrolle einnehmen: Weltweit setzen wir uns für angemessene Rahmenbedingungen<br />
zur Bepreisung von CO 2<br />
. Und wir engagieren uns für Standards,<br />
nach denen CO 2<br />
gemessen wird. Wir befürworten Investitionsanreize für CO 2<br />
-<br />
effiziente Lösungen und fördern entsprechende Forschungsprojekte. Wir sind<br />
Gründungsmitglied der Initiative aireg e. V., die den Einsatz regenerativer Energien<br />
im Flugverkehr in <strong>Deutschland</strong> fördert. Und wir haben die europäische<br />
Allianz Green Freight Europe, die den Kraftstoffverbrauch im Straßengüterverkehr<br />
transparenter machen will, vorangetrieben. Darüber hinaus steuern<br />
wir weitere Umwelteinflüsse wie lokale Schadstoffemissionen, Lärm, den Verbrauch<br />
natürlicher Ressourcen, Abfall, Wasser und Biodiversität.<br />
84 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Umweltschutz<br />
Elektrofahrzeuge in der Zustellung<br />
im Testbetrieb<br />
Wir testen den Einsatz von batteriebetriebenen<br />
Elektrofahrzeugen (E-Fahrzeuge)<br />
vor allem in der Zustellung, auf der<br />
sogenannten letzten Meile. Die Kombination<br />
aus kurzen täglichen Fahrten<br />
und hoher Start-Stopp-Dichte bietet den<br />
idealen Anwendungsfall für den Einsatz<br />
elektrischer Antriebe. Alle E-Fahrzeuge<br />
werden dabei grundsätzlich mit<br />
Strom aus erneuerbaren Energien (grüner<br />
Strom) betrieben.<br />
2011 konzentrierten wir uns vor allem<br />
darauf, Fahrzeuge für die Praxistauglichkeit<br />
zu testen. Dazu wurde die E-Fahrzeug-Testflotte<br />
auf 131 E-Fahrzeuge erweitert,<br />
die vor allem in <strong>Deutschland</strong><br />
und USA zum Einsatz kamen.<br />
• Im Raum Berlin wurden 13 E-Fahrzeuge<br />
im Rahmen der Fördermaßnahmen<br />
des Bundes „E-City-Logistik“<br />
und „EmiL“ getestet. Darüber hinaus<br />
wurde gemeinsam mit Volkswagen<br />
in <strong>Deutschland</strong> das Neufahrzeugkonzept<br />
eT! entwickelt, um die Potenziale<br />
und die Zukunftsfähigkeit von<br />
Hochtechnologien für den Einsatz in<br />
unseren Zustellungen zu testen.<br />
• Der Unternehmensbereich EXPRESS<br />
hat die Zustellung im New Yorker<br />
Stadtteil Manhattan vollständig auf<br />
E-Fahrzeuge umgestellt. Nun werden<br />
die Expresssendungen mit 30 E-Fahrzeugen<br />
zugestellt.<br />
Eine effiziente Flugzeugflotte<br />
Der Unternehmensbereich EXPRESS bietet<br />
seinen Kunden den zuverlässigen<br />
Transport zeitkritischer Dokumente und<br />
Güter von Tür zu Tür. Darum betreiben<br />
wir in diesem Bereich ein eigenes<br />
Luftnetzwerk mit 155 Düsenflugzeugen.<br />
Um unseren Kunden häufigere Verbindungen<br />
und kürzere Laufzeiten zwischen<br />
Europa, Asien und Amerika bieten zu<br />
können, steigern wir die Kapazitäten in<br />
unserem interkontinentalen Netzwerk.<br />
Zusätzlich greifen wir auch auf Ladekapazitäten<br />
von Drittdienstleistern zurück.<br />
Der größte Anteil unserer direkten CO 2<br />
-<br />
Emissionen wird durch die Flugzeuge<br />
unseres eigenen Luftnetzwerks verursacht.<br />
Wir investieren deshalb stetig in<br />
effizientere, neuere Flugzeuge, die zudem<br />
weniger Treibstoff verbrauchen,<br />
geräuschärmer fliegen und weniger<br />
Luftschadstoffe ausstoßen.<br />
Weitere Informationen erhalten Sie unter:<br />
www.dp-dhl.de<br />
DHL Elektrofahrzeug in Berlin<br />
Kontakt: Katharina Tomoff<br />
gogreen@deutschepost.de<br />
• Im Ruhrgebiet beteiligten wir uns<br />
mit dem Unternehmensbereich BRIEF<br />
an dem Pilotprojekt der Bundesregierung<br />
„E-Mobilität im Pendlerverkehr“<br />
und testeten in der Briefund<br />
Paketzustellung den Einsatz von<br />
zwölf E-Fahrzeugen.<br />
• Außerdem haben wir ein Konsortium<br />
mittelständischer Automobilzulieferer<br />
und Forschungseinrichtungen<br />
mit der Entwicklung für die Serienherstellung<br />
eines wirtschaftlich optimierten<br />
Neufahrzeugkonzepts für<br />
E-Fahrzeuge in der Brief- und Paketzustellung<br />
beauftragt.<br />
DHL Boeing 767 mit Winglets<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
85
EVONIK<br />
Der Baum der Berber<br />
Brennholz, Viehfutter und ein wertvolles Öl – all das liefert der Arganbaum den Berbern Marokkos.<br />
Doch die Bestände sind deutlich geschrumpft. Hier kann das Bodengranulat STOCKOSORB® von<br />
Evonik helfen, wieder aufzuforsten.<br />
Von Silke Linneweber und Gerald Breyer<br />
Im Südwesten Marokkos wächst der Arganbaum,<br />
eine der ältestens Baumarten<br />
der Erde. Im Miozän (25 bis 5 Millionen<br />
Jahre vor unserer Zeitrechnung) entwickelte<br />
diese Baumart ihre speziellen<br />
Eigenschaften und wurde zu einem<br />
Überlebenskünstler für wüstenähnliche,<br />
trockene Regionen. Mit Wurzeln, die sich<br />
auf der Suche nach Grundwasser bis zu<br />
30 Meter in den Boden bohren, relativ<br />
geringer Höhe und einem Umfang der<br />
Krone von bis zu 13 Metern hat sich<br />
der Baum perfekt an seine Umgebung<br />
angepasst. Tausende von Dornen schützen<br />
den Baum vor Tierfraß, und doch<br />
gibt es Spezialisten, die es gelernt haben,<br />
Blätter und Früchte des Baumes zu essen.<br />
Staubig zieht sich die Straße Kilometer<br />
um Kilometer durch die Landschaft.<br />
Im Sommer lässt die Sonne die Temperaturen<br />
hier im Südwesten Marokkos<br />
regelmäßig auf über 40 Grad steigen.<br />
Zwischen Steinen und Geröll suchen<br />
Ziegen nach Futter. Sie finden nicht<br />
viel, denn Gräser und Büsche wachsen<br />
in dieser Einöde nur spärlich. Und so hat<br />
es das Vieh vor allem auf junge Blätter<br />
und Triebe des Arganbaumes abgesehen.<br />
Dicht an dicht hocken die Tiere in den<br />
Kronen der Bäume, die mehr als 10 Meter<br />
in den Himmel reichen. Manche der<br />
Bäume sollen über 400 Jahre alt sein.<br />
Hitze, nährstoffarme Böden und Wassermangel<br />
machen Argania Spinosa, so der<br />
lateinische Name des Baumes, wenig aus.<br />
Die Pflanze gedeiht selbst dort, wo sonst<br />
nur Wüste wäre. Unter besonders widrigen<br />
Umständen stellt sie das Wachstum<br />
einfach ein und wirft Blätter ab.<br />
So sichert der Baum sein Überleben –<br />
und das der Berber, die er mit wertvollen<br />
Rohstoffen versorgt und die ihn deshalb<br />
auch als „Baum des Lebens“ bezeichnen.<br />
Das harte Holz dient als Gerüst für die<br />
86 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Umweltschutz<br />
Oben: Die Mandeln der Frucht liefern das<br />
hochwertige Arganöl. Es enthält einen hohen<br />
Anteil ungesättigter Fettsäuren und gilt als<br />
eines der wertvollsten Öle der Welt.<br />
Rechts: Stockosorb® speichert Wasser<br />
und darin gelöste Pflanzennährstoffe. Bei<br />
Trockenheit werden diese wieder an Boden<br />
und Pflanze weitergegeben.<br />
traditionellen Lehmhäuser und wird<br />
als Brennholz für die Öfen der Köhler<br />
genutzt. Triebe und junge Blätter ernähren<br />
die Ziegen, die viele der Einheimischen<br />
halten. Die Kerne der Arganfrucht<br />
schließlich liefern ein hochwertiges Öl,<br />
das unter anderem einen hohen Anteil<br />
ungesättigter Fettsäuren enthält. Die Berber<br />
nutzen es traditionell zum Kochen,<br />
als Medizin – und für die Schönheitspflege.<br />
Mehr noch: Inzwischen haben<br />
Berberfrauen zahlreiche Kooperativen<br />
gegründet, um Arganöl, das als eines<br />
der wertvollsten Öle überhaupt gilt, zu<br />
gewinnen und zu vermarkten. Damit<br />
leistet der Baum einen wichtigen Beitrag<br />
zum Funktionieren der lokalen Ökonomie.<br />
Selbst der Presskuchen, der bei der<br />
Ölgewinnung übrig bleibt, lässt sich ans<br />
Vieh verfüttern. Man sagt, etwa zehn Bäume<br />
können einen Menschen ernähren.<br />
Auch ökologisch ist der Arganbaum<br />
von hoher Bedeutung: Er verträgt hohe<br />
Temperaturen und direkte Sonnenglut,<br />
verhindert Bodenerosion, kommt mit<br />
wenig Wasser aus und gedeiht unter extremen<br />
Klimabedingungen. Arganbäume<br />
wachsen dort, wo sonst nur Wüste wäre.<br />
Ihr Schatten schafft Lebensraum für andere<br />
Pflanzen. Seit Millionen von Jahren<br />
hat der Arganbaum in der kargen Gegend<br />
überlebt, doch in den vergangenen<br />
100 Jahren ist das Verbreitungsgebiet der<br />
Pflanze stark geschrumpft. Die Gründe<br />
dafür sind vielfältig: Rodung, Überweidung<br />
und moderne Landwirtschaft.<br />
Inzwischen laufen die Bemühungen<br />
zur Rettung der Bestände. 1998 erklärte<br />
die Unesco den verbliebenen Wald<br />
zum Biosphärenreservat. Das Problem:<br />
Die Wiederaufforstung gestaltet sich<br />
äußerst schwierig. „Bislang hat sich kein<br />
Ansatz als erfolgreich erwiesen“, sagt<br />
Cherif Harrouni, Professor am Hassan II<br />
Institut der Agrarwissenschaft und Veterinärmedizin<br />
in Agadir. „Vor allem,<br />
weil Argansetzlinge sehr empfindlich<br />
auf Wassermangel reagieren.“<br />
An dieser Stelle kommt STOCKOSORB®<br />
von Evonik ins Spiel. Das Bodengranulat,<br />
ein sogenannter Superabsorber, kann<br />
ein Vielfaches der eigenen Masse an<br />
Wasser aufnehmen und speichern und<br />
dadurch die Wasserspeicherfähigkeit<br />
auch von schlechten Böden verbessern.<br />
Der Clou dabei: Trocknet der Boden aus,<br />
gibt STOCKOSORB® das Wasser wieder<br />
gleichmäßig ab – und vermindert so<br />
den Trockenstress der Pflanzen. Diese<br />
Eigenschaften machen sich Bauern, Lanschaftspfleger<br />
und Waldbesitzer weltweit<br />
zunutze. Sie nutzen das Evonik-Produkt<br />
zum Beispiel im Gemüse- und Zierpflanzenanbau<br />
oder in der Waldwirtschaft.<br />
Mehr als 1.000 junge Arganbäume haben<br />
Harrouni und sein Team im Frühjahr<br />
2010 an vier verschiedenen Standorten in<br />
der Region rund um Agadir angepflanzt.<br />
Zuvor hatten die Wissenschaftler die<br />
Böden mit gewässertem STOCKOSORB®<br />
vermischt. Anschließend wurden die<br />
Setzlinge in zwei Gruppen eingeteilt:<br />
Ein Teil enthielt einmal pro Monat 30<br />
Liter Wasser, der zweite musste auf zusätzliche<br />
Flüssigkeitszufuhr verzichten.<br />
Außerdem wurden für beide Kategorien<br />
Kontrollgruppen ohne STOCKOSORB®<br />
gebildet.<br />
Das Ergebnis: Setzlinge, die in mit<br />
STOCKOSORB® behandelten Böden<br />
wuchsen, haben eine deutlich höhere<br />
Überlebenschance als Bäume in der Kontrollgruppe.<br />
Je nach Region verbesserte<br />
der Einsatz des Evonik-Produktes die<br />
Überlebenschancen der Pflanzen um<br />
40 bis 150 Prozent. Dabei gilt: Junge<br />
Arganbäume behaupten sich am besten,<br />
wenn STOCKOSORB® plus Bewässerung<br />
zum Einsatz kommen.<br />
Dafür wurde Evonik mit dem Nachhaltigkeitspreis<br />
der chemischen Industrie in Europa<br />
in der Kategorie große Unternehmen<br />
ausgezeichnet. „Diese ersten Ergebnisse<br />
sind sehr ermutigend“, findet Harrouni.<br />
Trotzdem steht der Wissenschaftler noch<br />
am Anfang: „Ob die Setzlinge auch langfristig<br />
überleben, zeigt sich erst nach drei,<br />
vier oder auch fünf Jahren.“<br />
Aus Sicht von Evonik hat sich das Experiment<br />
aber schon jetzt ausgezahlt.<br />
„Wiederaufforstungsprojekte mit einheimischen<br />
Pflanzen dürften in den<br />
nächsten Jahren weltweit an Bedeutung<br />
gewinnen. Es ist wichtig, möglichst viel<br />
über potentielle Einsatzmöglichkeiten<br />
von STOCKOSORB® zu wissen“, betont<br />
Dr. Annette zur Mühlen, Evonik-Expertin<br />
für die Anwendung von STOCKOSORB®<br />
in der Landwirtschaft.<br />
Und wer weiß, vielleicht stehen neben<br />
den Jahrhunderte alten Arganbaumriesen<br />
im Südwesten Marokkos bald tatsächlich<br />
kleine, junge Pflanzen. Harrouni und<br />
Evonik jedenfalls forschen weiter. Neue<br />
Versuche, unter anderem zum Beitrag<br />
von STOCKOSORB® im Kampf gegen Bodenerosion,<br />
werden derzeit vorbereitet.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
87
HSE<br />
Der HSE-Konzern als<br />
Energie-, Infrastrukturund<br />
Klimadienstleister<br />
Eine Gesellschaft entwickelt sich nachhaltig, wenn sie ihre Lebensgrundlage, das heißt die<br />
Funktions- und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ökosysteme, für die nachfolgenden<br />
Generationen erhält. Zudem gehört zu einer nachhaltigen Entwicklung die Durchsetzung der<br />
Menschenrechte. Die HSE sieht ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit als Wegbereiterin und Impulsgeberin<br />
für eine atomstromfreie, versorgungssichere und umweltgerechte Energieerzeugung<br />
sowie für klimaneutrale und energieeffiziente Produkte.<br />
Von Matthias W. Send und Marcel Wolsing<br />
Wenn der globale Temperaturanstieg<br />
nicht gestoppt werden kann, wird die<br />
Republik Kiribati in ungefähr 25 Jahren<br />
das erste Land der Welt sein, das im Meer<br />
verschwindet. Neben den Malediven ist<br />
Kiribati nunmehr das zweite Land der<br />
Erde, dessen Regierung den Umzug der<br />
kompletten Bevölkerung vorbereitet.<br />
Der Anstieg der Meeresspiegel ist nur<br />
eine von vielen tiefgreifenden Auswirkungen<br />
auf die Menschen, für die der<br />
Klimawandel die Ursache ist. Die Einwohner<br />
von Kiribati gehören zu einer<br />
Gruppe von Betroffenen, für die es erst<br />
seit relativ kurzer Zeit ein Wort gibt:<br />
Klimaflüchtlinge. Flucht und Migration<br />
aufgrund von Klimaveränderungen wird<br />
es auch geben wegen Dürre, Stürmen<br />
und Überschwemmungen. Der Klimawandel<br />
verstärkt Wetterextreme und<br />
damit Ernteeinbußen und Krankheiten.<br />
Zum Treibhauseffekt und damit zum<br />
Klimawandel trägt es bei, wenn Treibhausgase<br />
wie Kohlendioxid, Methan oder<br />
Lachgas in die Atmosphäre gelangen.<br />
Die Verbrennung fossiler Energieträger<br />
ist die Hauptursache für die Emissionen<br />
von Kohlendioxid. Ein „Weiter-so-wiebisher“<br />
würde zu einer Verdoppelung<br />
der jährlichen Emissionen bis zum Jahr<br />
2050 führen. Die tolerierbare Marke für<br />
das Jahr 2050 liegt allerdings bei nur 10<br />
bis 15 Prozent der heutigen Emissionen,<br />
wenn wir den Anstieg der Erdtemperatur<br />
und damit die oben beschriebenen<br />
Auswirkungen verhindern wollen.<br />
Wir als HSE-Konzern versorgen Menschen<br />
mit Energie und fühlen uns dafür<br />
verantwortlich, bei der Energieerzeugung,<br />
-verteilung und -nutzung unseren<br />
88 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Umweltschutz<br />
Beitrag zu leisten, die natürlichen ökologischen<br />
Lebensgrundlagen zu erhalten.<br />
Dazu gehört für uns nicht nur effektiver<br />
Klimaschutz: Wegen der nicht auszuschließenden<br />
Risiken beim Betrieb von<br />
Kernkraftwerken und der Lagerung von<br />
nuklearen Reststoffen bieten wir bereits<br />
seit dem Jahr 2008 keinen Atomstrom<br />
mehr an.<br />
Muss die deutsche Energiewende zum<br />
Vorbild für andere Staaten in Europa<br />
werden? Wir glauben ja. Wir glauben,<br />
dass man gespannt nach <strong>Deutschland</strong><br />
blickt und genau beobachtet, ob und<br />
wie eine Energieversorgung möglich<br />
ist, die auf Kernkraftwerke verzichtet,<br />
ambitionierte Klimaziele erreicht und<br />
die Wettbewerbsfähigkeit einer Industrienation<br />
ausbaut. Die Energiewende<br />
und der Übergang in eine Low Carbon<br />
Society werden gelingen, wenn unternehmerisches<br />
Engagement, weitsichtige<br />
Geschäftsmodelle und die Begeisterung<br />
von Menschen zusammenkommen.<br />
Bei unserem Konzernziel „Reduktion<br />
der CO 2<br />
-Emissionen bis zum Jahr 2020<br />
um 40 Prozent“ liegen wir voll im Zielkorridor.<br />
Wir behaupten uns jeden Tag<br />
im Wettbewerb und wir vollziehen einen<br />
tiefgreifenden Transformationsprozess<br />
im Konzern. Das alles sind exakt<br />
die Merkmale, auf die es auch bei der<br />
deutschlandweiten Energiewende ankommt.<br />
In diesem Sinn ist die HSE die<br />
Blaupause der Energiewende.<br />
Der HSE-Konzern versteht sich als Energie-,<br />
Infrastruktur- und Klimadienstleister.<br />
Die Gesellschaften des Konzerns<br />
sind Experten auf ihrem jeweiligen<br />
speziellen Gebiet, aber sie arbeiten alle<br />
gemeinsam an einer ganzheitlichen<br />
Lösung: Sie ermöglichen ihren Kunden<br />
eine effiziente Energieversorgung<br />
und klimaneutrales Wirtschaften. Sie<br />
decken alle Wertschöpfungsstufen ab<br />
und betreiben so ein Geschäftsmodell,<br />
das konsequent nachhaltig ist und die<br />
folgenden drei strategischen Schritte<br />
beinhaltet:<br />
Der erste Schritt besteht in der Vermeidung<br />
von CO 2<br />
-Emissionen. Wir beeinflussen<br />
als Erzeuger und durch den Vertrieb<br />
von Energie den direkten Anteil<br />
erneuerbarer Energien in <strong>Deutschland</strong>.<br />
Wir bauen unsere eigenen Erzeugungskapazitäten<br />
mit den Schwerpunkten<br />
Windkraft, Photovoltaik, Biogas und<br />
Biomasse intensiv aus und engagieren<br />
uns bereits in der Planungs- und Entwicklungsphase<br />
der Projekte. Wir vermeiden<br />
CO 2<br />
, weil es bei der regenerativen Energieerzeugung<br />
gar nicht erst entsteht. Als<br />
Blaupause der Energiewende sehen wir<br />
dabei das Ganze: Wir erzeugen nicht<br />
nur regenerative Energien, sondern wir<br />
übernehmen auch die Verantwortung<br />
dafür, umweltfreundliche Regelenergie<br />
anzubieten, die durch den Ausbau der<br />
regenerativen Energien notwendiger<br />
wird. Denn eine Energieversorgung ist<br />
nur dann nachhaltig, wenn sie versorgungssicher<br />
ist.<br />
Der zweite Schritt unserer Strategie heißt<br />
„Verringern“. Wir verringern CO 2<br />
-Emissionen<br />
durch die Steigerung der Energieeffizienz.<br />
Die Energiewende wird nur<br />
funktionieren, wenn die Potenziale der<br />
Energieeffizienz gehoben werden. Wir<br />
verringern den Ausstoß von CO 2<br />
durch<br />
Verhaltensänderungen und durch den<br />
Einsatz energieeffizienter Techniken<br />
und Technologien. Frühzeitige Abstimmungen<br />
und konzertierte Aktionen<br />
sind dabei erfolgsentscheidend. Unsere<br />
Konzerngesellschaften arbeiten im<br />
Energieeffizienzgeschäft Hand in Hand;<br />
als Messstellenbetreiber, als Energieeffizienzberater<br />
und als Experte der Anlagenund<br />
Gebäudetechnik.<br />
Selbst wenn die vorgenannten Schritte<br />
optimal abgearbeitet werden, bleibt ein<br />
Rest an CO 2<br />
-Emissionen, der sich nicht<br />
vermeiden lässt. Wenn wir das ambitionierte<br />
Ziel erreichen wollen, die Erdtemperatur<br />
nicht mehr als zwei Grad ansteigen<br />
zu lassen und damit die Folgen des<br />
Klimawandels erträglich zu halten, dann<br />
müssen wir die restlichen Emissionen<br />
kompensieren. Dazu gehören die CO 2<br />
-<br />
Emissionen, die bei der Förderung, beim<br />
Transport und bei der Verbrennung von<br />
Erdgas entstehen, aber auch alle anderen<br />
Treibhausgase, die beim Wirtschaften<br />
entstehen. Klimaneutrales Wirtschaften<br />
ist die konsequenteste Form, dem Klimawandel<br />
entgegenzutreten. Um die CO 2<br />
-<br />
Emissionen auszugleichen, nutzen wir<br />
das natürliche Speicherpotenzial des<br />
Waldes und entwickeln Waldprojekte.<br />
Durch den Schritt der Kompensation<br />
können wir sogar noch mehr für die<br />
Nachhaltigkeitsperformance unseres<br />
Geschäftsmodells tun, denn durch Waldaufforstung,<br />
Waldschutz und nachhaltige<br />
Waldbewirtschaftung wird Nachhaltigkeit<br />
in allen drei Dimensionen vorangebracht.<br />
Wälder stiften vielfältigen<br />
ökologischen und sozioökonomischen<br />
Nutzen.<br />
HSE – Nachhaltige<br />
Energieversorgung<br />
Die HSE ist einer der führenden<br />
Energie- und Infrastrukturdienstleister<br />
in <strong>Deutschland</strong>.<br />
Mit rund 2.600 Mitarbeitern<br />
und einem Jahresumsatz von<br />
2,3 Milliarden Euro decken wir<br />
die komplette Wertschöpfungskette<br />
nachhaltiger Energieversorgung<br />
und moderner Daseinsvorsorge<br />
ab. Unsere Tochtergesellschaft<br />
ENTEGA ist einer<br />
der größten Anbieter von Ökostrom<br />
und klimaneutralem<br />
Erdgas in <strong>Deutschland</strong><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
89
LAROSÉ<br />
Ressourcenschonung durch<br />
Energierückgewinnung<br />
Dass unternehmerische Verantwortung längst im Mittelstand angekommen ist und auch dort<br />
rekordverdächtige Leistungen in puncto Nachhaltigkeit erbracht werden, zeigt der Textildienstleister<br />
LAROSÉ, der mit der Einführung des weltgrößten Energierückgewinnungs-Systems<br />
innerhalb einer industriellen Wäscherei neue Maßstäbe setzt.<br />
Von Andy Schnackertz<br />
Saubere Wäsche zur richtigen Zeit am<br />
richtigen Ort: So lässt sich das Leistungsangebot<br />
der LAROSÉ-Gruppe in wenigen<br />
Worten beschreiben. Doch es steckt weit<br />
mehr dahinter. Das Leistungsangebot<br />
reicht von der Anschaffung der Textilien<br />
über die sachgemäße Wäsche und Pflege<br />
bis hin zur zuverlässigen Lieferlogistik<br />
(auf Wunsch bis in den eigenen Schrank)<br />
und Bestandsverwaltung – die Kunden<br />
von LAROSÉ entrichten dafür eine fixe<br />
monatliche Leasingpauschale.<br />
SERVICE MIT SYSTEM<br />
Ständige Weiterentwicklung<br />
Auch wenn Corporate Social Responsibility<br />
(CSR) in der LAROSÉ-Gruppe fester<br />
Bestandteil der Unternehmensstrategie<br />
ist und die Übernahme unternehmerischer<br />
Verantwortung bereits gegen<br />
Ende der 90er-Jahre in ihren Leitsätzen<br />
festgeschrieben wurde, ist eine ständige<br />
Intensivierung des Engagements festzustellen.<br />
Mit dem Beitritt der LAROSÉ-<br />
Gruppe zum <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> im Jahr<br />
2010 wurden die Bemühungen zum<br />
nachhaltigen Wirtschaften transparent<br />
gemacht und der Austausch im Netzwerk<br />
gesucht, um voneinander lernen zu<br />
können und eine stetige Verbesserung zu<br />
erzielen. Im aktuellen Fortschrittsbericht<br />
werden die getroffenen Maßnahmen<br />
des Berichtszeitraums und die damit<br />
erzielten Ergebnisse beschrieben und<br />
ein Ausblick auf künftige Handlungsfelder<br />
gegeben.<br />
90 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Umweltschutz<br />
Umweltschutz auch in<br />
Mitarbeiterverantwortung<br />
Für die LAROSÉ-Gruppe als Familienunternehmen<br />
hat der Umweltschutz<br />
einen hohen Stellenwert. Aus Rücksicht<br />
auf Nachkommen wird deshalb<br />
mit Ressourcen und Schadstoffen verantwortungsvoll<br />
umgegangen. Regelmäßige<br />
Investitionen in eine effiziente<br />
Produktionstechnik und eine moderne<br />
Fahrzeugflotte schaffen die Grundvoraussetzung<br />
umweltbewussten Wirtschaftens.<br />
Mitarbeiter der LAROSÉ-Gruppe sind<br />
in ihrem Arbeitsbereich selbst für den<br />
Umweltschutz mitverantwortlich und<br />
verpflichtet, die Gesetze, Vorschriften<br />
und unternehmensinternen Standards<br />
zum Umweltschutz einzuhalten.<br />
Physikalische und chemische<br />
Wechselwirkungen<br />
Im Waschvorgang einer industriellen<br />
Großwäscherei ergibt sich durch den<br />
sogenannten Sinnerschen Kreis ein Spannungsfeld<br />
zwischen Reinigungserfolg,<br />
Ressourcenschonung und Wirtschaftlichkeit.<br />
Dabei hängt die Reinigungswirkung<br />
vom Waschverfahren, von der Höhe der<br />
Temperatur, den eingesetzten Chemikalien<br />
und der Dauer der Waschbehandlung<br />
ab. Die Faktoren können sich gegenseitig<br />
kompensieren: Ein niedrigerer Einsatz<br />
von Chemikalien hätte eine höhere Zeitdauer<br />
zur Folge, die notwendig wäre,<br />
um eine identische Waschwirkung zu<br />
erzielen. Da die Absenkung von Waschtemperaturen<br />
nur bis zu einem gewissen<br />
Maß möglich ist und mit einem erhöhen<br />
Chemikalienverbrauch verbunden ist,<br />
trägt die Einsparung von Energie noch<br />
immer in besonderer Weise dazu bei, die<br />
Umwelt zu schonen. Die LAROSÉ-Gruppe<br />
setzt daher auf den Einsatz von Energierückgewinnungsanlagen,<br />
um trotz hoher<br />
Temperaturen in den Verfahren äußerst<br />
umweltbewusst zu waschen.<br />
Nutzung von Abwärme aus<br />
Wasser und Luft<br />
Nach der erfolgreichen Inbetriebnahme<br />
der Energierückgewinnungsanlage am<br />
Standort Nonnweiler im Jahre 2010 galt<br />
es, mit den gewonnenen Erfahrungen<br />
auch an zwei weiteren, darunter dem<br />
größten Standort Berlin ein Energiesparprojekt<br />
zu realisieren. Gemeinsam<br />
mit den Maschinenherstellern hat die<br />
LAROSÉ-Gruppe ein Beispiel für Best<br />
Practice mit einer neuen Dimension<br />
im verantwortungsvollen Umgang mit<br />
Ressourcen geschaffen.<br />
An dem Energierückgewinnungssystem<br />
sind sieben Waschstraßen, zwei Waschschleudermaschinen,<br />
drei Finisheranlagen<br />
und fünf Mangelstraßen beteiligt:<br />
Das Abwasser der sieben Waschstraßen<br />
und der beiden Waschschleudermaschinen<br />
mit einer Temperatur von<br />
über 50 °C wird zentral gesammelt. Eine<br />
Tauchpumpe fördert das Abwasser durch<br />
einen Rohr-in-Rohr-Wärmetauscher mit<br />
einer Rohrlänge von insgesamt 120 Metern.<br />
Im Gegenstrom wird das gesamte<br />
Frischwasser mit einer Eingangstemperatur<br />
von ca. 15 °C ebenfalls durch den<br />
Rohr-in-Rohr-Wärmetauscher geführt<br />
und heizt sich dabei auf rund 36 °C auf.<br />
Nach der Durchleitung verschwindet<br />
das Abwasser endgültig im Abwasserkanal.<br />
Das aufgeheizte Frischwasser aus<br />
dem Rohr-in-Rohr-Wärmetauscher wird<br />
anschließend in einem Speichertank<br />
gesammelt.<br />
Parallel dazu findet eine Sammlung der<br />
Abluft der fünf Mangelstraßen und der<br />
drei Finisheranlagen statt. Diese Abluft<br />
wird durch insgesamt vier Kondensationswärmetauscher<br />
geleitet – gleichzeitig<br />
wird das vorgewärmte Frischwasser<br />
aus dem Tank im Kreis durch die Kondensationswärmetauscher<br />
gepumpt und<br />
weiter auf 50 °C aufgeheizt. Aus diesem<br />
Frischwassertank erfolgt schließlich die<br />
Bedienung der Waschstraßen und Waschschleudermaschinen.<br />
Messbare Nutzenstiftung<br />
Weil mit der zurückgewonnenen Energie<br />
das Frischwasser vorgewärmt wird, muss<br />
weniger Primärenergie zum Aufheizen<br />
des Waschwassers eingesetzt werden.<br />
Die daraus resultierende Einsparung<br />
von Primärenergie wird auf über 3.500<br />
Megawattstunden jährlich taxiert. Damit<br />
liegt der Energieeinsatz pro Kilogramm<br />
bearbeiteter Wäsche weit unter dem<br />
Branchendurchschnitt.<br />
In Anerkennung dieser besonderen Leistung<br />
wurde der LAROSÉ-Gruppe für ihr<br />
Engagement in der Kategorie Ökologie<br />
der WRP Star <strong>2012</strong> verliehen – die<br />
höchste Auszeichnung in der Branche<br />
für vorbildliche Textilpflegebetriebe.<br />
Die LAROSÉ-Geschäftsführung (vlnr.):<br />
Dominik Schröder, Annette Imhoff,<br />
Dr. Christian Unterberg-Imhoff<br />
Weitere Informationen unter:<br />
http://www.larose.de/verantwortung.aspx<br />
LAROSÉ<br />
Die LAROSÉ GmbH & Co. KG ist<br />
einer der führenden Spezialisten<br />
für textilen Service rund um<br />
Berufs- und Schutzkleidung,<br />
Tisch-, Bett- und Badwäsche sowie<br />
für die textile Vollversorgung im<br />
Gesundheitswesen und gehört<br />
heute zu den größten deutschen<br />
Anbietern für textiles Leasing.<br />
Zusätzlich sind Extras wie<br />
sanitäre Spendersysteme und<br />
entsprechende Verbrauchsartikel<br />
erhältlich.<br />
Neben der Kölner Zentrale<br />
unterhält die LAROSÉ-Gruppe<br />
15 Standorte und Service-Center<br />
im Bundesgebiet, die insgesamt<br />
rund 5.500 Kunden aus <strong>Deutschland</strong><br />
und dem benachbarten<br />
Ausland bedienen und im Jahr<br />
2011 eine Produktionsleistung von<br />
34.520 Tonnen Wäsche erzielten.<br />
Das Unternehmen wurde 1977 in<br />
Köln gegründet.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
91
MERCK<br />
Treibhausgase reduzieren –<br />
Merck aktiv dabei<br />
Die ökologischen Systeme unseres Planeten reagieren sensibel auf die wachsende Weltbevölkerung,<br />
den daraus resultierenden steigenden Konsum und Energieverbrauch sowie den erhöhten<br />
Ausstoß klimaschädigender Substanzen. Schon jetzt zeichnen sich die Folgen der Klimaveränderung<br />
ab. Das Ziel zahlreicher internationaler Konferenzen und Abkommen ist, diese<br />
Entwicklung zu stoppen und wo möglich Anpassungen an den Klimawandel zu finden. Die globalen<br />
Treibhausgas-Emissionen sollen soweit beschränkt werden, dass die globale Erwärmung<br />
auf maximal 2 Grad gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung begrenzt wird.<br />
Von Gerd Vollmer<br />
Merck hat erkannt, wie wichtig es ist,<br />
einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz<br />
zu leisten: Mit innovativen Produkten<br />
und durch die Steigerung der Energieeffizienz<br />
in Produktion, Forschung und<br />
Verwaltung reduziert das Unternehmen<br />
seine Treibhausgasemissionen.<br />
20 Prozent weniger Treibhausgase<br />
bis 2020<br />
2009 hat Merck sich das Ziel gesetzt,<br />
die direkten und indirekten Treibhausgasemissionen<br />
im gesamten Konzern<br />
gemessen am Stand von 2006 um 20<br />
Prozent zu verringern. Wurden 2006<br />
noch 546 Kilotonnen Treibhausgase<br />
ausgestoßen, sollen es 2020 maximal<br />
noch 437 sein. Im letzten Jahr wurde<br />
eine Reduktion um 38 Kilotonnen erreicht,<br />
das sind sieben Prozent weniger<br />
als im Vorjahr. Die Einsparmaßnahmen<br />
werden im Rahmen des Programms<br />
„EDISON – Energy efficiency and climate<br />
protection“ koordiniert. EDISON<br />
bündelt systematisch alle Aktivitäten<br />
der Merck-Gruppe weltweit zu Klimaschutz<br />
und Energieeffizienz. So werden<br />
zum Beispiel Energieaudits an verschiedenen<br />
Standorten durchgeführt und<br />
Energiesparprozesse implementiert. In<br />
den Jahren <strong>2012</strong> und 2013 stellt Merck<br />
jeweils 10 Millionen Euro für Energieeinspar-<br />
und Treibhausgasreduktionsmaßnahmen<br />
zur Verfügung. Mit diesen<br />
EDISON-Maßnahmen, die rund 200<br />
Einzelprojekte umfassen, will Merck<br />
mittelfristig rund 64 Kilotonnen CO 2<br />
jährlich einsparen.<br />
92 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Umweltschutz<br />
Der Merck-Standort in Goa, Indien, wird<br />
künftig CO 2<br />
-neutral sein.<br />
Trocknungsprozess energieeffizienter, da<br />
weniger Zeit in der Infrarot-Bestrahlung<br />
und somit weniger Energie benötigt wird.<br />
Die Technik hat Merck gewissermaßen<br />
dem Eisbären abgeschaut. Dieser hat ein<br />
weißes Fell, aber darunter eine schwarze<br />
Haut. Das bedeutet, er reflektiert das<br />
sichtbare Licht, absorbiert aber die Wärmestrahlung<br />
des infraroten Lichts.<br />
Ein Beispiel für ein EDISON-Projekt ist<br />
die geplante Nutzung von Biomasse zur<br />
Energiegewinnung am Merck-Standort<br />
Goa in Indien. In der Region werden<br />
Cashew- und Kokosnüsse angebaut. Die<br />
Schalen dieser Früchte fallen nach der<br />
Ernte als Abfall an. Merck wird diese<br />
Schalen aufkaufen und als Biomasse in<br />
einem eigenen Kraftwerk verwerten. Nach<br />
Fertigstellung des Kraftwerks im Jahr<br />
2014 wird der Standort in Goa so jährlich<br />
rund 11 Kilotonnen CO 2<br />
einsparen<br />
und ist dank dieser Energiequelle nicht<br />
nur unabhängig von der öffentlichen<br />
Versorgung, sondern auch CO 2<br />
-neutral.<br />
Das Blockheizkraftwerk mit Kraft-Wärme-<br />
Kopplung am Standort Gernsheim in<br />
<strong>Deutschland</strong>, das derzeit errichtet wird,<br />
ist ein weiteres EDISON-Projekt: Dank<br />
der hocheffektiven, gasbetriebenen Kraft-<br />
Wärme-Kopplung wird Strom gewonnen<br />
und der Verlust von ungenutzter Wärmeenergie<br />
fast vollkommen vermieden.<br />
So können jährlich rund 6 Kilotonnen<br />
CO 2<br />
eingespart werden.<br />
Energiemanagement ist ein weiterer<br />
Baustein zu mehr Energieeffizienz und<br />
Klimaschutz. <strong>2012</strong> werden die beiden<br />
Merck-Produktionsstandorte Darmstadt<br />
und Gernsheim, die für rund 40 Prozent<br />
des weltweiten Energieverbrauchs bei<br />
Merck verantwortlich sind, nach der<br />
DIN EN ISO 50001 „Energiemanagementsysteme“<br />
zertifiziert. Zweck der Norm ist<br />
es, Systeme und Prozesse zu etablieren,<br />
die zur Verbesserung von Energieeffizienz,<br />
Energieeinsatz und Energieverbrauch<br />
eines Unternehmens beitragen<br />
und damit auch die Energiekosten und<br />
Treibhausgasemissionen reduzieren.<br />
Um Treibhausgasemissionen zu reduzieren,<br />
werden auch erneuerbare Energien<br />
genutzt. Insgesamt ist der Anteil der<br />
Energie aus erneuerbaren Quellen noch<br />
gering, befindet sich aber im Ausbau.<br />
Immerhin: Am Merck Standort in Billerica<br />
(USA) wurden 2011 rund sieben<br />
Prozent des Strombedarfs aus eigenen<br />
Photovoltaikanlagen gedeckt. Auch die<br />
Standorte Molsheim (Frankreich), Bedford<br />
(USA), Tiburtina (Italien) und Tel<br />
Aviv (Israel) nutzen Photovoltaik zur<br />
Stromerzeugung.<br />
Produkte, die zum Energiesparen<br />
beitragen<br />
Merck ist aber nicht nur daran interessiert,<br />
an den eigenen Standorten möglichst<br />
nachhaltig und umweltfreundlich zu<br />
arbeiten. Das Unternehmen legt auch ein<br />
großes Augenmerk darauf, Produkte zu<br />
entwickeln und zu vertreiben, die es den<br />
Kunden ermöglichen, energieeffizienter<br />
zu sein. Das Pigment Minatec® 230 A-IR<br />
beispielsweise beschleunigt den Trocknungsprozess<br />
von hellen Lacken, wie<br />
man sie auf Kühlschränken und Waschmaschinen<br />
findet. Mit Minatec ist der<br />
Weitere Beispiele: Mit Flüssigkristallen<br />
und einer speziellen Fensterfilmtechnologie<br />
werden energieeffiziente<br />
Fenster entwickelt, mit denen sich der<br />
Energiedurchlassgrad je nach Sonneneinstrahlung<br />
steuern lässt, um so die<br />
Raumtemperatur und Beleuchtung<br />
möglichst energieeffizient gestalten zu<br />
können. Herstellern von kristallinen<br />
Solarzellen bietet Merck druckbare<br />
Strukturierungsmaterialien an, welche<br />
die Leistung der Solarzellen verbessern<br />
und umweltfreundlichere Produktionsprozesse<br />
ermöglichen.<br />
Organische Licht-emittierende Dioden,<br />
kurz: OLEDs, ermöglichen Displays mit<br />
schärferen Kontrasten und brillanteren<br />
Farben. Selbstleuchtende OLEDs benötigen<br />
keine Hintergrundbeleuchtung und<br />
ermöglichen daher sehr dünne Displays,<br />
die außerdem sehr wenig Energie verbrauchen.<br />
Merck bietet ein komplettes<br />
Portfolio von Materialien für OLED-Displays<br />
an.<br />
Die Liste von Merck-Produkten, die zum<br />
Energiesparen beitragen, ist lang und<br />
wächst kontinuierlich weiter.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
93
RWE<br />
Viel Wind auf hoher See<br />
Der Ausbau der Offshore-Windenergie ist ein wichtiger Baustein für den eingeleiteten Umstieg<br />
auf erneuerbare Energien. Die Stromerzeugung auf hoher See ist dabei allerdings eine große<br />
Herausforderung. Anders als auf dem Land gibt es auf dem Wasser bisher wenig Erfahrung mit<br />
dieser Technologie. Dies gilt natürlich auch für die deutschen Küste, wo die Ausbauziele für die<br />
nächsten Jahre besonders ambitioniert sind.<br />
Von Joachim Löchte<br />
Ambitionierte Ausbauziele für<br />
Wind-Offshore<br />
RWE ist einer der großen Investoren im<br />
Wind-Offshore-Bereich. Das Unternehmen<br />
errichtet derzeit Windkraftwerke in<br />
Europa mit einer installierten Leistung<br />
von rund 1.000 Megawatt. Weitere 6.500<br />
Megawatt sind in Planung. Sie sollen<br />
gemeinsam mit Partnerunternehmen bis<br />
2025 umgesetzt werden. In <strong>Deutschland</strong><br />
ist zurzeit der RWE-Windpark Nordsee<br />
Ost in Bau. Mit 48 Windturbinen wird<br />
dieser Park künftig eine Gesamtleistung<br />
von 295 Megawatt bereitstellen. Damit<br />
zählt Nordsee Ost zu den aktuell größten<br />
kommerziellen Windkraftprojekten in<br />
<strong>Deutschland</strong>.<br />
Vorteile der Technologie:<br />
Höhere Windausbeute und mehr<br />
gesellschaftliche Akzeptanz<br />
Die Vorteile von Wind-Offshore liegen<br />
auf der Hand: Auf dem Wasser bringt<br />
es jede Anlage auf bis zu 4.000 Volllaststunden<br />
an Stromproduktion und<br />
verspricht damit eine höhere Ausbeute<br />
als auf dem Land, wo an guten Standorten<br />
bis zu 2.000 Volllaststunden zu<br />
erwarten sind. Zudem ist die Energie dort<br />
auch kontinuierlicher verfügbar, weil der<br />
Wind gleichmäßiger weht. Ein weiterer<br />
Aspekt ist die gesellschaftliche Akzeptanz.<br />
Auch wenn die Bürger grundsätzlich<br />
den Ausbau der erneuerbaren Energien<br />
befürworten, sind sie mit neuen Anlagen<br />
vor der eigenen Haustür nicht unbedingt<br />
„glücklich“. Bei Wind-Offshore ist die<br />
Skepsis aufgrund von optischen Beeinträchtigungen<br />
zumindest geringer. Die<br />
Anlagen werden in <strong>Deutschland</strong> weit<br />
vor der Küste errichtet – die meisten<br />
viele Kilometer außerhalb der Sichtweite.<br />
Technische Herausforderungen bei<br />
Konstruktion und Errichtung<br />
Die Vorteile von Wind-Offshore haben<br />
jedoch in anderer Hinsicht ihren Preis.<br />
Auf hoher See herrschen deutlich andere<br />
Arbeitsbedingungen. Wind und Wetter<br />
erfordern aufwendige technische Lösungen.<br />
Das beginnt bei den Fundamenten.<br />
Diese müssen so konstruiert sein, dass<br />
94 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Umweltschutz<br />
Links: Windstrom vom Meer – in England<br />
schon weit vorangeschritten. Hier der<br />
RWE-Windpark North Hoyle.<br />
Rechts: Nicht immer ist die See so ruhig.<br />
Arbeiten am RWE-Offshore-Windpark<br />
Greater Gabbard, 25 Kilometer vor der<br />
Küste der englischen Grafschaft Suffolk.<br />
sie nicht ausgespült werden. Darüber<br />
hinaus haben sie den Naturkräften zu<br />
widerstehen, die unmittelbar auf sie einwirken.<br />
An diesen Herausforderungen<br />
arbeiten die Windparkentwickler von<br />
RWE mit Hilfe von computergestützten<br />
Modellierungstechniken. Ziel ist die bestmögliche<br />
Anordnung der Windturbinen<br />
innerhalb eines Baufeldes. Dafür gehen<br />
alle Daten der Umgebungsbedingungen<br />
in das Modell ein – von der Bodenbeschaffenheit<br />
über die Wassertiefe und<br />
die Wellenbewegungen bis hin zu den<br />
Windlasten. So soll ein optimales Design<br />
für jede Offshore-Anlage geschaffen<br />
werden. Ebenso anspruchsvoll ist die<br />
Auswahl und Verarbeitung des Materials<br />
der Großkomponenten. Die Oberflächen<br />
müssen auf den hohen Salzgehalt und die<br />
dauerhafte Feuchtigkeit ausgelegt sein,<br />
die auf hoher See vorherrschen.<br />
Auch der Naturschutz ist ein wichtiger<br />
Faktor, wenn es um die Wechselwirkungen<br />
zwischen Natur und Technik geht.<br />
Besonders in der Errichtungsphase stellt<br />
dies die Techniker vor neue Herausforderungen.<br />
In den meisten Fällen werden die<br />
Fundamente für die Anlagen durch Rammung<br />
im Boden befestigt, was zu hohem<br />
Unterwasserschall führt. Meerestiere, und<br />
hier insbesondere Schweinswale, können<br />
dadurch in ihren Hörfunktionen und<br />
beim Navigieren gestört werden. Deshalb<br />
arbeiten die Entwickler an Techniken zur<br />
Schallminderung, wie z. B. dem Blasenschleier,<br />
um die Geräusche zu reduzieren.<br />
Für den Schleier werden Druckluftschläuche<br />
rund um die Unterwasserbaustelle<br />
gelegt. Mit Hilfe von Kompressoren wird<br />
Druckluft in die Schläuche am Meeresboden<br />
gepumpt. Es bilden sich Luftblasen,<br />
die eine akustisch dämmende Barriere für<br />
die Schallwellen darstellen. Gemeinsam<br />
mit anderen Unternehmen hat RWE dazu<br />
im Juni den Abschlussbericht des Forschungsprojekts<br />
ESRa vorgelegt. In diesem<br />
Projekt wurden mit einem Feldversuch<br />
in der Ostsee verschiedene Methoden<br />
zum Schallschutz während des Rammens<br />
getestet. Mit allen Methoden ließ sich<br />
der Schall reduzieren. Für verbesserte<br />
Ergebnisse sind jedoch noch weitere Forschungen<br />
notwendig. Die durchgeführten<br />
Messreihen haben dazu eine Datenbasis<br />
von über 650 Datensätzen geliefert.<br />
Logistische Herausforderungen bei<br />
Transport und Wartung<br />
Über die Lösung technischer Fragen hinaus<br />
ist auch die Logistik eine wichtige<br />
Aufgabe. Um die Windkraftanlagen an<br />
ihrem ausgewählten Standort errichten<br />
zu können, müssen sie zunächst vom<br />
Land auf das Wasser gebracht werden.<br />
Dafür hat RWE zwei spezielle Installationsschiffe<br />
für rund 200 Millionen Euro<br />
bauen lassen. Bis zu vier der größten<br />
Offshore-Windturbinen samt Fundamenten<br />
können mit diesen Schiffen<br />
transportiert und dann errichtet werden.<br />
Das Schiff wird am Zielort auf See per<br />
Satellit zentimetergenau fixiert. „Aufgejackt“<br />
auf Füße können die Schiffe so in<br />
Wassertiefen von über 40 Meter sicher<br />
arbeiten. Sie dienen dann als Offshore-<br />
Plattform, von der aus die Windkraftanlagen<br />
aufgebaut werden. Nach der<br />
Inbetriebnahme rückt die Wartung der<br />
Windkraftwerke in den Vordergrund.<br />
Auch bei dieser Aufgabe ist der Aufwand<br />
deutlich höher als bei Onshore-Anlagen.<br />
Vor allem in <strong>Deutschland</strong>, da hier die<br />
Anlagen in besonders großem Abstand<br />
zur Küste gebaut werden. Innerhalb<br />
eines Tages ist die Wartung von dort per<br />
Schiffsanfahrt nicht zu leisten. Deshalb<br />
nutzt RWE künftig die Hochseeinsel<br />
Helgoland als Stützpunkt für den Betrieb<br />
von Nordsee Ost. Im Südhafen der Insel<br />
wird dafür eine eigenen Service- und<br />
Betriebsstation errichtet.<br />
Erfolge von Wind-Offshore – auch<br />
eine Frage der Zusammenarbeit<br />
Mit der Erschließung und Errichtung von<br />
Offshore-Windparks zeigt RWE auf: Der<br />
Aufbau der Wind-Offshore-Energie ist eine<br />
anspruchsvolle und aufwendige Aufgabe.<br />
Alle Projektpartner müssen bei dieser<br />
Herausforderung mit gleichem Einsatz<br />
eng zusammenarbeiten. Dann wird Wind-<br />
Offshore demnächst auch einen wichtigen<br />
Beitrag für die Energiewende leisten.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
95
Deutsche Telekom<br />
Zukunft im Praxistest:<br />
Umweltfreundliche<br />
Technologien in der T-City<br />
Innovationen sind der Schlüssel für die Zukunftssicherung unserer Gesellschaft. Ob intelligente<br />
Stromnetze, vernetzte Verkehrs- und Mobilitätslösungen oder Virtualisierung von Produkten –<br />
Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bieten vielfältige Lösungsansätze.<br />
Damit sich eine neue Erfindung allerdings durchsetzen kann, muss sie im Praxistest auf Herz<br />
und Nieren geprüft werden. In der T-City Friedrichshafen, dem größten „Living Lab“ der Welt,<br />
hat die Deutsche Telekom neue umweltfreundliche Technologien fünf Jahre lange getestet.<br />
Von Katja Brösse und Rainer Knirsch<br />
Die Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher<br />
Technologien ist für<br />
die Deutsche Telekom nicht nur eine<br />
Verpflichtung im Rahmen des <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> und eine moralische Notwenigkeit,<br />
sondern auch eine wirtschaftliche<br />
Chance. Laut der Studie SMARTer2020 *<br />
können durch die Anwendungen der<br />
Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
bis 2020 etwa 9,1 Gigatonnen<br />
CO 2<br />
e eingespart werden. Unter dem Motto<br />
„T-City Friedrichshafen. Wir leben Zukunft“<br />
ist die Stadt Friedrichshafen seit<br />
2007 „Zukunftswerkstatt“ und Partner der<br />
Deutschen Telekom. Am Beispiel einer<br />
mittelgroßen Stadt in <strong>Deutschland</strong> wurde<br />
im Verlauf des Projektes exemplarisch<br />
die Konzernvision vom „Vernetzten<br />
Leben und Arbeiten“ verwirklicht.<br />
Die Erkenntnisse aus zahlreichen Projekten<br />
werden heute bundesweit unter<br />
anderem in der öffentlichen Verwaltung<br />
sowie von Energieversorgern, Wirtschaftsunternehmen<br />
und Bürgern genutzt.<br />
Vom Test zur Wirklichkeit<br />
Zum Beispiel De-Mail, die erste verbindliche<br />
und sichere elektronische Kommunikation:<br />
Bevor der sichere Mail-Dienst<br />
am 31. August <strong>2012</strong> bundesweit an den<br />
Start ging, wurde De-Mail bereits sechs<br />
Monate in der T-City Friedrichshafen mit<br />
40 Teilnehmern aus Unternehmen und<br />
96 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Umweltschutz<br />
Verwaltung und über 1.000 Privatkunden<br />
getestet. Der Dienst hilft nicht nur Zeit<br />
und Geld zu sparen. Er schont auch die<br />
Umwelt. Das Öko-Institut aus Freiburg<br />
hat den Product Carbon Footprint für<br />
De-Mail nach der ISO-Norm 14040/14044<br />
erstellt und errechnet, dass sich durch<br />
De-Mail 77 Prozent der CO 2<br />
-Emissionen,<br />
die durch den konventionellen Briefversand<br />
entstehen, einsparen lassen. Auf<br />
das Jahr 2013 bezogen entspricht dies<br />
25.801 Tonnen Kohlendioxid (CO 2<br />
) oder<br />
dem Jahresenergiebedarf von rund 10.500<br />
Vier-Personen-Haushalten. Selbst, wenn<br />
ein Teil der De-Mail-Nutzer die dazugehörigen<br />
Dokumente zur Sicherheit noch<br />
einmal ausdruckt, liegt das Einsparpotenzial<br />
immer noch bei 64 Prozent. Für<br />
das Jahr 2015 geht die Telekom von noch<br />
höheren Kohlendioxid-Einsparungen aus.<br />
Im Bereich Energie hat T-City gemeinsam<br />
mit den Technischen Werken Friedrichshafen<br />
(TWF) und weiteren Partnern die<br />
Voraussetzungen für ein intelligentes<br />
Stromnetz umfassend getestet. Intelligente<br />
Zähler (SmartMeter) und Stromnetze<br />
(SmartGrids) sollen in Zukunft zum<br />
einen den Verbrauchern mehr Transparenz<br />
bieten und damit helfen, ihren<br />
Die erste Testphase 2008 konzentrierte<br />
sich auf SmartMeter. Rund 300 interessierte<br />
Nutzer testeten die Geräte in ihren<br />
Haushalten und gaben Rückmeldung<br />
zur Funktionalität. 2009 folgte die Vernetzung<br />
zweier kompletter Stadtteile in<br />
Friedrichshafen mit 1.600 Haushalten<br />
und damit der erste Schritt in Richtung<br />
eines SmartGrid. Über den Praxistest<br />
konnten die Projektpartner die Basisfunktionalitäten<br />
ebenso überprüfen wie<br />
die Anwendung in unterschiedlichen<br />
Gebäude-/Wohn- und Montagesituationen<br />
oder Abrechnungsmöglichkeiten, die<br />
neue Tarife ermöglichen und Kunden so<br />
zum Stromsparen animieren. Erkenntnisse<br />
aus diesem Projekt finden in der<br />
Weiterentwicklung des komplett vernetzten<br />
Heims Verwendung. Smart-Metering-<br />
Lösungen sind inzwischen bei mehreren<br />
Kunden im Bundesgebiet implementiert.<br />
Laut SMARTer2020 * können alleine im<br />
Energie-Sektor durch den Einsatz von<br />
IKT die Emissionen bis 2020 um rund<br />
2 Gt CO 2<br />
e gesenkt werden.<br />
Auch zur Mobilität der Zukunft sind in<br />
der T-City Modelle erprobt worden, die<br />
inzwischen Kunden in ganz <strong>Deutschland</strong><br />
nutzen können: Der Service „Spontane<br />
Mitfahrgelegenheit“ des Darmstädter<br />
Unternehmens flinc vermittelt schnell<br />
Sekunden freie Sitzplätze in Autos auf<br />
seiner angefragten Route. Der Fahrer<br />
gibt an, wie viel Cent er pro Kilometer<br />
haben möchte. Die Smartphone-Applikation<br />
errechnet daraus den Fahrpreis<br />
und ermöglicht dem Mitfahrer neben<br />
einem Preisvergleich der Anbieter das<br />
bargeldlose Begleichen der Rechnung<br />
über ein Ein-Click-Bezahlsystem. Dazu<br />
müssen sich die Nutzer zuvor auf einer<br />
Plattform im Internet registrieren und<br />
für die bargeldlose Bezahlung anmelden.<br />
Erfolge fortführen<br />
Insgesamt wurden in fünf Jahren mehr<br />
als 40 Projekte aus allen Lebensbereichen<br />
umgesetzt. Aufgrund der positiven<br />
Erfahrungen aus dem T-City-Projekt haben<br />
die Stadt Friedrichshafen und die<br />
Deutsche Telekom im Dezember 2011<br />
eine weitere Zusammenarbeit für drei<br />
Jahre vereinbart.<br />
Die Schwerpunkte für die weitere Zusammenarbeit<br />
sind konsequent an großen<br />
gesellschaftlichen Herausforderungen<br />
ausgerichtet. Die Projekte konzentrieren<br />
sich auf die Themenbereiche Energie,<br />
Verkehr und Gesundheit. Dabei knüpfen<br />
die Partner an bisher erzielte Erfolge<br />
an. Im Bereich Energie ist das Ziel, die<br />
Versorgungssicherheit zu verbessern und<br />
Energiekosten zu sparen. Im Bereich<br />
Verkehr soll die Vernetzung unterschiedlicher<br />
Verkehrsmittel weiter vorangetrieben,<br />
der Verkehr entlastet und über<br />
fortschrittliche Mobilitätssysteme direkt<br />
und indirekt die Umwelt geschont werden.<br />
Die Gesundheitsversorgung wollen<br />
die Partner schließlich durch technologische<br />
Entwicklungen noch sicherer und<br />
kostengünstiger machen.<br />
Stromverbrauch gezielter zu steuern und<br />
Energie zu sparen. Zum anderen sind die<br />
Echtzeit-Informationen notwendig, um<br />
das Stromnetz für eine Zukunft fit zu<br />
machen, in der über die Einbindung erneuerbarer<br />
Energien die Stromproduktion<br />
vermehrt dezentral durch eine Vielzahl<br />
unterschiedlicher Produzenten erfolgt.<br />
und mobil Mitfahrgelegenheiten, auch<br />
für kurze Strecken. Fahrer und Mitfahrer<br />
finden über den Service automatisch<br />
zueinander. Die Nutzer benötigen lediglich<br />
ein Smartphone. Die „Spontane<br />
Mitfahrgelegenheit“ verbindet die internetfähige<br />
Navigationssoftware des Fahrers<br />
mit den Smartphones potenzieller<br />
Mitfahrer. Durch eine Echtzeit-Analyse<br />
von Verkehrsbewegungen vermittelt<br />
das System dem Mitfahrer in wenigen<br />
Durch den konkreten Praxistest der Technologien<br />
und das direkte Kundenfeedback<br />
werden zukünftige Produkte und Services<br />
frühzeitig optimiert. Gleichzeitig haben<br />
potenzielle Kooperationspartner und<br />
Kunden die Gelegenheit, sich vor Ort<br />
persönlich von der Lösung zu überzeugen.<br />
Die Deutsche Telekom trägt so direkt<br />
dazu bei, zukunftsweisende, umweltschonende<br />
Technologien zu erforschen,<br />
zu verbessern und zu verbreiten.<br />
* <strong>Global</strong> eSustainability Initiative (<strong>2012</strong>):<br />
SMARTer2020 – The Role of ICT in Driving a<br />
Sustainable Future.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
97
VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken<br />
Verantwortliches<br />
Energiemanagement als<br />
Langfriststrategie<br />
Für den international agierenden Schul- und Büromöbelhersteller VS ist eine langfristige<br />
strategische Planung der Energienutzung unter Klimaschutzaspekten ein zentrales<br />
Managementthema.<br />
Von Georg Benz und Dr. Axel Haberer<br />
Die Selbstverpflichtung, ein unternehmensbezogenes<br />
Klimaziel zu definieren<br />
und aktiv zur Energiewende beizutragen,<br />
ist für das Familienunternehmen mit<br />
knapp 1.000 Beschäftigten ein wichtiger<br />
Baustein seiner gesellschaftlichen<br />
Verantwortung gegenüber Kunden,<br />
Beschäftigten und allen weiteren Anspruchsgruppen.<br />
Deswegen ist VS seit<br />
2008 Mitglied beim UN <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />
Seit über 20 Jahren wird das 1898 gegründete<br />
Unternehmen vom geschäftsführenden<br />
Gesellschafter Prof. Dr.<br />
Thomas Müller geleitet, dem Enkel<br />
eines der Firmengründer. Für ihn ist<br />
langfristiges Denken sowie kulturelles,<br />
soziales und – in der Holzverarbeitung<br />
ohnehin längst bekanntes – nachhaltiges<br />
Engagement eine Selbstverständlichkeit.<br />
Die Sicherung und der<br />
Ausbau der Beschäftigung am Standort<br />
stehen deswegen ganz oben auf der<br />
strategischen Prioritätenliste. Dass mit<br />
10 Prozent der Gesamtbeschäftigten<br />
überdurchschnittlich viele Schwerbehinderte<br />
einen Arbeitsplatz finden,<br />
ist ein mittlerweile ausgezeichnetes<br />
Prädikat von VS, einem der größten<br />
Arbeitgeber des Main-Tauber-Kreises.<br />
Der VS-Holzkufenstuhl aus massivem<br />
Buchenholz hat seit seiner Entwicklung<br />
in den Nachkriegsjahren Schulmöbelgeschichte<br />
geschrieben. 1960 wurde mit<br />
dem Thermodyn-Verfahren eine hochfeste<br />
und extrem langlebige Schultischplatte<br />
entwickelt, die durch die Nutzung der<br />
Abfallspäne der eigenen Massivholzproduktion<br />
eine intelligente stoffliche<br />
Kreislaufführung zum Prinzip machte.<br />
Das aktuelle VS-Möbelprogramm, das<br />
im Direktvertrieb verkauft wird, ist auf<br />
die Bedarfe an eine hohe Flexibilität<br />
und Mobilität der Einrichtung abgestimmt,<br />
auf den Wandel in Schulen<br />
zu mehr Ganztagsangeboten, die Integration<br />
neuer Medien im Unterricht,<br />
ergonomischen Komfort sowie auf veränderte<br />
Anforderungen an die moderne<br />
Büroarbeit. Das Produktprogramm ist<br />
entsprechend breit angelegt und extrem<br />
variantenreich. Ein nachhaltiges Energiemanagement<br />
ist durch den hohen<br />
Wertschöpfungsanteil der Produktion<br />
ein Kernthema für Thomas Müller und<br />
aus seiner Sicht von hoher gesellschaftlicher<br />
Bedeutung.<br />
Der Energiebedarf hat sich durch die<br />
positiv dynamische Geschäftsentwicklung<br />
vervielfacht. Grund hierfür sind<br />
kontinuierliche Investitionen in eine<br />
Kapazitätserweiterung der Produktionsanlagen:<br />
Entgegen dem Branchentrend<br />
wurde die eigene hohe Fertigungstiefe<br />
in der Holz- und Stahlrohrverarbeitung<br />
am Standort weiter ausgebaut. VS ist ein<br />
international ausgerichteter Einrichter<br />
von Bildungsstätten sowie Spezialist für<br />
eine anspruchsvolle Büromöblierung<br />
in Industrieunternehmen, Banken und<br />
Versicherungen. Bei Großprojekten sind<br />
neben variantenreichen Serienmöbeln<br />
häufig auch kundenindividuelle Sonderanfertigungen<br />
gewünscht, die schnelle<br />
Reaktionszeiten und hohe Entwicklungskompetenz<br />
erfordern. Hier passt die<br />
Strategie der Eigenfertigung und des<br />
Direktvertriebs zusammen.<br />
Für Thomas Müller ist klar: „Als Mittelständler,<br />
der Möbel für Kunden liefert,<br />
von der kleinen Grundschule bis hin<br />
zu Arbeitsplätzen vieler DAX-Konzerne,<br />
sehen wir uns in der Verantwortung,<br />
aktiv in den Kundendialog zu treten,<br />
um die sozialen, ökologischen und<br />
ökonomischen Auswirkungen unseres<br />
Wirtschaftens transparent zu machen.<br />
Hierfür gibt uns die Initiative <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> einen Rahmen der Planung,<br />
Steuerung und Kommunikation unserer<br />
Nachhaltigkeitsstrategie.“<br />
Ein klar definiertes und im UNGC-<br />
Fortschrittsbericht kommuniziertes<br />
VS-Klimaschutzziel lautet: „VS hat sich<br />
zum Ziel gesetzt, den CO 2<br />
-Verbauch des<br />
Unternehmens im Verhältnis zum Umsatz<br />
um 30 Prozent im Zeitraum von<br />
2008 (Beitrittsjahr zum UNGC) bis zum<br />
Jahr 2015 zu senken.“<br />
98 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Umweltschutz<br />
Durch die enorme Fertigungstiefe benötigt<br />
VS viel Energie aus Strom, Erdgas<br />
und Heizöl. Zum sukzessiven Ausbau<br />
der Nutzung regenerativer Energien<br />
wurden beginnend im Jahr 2001 große<br />
Solaranlagen auf den Werkshallen installiert.<br />
Als ein weiterer Baustein des<br />
Energiemanagements setzt VS auf eine<br />
Kreislaufführung und die thermische<br />
Nutzung der Abfallspäne aus der Spanplattenverarbeitung,<br />
die zur Erzeugung<br />
von Wärme und Dampf für den Eigenbedarf<br />
genutzt werden. Ein weiterer Teil<br />
der Späne wird zum jetzigen Zeitpunkt<br />
an externe Unternehmen abgegeben. Im<br />
Rahmen der Umsetzung einer langfristigen<br />
Energiestrategie soll dieser Teil aber<br />
künftig durch ein abgestimmtes Maßnahmenpaket<br />
direkt genutzt werden.<br />
Energieträgermix<br />
Erdgas & Erdöl 25 %<br />
Erdgas & Erdöl 10 %<br />
Ein 3-stufiger Investitionsplan soll die<br />
Vorraussetzungen schaffen, um das<br />
selbstdefinierte Klimaschutzziel erreichen<br />
zu können: In der ersten Stufe<br />
der Energiestrategie wurden durch Baumassnahmen<br />
neue Lager- bzw. Pufferkapazitäten<br />
für die Späne aus Holzwerkstoffen<br />
geschaffen. Stufe 2 beinhaltet<br />
das momentane Errichten einer Fernwärmeleitung<br />
zwischen zwei räumlich<br />
getrennten Produktionsstandorten. Am<br />
ersten Standort befindet sich bereits eine<br />
Spänefeuerungsanlage, am zweiten eine<br />
Erdgasfeuerungsanlage. Damit können<br />
zusätzliche Späne anstelle von Erdgas<br />
verfeuert werden und die Wärme kann<br />
zwischen den Standorten transportiert<br />
werden. Es wird möglich sein, den Anteil<br />
von Heizöl und Erdgas am Energiebedarf<br />
von einem Viertel auf nur noch 10<br />
Prozent zu reduzieren und den Anteil<br />
regenerativer Energien auf über 50 Prozent<br />
zu steigern. In einer zukünftigen<br />
Stufe 3 soll über die Auskoppelung von<br />
Strom bei der Wärmeerzeugung die Energieausbeute<br />
bei der Energiewandlung<br />
Erdgas & Erdöl 7 %<br />
Seit über 110 Jahren in Familienhänden:<br />
Für den geschäftsführenden Gesellschafter<br />
Prof. Dr. Thomas Müller steht die Verantwortung<br />
für künftige Generationen im Fokus.<br />
weiter optimiert werden. Der Strom- und<br />
Gasbezug aus den öffentlichen Netzen<br />
kann somit zugunsten CO 2<br />
-neutraler<br />
Energieträger reduziert werden.<br />
Nach Fertigstellung der zweiten Investitionsstufe<br />
wird das Unternehmen den<br />
Anteil von Spänen am Energieträgermix<br />
von bisher 40 Prozent auf 55 Prozent<br />
in 2013 und mit Stufe 3 optional auf<br />
60 Prozent in 2015 steigern können.<br />
Gleichzeitig reduziert VS die CO 2<br />
-Emissionen<br />
von heute 7.200 t/a auf 6.300 t/a in<br />
2013 und auf optional 5.700 t/a in 2015.<br />
Mit der Umsetzung dieser investiven<br />
Maßnahmen erachtet es VS als realistisch,<br />
die energiepolitischen Unternehmensziele,<br />
die im Fortschrittsbericht des<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> formuliert wurden und<br />
die politischen Rahmenbedingungen, die<br />
mit der Energiewende in <strong>Deutschland</strong><br />
gesetzt worden sind, erfüllen zu können.<br />
Strom 36 % Späne 39 %<br />
2011<br />
Strom 36 % Späne 54 %<br />
2013 *<br />
Strom 33 % Späne 60 %<br />
2015 *<br />
* Plan<br />
Zusammenfassend bedeutet das für VS:<br />
• Vermehrter Einsatz nachwachsender<br />
Rohstoffe als Energieträger.<br />
• Energie wird erzeugt, wo sie benötigt<br />
wird.<br />
• Die installierte Technik reicht deutlich<br />
über den Standard hinaus.<br />
• CO 2<br />
-Emissionen werden gravierend<br />
und dauerhaft gesenkt.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
99
Best Practice<br />
Darüber hinaus verfolgt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
zwei sich ergänzende Ziele:<br />
100 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
CSR Management<br />
BASF<br />
BMW Group<br />
CEWE<br />
Coca-Cola <strong>Deutschland</strong><br />
Daimler<br />
Ernst & Young<br />
Krones<br />
MAN<br />
Mediengruppe macondo<br />
Volkswagen<br />
Entwicklung & Partnerschaft<br />
Lavaris Technologies<br />
1) Die zehn Prinzipien sollen zu einer Selbstverständlichkeit<br />
innerhalb von Geschäftstätigkeiten auf der ganzen Welt<br />
werden.<br />
2) Entwicklung von Maßnahmen zur Unterstützung darüber<br />
hinausgehender UN-Ziele wie etwa die Millenniums-<br />
Entwicklungsziele (MDGs)<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
101
BASF<br />
Nachhaltigkeit<br />
messbar machen<br />
Von Christine Haupt<br />
Im Jahr 2050 werden rund neun Milliarden Menschen auf der Erde leben. Diese Perspektive<br />
stellt uns vor enorme globale Herausforderungen. Mit innovativen Lösungsansätzen werden<br />
Herausforderungen zu Chancen. Dies gilt insbesondere für die Chemieindustrie: Produkte und<br />
Lösungen der BASF tragen dazu bei, Ressourcen zu schonen, gesunde Ernährung und Nahrungsmittel<br />
zu sichern und die Lebensqualität zu verbessern. Doch was heißt Nachhaltigkeit eigentlich<br />
auf ein Produkt bezogen und wie lässt sich Produktnachhaltigkeit messen?<br />
Innovative Produktentwicklungen und<br />
strategische Nachhaltigkeitswerkzeuge<br />
sind greifbare Maßnahmen der BASF, die<br />
ihren Unternehmenszweck „We create<br />
chemistry for a sustainable future“ untermauern.<br />
Ob für die Agrarwirtschaft,<br />
Körperpflege, Ernährung & Gesundheit,<br />
Bau- oder Automobilwirtschaft – so unterschiedlich<br />
die Märkte sind, so vielfältig<br />
sind die Nachhaltigkeitsinitiativen der<br />
BASF, um konkrete Marktbedürfnisse zu<br />
erfüllen. Ein Beispiel dafür ist SET, ein<br />
kundenorientierter Nachhaltigkeitsansatz<br />
des BASF Unternehmensbereichs<br />
Nutrition & Health und der BASF Einheit<br />
Sustainability Strategy.<br />
Verbraucher und der Handel suchen zunehmend<br />
nach Produkten, die zu einem<br />
nachhaltigeren Lebensstil beitragen. SET<br />
unterstützt Produzenten, die Nachhaltigkeit<br />
ihrer Produkte zu messen und<br />
zeigt konkrete Verbesserungspotenziale<br />
auf. Dies geschieht entlang der gesamten<br />
Wertschöpfungskette – von der „Wiege<br />
bis zur Bahre“. Jedes Produkt kann über<br />
einen bestimmten Zeitraum hinweg<br />
kontinuierlich nachhaltiger gestaltet<br />
werden – unabhängig davon, ob es<br />
konventionell oder unter einem Bio-<br />
Standard hergestellt wird. SET bringt<br />
Produkte „auf eine Reise“ hin zu mehr<br />
Nachhaltigkeit. Der Nachweis über die<br />
verbesserte Nachhaltigkeit schafft einen<br />
zusätzlichen Wert für den Verbraucher,<br />
den Produzenten und seine Marke.<br />
Jedes Produkt kann nachhaltiger<br />
werden<br />
Ein konkretes Beispiel dafür ist die mit<br />
dem Fleischvermarkter Westfleisch errechnete<br />
CO 2<br />
-Bilanz für Schweinefleisch.<br />
Westfleisch zählt zu einem der führenden<br />
Fleischvermarkter Europas. Soziale<br />
und ökologische Verantwortung werden<br />
hier groß geschrieben. Der Klimaschutz<br />
geht über Energieeffizienz in der Produktion<br />
und Betriebsführung hinaus:<br />
„Westfleisch übernimmt auch die Verantwortung<br />
für die Klimawirkung seiner<br />
Produkte“, erläutert Vorstandssprecher<br />
Dr. Helfried Giesen die Nachhaltigkeitsstrategie.<br />
Hierfür hat Westfleisch die<br />
Experten der BASF zu Rate gezogen. Das<br />
SET-Team der BASF untersuchte unter der<br />
Leitung von Dr. Christoph Günther, wieviele<br />
Treibhausgase entlang der gesamten<br />
Wertschöpfungkette anfallen. Erst wenn<br />
bekannt ist, wo CO 2<br />
-equivalente Emissionen<br />
anfallen, ist es auch möglich, diese<br />
kontinuierlich zu reduzieren und diese<br />
Erfolge im Markt zu kommunizieren. Dr.<br />
Christoph Günther erklärt: „Es gibt viele<br />
Stellschrauben, um Nachhaltigkeit zu<br />
verbessern. Mit unserem ganzheitlichen<br />
Ansatz finden wir Optimierungspotenziale<br />
und helfen unseren Kunden dabei,<br />
diese auszuschöpfen.“<br />
Futtermittel – ein Hebel für mehr<br />
Nachhaltigkeit<br />
Die CO 2<br />
-Bilanz führte zu klaren Ergebnissen:<br />
Obwohl das Verarbeiten von Fleisch<br />
ein energieintensiver Prozess innerhalb<br />
der Fleischproduktion ist, wirkt sich das<br />
Schlachten, Zerlegen und Verarbeiten<br />
102 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
CSR Management<br />
nur zu einem geringen Anteil auf die<br />
erzeugten Treibhausgase aus. Wesentlich<br />
stärker beeinflusst das Futtermittel die<br />
CO 2<br />
-Bilanz: Über 50 Prozent der CO 2<br />
-<br />
Bilanz von Schweinefleisch basieren<br />
auf diesem Faktor. Darin enthalten sind<br />
die in der Wertschöpfungskette vorgelagerten<br />
CO 2<br />
-relevanten Düngemittel<br />
und Maßnahmen zu Pflanzenschutz<br />
und -zucht.<br />
Interessant ist auch der unterschiedliche<br />
CO 2<br />
-Fußabdruck je Produktart:<br />
Während 1 kg rohes Schweinefleisch<br />
einen CO 2<br />
-Fußabdruck von 3,2 kg hat,<br />
liegt der verpackte Kochschinken bei<br />
3,6 kg und die „Rohwurst“ (z. B. Salami)<br />
aufgrund des energierelevanten Trocknungsprozesses<br />
bei 4 kg. Westfleisch-<br />
Vorstand Dr. Giesen sagt: „Dank SET<br />
haben wir als führendes Unternehmen<br />
der Fleischbranche einen umfassenden<br />
CO 2<br />
-Fußabdruck für unsere Produkte<br />
errechnen können. Damit können<br />
wir uns auf dem Markt differenzieren<br />
und sowohl dem Handel als auch den<br />
Verbrauchererwartungen aktiv entgegenkommen.“<br />
Ökologische, soziale und<br />
ökonomische Effekte<br />
Der CO 2<br />
-Fußabdruck ist ein wichtiges<br />
Element für das Bewerten von Produktnachhaltigkeit.<br />
Darüber hinaus<br />
analysiert SET ökonomische, soziale<br />
und weitere ökologische Effekte, wie<br />
z. B. Energieverbrauch, Wasseremissionen,<br />
Versaurungspotenzial der Böden<br />
und Landnutzung. Dafür setzt SET die<br />
BASF-eigene Ökoeffizienz-Analyse und<br />
Seebalance® ein. Ein weiterer Meilenstein<br />
von SET auf dem Weg zu mehr<br />
Nachhaltigkeit ist die sogenannte „Hot-<br />
Spot-Analyse“. Diese qualitative Analysemethode<br />
untersucht, welche Themen<br />
aus Sicht des Herstellers und aus Sicht<br />
externer Interessengruppen im Sinne der<br />
Nachhaltigkeit messbar machen – für<br />
Hersteller, Handel und Konsumenten<br />
Nachhaltigkeit besonders relevant sind.<br />
Hier stehen unter anderem z. B. Themen<br />
wie der Schutz von Tier und Mensch im<br />
Fokus. Aus dem Ergebnis leiten sich dann<br />
konkrete Maßnahmen ab, mit dem Ziel,<br />
die Produktnachhaltigkeit zielgerichtet<br />
zu optimieren.<br />
Christoph Günther erklärt: „Unsere Kunden<br />
profitieren nicht nur von einer größeren<br />
Ressourceneffizienz. Unser Ansatz<br />
generiert auch einen zusätzlichen Wert,<br />
der positiv auf die Marke des Kunden<br />
ausstrahlt. Denn letztlich möchte der<br />
Verbraucher, dass die ihm verkauften<br />
Lebensmittel nachhaltiger, das heißt mit<br />
Respekt gegenüber den Bedürfnissen von<br />
Mensch und Tier und im Einklang mit<br />
unserer Umwelt, hergestellt werden.“<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
103
BMW Group<br />
Nachhaltiges Wirtschaften<br />
als ganzheitlicher Ansatz<br />
Die BMW Group hat das Ziel, im Jahr 2020 der weltweit führende Anbieter von Premiumautomobilen<br />
und Premiummobilitätsdienstleistungen zu sein. Dabei lautet eine der Grundüberzeugungen<br />
des bayerischen Automobilherstellers: Nachhaltiges Denken und Handeln sind Grundvoraussetzungen<br />
für langfristiges Wachstum und gesteigerte Profitabilität, für die Erschließung<br />
neuer Kundensegmente sowie zukunftsweisender Technologien. In diesem Sinne hat das Unternehmen<br />
im Jahr <strong>2012</strong> Fortschritte in vielen Bereichen erzielt. Auch für das Jahr 2013 hat man<br />
sich viel vorgenommen. Im Mittelpunkt wird dabei das Thema Elektromobilität stehen.<br />
Von Kai Zöbelein<br />
Im September <strong>2012</strong> konnte die BMW<br />
Group innerhalb weniger Tage zwei<br />
große Erfolge verbuchen: Zum achten<br />
Mal in Folge wurde das Unternehmen<br />
nachhaltigster Automobilhersteller im<br />
Dow Jones Sustainability Index. Gleichzeitig<br />
belegte die BMW Group den ersten<br />
Platz unter allen Automobilherstellern<br />
im Carbon Disclosure Project <strong>Global</strong><br />
500 Ranking.<br />
Auch wenn das erfolgreiche Abschneiden<br />
in Rankings und Ratings nicht das Ziel<br />
nachhaltigen Wirtschaftens ist – so<br />
unterstreichen die Spitzenplatzierungen<br />
doch auf eindrückliche Weise, dass die<br />
BMW Group bei nachhaltigem Wirtschaften<br />
unverändert sehr gut unterwegs<br />
ist. Entscheidend ist der ganzheitliche<br />
Ansatz: Die BMW Group bezieht Nachhaltigkeit<br />
nicht allein auf das Produkt,<br />
also die Fahrzeuge auf der Straße. Der<br />
Fokus liegt auf der kompletten Wertschöpfungskette<br />
– von der frühesten<br />
Phase der Entwicklung über die Herstellung<br />
an den Produktionsstandorten und<br />
das Produkt bis hin zu durchdachten<br />
Recycling-Konzepten.<br />
So wurde in den vergangenen Jahren<br />
nicht nur der CO 2<br />
-Ausstoß der in Europa<br />
verkauften Fahrzeuge drastisch<br />
gesenkt – bis zum Jahr 2020 soll er<br />
50 Prozent unterhalb der Werte von 1995<br />
liegen. Ebenso hat das Unternehmen<br />
Anbringen des BMW Logos<br />
im Werk Tiexi, China<br />
zwischen 2006 und 2011 den Ressourcenverbrauch<br />
je produziertem Fahrzeug im<br />
Durchschnitt um 32 Prozent reduziert.<br />
Ein Meilenstein in Sachen ressourcenschonender<br />
Produktion war <strong>2012</strong> sicherlich<br />
die Eröffnung des neuen Joint-<br />
Venture-Werks im Stadtteil Tiexi der<br />
chinesischen Stadt Shenyang. Das Werk<br />
Tiexi gehört inzwischen zu den drei<br />
nachhaltigsten Werken im weltweiten<br />
Produktionsnetzwerk. Dort greift das<br />
Unternehmen erfolgreich auf die Erfahrungen<br />
und Innovationen aus den<br />
anderen Werken des weltumspannenden<br />
BMW Group Produktionsnetzwerks zurück:<br />
Der Energieverbrauch des Werks<br />
in Tiexi, wo die Temperaturen zwischen<br />
-35 °C im Winter und sommerlichen<br />
+40 °C schwanken, liegt rekordverdächtig<br />
niedrig. Luftgekühlte Kühltürme und<br />
eine Grundwasserkühlanlage sorgen für<br />
einen Ausgleich der Wärmelast im Sommer.<br />
Wärmeräder, eine Fernwärmeanlage<br />
sowie die Abwärme der Schweißzangen<br />
liefern ressourcenschonend Wärme<br />
im Winter.<br />
Auch wenn die BMW Group schon große<br />
Fortschritte realisieren konnte – für die<br />
kommenden Jahre bleiben unverändert<br />
anspruchsvolle Ziele: Das Unternehmen<br />
will langfristig alle Standorte weltweit<br />
mit Strom aus erneuerbaren Energien<br />
betreiben. Bereits seit mehreren Jahren<br />
nutzt die BMW Group an ihrem amerikanischen<br />
Standort Spartanburg erfolgreich<br />
eine Methangasanlage. Das Prinzip ist<br />
104 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
CSR Management<br />
Präsentation der Modelle BMW i8 Concept (l.) und BMW i3 Concept (r.)<br />
einfach: Aus einer zehn Meilen entfernt<br />
liegenden Mülldeponie gelangt Methan<br />
über Pipelines in das Werk, wo es in<br />
Strom und Prozesswärme umgewandelt<br />
wird. 50 Prozent des gesamten Energiebedarfs<br />
im Werk Spartanburg können auf<br />
diese Weise gedeckt werden. Das Beispiel<br />
Spartanburg zeigt, dass Umweltschutz<br />
ein profitables Geschäft sein kann: Pro<br />
Jahr werden 92.000 Tonnen CO 2<br />
und<br />
7,5 Millionen US-Dollar Energiekosten<br />
eingespart.<br />
Spartanburg ist kein Einzelfall: Die<br />
SGL Automotive Carbon Fibers – ein<br />
Joint Venture der SGL Group und der<br />
BMW Group zur Herstellung von Carbonfasern<br />
– nutzt am Standort Moses<br />
Lake im US-Bundesstaat Washington<br />
zu 100 Prozent Wasserkraft aus nahegelegenen<br />
Anlagen am Columbia River.<br />
Und im Herbst <strong>2012</strong> haben in Leipzig<br />
die Bauarbeiten für eine Windkraftanlage<br />
begonnen, die direkt vor Ort<br />
die Produktion der Elektrofahrzeuge<br />
BMW i3 und BMW i8 versorgen wird.<br />
2013 – das Jahr der Elektromobilität<br />
Aus Sicht der BMW Group wird das Jahr<br />
2013 klar im Zeichen der Elektromobilität<br />
stehen. Das Unternehmen hat sich<br />
sehr viel vorgenommen. Ende 2013 wird<br />
in Leipzig die Produktion des BMW i3<br />
starten. Der BMW i3 ist das erste rein<br />
elektrisch angetriebene Serienmodell<br />
der BMW Group und ermöglicht Fahren<br />
ganz ohne Lärm- und Abgasemissionen.<br />
Der BMW i3 wird eine Reichweite von<br />
rund 150 km haben. Der Innenraum<br />
ist mit einer Vielzahl von nachhaltigen<br />
Materialien ausgestattet, von den Sitzbezügen<br />
bis hin zu den Bodenbelägen.<br />
Da der BMW i3 bewusst als komplett<br />
neues Projekt ausgeplant wurde, konnten<br />
Nachhaltigkeitsaspekte in allen Facetten<br />
bereits von Anfang an vollständig integriert<br />
werden.<br />
Erstmals in einem Serienfahrzeug werden<br />
im BMW i3 ultraleichte carbonfaserverstärkte<br />
Kunststoffe (CFK) zum Einsatz<br />
kommen. CFK ist flexibel und formbar,<br />
ebenso fest wie Stahl aber um mehr als<br />
die Hälfte leichter. Dadurch wird das<br />
Gewicht des BMW i3 im Vergleich zu<br />
einem herkömmlichen Elektroauto um<br />
bis zu 300 Kilogramm gesenkt – und je<br />
geringer das Gewicht eines Elektrofahrzeugs,<br />
umso geringer der Energiebedarf<br />
und umso höher die Reichweite.<br />
Bei der Montage des BMW i3 werden<br />
im Vergleich zum bisherigen Werkedurchschnitt<br />
der BMW Group 50 Prozent<br />
weniger Energie und 70 Prozent weniger<br />
Wasser benötigt.<br />
Auf der Straße wird das Fahrzeug über<br />
seinen gesamten Lebenszyklus bis zu<br />
50 Prozent weniger CO 2<br />
ausstoßen, und<br />
zwar im Vergleich zu einem sehr effizienten<br />
Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.<br />
Voraussetzung ist, dass der Kunde beim<br />
Aufladen des Fahrzeuges auf Strom aus<br />
erneuerbaren Energien setzt. Auch hier<br />
bietet BMW seinen Kunden eine Lösung.<br />
Im Oktober <strong>2012</strong> haben die BMW Group<br />
und die NATURSTROM AG eine Kooperation<br />
vereinbart. BMW i Kunden werden<br />
die Möglichkeit erhalten, zu ihrem<br />
Fahrzeug auch eines der nachhaltigsten<br />
Produkte auf dem deutschen Strommarkt<br />
zu erwerben: NATURSTROM bietet 100<br />
Prozent erneuerbare Energien mit einem<br />
sehr hohen Windstromanteil, der zum<br />
Großteil in <strong>Deutschland</strong> erzeugt wird.<br />
Auch das unterstreicht: Die BMW Group<br />
versteht Nachhaltigkeit als ganzheitliche<br />
Herausforderung – und arbeitet an<br />
Lösungen für die gesamte Wertschöpfungskette.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
105
CEWE<br />
Klare Haltung: Compliance<br />
bei CEWE<br />
Der Foto- und Onlinedruck-Service CEWE ist mit 13 hoch technisierten Produktionsstandorten<br />
und ca. 3.100 Mitarbeitern in 24 europäischen Ländern als Technologie- und Marktführer präsent.<br />
Seit über 50 Jahren ist CEWE Teil der Wirtschaft und genauso lange wird sorgsam abgewogen,<br />
was mit welchen Mitteln zu wessen Wohl geschieht und welche Auswirkungen dies auf<br />
morgen hat.<br />
Von Oliver Thomsen<br />
CEWE übernimmt Verantwortung gegenüber<br />
den Mitarbeitern, der Umwelt,<br />
den Menschen, die an der Herstellung<br />
von CEWE-Produkten beteiligt sind, den<br />
Kunden, den Lieferanten und den Aktionären.<br />
Aus dem Selbstverständnis der<br />
CEWE Gruppe heraus wurde gemeinsam<br />
mit den Mitarbeitern ein Verhaltenskodex<br />
entwickelt. Zusammenfassend hat<br />
er die Einhaltung folgender Grundsätze<br />
zum Ziel:<br />
• Integrität und rechtmäßiges Verhalten<br />
bestimmen das Handeln<br />
• Geschäftsbeziehungen sind stets sachbezogen<br />
und frei von unlauteren Methoden<br />
• Mitarbeiter von CEWE nehmen keine<br />
Geschenke oder andere Zuwendungen<br />
von Geschäftspartnern entgegen<br />
• Geschäftsinformationen oder Betriebsgeheimnisse<br />
sind vertraulich<br />
• Missbrauch der eigenen Position zum<br />
persönlichen Vorteil gegenüber Dritter<br />
wird nicht geduldet<br />
Integrität, Ehrlichkeit und Verantwortung<br />
bestimmen das tägliche Handeln<br />
der rund 3.100 Mitarbeiter. Vorstand und<br />
Aufsichtsrat haben sich den Grundsätzen<br />
einer guten und verantwortungsvollen<br />
Unternehmensführung und -überwachung,<br />
die sich am Deutschen Corporate<br />
Governance Codex der Regierungskommission<br />
orientieren, verpflichtet.<br />
Seit 2008 ist Vorstandsmitglied Andreas<br />
F. L. Heydemann Corporate-Governance-<br />
Beauftragter. Darüber hinaus ist er für<br />
die Pflege und Weiterentwicklung der<br />
106 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
CSR Management<br />
Compliance-Struktur zuständig und sorgt<br />
für deren Verbindlichkeit und Umsetzung<br />
an allen Standorten.<br />
Einberufung eines externen<br />
Ombudsmanns<br />
Illegale Praktiken sind mit den Grundwerten<br />
und Geschäftsgrundsätzen von<br />
CEWE nicht vereinbar. In diesem Zusammenhang<br />
wurde ein externer Ombudsmann<br />
berufen, an den sich Mitarbeiter,<br />
aber auch Geschäftspartner und Dritte<br />
wenden können, wenn sie vertraulich<br />
und auf Wunsch anonym Hinweise auf<br />
Verdachtsfälle von Korruption, Betrug,<br />
Untreue oder andere schwere Unregelmäßigkeiten<br />
geben wollen. Seit Einberufung<br />
des Ombudsmanns hat es zwei<br />
Verdachtsfälle gegeben. Die daraufhin<br />
erfolgten Prüfungen hat keinen Gesetzesoder<br />
Richtlinienverstoß ergeben. Die<br />
beiden Sachverhalte werden proaktiv<br />
zur Mitarbeiterschulung genutzt.<br />
Prüfung von Lieferanten<br />
Ende 2009 ist CEWE dem Code of Conduct<br />
des Bundesverbands Materialwirtschaft,<br />
Einkauf und Logistik e. V. (BME)<br />
beigetreten. Dort, wo es möglich ist,<br />
arbeitet CEWE mit lokalen Lieferanten<br />
zusammen. Für die Produktion und das<br />
benötigte Material bedeutet dies, dass<br />
derzeit zu 55 Prozent in <strong>Deutschland</strong>, zu<br />
44 Prozent im europäischen Wirtschaftsraum<br />
und nur zu einem Prozent im<br />
außereuropäischen Ausland eingekauft<br />
wird. Bereits 2010 wurden sämtliche<br />
relevante Lieferanten über die Compliance<br />
Richtlinien, die sich CEWE auferlegt<br />
hat, schriftlich informiert. Diese<br />
beinhalten sowohl die CEWE-eigenen<br />
Verhaltensrichtlinien als auch den BME<br />
Code of Conduct. Sie tragen Sorge dafür,<br />
dass die gesetzlichen Bestimmungen<br />
eingehalten werden. Im Vordergrund<br />
stehen die Verhinderung von Korruption<br />
und kartellrechtswidrigen Absprachen<br />
sowie die Bekämpfung von Kinder- und<br />
Zwangsarbeit.<br />
CEWE fordert von seinen Lieferanten<br />
die Einhaltung ethischer Grundsätze,<br />
der Menschenrechte und des Umweltund<br />
Gesundheitsschutzes ein. Sämtliche<br />
Lieferanten erkennen die Richtlinien<br />
an und stellen ihre Umsetzung sicher.<br />
Darüber hinaus ist Compliance im Jahr<br />
2011 sowohl in die allgemeinen als auch<br />
in die Einkaufsrichtlinien für Maschinen<br />
und Anlagen aufgenommen worden<br />
und bildet somit die Basis für alle Einkaufsprozesse.<br />
Prüfung entlang der<br />
Wertschöpfungskette<br />
CEWE sorgt sich nicht nur um die eigenen<br />
Mitarbeiter in den Ländern Europas,<br />
in denen eigene Fotoprodukte vertrieben<br />
werden, sondern darüber hinaus auch<br />
um die Menschen sowie ihre Arbeitsverhältnisse<br />
und Sicherheitsstandards in<br />
den produzierenden Ländern. Besuche<br />
vor Ort gehören ebenso zum Nachhaltigkeitsmanagement<br />
wie die intensive<br />
Zusammenarbeit mit Dienstleistern, die<br />
in <strong>Deutschland</strong> ansässig sind, aber im<br />
Ausland produzieren lassen. Angeregt<br />
durch das Engagement von CEWE auf<br />
diesem Gebiet, wurden gemeinsam mit<br />
Zulieferern Ansprüche an die Herstellung<br />
von Produkten formuliert, die in<br />
der Branche wegweisend sind. So werden<br />
soziale Standards definiert, die aktiv zur<br />
Verbesserung in einer weltweiten Wertschöpfungskette<br />
beitragen. Gemeinsam<br />
werden so die Arbeitsbedingungen von<br />
Menschen nachhaltig verbessert.<br />
Mehr Informationen zum Unternehmen auf<br />
www.cewecolor.de<br />
Bei CEWE ist die unternehmerische Verantwortung eng verzahnt mit gesellschaftlichem<br />
Engagement. Seit 2010 ist CEWE Mitglied im <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>. Innerhalb des Paktes<br />
wird ein Katalog an Grundwerten anerkannt, unterstützt und in die Praxis umgesetzt.<br />
Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung sind<br />
Themen, für die alle Mitarbeiter in den Betrieben von CEWE sensibilisiert sind.<br />
Bild links: Andreas F. L. Heydemann, Vorstandsmitglied der CEWE COLOR Holding AG<br />
und zuständig für den Bereich Nachhaltigkeit, im Dialog mit Felix Thalmann, Vorstandsmitglied<br />
der Neumüller CEWE COLOR Stiftung und zuständig für den Bereich Ausland<br />
und Expansion.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
107
Coca-Cola <strong>Deutschland</strong><br />
Nachhaltigkeit<br />
mit Lebensfreude<br />
verbinden<br />
Coca-Cola, die laut Interbrand auch <strong>2012</strong> wertvollste Marke<br />
der Welt, ist seit über 80 Jahren in <strong>Deutschland</strong> aktiv.<br />
Unsere Verbraucher erwarten zunehmend von den Herstellern<br />
ihrer Lieblingsmarken, dass sie ökologisch, sozial und ökonomisch<br />
verantwortlich handeln, um die Lebensgrundlagen der<br />
Gesellschaft heute und in Zukunft zu sichern. 2011 wurde<br />
Coca-Cola <strong>Deutschland</strong> von der Verbraucher Initiative e. V. als<br />
„Nachhaltiger Hersteller“ in Silber ausgezeichnet.<br />
Von Uwe Kleinert<br />
Die Strategie von Coca-Cola <strong>Deutschland</strong><br />
ist dabei nicht auf einzelne nachhaltige<br />
Produkte, sondern auf den gesamten<br />
Herstellungs- und Vertriebsprozess für<br />
alle Produkte ausgerichtet. Dazu wurden<br />
Ziele in sieben Nachhaltigkeits-Feldern<br />
definiert: Das Unternehmen bietet für<br />
eine ausgewogene Ernährung über 70<br />
Produkte in allen Segmenten alkoholfreier<br />
Getränke – vom Erfrischungsgetränk<br />
über Sportgetränke, Eistees, Säfte und<br />
Saft-Schorlen bis hin zu mehreren Wässern.<br />
Dabei gibt es zu allen Erfrischungsgetränken,<br />
zu Eistees und Sportgetränken<br />
jeweils eine zucker- und kalorienfreie<br />
Alternative. Eine transparente Produktinformation<br />
auf dem Etikett gewährleistet,<br />
dass die Verbraucher sich umfassend<br />
informieren können, um die für sie<br />
richtige Kaufwahl zu treffen.<br />
Gleichzeitig hat sich Coca-Cola zu Verantwortung<br />
in Marketing und Verkauf verpflichtet<br />
und lässt dies extern überprüfen:<br />
Wir achten die Rolle der Eltern und<br />
der Schule bei der Erziehung der Kinder<br />
und richten deshalb keine Werbung an<br />
Kinder unter 12 Jahren. Ferner achten wir<br />
Schulen als werbefreie Zonen. Konkret<br />
heißt das, keine Werbung in Medien zu<br />
schalten, die zu mehr als 35 Prozent von<br />
Kindern unter 12 Jahren rezipiert werden,<br />
keine Getränke an Grundschulen zu<br />
verkaufen, in weiterführenden Schulen<br />
Produkte aus mindestens drei Getränkekategorien<br />
anzubieten, darunter eine<br />
kalorienfreie, und Verkaufsautomaten<br />
markenneutral zu gestalten. Daneben<br />
fördert Coca-Cola <strong>Deutschland</strong> einen<br />
aktiven Lebensstil im Alltag mit „Mission<br />
Olympic – Gesucht: <strong>Deutschland</strong>s aktivste<br />
Stadt“, einer Initiative für städtisches,<br />
bürgerschaftliches und privates Engagement<br />
für mehr Bewegung.<br />
Coca-Cola hat sich zum Ziel gesetzt, bis<br />
2020 wasserneutral zu produzieren.<br />
Dazu wird mit Hilfe des gemeinsam<br />
mit dem WWF entwickelten Water-<br />
Saver-Programms der Wasserverbrauch<br />
im Produktionsprozess kontinuierlich<br />
gesenkt. Gebrauchtes Prozesswasser wird<br />
so gereinigt in den Wasserkreislauf zurückgegeben,<br />
dass es den natürlichen<br />
Lebensbedingungen von Fischen entspricht.<br />
Schließlich soll bis 2020 das für<br />
die Getränke selbst benötigte Wasser<br />
durch Wasserrückgewinnungsprojekte<br />
(z.B. Regengewinnung, Bau von Brunnen)<br />
ersetzt werden. Bereits heute gibt es<br />
weltweit fast 400 solcher Projekte.<br />
Beim Klimaschutz setzt das Unternehmen<br />
in der Lieferkette vor allem dort an, wo<br />
die größten Einsparungen erreicht werden<br />
können, z. B. der Einsatz von selbst entwickelten<br />
Energiesparmodulen, die den<br />
Energieverbrauch bei bisher rund 85.000<br />
Kühlern um bis zu 30 Prozent senken.<br />
Gemeinsam mit dem WWF wurde das<br />
Energy-Saver-Programm entwickelt, mit<br />
dem Energie in der Produktion gespart<br />
wird, wobei der Strom für die Produktion<br />
seit 2011 ausschließlich aus erneuerbaren<br />
Energiequellen bezogen wird.<br />
Bei Verpackungen wird durch neue Technologien<br />
bei gleichbleibender Qualität<br />
stetig Material eingespart. Coca-Cola hat<br />
die PlantBottle entwickelt und auf den<br />
Markt gebracht – die erste Kunststoff-<br />
108 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
CSR Management<br />
flasche, die zum Teil aus nachwachsenden<br />
Rohstoffen besteht. Langfristiges<br />
Ziel ist es, Kunststoffflaschen ab 2020<br />
nur noch aus PlantBottle-Flaschen<br />
herzustellen und so fossile Rohstoffe<br />
einzusparen. Mit einem Mehrweganteil<br />
von über 60 Prozent liegt Coca-Cola fast<br />
dreimal höher als der Marktdurchschnitt<br />
für alkoholfreie Getränke (22,4 Prozent).<br />
Als Arbeitgeber fördert Coca-Cola vor<br />
allem die Vielfalt der Mitarbeiter und<br />
Frauen in Führungspositionen. Gesellschaftliches<br />
Engagement der Firma und<br />
der Mitarbeiter an den über 60 Standorten<br />
in <strong>Deutschland</strong> gehört zum Grundverständnis<br />
der Unternehmensverantwortung.<br />
So führt das Unternehmen<br />
jährlich einen Nachhaltigkeitsmonat<br />
durch, bei dem über 500 Mitarbeiter an<br />
40 bis 50 regionalen ökologischen oder<br />
sozialen Projekten helfen.<br />
Coca-Cola <strong>Deutschland</strong> hat <strong>2012</strong> den<br />
zweiten Nachhaltigkeitsbericht – jetzt<br />
auf dem höchsten Niveau A+ der <strong>Global</strong><br />
Reporting Initiative (GRI) – veröffentlicht<br />
und auch die Entsprechungserklärung<br />
zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex<br />
abgegeben. Direkt am POS können<br />
die wichtigsten Punkte mit der Barcoo-<br />
App, die Zugriff auf unabhängige Informationen<br />
zu Produkten über das<br />
Smartphone liefert, abgerufen und der<br />
komplette Bericht angefordert werden.<br />
zu motivieren. Eine gemeinsam mit<br />
der Verbraucher Initiative e. V. durchgeführte<br />
Umfrage ergab zudem, dass<br />
die Menschen schon heute Nachhaltigkeit<br />
stärker mit Lebensfreude als mit<br />
Verzicht verbinden. Damit passt Nachhaltigkeit<br />
auch zu den Kernwerten vieler<br />
Coca-Cola Marken.<br />
Bereits in der Vergangenheit wurde die<br />
Weihnachts-Truck-Tour genutzt, um<br />
soziale Initiativen finanziell und kommunikativ<br />
zu unterstützen (Nordoff-<br />
Robbins-Stiftung, SOS-Kinderdörfer, Ein<br />
Herz für Kinder). Heute stellt Mission<br />
Olympic die Freude an der Bewegung<br />
in den Mittelpunkt; und Coca-Cola nutzt<br />
die Bekanntheit der eigenen Marken verstärkt,<br />
um für gesellschaftlich relevante<br />
Themen zu werben. Mit Coca-Cola light<br />
will das Unternehmen das Bewusstsein<br />
für die Herzgesundheit bei Frauen erhöhen.<br />
Dazu startete im Dezember 2011 die<br />
Initiative „Hör auf dein Herz“ mit der<br />
Deutschen Gesellschaft für Geschlechtsspezifische<br />
Medizin e. V. als Partner. <strong>2012</strong><br />
folgte dann die Fanta Spielplatzinitiative<br />
für sicheres und freies Spielen gemeinsam<br />
mit dem Deutschen Kinderhilfswerk<br />
und dem TÜV Rheinland. Zukünftig<br />
will das Unternehmen solche Aspekte<br />
zunehmend auch in die Kommunikation<br />
weiterer Marken einbauen, die für ein<br />
positives Lebensgefühl stehen.<br />
Der Bericht legte die Basis für eine aktivere<br />
Kommunikation der Nachhaltigkeitsaktivitäten<br />
an Fachleute und Verbraucher.<br />
Verstärkt werden Nachhaltigkeitsbotschaften<br />
auch in die Markenkommunikation<br />
einbezogen. Denn der<br />
Dialog mit den Stakeholdern ergab, dass<br />
die Anspruchsgruppen von Coca-Cola<br />
erwarten, dass das Unternehmen die<br />
Kraft seiner Marken auch nutzt, um auf<br />
gesellschaftliche Herausforderungen<br />
aufmerksam zu machen, zu ihrer Lösung<br />
beizutragen und so die Verbraucher<br />
zu einer nachhaltigeren Lebensweise<br />
Coca-Cola <strong>Deutschland</strong><br />
Coca-Cola ist seit 1929 in <strong>Deutschland</strong> vertreten. Heute arbeiten über 10.000<br />
Mitarbeiter an über 60 Standorten in <strong>Deutschland</strong>, davon 24 mit Produktion.<br />
Coca-Cola bietet mehr als 70 Produkte in allen Segmenten alkoholfreier<br />
Getränke. Eine „Social Economic Impact“-Studie der Beratungsgesellschaft<br />
Steward Redqueen ergab, dass durch die gesamte Wertschöpfungskette<br />
von Coca-Cola in <strong>Deutschland</strong> direkt und indirekt eine wirtschaftliche<br />
Gesamtleistung von 6,1 Milliarden Euro erbracht wird, 2,9 Milliarden Euro<br />
Steuern gezahlt und 119.000 Arbeitsplätze gesichert werden.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
109
Daimler<br />
Integrität im Dialog:<br />
Gemeinsam für eine integre<br />
Unternehmenskultur<br />
Die Daimler AG war eines der ersten Mitglieder des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> und gehört seit 2011 zu<br />
seiner LEAD-Gruppe. Die Grundwerte von Daimler stehen im Einklang mit seinen Prinzipien,<br />
seine Leitlinien sind Maßstab für unser Handeln. Die Richtlinien des Unternehmens, allen voran<br />
die Verhaltensrichtlinie „Richtlinie für integres Verhalten“, richten sich nach ihm aus. Aber nicht<br />
nur formal findet der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Eingang in die Geschäftstätigkeit. Es ist dem Unternehmen<br />
ein zentrales Anliegen, dass seine Grundsätze von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
mitgetragen und im beruflichen Alltag gelebt werden. Daher hat das Unternehmen auf der<br />
Grundlage dieser Prinzipien Ende 2011 mit der Initiative „Integrität im Dialog“ einen Austausch<br />
über die Bedeutung von Integrität bei Daimler mit seinen Beschäftigten begonnen.<br />
Von Pia Simon<br />
Als Unternehmen haben wir uns den<br />
Grundsätzen des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> verpflichtet.<br />
Die Achtung und Wahrung<br />
von Menschen- und Arbeitnehmerrechten,<br />
den Schutz der Umwelt und den<br />
Kampf gegen Korruption fordern und<br />
fördern wir. Wie aber bringt man diese<br />
Themen 270.000 Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern konzernweit nahe? Dieser<br />
Aufgabe begegnete der Vorstand mit einer<br />
groß angelegten Initiative. Unter Federführung<br />
von Dr. Christine Hohmann-<br />
Dennhardt, im Vorstand für Integrität<br />
und Recht verantwortlich, startete im<br />
November 2011 die Initiative „Integrität<br />
im Dialog“. Ziel der Integritäts-Dialoge<br />
war es, über Länder-, Bereichs- und Hierarchiegrenzen<br />
hinweg ein gemeinsames<br />
Verständnis darüber zu erzielen, was<br />
Integrität für die Beschäftigten konkret<br />
im Alltag bedeutet.<br />
Weltweiter Austausch<br />
In allen Unternehmensbereichen sowie<br />
in allen Märkten fanden Dialogveranstaltungen<br />
statt. Die Beschäftigten diskutierten<br />
mit Mitgliedern des Vorstands,<br />
Führungskräften und externen Experten<br />
über die Bedeutung von Integrität im<br />
Alltag und den Umgang mit schwierigen<br />
Dilemmasituationen. Der Abgleich der eigenen<br />
Einstellung, des „inneren Kompass“<br />
mit dem der Kollegen und Führungskräfte<br />
sowie dem Wertesystem des Unternehmens<br />
stärkte das gemeinsame Verständnis.<br />
Neben den Veranstaltungen bieten<br />
interaktive Angebote im Intranet, so zum<br />
Beispiel ein Integritätsblog, den Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern die Möglichkeit,<br />
diese Diskussion fortzusetzen<br />
und weitere Meinungen einzubringen.<br />
Unter dem Motto „Integrität bewegt –<br />
Vorfahrt für Respekt, Offenheit und Fairness“<br />
brachte ein eigens gestalteter Integrity<br />
Truck den unternehmensweiten<br />
Dialog an 18 Standorte der Daimler AG<br />
in <strong>Deutschland</strong>. Sein Angebot richtete<br />
sich insbesondere an die Beschäftigten<br />
in der Produktion.<br />
Positive Rückmeldungen<br />
Der gesamte Integritätsdialog ist sehr<br />
positiv aufgenommen worden und die<br />
Möglichkeit, seine Meinung einzubringen,<br />
hat großen Zuspruch erfahren. Die<br />
Ergebnisse aus ausgewählten Dialogveranstaltungen<br />
sind in einem aufwändigen<br />
Prozess gesammelt und ausgewertet worden.<br />
Das Feedback aus den Dialogveran-<br />
Integrity Truck Tour durch die Werke<br />
110 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
CSR Management<br />
staltungen zeigt deutlich und in großer<br />
Übereinstimmung, dass Integrität einen<br />
sehr hohen Stellenwert bei den Beschäftigten<br />
besitzt. Im Umgang miteinander<br />
und der Unternehmenskultur, aber auch<br />
für das Ansehen als Premium-Automobilhersteller<br />
spielt sie eine tragende Rolle.<br />
Integrität im Arbeitsalltag zeigt sich aus<br />
Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
in selbstverantwortlichem Handeln<br />
und Verantwortungsübernahme, gegenseitigem<br />
Respekt, Transparenz und Offenheit.<br />
Voraussetzung für Integrität ist<br />
eine Unternehmenskultur, die von einer<br />
vertrauensvollen Arbeitsatmosphäre<br />
sowie wechselseitiger Wertschätzung<br />
geprägt ist.<br />
Die Rückmeldungen der Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter sind inzwischen in<br />
unsere überarbeitete Verhaltensrichtlinie<br />
eingeflossen. In dieser Konzernbetriebsvereinbarung<br />
sind die bei Daimler<br />
geltenden grundlegenden Verhaltensgrundsätze<br />
und Leitlinien für das tägliche<br />
Handeln festgeschrieben. Damit wurde<br />
eine gemeinsam getragene, klare und<br />
verbindliche Grundlage für Integrität<br />
im Unternehmen geschaffen.<br />
Eigenverantwortliches Handeln<br />
Nicht nur die Verhaltensrichtlinie ist<br />
überarbeitet worden: Das gesamte interne<br />
Regelwerk ist bei Daimler einer<br />
Prüfung unterzogen worden. Wie stark<br />
ist der Arbeitsalltag durch Regularien bestimmt?<br />
Besteht genügend Freiraum, um<br />
eigenverantwortliche Entscheidungen<br />
zu treffen? Welche Richtlinien können<br />
gestrafft, welche aufgehoben werden?<br />
Regeln sind unverzichtbar. Auch für<br />
das Miteinander im Unternehmen. Sie<br />
sorgen für Orientierung im komplexen<br />
Geschäftsalltag und geben wie Leitplanken<br />
Sicherheit für das Handeln im<br />
Berufsalltag. Zu viele Regeln können<br />
jedoch verunsichern und als Hemmnis<br />
für eigenverantwortliches Handeln<br />
empfunden werden. Deshalb haben wir<br />
unsere Regelwerke verschlankt. Rund<br />
1.800 interne Regeln wurden auf rund<br />
700 reduziert. Damit sind Redundanzen<br />
beseitigt und mehr Überschaubarkeit<br />
geschaffen worden. So können Regeln<br />
ihren Zweck erfüllen! Sie bieten Handlungssicherheit<br />
und stärken Eigenverantwortlichkeit.<br />
Externe Partner<br />
Das Thema Integrität berührt und betrifft<br />
aber Daimler nicht allein. Im September<br />
<strong>2012</strong> hat das Unternehmen deshalb mit<br />
namhaften Persönlichkeiten aus Wissenschaft,<br />
Wirtschaft, Politik, Journalistik<br />
und Nicht-Regierungsorganisationen<br />
einen Beirat für Integrität und Unternehmensverantwortung<br />
gegründet. Die<br />
Mitglieder des Beirats verfügen aufgrund<br />
ihres persönlichen Hintergrunds über<br />
fundierte Erfahrung zu Fragen ethischen<br />
Verhaltens und werden den Integritätsprozess<br />
bei Daimler aus externer<br />
Sicht kritisch und konstruktiv begleiten.<br />
Auch seine Geschäftspartner informiert<br />
Daimler über seine wertorientierten<br />
Grundsätze des Handelns. <strong>2012</strong> ist unsere<br />
Broschüre „Anständige Geschäfte –<br />
Unsere gemeinsame Verantwortung“ erschienen,<br />
die anhand der Prinzipien des<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> aufzeigt, welche Erwartungen<br />
das Unternehmen hinsichtlich<br />
ethischen Verhaltens im Geschäftsverkehr<br />
hat. Weltweit haben seither mehr<br />
als 63.000 externe Partner – z. B. alle<br />
Lieferanten, Joint Venture Partner, Händler,<br />
Marketing- und Sponsoring-Partner –<br />
wdie Broschüre erhalten. Zusätzlich<br />
bietet Daimler Schulungen für seine<br />
Geschäftspartner an, in denen Integrität<br />
und Regeleinhaltung ausführlich<br />
behandelt werden.<br />
Kontinuierliche Weiterentwicklung<br />
Die vielfältigen Aktivitäten bei Daimler<br />
zeigen: Integrität nachhaltig in der Unternehmenskultur<br />
zu verankern, erfordert<br />
kontinuierliche und konsequente<br />
Maßnahmen und den stetigen Dialog mit<br />
allen Stakeholdern. Das große Interesse<br />
sowie die positiven Rückmeldungen bestärken<br />
uns darin, diesen Prozess weiterzuführen.<br />
Nur wenn sich alle fortlaufend<br />
an seiner Weiterentwicklung beteiligen<br />
und aus eigener Überzeugung aktiv<br />
teilnehmen, wird es gelingen, integres<br />
Verhalten unter Berücksichtigung der<br />
Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> nachhaltig<br />
in die Realität wirtschaftlichen<br />
Geschehens zu verankern.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
111
Ernst & Young<br />
Energieeffizienz:<br />
Wesentlicher Faktor für<br />
Wettbewerbsfähigkeit<br />
Von Dipl.-Ing. Andreas von Saldern<br />
Für das produzierende Unternehmen in Zentraleuropa war die bisher erzielte Energieeffizienz<br />
ein wichtiger Schutz vor den günstigen Personalkosten in den sogenannten BRIC-Staaten<br />
(Brasilien, Russland, Indien und China). Je höher die Energiekosten stiegen, desto stärker<br />
halfen energieeffiziente Anlagen, die niedrigeren Personalkosten zu kompensieren. Diese<br />
Position droht nun verloren zu gehen. Aufgrund des starken Wirtschaftswachstums in diesen<br />
Ländern wurde viel Kapital in Neuanlagen (und damit in der Regel in effizientere Anlagen)<br />
investiert. Als Konsequenz verfügen die dortigen Markteilnehmer zunehmend über die effizienteren<br />
Anlagen und niedrigere Personalkosten. Für zentraleuropäische Unternehmen stellt sich<br />
deshalb die Herausforderung, dass sie ihre Energieeffizienz überproportional steigern müssen,<br />
um wettbewerbsfähig zu bleiben.<br />
So sehen einige Unternehmen eine jährliche<br />
Effizienzsteigerung um fünf bis<br />
sechs Prozent als Voraussetzung an, um<br />
langfristig im Wettbewerb bestehen zu<br />
können. Das ist deutlich mehr, als z. B.<br />
in der europäischen Energieeffizienzrichtlinie<br />
gefordert wird.<br />
Wie erhalten Unternehmen in zehn bis<br />
20 Jahren kostengünstige Energie? Der<br />
weltweite Energiebedarf steigt, einige<br />
Länder steigen aus der nuklearen Energiegewinnung<br />
aus und die Versorgungsstrukturen<br />
verschieben sich dramatisch.<br />
Damit sind Preissteigerungen und Versorgungsengpässe<br />
realistische Szenarien<br />
geworden. Die Unternehmen, die<br />
sich strategisch mit Fragen auseinander<br />
gesetzt haben, wie sie langfristig die<br />
kostengünstige Versorgung mit Energie<br />
sicherstellen, erreichten nicht nur,<br />
dass sie ihre Vulnerabilität reduzierten.<br />
Oftmals identifizierten sie dabei auch<br />
für sich neue wachsende Geschäftsfelder.<br />
Carbon Disclosure Project erzeugt<br />
Energie-Transparenz<br />
Ursprünglich war das Carbon Disclosure<br />
Project (CDP) von einem Zusammenschluss<br />
internationaler Investoren<br />
gegründet worden, um in leicht<br />
zugänglicher Form Auskunft über die<br />
Carbon-Exposure von börsennotierten<br />
Unternehmen zu erhalten. Da CO 2<br />
-<br />
Emissionen meist in der Regel eng mit<br />
dem Energieverbrauch verknüpft sind,<br />
hat sich das CDP auch als Informationsplattform<br />
für die Energie-Performance<br />
von Unternehmen herausgebildet.<br />
Zertifizierte Energie-Management-<br />
Systeme werden zunehmend<br />
gefordert<br />
Unternehmen müssen sich in einigen<br />
Ländern der Herausforderung stellen,<br />
dass die Energiekosten im internationalen<br />
Vergleich überproportional hoch sind.<br />
Teilweise werden die Energiekosten zu<br />
mehr als 40 Prozent durch Steuern und<br />
Abgaben bestimmt. Die Optimierung<br />
dieser Abgaben ist deshalb von vitaler<br />
Bedeutung. <strong>Deutschland</strong> z. B. gewährt<br />
deshalb massive Erleichterungen wie<br />
steuerlichen Spitzenausgleich oder Befreiung<br />
von der Erneuerbare-Energie-<br />
Umlage. Diese Erleichterungen werden<br />
Andreas von Saldern ist Executive Director<br />
von Ernst & Young Climate Change and<br />
Sustainability Services, <strong>Deutschland</strong>.<br />
112 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
CSR Management<br />
zunehmend an die Existenz von zertifizierten<br />
Energie-Management-Systemen<br />
(EnMS) z. B. gemäß ISO 50001 geknüpft<br />
(vgl. Grafik), die nun aufzubauen oder<br />
anzupassen sind.<br />
Holistischer Ansatz identifiziert<br />
Potenziale<br />
Energiemanagementsysteme sollten sich<br />
nicht nur auf die „Verwaltung“ und Minimierung<br />
des bestehenden Energieverbrauches<br />
konzentrieren. Vielmehr<br />
sollten in einem holistischen Ansatz,<br />
der über die formalen Anforderungen<br />
der Normen hinausgeht, strategische<br />
Aspekte ebenso berücksichtigt werden<br />
wie die Integration in die Produkt- und<br />
Prozessentwicklung bis hin zur Ausnutzung<br />
von steuerlichen Erleichterungen<br />
und Subventionsmöglichkeiten.<br />
Kontinuierliche<br />
Verbesserung<br />
Act<br />
Management-<br />
Review<br />
Interne Auditierung<br />
des EnMS<br />
Energiepolitik<br />
Energieplanung<br />
Einführung und<br />
Umsetzung<br />
Kontrolle<br />
Check<br />
Plan<br />
Do<br />
Ernst & Young<br />
bietet Organisationen<br />
Unterstützung bei der<br />
Implementierung von<br />
Energiemanagementsystemen<br />
oder Zertifizierungen<br />
nach ISO 50001<br />
oder EMAS an.<br />
Überwachung,<br />
Messung und Analyse<br />
Nichtkonformitäten, Korrektur<br />
und Vorbeugungsmaßnahmen<br />
Sind neue Investitionen geplant, sollten<br />
die Energieeinsparungsmaßnahmen<br />
besonders berücksichtigt werden. In<br />
diesem Stadium lassen sie sich deutlich<br />
kostengünstiger realisieren, als wenn sie<br />
nachträglich eingebaut werden. Auch<br />
sollten die langfristigen Anforderungen<br />
zu Energiereduzierungen in die<br />
Planungsprozesse integriert werden.<br />
Wesentlicher Bestandteil eines Energiemanagementsystems nach ISO 50001 ist der<br />
als PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act) bekannte kontinuierliche Verbesserungsprozess<br />
(Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an DIN EN ISO 50001:2011).<br />
So fordert z. B. die EU in einigen Bereichen<br />
eine Reduktion des gesamten<br />
Energieverbrauchs um 20 Prozent –<br />
absolut! Einigermaßen normales Wirtschaftswachstum<br />
vorausgesetzt würde<br />
dies eine Reduktion um 50 bis 70 Prozent<br />
pro Produkt bedeuten. Eine solche Reduzierung<br />
lässt sich in der Regel nicht<br />
mehr durch kontinuierliche Verbesserung<br />
erreichen, sondern erfordert ein<br />
„redesign“ oder „rethink“ von Produkten<br />
und Prozessen. Das kann wiederum neue<br />
Marktchancen eröffnen.<br />
Supply Chain bietet Potenzial<br />
In machen Branchen sind die vorgelagerten<br />
Fertigungsschritte diejenigen, die<br />
einen Großteil des Energieverbrauchs<br />
verursachen. Hier hilft nicht die eigene<br />
Optimierung. Die Energieeffizienz der<br />
Zulieferer zu betrachten kann helfen,<br />
erhebliche Kostenpotentiale zu heben.<br />
Je weniger Energie die Zulieferer verbrauchen,<br />
desto kostengünstiger können<br />
sie anbieten. Die Realisierungsansätze<br />
können dabei von einfachen Schulungen<br />
über gemeinsame Energieanlagen bis<br />
zum Erwerb der Lieferanten reichen.<br />
Dies kann auch dazu beitragen, die Versorgungssicherheit<br />
zu erhöhen.<br />
Renditeanforderungen in produzierenden<br />
Unternehmen in der Regel deutlich<br />
kürzer. Es ist aber ein Kennzeichen von<br />
Infrastrukturmaßnahmen, dass sie sich<br />
oft erst langfristig rechnen. Investiert<br />
ein Unternehmen nur in kurzfristige<br />
Maßnahmen, dann werden auf Dauer<br />
die Standorte unattraktiv und verlieren<br />
im internationalen Wettbewerb.<br />
Eine Möglichkeit, dieses Dilemma zu<br />
lösen, ist, die Aufgaben der Energieversorgung<br />
in Standortbetriebsgesellschaften<br />
auszugliedern, die sich dann<br />
auf die langfristige Standortsicherung<br />
konzentrieren. Eine andere ist, bei Investitionsentscheidungen<br />
zu Energieeinsparung<br />
nicht den heutigen Energiepreis<br />
zugrundezulegen, sondern einen strategisch<br />
erwartet höheren Wert. Analoges<br />
gilt für CO 2<br />
-Einsparungen in Emissionshandelssystemen.<br />
Herausforderung: Renditeanforderung<br />
an Energieeinsparungen<br />
Während Energieversorger gewohnt sind,<br />
in Amortisationszeiträumen zu denken,<br />
die Jahrzehnte überstreichen, sind die<br />
Fazit<br />
Energiekosten sind ein signifikanter<br />
Kostenblock. Nur durch einen holistischen<br />
Ansatz lassen sich die Potenziale<br />
in diesem Bereich optimal nutzen.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
113
KRONES<br />
Nachhaltigkeit im<br />
Getränkemaschinenbau<br />
enviro heißt das Programm, das bei Krones den schonenden Umgang mit Ressourcen behandelt.<br />
Bis 2015 sollen alle Neumaschinen gemäß den Vorgaben dieses standardisierten und zertifizierten<br />
Managementsystems bewertet werden. Krones bietet weltweit Abfüll- und Verpackungsmaschinen<br />
für die Getränkeindustrie an sowie ein breites Spektrum an Verfahren zur Herstellung<br />
und Aufbereitung von Getränken und flüssigen Nahrungsmitteln.<br />
Von Kristina Ebenbeck<br />
Mit der Selbstverpflichtung, energieund<br />
medieneffiziente Maschinen und<br />
Systeme zu produzieren sowie die Umweltverträglichkeit<br />
der Maschinen fortzuentwickeln,<br />
begleitet Krones seine<br />
Kunden. Die weltweit vertretenen großen<br />
Getränkehersteller ebenso wie mittelständische<br />
und regional aufgestellte<br />
Abfüller werden so auf ihrem Weg hin<br />
zu einem nachhaltigen Umgang mit<br />
Ressourcen unterstützt.<br />
Dieser Fokus innerhalb der Nachhaltigkeitsstrategie<br />
von Krones integriert<br />
zunächst Verfahrensweisen in der Forschung<br />
und Entwicklung, sodass Energieund<br />
Medieneffizienz im täglichen Maschinenbetrieb<br />
realisiert werden können.<br />
Am Anfang der Entwicklungsarbeit steht<br />
die Betrachtung des gesamten Produktions-<br />
und Abfüllprozesses von Getränken<br />
und die Analyse der Verbrauchsdaten<br />
der eingesetzten Maschinen. In<br />
Detailprojekten zu einzelnen Maschinen<br />
erarbeiten die Ingenieure Lösungen, um<br />
die Verbräuche und den Medieneinsatz<br />
sowie die erforderlichen Roh-, Hilfs- und<br />
Betriebsstoffe zu minimieren. Am Ende<br />
der Entwicklungsarbeit stehen Anlagen,<br />
mit denen die Abnehmer nachweislich<br />
Energie und andere Medien wie Wasser<br />
und Druckluft einsparen.<br />
Der italienische Mineralbrunnen Tione<br />
hat diesen Ansatz zur Ressourcenschonung<br />
aufgegriffen und eines der ersten<br />
Systeme zur Abfüllung und Verpackung<br />
gemäß den enviro Vorgaben installiert.<br />
„Diese nachhaltig wirkende Technologie<br />
hat uns sehr gefallen“, bestätigt Betriebsleiter<br />
Fabio Fioravanti. „Wir erwarten uns<br />
von enviro einen um rund 30 Prozent<br />
niedrigeren Energieverbrauch im Vergleich<br />
zur bestehenden Anlage. Außerdem<br />
wollen wir die Möglichkeit nutzen,<br />
die Preformgewichte der PET-Behälter zu<br />
senken, beispielsweise bei der 1,5-Liter-<br />
Flasche für karbonisierte Getränke von<br />
32 Gramm auf 28 Gramm. Insgesamt<br />
gehen wir, auch bedingt durch enviro,<br />
von einer Linieneffizienz von über 95<br />
Prozent aus.“ Der Mineralwasserabfüller<br />
aus Orvieto in der Region Umbrien<br />
nutzt einen ErgoBloc L, eine komplette<br />
Maschinenkombination von Krones mit<br />
Streckblasmaschine zur Herstellung von<br />
PET-Flaschen, Etikettiermaschine und<br />
Füllmaschine. Durch die Etikettierung<br />
der Flaschen vor dem Füllen konnte ein<br />
sehr kompaktes Anlagenkonzept verfolgt<br />
werden, durch das lange und damit auch<br />
energieintensive Transportstrecken der<br />
Flaschen zwischen den einzelnen Aggregaten<br />
der Linie entfallen können.<br />
Das Programm enviro in der<br />
Maschinenentwicklung<br />
In mehreren Projektteams werden die<br />
einzelnen Schritte des enviro Prozesses<br />
für die Neukonstruktion von Maschinen<br />
durchlaufen. In der Analyse der<br />
Ist-Situation mit der Frage „Wie steht<br />
die Maschine gegenwärtig im Hinblick<br />
auf Nachhaltigkeitsfragen da?“ werden<br />
folgende Größen geprüft:<br />
- Energieeffizienz mit Verbrauch an<br />
elektrischer Energie, Druckluft, Wärme<br />
bzw. Kälte,<br />
- Medieneffizienz mit dem Bedarf an<br />
Betriebsgasen und Wasser,<br />
- Umweltverträglichkeit mit der Prüfung<br />
der Zusammensetzung der Hilfs- und<br />
Betriebsstoffe und deren Mengenbedarf,<br />
Abfallaufkommen und Emissionen.<br />
114 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
CSR Management<br />
Anschließend werden die Anforderungen<br />
definiert, welche Leistung die Maschine<br />
erbringen soll und in welchem Maß<br />
dies mit der Einsparung von Ressourcen<br />
verknüpft werden kann. Dabei ist eine<br />
klare Rentabilitätsvorgabe einzuhalten<br />
in Bezug auf die Total Cost of Ownership<br />
und den Return on Investment. Diese<br />
Vorgaben kommen im Produktentwicklungsprozess<br />
zum Tragen, sodass bei<br />
der Komponentenbeschaffung und bei<br />
deren Auslegung schon von Anfang an<br />
die Ressourceneffizienz gesetzt ist. Ein<br />
Beispiel aus dem ErgoBloc L : Die innovative<br />
Antriebssteuerung mithilfe von<br />
Servotechnik ermöglicht es, die Einzelmaschinen<br />
bei Anlagenstörungen auszukuppeln<br />
und die Störung zu beseitigen,<br />
während die anderen Maschinenteile<br />
ungehindert leerfahren können. Gerade<br />
die Stopps im Sekundenbereich und das<br />
damit verbundene Wiederanfahren der<br />
Maschinen waren bisher oft mit hohem<br />
Energieeinsatz verbunden.<br />
Extern zertifizierte Abläufe<br />
Nur mit einem nachvollziehbaren Verfahren<br />
kann dieses selbst gesteckte Ziel<br />
von Nachhaltigkeit für die Krones Maschinen<br />
erreicht werden. Daher wurde<br />
schon bei der Einführung des enviro<br />
Programms eine Zertifizierung durch<br />
TÜV SÜD Industrial Services vorgesehen,<br />
durch die alle internen Bewertungsabläufe<br />
einem extern kontrollierten Verfahren<br />
unterzogen werden. Um die Energie- und<br />
Medieneffizienz bewerten zu können,<br />
kommt eine Bewertungsmatrix zum Einsatz,<br />
die durch den TÜV SÜD Industrial<br />
Services geprüft wird. Dabei können<br />
Maschinen beispielsweise enviro Punkte<br />
sammeln, wenn Abwärme für weitere<br />
Prozesse genutzt wird, Motoren und<br />
Pumpen mit hohem Wirkungsgrad und<br />
schadstoffarme Stoffe eingesetzt werden.<br />
Anschließend entscheidet der von<br />
Krones benannte enviro Beauftragte, ob<br />
die Maschine oder das System die enviro<br />
Kriterien ausreichend erfüllt. Dann kann<br />
das enviro Siegel sowie der enviro Pass<br />
vergeben werden, der die technischen<br />
Daten für das System und die Bedarfsprognose<br />
für Energie dokumentiert.<br />
Nur der Praxisbetrieb zählt<br />
Entscheidend ist, ob die Anlage im täglichen<br />
Betrieb tatsächlich das leistet, was<br />
im Produktentwicklungsprozess prognostiziert<br />
wurde. Daher wurde auch das<br />
Messverfahren, das für die Prüfung der<br />
Verbrauchsdaten verwendet wird, durch<br />
eine externe Prüfung zertifiziert. In der<br />
Anlage bei Tione wurden mit TÜV SÜD<br />
Industrial Services alle prognostizierten<br />
enviro Verbrauchswerte und deren<br />
Messung nachvollzogen. Dazu wurden<br />
eine vordefinierte Messprozedur verfolgt<br />
und hochgenaue Messgeräte an definierten<br />
Messpunkten eingesetzt. Unter<br />
festgeschriebenen Betriebsbedingungen<br />
wurden der Produktstrom, die Energiezufuhr<br />
sowie die Verbrauchsdaten für<br />
Druckluft und Kälte bzw. Wärme nachvollzogen.<br />
Zusätzlich wird der Nachweis<br />
der verwendeten Schmierstoffe, Reinigungsmittel<br />
und Desinfektionsmittel auf<br />
deren Umweltverträglichkeit geführt.<br />
Vorreiterrolle im Getränkemaschinenbau<br />
Mit dem klaren Ziel, sich im Maschinenbau<br />
mit nachhaltigen Systemen für<br />
die Zukunft auszurichten, übernimmt<br />
Krones eine Vorreiterrolle im Getränkemaschinenbau.<br />
Die Aufgaben hierzu umfassen<br />
nicht nur gesellschaftspolitische<br />
Themen, sondern auch das intensive<br />
Optimieren von allen Anlagen rund<br />
um die Herstellung und Abfüllung von<br />
Getränken.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
115
MAN<br />
MAN verbessert<br />
CR-Performance signifikant<br />
Das Wort Rating fällt in diesen Tagen meist im Kontext schlechter Nachrichten. Nicht so bei<br />
MAN: Das Unternehmen erhielt in diesem Jahr ausgesprochen positive Bewertungen für seine<br />
Nachhaltigkeitsperformance durch die Rating-Agenturen Sustainable Asset Management<br />
(SAM) und oekom research AG. SAM nahm MAN nach fünf Jahren wieder in die Dow Jones<br />
Sustainability Indizes (DJSI) auf.<br />
Von Yvonne Benkert<br />
Corporate Responsibility (CR) ist eine mit<br />
Kennzahlen präzis messbare Größe und<br />
die entsprechende Performance eines<br />
Unternehmens ein wichtiges Kriterium<br />
für Investoren, Anleger und Kunden.<br />
Dieser allgemeine Befund trifft für MAN<br />
in besonderer Weise zu. Jochen Schumm,<br />
Personalvorstand von MAN und zuständig<br />
für CR, bekennt sich deshalb ganz<br />
klar zur Verantwortung seines Unternehmens:<br />
„Wir haben die Pflicht, unseren<br />
Stakeholdern transparent darzulegen,<br />
wie wir mit Megatrends wie Klimawandel,<br />
Urbanisierung und demografischer<br />
Entwicklung umgehen. Das ist uns mit<br />
unserer CR- und Klimastrategie und deren<br />
Implementierung gelungen.“<br />
Mit erfolgreichen CR-Maßnahmen<br />
zurück in den Index<br />
Dass MAN ab 2007 nicht mehr im DJSI<br />
geführt wurde, zeigte dem Unternehmen<br />
sehr klar: Nachhaltigkeit ist am<br />
Kapitalmarkt ein zunehmend wichtiges<br />
Thema und ein entscheidender Investmentfaktor.<br />
Die Ratingagenturen und<br />
der Druck des Kapitalmarkts waren also<br />
für MAN maßgebliche Treiber dafür, sich<br />
dem Thema CR zuzuwenden. 2009 der<br />
erste Schritt: MAN schuf die Position des<br />
CR-Managers. Ein Jahr später folgte die<br />
Verabschiedung einer CR-Strategie, 2011<br />
dann ein weiterer Meilenstein mit der<br />
Konzeption der Klimastrategie und ihrer<br />
Umsetzung im Unternehmen.<br />
MAN nutzte die Ranking-Ergebnisse, um<br />
seine neue CR-Strategie zu validieren.<br />
Die Folge: SAM nahm das Unternehmen<br />
wieder in seine Indizes DJSI World und<br />
Europe auf. Dort ist es das einzige deutsche<br />
Unternehmen im Sektor Maschinenbau.<br />
Verpasste MAN im vergangenen<br />
Jahr die Aufnahme um nur einen Punkt<br />
denkbar knapp, so kam der Konzern in<br />
diesem Jahr auf 78 von 100 Punkten und<br />
verbesserte damit seine Nachhaltigkeitsperformance<br />
um 14 Punkte gegenüber<br />
2011. Verglichen mit dem Wert von 2010<br />
ist der nun erreichte Stand sogar eine<br />
Steigerung um 66 Prozent.<br />
Bereits im Juli dieses Jahres zeigte sich<br />
die verbesserte CR-Performance von<br />
MAN im Rating der oekom research AG,<br />
die regelmäßig rund 3.000 Unternehmen<br />
aller wichtigen Indizes bewertet.<br />
Nach einem ersten Screening auf trans-<br />
Die fünf Kerninitiativen zur Umsetzung der MAN-<br />
Klimastrategie<br />
1. Minus 25 % CO 2<br />
-Ausstoß bis 2020 an den MAN-Standorten (Basisjahr:<br />
2008): Reduktion der CO 2<br />
-Emissionen durch Steigerung der Energieeffizienz,<br />
Nutzung erneuerbarer Energiequellen, Energieerzeugung mittels Kraft-<br />
Wärme-Kopplung sowie umfassendes Energiemanagement.<br />
2. Konsequent effizientes Produktportfolio: Positionierung in den Geschäftsfeldern<br />
Commercial Vehicles und Power Engineering mit nachhaltigen Produkten<br />
und Lösungen.<br />
3. Kundenbeteiligung und -dialog: Austausch mit Kunden über Möglichkeiten<br />
zur Reduktion des globalen CO 2<br />
-Fußabdrucks.<br />
4. CO 2<br />
-Einsparpotentiale entlang des Produktlebenszykluses: Ermittlung<br />
des CO 2<br />
-Austoßes entlang des gesamten Produktlebenszykluses, um konkrete<br />
Einsparpotenziale zu identifizieren.<br />
5. Steuerung der Klimastrategie: Kernzahlen, die regelmäßig erhoben und<br />
berichtet werden, dienen zur Überwachung und Steuerung der Umsetzung<br />
der Klimastrategie.<br />
116 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
CSR Management<br />
Stromlinienförmige Einheit: Der MAN Concept S und der Krone-Trailer AeroLiner.<br />
parente soziale und umweltbezogene<br />
Leistungen wird rund ein Drittel davon<br />
einem Corporate Rating anhand von<br />
durchschnittlich 100 entsprechenden<br />
Kriterien unterzogen. Die Rating-Skala<br />
bei oekom research reicht aufsteigend<br />
von D- bis A+, wobei A+ die Bestbewertung<br />
ist. Etwa die Hälfte der bewerteten<br />
Unternehmen, gegenwärtig sind es 550,<br />
bekommen zusätzlich den Prime-Status<br />
verliehen. MAN hat diesen nicht erst<br />
seit diesem Jahr. Neu ist allerdings die<br />
Verbesserung von C+ auf B-. MAN hat es<br />
damit geschafft, sich von einer durchschnittlichen<br />
(C-Wertung) auf eine gute<br />
Performance (B-Wertung) zu verbessern.<br />
Die Analysten von oekom research hoben<br />
positiv hervor, dass MAN im letzten Jahr<br />
damit begonnen hat, den CO 2<br />
-Ausstoß<br />
entlang des Produktlebenszykluses zu<br />
ermitteln. Diese Berechnungen geschehen<br />
einerseits bezogen auf die reinen<br />
Produktionsprozesse, das heißt von der<br />
Gewinnung der Rohstoffe bis zur Auslieferung<br />
des fertigen Produkts (cradleto-gate).<br />
Andererseits kommt auch die<br />
Nutzungsphase bis zum Recycling zusätzlich<br />
in den Blick (cradle-to-cradle).<br />
Denn für MAN ist klar: Die Effizienz der<br />
Produkte ist nicht nur ein entscheidender<br />
Faktor beim Klimaschutz, sondern auch<br />
für den Wettbewerb. Hier spielt Total<br />
Cost of Ownership (TCO) eine wichtige<br />
Rolle. Denn weniger Treibstoffverbrauch<br />
bedeutet nicht nur weniger CO 2<br />
-Emissionen,<br />
sondern auch geringere Kosten für<br />
den Kunden. Das gilt einerseits für das<br />
Geschäftsfeld Commercial Vehicles: Auf<br />
der diesjährigen IAA stellte MAN einen<br />
aerodynamisch optimierten Sattelzug<br />
der Weltöffentlichkeit vor mit bis zu<br />
25 Prozent weniger Kraftstoffverbrauch<br />
und CO 2<br />
-Ausstoß. Bei der Lkw-Studie sind<br />
der MAN Concept S und der Trailer passgenau<br />
zu einer stromlinien förmigen Einheit<br />
verbunden. Das Fahrzeug erreicht<br />
dabei einen extrem niedrigen Luftwiderstandswert<br />
auf Pkw-Niveau. Andererseits<br />
spielen TCO-Faktoren auch im Bereich<br />
Power Engineering eine wichtige Rolle:<br />
<strong>2012</strong> präsentierte MAN den weltweit<br />
ersten Zweitakt-Großdieselschiffsmotor,<br />
der schon jetzt die ab 2016 geltenden<br />
Tier-III-Emissionsgrenzwerte der International<br />
Maritime Organization erfüllt.<br />
Er liegt damit um 60 Prozent unter den<br />
gegenwärtig vorgeschriebenen Werten.<br />
Potenziale zur Verbesserung der Nachhaltigkeitsperformance<br />
sieht oekom research<br />
vor allem beim Thema Material- und<br />
Rohstoffverbrauch. Entwicklungsspielraum<br />
erkennen die Analysten zudem<br />
im Blick auf Sozial-, Sicherheits- und<br />
Umweltstandards in der Lieferkette. Diese<br />
sind zwar im Code of Conduct für Lieferanten<br />
und Vertragspartner festgehalten,<br />
jedoch befindet sich ein entsprechendes<br />
Instrument, um zu überprüfen, ob diese<br />
vor Ort auch eingehalten werden, noch<br />
im Anfangsstadium.<br />
Wirkungsvolles Compliance-<br />
Programm bei MAN<br />
Mit der Wiederaufnahme in die DJSI erfolgte<br />
im September <strong>2012</strong> eine weitere<br />
Anerkennung für MAN und seine Performance<br />
im Bereich CR. Die Indizes haben<br />
einen Best-in-Class-Ansatz. Das heißt, sie<br />
repräsentieren von den 2.500 größten<br />
Unternehmen im Dow Jones <strong>Global</strong> Total<br />
Stock Market Index die besten 10 Prozent<br />
hinsichtlich wirtschaftlicher, sozialer<br />
und umweltbezogener Kriterien. Neben<br />
der erfolgreichen Implementierung der<br />
Klimastrategie wurde das seit Anfang<br />
2010 bestehende MAN-Compliance-Programm<br />
von SAM positiv hervorgehoben.<br />
Denn damit hat das Unternehmen ein<br />
wichtiges Instrument geschaffen, um<br />
Verstöße in den Bereichen Korruption,<br />
Kartell und Datenschutz zu erkennen,<br />
darauf zu reagieren und derartiges für<br />
die Zukunft zu verhindern.<br />
Entwicklungspotenziale sieht SAM vor<br />
allem im Bereich der Ökoeffizienz in den<br />
Herstellungsprozessen. Darüber hinaus<br />
gibt es für SAM Potenziale im Ausbau<br />
des Corporate-Citizenship-Engagements,<br />
etwa über die Verabschiedung eines<br />
aktionsübergreifenden Programms.<br />
Was 2007 schon galt, gilt nach wie vor<br />
auch <strong>2012</strong>: „Rating-Ergebnisse sind für<br />
MAN stets ein Motivator für weitere Verbesserungen.<br />
Die Rückmeldungen von<br />
oekom research und SAM zu den Nachhaltigkeitspotenzialen<br />
sind ein wichtiger<br />
Ansporn für uns und unser Ziel, Treiber<br />
für zukunftsfähige Strukturen zu sein“, so<br />
Jochen Schumm. Insgesamt leistet MAN<br />
mit der Verbesserung seiner Nachhaltigkeitsperformance<br />
einen signifikanten<br />
Beitrag zu den Umweltschutzprinzipien<br />
des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
117
MEDIENGRUPPE MACONDO<br />
Guidance und Guidelines<br />
für nachhaltiges Gründen<br />
Ist es möglich, Nachhaltigkeit bei Neugründungen und jungen Unternehmen messbar und damit<br />
auch erklärbar zu machen? Um diese Frage zu beantworten, entwickelte die Mediengruppe<br />
macondo gemeinsam mit drei Netzwerkpartnern und gefördert durch den Europäischen Sozialfonds<br />
und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Initiative „Sustainable Business<br />
Angels“. Diese berät junge Unternehmer und erarbeitet Guidelines, um die Implementierung von<br />
CSR in die Unternehmens-DNA nachvollziehbar zu machen.<br />
Von Dennis Lohmann<br />
Gerade junge Unternehmen stehen in<br />
den ersten Jahren ihrer Geschäftstätigkeit<br />
besonders unter Druck. Hauptprobleme<br />
sind der fehlende Zugang zu Finanzmitteln,<br />
mangelnde unternehmerische<br />
Erfahrung, ein fehlendes Netzwerk und<br />
bürokratische Hürden. Die Folgen sind<br />
eine relativ hohe Anzahl von Insolvenzen<br />
in den ersten Geschäftsjahren. Der KfW<br />
Gründungsmonitor 2011 berichtet, dass<br />
15 Prozent der Firmen bereits nach einem<br />
Jahr nicht mehr am Markt vertreten<br />
sind – nach drei Jahren steigt die Zahl<br />
der bereits wieder beendeten Gründungsprojekte<br />
auf insgesamt ein Drittel.<br />
An diesem Punkt setzt die Initiative<br />
„Sustainable Business Angels“ an. Denn<br />
Erfahrungen zeigen, dass eine professionelle<br />
Beratung und Unterstützung<br />
durch erfahrene Unternehmerinnen<br />
und Unternehmer die Erfolgsaussichten<br />
von Existenzgründungen deutlich<br />
verbessern kann. Ziel der Initiative<br />
ist daher eine qualifizierte Begleitung<br />
junger Unternehmen, die Vermittlung<br />
von wichtigen Geschäftskontakten und<br />
die Überprüfung des Business Plans auf<br />
ökonomische, ökologische und soziale<br />
Nachhaltigkeit.<br />
Bislang gibt es jedoch kaum verallgemeinerbare<br />
Erfahrungen und Erkenntnisse<br />
aus der Gründungsförderung<br />
118 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
CSR Management<br />
„nachhaltiger Unternehmen“. Hieraus<br />
ergibt sich eine zweite wichtige Aufgabe<br />
der Initiative: Neben der sogenannten<br />
„Guidance“ durch erfahrene Unternehmerinnen<br />
und Unternehmer sollen gemeinsam<br />
mit externen Experten Leitlinien<br />
(„Guidelines“) für einen langfristigen<br />
Unternehmenserfolg und die frühzeitige<br />
Implementierung von CSR in den Wirtschaftsprozess<br />
entwickelt werden. Junge<br />
Unternehmen sind daher aufgerufen,<br />
sich für eine jeweils einjährige Betreuung<br />
durch einen Sustainable Business Angel<br />
zu bewerben. Mit Peter Kowalsky, dem<br />
Gründer von Bionade und heute Teilhaber<br />
der Rhoen Campus eG, und Jürgen<br />
Schmidt, Gründer und Vorsitzender des<br />
Aufsichtsrates der memo AG, beteiligen<br />
sich zwei anerkannte Nachhaltigkeitsexperten<br />
als Sustainable Business Angels<br />
an der Initiative.<br />
Guidance Guidelines<br />
• Betreuung von Jungunternehmen<br />
durch Sustainable Business Angels<br />
• Regelmäßiger Abgleich mit Kernkriterien<br />
• Präsentation des Projekts in der Öffentlichkeit<br />
• Fernziel: Etablierung einer<br />
Sustainable-Business-Angels-Kultur<br />
• Entwicklung von Kernkriterien<br />
zur Bewertung von Jungunternehmen<br />
• Einbeziehung externer Stakeholder<br />
• Fernziel: Präsentation eines Fragenkatalogs<br />
zur Bewertung von Nachhaltigkeit bei<br />
Firmengründungen<br />
Sustainable Business Angels<br />
In einem ersten Projektschritt wurden<br />
zwei junge Unternehmen in einer bundesweiten<br />
Ausschreibung ausgewählt:<br />
die Düsseldorfer „Genusshandwerker“<br />
und der Freiburger Dressingproduzent<br />
„Emils“. Beide Firmen stehen stellvertretend<br />
für eine Generation von Gründern,<br />
die ihren Erfolg nicht mehr ausschließlich<br />
über wirtschaftliche Zahlen<br />
definieren, sondern ihre Verantwortung<br />
gegenüber der Gesellschaft ernst nehmen.<br />
Jürgen Schmidt und Peter Kowalsky<br />
werden die beiden Unternehmen in den<br />
kommenden zwölf Monaten begleiten<br />
und ihr Wissen über den Auf bau einer<br />
nachhaltigen Marke weitergeben.<br />
Kann man Nachhaltigkeit messen?<br />
Kern der Initiative ist darüber hinaus die<br />
Entwicklung von Guidelines für junge<br />
Unternehmen. Ihnen soll die Möglichkeit<br />
gegeben werden, ihre Vorstellung<br />
von einem verantwortungsbewussten<br />
Wirtschaften mit wissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen abzugleichen. Gleichzeitig<br />
können Lösungswege vorgestellt werden,<br />
um wichtige Punkte von CSR schon in<br />
den Anfangsjahren einer Unternehmung<br />
aufzuzeigen.<br />
Auftaktveranstaltung der „Sustainable<br />
Business Angels Initiative“ in Frankfurt a. M.<br />
v.l.n.r.: Dr. Elmer Lenzen, Dr. Frank Simon,<br />
Jürgen Schmidt und Peter Kowalsky.<br />
Bei der Entwicklung der Guidelines stellt<br />
sich die Frage, wie man Nachhaltigkeit<br />
bei jungen Unternehmen messen kann.<br />
Zwar gibt es bereits eine Reihe von Indizes<br />
und Assessments – die meisten<br />
basieren aber auf Managementstrukturen,<br />
die ein Unternehmen erst nach<br />
einiger Zeit am Markt aufweisen kann.<br />
Die Herausforderung für die Initiative<br />
„Sustainable Business Angels“ ist daher<br />
die Übertragung und Weiterentwicklung<br />
erfolgreicher Standardlösungen zu einem<br />
innovativen Nachhaltigkeitsansatz für<br />
Jungunternehmen.<br />
Im Dialog Ergebnisse erzielen und<br />
finden<br />
Die Mediengruppe macondo hat gemeinsam<br />
mit dem Institut für Nachhaltigkeitsmanagement<br />
(IfNM) die bisherigen<br />
Ansätze ausgewertet. Auf der Grundlage<br />
der anerkannten Norm ISO 26.000 wurden<br />
Schwachstellen wie die schlechte<br />
Verifizierbarkeit bestimmter Punkte<br />
herausgearbeitet und um den Punkt<br />
finanzielle Nachhaltigkeit ergänzt.<br />
Zur Kontrolle der Ergebnisse – und<br />
um eine möglichst breite gesellschaftliche<br />
Reflexion sicherzustellen – wird<br />
der Fragenkatalog in einem zweiten<br />
Projektschritt mit einer Vielzahl von<br />
Stakeholdern abgestimmt. Hierzu gehören<br />
sowohl Vertreter von Wirtschafts-,<br />
Umwelt- und Sozialverbänden als auch<br />
anerkannte Experten aus Wissenschaft,<br />
Politik und der Finanzbranche.<br />
Um einen praktischen Nutzen für alle<br />
jungen Unternehmen herzustellen, sollen<br />
aber nicht nur Kriterien zur Überprüfung<br />
und Bewertung bestehender<br />
Kennzahlen und Strategien entwickelt<br />
werden, sondern auch der Beratungsgedanke<br />
aufgegriffen werden. Zu allen<br />
Punkten werden daher beispielhafte<br />
Lösungswege aufgezeigt, die helfen, die<br />
eigene Performance zu verbessern. „Wir<br />
wollen nicht den zehnten Fragebogen<br />
zum Thema Nachhaltigkeit entwickeln,<br />
sondern jungen Gründern ganz praktisch<br />
dabei helfen, CSR in die Unternehmensstruktur<br />
zu integrieren. Wer<br />
Nachhaltigkeit ernst nimmt, wird damit<br />
langfristig auch wirtschaftlichen Erfolg<br />
haben“, sagt Dr. Elmer Lenzen, Gründer<br />
der Mediengruppe macondo.<br />
Das Projekt wurde federführend von<br />
der Mediengruppe macondo konzipiert<br />
und entwickelt. Es ist Teil des ESF-Förderprogramm<br />
„CSR – Gesellschaftliche<br />
Verantwortung im Mittelstand“ und wird<br />
vom Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie<br />
vom Bundesministerium für Arbeit<br />
und Soziales (BMAS) gefördert.<br />
Weitere Informationen unter: www.sba-initiative.de<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
119
Volkswagen<br />
Für mehr Sicherheit<br />
im Straßenverkehr –<br />
überall auf der Welt<br />
Volkswagen baut Fahrzeuge von höchster Qualität und Zuverlässigkeit. Das Ergebnis: höchste<br />
Sicherheit für die Kunden. Unsere Verantwortung hört jedoch nicht nach der Auslieferung unserer<br />
Fahrzeuge auf, denn wir helfen auch unseren Kunden mit gezielten Trainings, sich sicher<br />
im Verkehr zu bewegen, egal ob in Mumbai, Peking oder Wolfsburg. Damit reagieren wir auf die<br />
beängstigenden Zahlen internationaler Unfallstatistiken, gerade aus Schwellenländern. Nach<br />
der Devise „Jeder Verkehrstote ist einer zu viel“ engagiert sich der Volkswagen Konzern aktiv<br />
mit unterschiedlichen, auf die Märkte abgestimmten Verkehrsbildungs-Programmen. Natürlich<br />
auch in <strong>Deutschland</strong>. Die Wolfsburger Autostadt, Erlebniswelt und Kommunikationsplattform<br />
rund um die Mobilität, bietet allen Fünf- bis Elfjährigen einen „LernPark“ und die Möglichkeit,<br />
den „KinderFührerschein“ zu machen. Ihre Eltern können derweil auf einem „Spar- und Sicherheitsparcours“<br />
buchstäblich erfahren, dass eine vorausschauende Fahrweise nicht nur die<br />
Sicherheit steigert, sondern zugleich die Umwelt schont.<br />
Von Julia Glogowski<br />
Ein besonderes Augenmerk liegt auf den<br />
Jüngsten, denn wer kennt nicht das Bild<br />
vom Kind, das dem Ball hinterher, damit<br />
auf die Straße und womöglich vor ein<br />
Auto läuft. Die verschiedenen Marken<br />
des Konzerns bieten in Kooperation mit<br />
Schulen, Vereinen und öffentlichen Stellen<br />
verschiedene Maßnahmen an. Und<br />
das weltweit: Etwa 100.000 Kinder rund<br />
um die Standorte Cordoba und Pacheco<br />
haben bisher mittels des erfolgreichen<br />
Verkehrserziehungsprojekts „Juegoteca<br />
Volkswagen de Seguridad Vial“ von Volkswagen<br />
Argentinien zusammen mit örtlichen<br />
Schulen spielerisch das ABC des<br />
Verhaltens im Straßenverkehr erlernt.<br />
Einige Standorte setzen sich zudem bei<br />
besonders problematischen Schulwegen<br />
für mehr Sicherheit ein und investieren<br />
gleichzeitig in Verkehrsspielplätze<br />
und die Verbesserung von Fußgängerüberwegen.<br />
Doch was nützt bei Kindern das ABC,<br />
wenn die Erwachsenen nicht das Einmal-<br />
120 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
CSR Management<br />
eins beherrschen? Drei von vier Kindern<br />
werden beispielsweise in den USA im<br />
Auto falsch angeschnallt – im Ernstfall<br />
eine tödliche Gefahr. Volkswagen of<br />
America schult daher seine Kunden mit<br />
dem Programm „SitSafe“ im richtigen<br />
Umgang mit Kindersitzen und Sicherheitsgurten.<br />
Verkehrsbildung als Publikumsmagnet –<br />
Das Engagement von Volkswagen im Reich der Mitte<br />
Verkehrssicherheit hört für Volkswagen<br />
nicht beim Pkw auf, auch im Bereich<br />
Nutzfahrzeuge ist der Konzern engagiert.<br />
Hier werden zum Beispiel Verkehrssicherheits-<br />
und Ladesicherungstrainings<br />
angeboten. So richtet Scania in Schweden<br />
den weltweit größten Fahrerwettbewerb<br />
„Young European Truck Driver“ aus und<br />
wird dabei von der Europäischen Kommission<br />
und der International Road<br />
Transport Union (IRU) unterstützt. Die<br />
Teilnehmer lernen nicht nur etwas über<br />
die Verkehrssicherheit, sondern trainieren<br />
auch eine spritsparende, umweltfreundliche<br />
Fahrweise.<br />
Auch jenseits unserer Produktionsstandorte<br />
setzen sich unsere Importeure für<br />
mehr Verkehrssicherheit ein: Beispielhaft<br />
für dieses Engagement ist der türkische<br />
Volkswagenimporteur Dogus - Otomotiv.<br />
Sein vielseitiges Programm „Traffic is<br />
Life“ sensibilisiert türkische Autofahrer<br />
umfassend für das Thema Sicherheit im<br />
Straßenverkehr. Dies beinhaltet eine viel<br />
beachtete Werbekampagne, Ausstellungen,<br />
Konzerte und sogar Rap Festivals.<br />
Auch mit der türkischen Regierung steht<br />
man zur Verbesserung der Verkehrssicherheit<br />
in engem Kontakt.<br />
Egal ob in der Türkei oder in Argentinien,<br />
mit seinem weltweiten Engagement im<br />
Bereich Verkehrssicherheit möchte der<br />
Volkswagen Konzern einen essentiellen<br />
Beitrag dazu leisten, dass sich Kunden<br />
nicht nur auf die Sicherheitsausstattung<br />
ihres Fahrzeugs verlassen, sondern durch<br />
eigenes Handeln den Verkehr sicherer<br />
machen.<br />
Jedes Jahr 90.000 Verkehrstote und<br />
7,5 Prozent aller weltweit tödlichen<br />
Verkehrsunfälle sind die Schattenseite<br />
des chinesischen Automobilbooms.<br />
Als erfolgreichster Automobilhersteller<br />
in China bekennt sich Volkswagen zu<br />
seiner Verantwortung und belebt einen<br />
wahren Klassiker aus <strong>Deutschland</strong><br />
wieder. Die Verkehrserziehungsserie<br />
„Der siebte Sinn“ sensibilisierte einst die<br />
Deutschen für das Thema Sicherheit im<br />
Straßenverkehr. Nun erlebt sie unter<br />
dem Titel „Drive safely, Drive the Volkswagen<br />
Way“ ein überaus erfolgreiches<br />
„Comeback“ in China. 40 Folgen dieser<br />
Serie wurden bisher abgedreht und erfreuen<br />
sich im chinesischen Fernsehen<br />
größter Beliebtheit.<br />
Warum der Sicherheitsgurt so wichtig<br />
ist, was nach einem Unfall zu tun ist<br />
und warum man auf schwächere Verkehrsteilnehmer<br />
Rücksicht nehmen<br />
sollte, sind Fragen, die den Zuschauern<br />
beantwortet werden. Das Besondere<br />
dabei: Die Folgen haben großen Unterhaltungswert<br />
und sind zugleich pädagogisch<br />
äußerst wertvoll. So entstand die<br />
Serie in enger Zusammenarbeit mit Verkehrsexperten<br />
der Universitäten Tongji<br />
und Jilin. Interviews mit Psychologen<br />
und Fallstudien, aber auch bekannte<br />
Fernsehgesichter machen chinesische<br />
Verkehrserziehung anschaulich und<br />
publikumswirksam zugleich. Bereits seit<br />
2008 wird die Sendung über Fernsehstationen<br />
im auto- und bevölkerungsreichen<br />
chinesischen Osten um die Metropolen<br />
Peking, Shanghai, Guangzhou und<br />
Dalian ausgestrahlt.<br />
Aber nicht nur im Fernsehen bietet<br />
Volkswagen Verkehrserziehung. Auch<br />
die Mitarbeiter der Volkswagen Group<br />
China wurden immer wieder zu den<br />
Dreharbeiten der Serie eingeladen, um<br />
sie so für das Thema Verkehrssicherheit<br />
zu sensibilisieren. Zu einem wahren<br />
Fernsehspektakel wurden auch die aufwendigen<br />
TV-Castings, mit denen Kinderdarsteller<br />
aus den Töchtern und Söhnen<br />
der Belegschaft rekrutiert wurden. Über<br />
die Fernsehspots hinaus bemüht sich<br />
Volkswagen stets, seinen chinesischen<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein<br />
regelmäßiges Schulungsprogramm<br />
zur Verkehrssicherheit zu bieten. Die<br />
Organisation eines „Familientages für<br />
die Verkehrssicherheit von Kindern“ ist<br />
nur ein Beispiel dafür. Darüber hinaus<br />
bieten auch die Volkswagenhändler in<br />
China ihren Kunden praktische Sicherheitstrainings<br />
im Beisein professioneller<br />
Fahrlehrer an. Mit diesem umfassenden<br />
Engagement übernimmt auch hier die<br />
Volkswagen AG gesellschaftliche Verantwortung<br />
und leistet ihren Beitrag für<br />
eine nachhaltige Entwicklung in China,<br />
sagt Dr. Zhang Suixin, Vizepräsident der<br />
Volkswagen Group China.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
121
Lavaris Technologies<br />
Neue Wege in der Wasseraufbereitung<br />
und -analyse<br />
Am 28. Juli 2010 ist Wasser als Menschenrecht von den Vereinten Nationen in die Allgemeine<br />
Erklärung der Menschenrechte aufgenommen worden. Angaben der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) und UNICEF zufolge haben aktuell immer noch etwa 2,5 Milliarden Menschen auf<br />
der Welt keinen ausreichenden Zugang zu einer sanitären Grundversorgung. Rund ein Drittel<br />
der Weltbevölkerung ist daher akut von Krankheiten bedroht, die aufgrund von fehlenden oder<br />
qualitativ mangelhaften Wasserinfrastruktursystemen entstehen.<br />
Mobile Wasseranalysen in Laborqualität<br />
an jedem Ort der Welt<br />
Von Tina Lück<br />
Insbesondere in Entwicklungs- und<br />
Schwellenländern ist die Lage prekär.<br />
Verunreinigtes Wasser und schlechte<br />
Hygienebedingungen begünstigen Durchfallerkrankungen,<br />
die wiederum zu<br />
Mangel- und Unterernährung und bei<br />
über einer Million Kindern weltweit<br />
sogar bis zum Tod führen. Ein Grund<br />
dafür ist der Müll, der in den betroffenen<br />
Ländern nicht entsorgt wird, sondern<br />
unbehandelt in Gewässern landet. Hinzu<br />
kommen fehlende sanitäre Einrichtungen<br />
und Abfälle aus der Landwirtschaft,<br />
die ungeklärt in den Wasserkreislauf<br />
gelangen. Rohrleitungen, Kläranlagen<br />
und Kanalisationen sind in den Ländern<br />
der Dritten Welt oft nicht vorhanden.<br />
Und wenn doch sind sie meist marode<br />
oder sie halten dem zunehmenden Bevölkerungswachstum<br />
nicht stand.<br />
Trinkwasseraufbereitung mal anders<br />
Mit dem Verfahren der Lavaris Technologies<br />
GmbH kann gebrauchtes oder verschmutztes<br />
Wasser zu einwandfreiem<br />
Trinkwasser auf bereitet werden. Das Unternehmen<br />
nutzt ein patentiertes, pulverförmiges<br />
Feststoffgemisch namens<br />
CarbonAdd®. CarbonAdd® besteht aus Mineralien,<br />
die von Natur aus im Wasser ent-<br />
122 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Best Practice<br />
Entwicklung & Partnerschaft<br />
halten sind und die natürlichen wasserchemischen<br />
Selbstreinigungsmechanismen<br />
in Gang bringen können. Mit CarbonAdd®<br />
behandeltes Wasser ist nicht mehr korrosiv,<br />
greift also keine metallischen und<br />
zementgebundenen Werkstoffe mehr<br />
an. In der Folge bleiben Wasserleitungen,<br />
Behälter und Pumpen länger intakt und<br />
es versickert weniger Wasser. Alleine dadurch<br />
erhöht sich die Verfügbarkeit und<br />
es können deutlich mehr Menschen mit<br />
Wasser versorgt werden.<br />
In <strong>Deutschland</strong> werden bereits seit Jahren<br />
einige kommunale Anlagen mit dieser<br />
Technologie betrieben. Auch für die Renaturierung<br />
von Gewässern ist CarbonAdd®<br />
geeignet. CarbonAdd® wirkt entsäuernd<br />
und stabilisiert den pH-Wert im Carbonat-<br />
Puffersystem. Schadmetalle wie Eisen,<br />
Kupfer, Aluminium und Mangan werden<br />
damit entfernt. Das Verfahren produziert<br />
konstant stabiles und gesundes Trinkwasser<br />
und ist dabei umweltfreundlich und<br />
kostengünstig. CarbonAdd® kann für die<br />
Optimierung bestehender Wasseraufbereitungsanlagen,<br />
in mobilen Großcontainer-<br />
Anlagen sowie in der WaterBox, einer von<br />
Lavaris entwickelten, besonders klein<br />
dimensionierten Auf bereitungsanlage<br />
eingesetzt werden. Die WaterBox ist insbesondere<br />
für die dezentrale Wasserversorgung<br />
in Entwicklungsländern und<br />
Katastrophengebieten konzipiert worden.<br />
Mikrobiologische Abwasserreinigung<br />
Die WaterBox ist so klein, dass sie selbst auf<br />
einem Pick-up Platz findet.<br />
Neben verunreinigtem Trinkwasser stellt<br />
auch unbehandeltes Abwasser ein ernsthaftes<br />
Gesundheitsrisiko dar. Methoden<br />
für die Abwasserbehandlung gibt es<br />
viele. Entweder sind sie aber für eine<br />
dezentrale und kostengünstige Wasserauf<br />
bereitung nicht geeignet oder sie<br />
bergen erheblichen Mehraufwand. Bei<br />
der chemischen Abwasserbehandlung<br />
werden häufig Metallsalze wie Eisensulfat<br />
oder Aluminiumchlorid eingesetzt,<br />
um der Nährstoffüberbelastung<br />
Herr zu werden und Phosphate aus dem<br />
Wasser zu fällen. Die gebundenen Nährstoffe<br />
bleiben bei diesem Verfahren im<br />
Schlamm zurück und müssen entsorgt<br />
werden, da sie sonst eine Umweltbelastung<br />
darstellen. Ultrafiltrationsanlagen<br />
hingegen zeichnen sich durch einen<br />
hohen Energieverbrauch aus.<br />
Wie beim Trinkwasser will Lavaris Technologies<br />
auch in der Auf bereitung von<br />
Abwasser neue, möglichst ressourcensparende<br />
Wege gehen und setzt auf die<br />
Kraft der Biologie. Der Schlüssel des<br />
Lavaris-Verfahrens sind autotrophe –<br />
sich selbst erhaltende – Mikroorganismen<br />
in Reinkultur. Die hochaktiven<br />
Bakterienkulturen bauen Stickstoff belastungen<br />
im Abwasser effektiv ab. Die<br />
Abbauleistung liegt etwa 100-mal höher<br />
als bei heterotrophen Mikroorganismen.<br />
Durch die Verwendung dieser konzentrierten<br />
Bakterienkulturen wird sehr viel<br />
weniger Schlamm produziert.<br />
Phosphat nachhaltig eliminieren<br />
Die biologische Stabilisierung des auf bereiteten<br />
Abwassers erfolgt mittels Phosphatfällung.<br />
Lavaris nutzt hierfür das<br />
hochwirksame SeDox®-Verfahren. Die<br />
Restkonzentration an Phosphat kann<br />
dadurch im Ablauf auf 0,0035 mg/l gesenkt<br />
werden. Bei Berührung mit Wasser<br />
zerfällt das in SeDox® enthaltene Mineral<br />
und es bilden sich Calciumcarbonat und<br />
Apatit, der als Düngemittelrohstoff für die<br />
Landwirtschaft weiterverwendet werden<br />
kann. Dieses Verfahren ist vollständig<br />
neutralsalzfrei und erfordert auch keine<br />
Polymere oder sonstigen Hilfsstoffe wie<br />
Eisensulfat oder Aluminiumchlorid, die<br />
das Wasser belasten. Im Vergleich zu anderen<br />
Methoden wird durch den Einsatz<br />
von SeDox® praktisch kein Schlamm<br />
erzeugt, wohl aber Phosphat-Recycling<br />
ermöglicht. Die Phosphatelimination<br />
mittels SeDox® kann sowohl innerhalb<br />
einer Wasserauf bereitungsanlage als<br />
auch direkt am Gewässereinlauf ohne<br />
großen Aufwand erfolgen.<br />
Wasserqualität global transparent<br />
machen<br />
Um Trink- und Abwasser zielgerichtet<br />
wiederauf bereiten zu können, muss<br />
die jeweils vorherrschende Wasserqualität<br />
analysiert werden. Labors und<br />
Forschungsstationen sind an vielen<br />
Orten der Welt allerdings Mangelware,<br />
sodass verlässliche Wasseranalysen und<br />
reproduzierbare Messversuche häufig<br />
schwer zu realisieren sind. Lavaris Technologies<br />
liefert hierfür die Lösung in<br />
Form eines Profi-Photometers der Serie<br />
AQUA-CHECK. Das elektronische Gerät<br />
ermöglicht laborunabhängige Wassertests<br />
und ist auch für Laien leicht zu<br />
bedienen. Nach dem derzeitigen Entwicklungsstand<br />
kann es 18 chemische,<br />
im Wasser gelöste Stoffe präzise nachweisen,<br />
darunter Schwermetalle, pH-Wert,<br />
Chlor, Phosphat und Sauerstoff. Je nach<br />
Parameter sind die Messungen mit dem<br />
Photometer in durchschnittlich etwa<br />
fünf Minuten abgeschlossen.<br />
Insbesondere AQUA-CHECK 2 ist für den<br />
Einsatz im Feld sehr gut geeignet, wie er<br />
beispielsweise für Projekte der Vereinten<br />
Nationen und Nicht-Regierungsorganisationen<br />
in Krisen- und Katastrophengebieten<br />
erforderlich ist. Das Photometer misst<br />
nur 25 Zentimeter und wiegt weniger als<br />
200 Gramm. Es ist mehrsprachfähig und<br />
bislang in Deutsch, Englisch und Spanisch<br />
erhältlich. „Das Handphotometer<br />
lässt die Vision von einer global transparenten<br />
Trinkwasserqualität stärker<br />
in den Bereich des Möglichen rücken“,<br />
sagt Lavaris-Geschäftsführer Stephan<br />
Heuser. Denn in Zusammenarbeit mit<br />
der Fachhochschule Hof will das Unternehmen<br />
in einem vom Bayerischen<br />
Staatsministerium geförderten Projekt<br />
die Voraussetzungen für eine weltweite<br />
Wasserdatenbank schaffen. Das innovative<br />
Messgerät könne hierfür verlässliche<br />
Daten liefern und einen einheitlichen<br />
Qualitätsstandard für globale Wasseranalysen<br />
definieren, prognostiziert Heuser.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
123
Agenda<br />
Die Welt in<br />
2052<br />
124<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Ausblick 2052<br />
Wie sieht die Welt im Jahr 2052 aus? Wie wird es um die Versorgung mit Nahrung, Energie und<br />
Wasser stehen? Was bleibt von der natürlichen Umwelt? Fragen nach der Zukunft inspirierten<br />
uns Menschen schon immer. Doch angesichts globaler Trends wie Bevölkerungsexplosion,<br />
Ressourcenverknappung und Klimawandel fallen die Antworten zunehmend bedrohlich aus.<br />
Kaum eine Organisation hat sich in den letzten Dekaden so kompetent und glaubwürdig mit<br />
Zukunftsszenarien auseinandergesetzt wie der „Club of Rome“. Seine Studie „Die Grenzen des<br />
Wachstums“ ist ein Fachbuch-Klassiker und vielleicht einer der wichtigsten Denkanstöße zur<br />
Entwicklung der CSR-Thematik an sich. Die neue Studie des Club of Rome unter dem Titel<br />
„2052“ hat das Potenzial, einen ähnlichen Impuls auszusenden.<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
125
Agenda<br />
Die Welt im Jahr<br />
Neues Szenario des<br />
„Club of Rome“<br />
Vor vier Jahrzehnten wurde der Band „Die Grenzen des Wachstums” ein Bestseller und ein Meilenstein in der Nachhaltigkeitsdebatte.<br />
Die Autoren rund um Dennis Meadows gingen damals der entscheidenden Frage nach, wie die<br />
Menschheit sich an die gegebenen physikalischen Grenzen des Planeten Erde anpassen soll. Doch wo stehen wir<br />
heute? Und wie sieht unsere Zukunft aus heutiger Sicht aus? Jørgen Randers, einer der Co-Autoren des Meadows-<br />
Reports, hat dazu nun ein Szenario für die nächsten 40 Jahre erstellt. Er stützt sich dabei auf globale Prognosen<br />
führender Wissenschaftler, Ökonomen und Zukunftsforscher. „2052” lautet der Name des aktuellen Reports und<br />
skizziert eine Zukunft, die ganz anders sein wird, als wir uns dies heute vorstellen können. Trotz der überwiegend<br />
düsteren Prognosen glaubt Randers nicht an einen globalen Kollaps, denn „der Anpassungsprozess der Menschheit<br />
an die Grenzen dieses Planeten hat begonnen”. Aber der Report gibt auch keine Entwarnung, denn die Zukunft<br />
wartet mit gewaltigen Herausforderungen auf, wird geprägt sein von sozialen Unruhen und zahlreichen Umbrüchen.<br />
Wir sprachen mit Jørgen Randers während seines Aufenthalts in Berlin im Oktober <strong>2012</strong>.<br />
Persönliche Motivation<br />
Ich habe 40 Jahre lang für mehr Nachhaltigkeit gearbeitet<br />
und gekämpft. Und um ehrlich zu sein – es hat nicht sehr<br />
gut funktioniert. Die Welt ist weniger nachhaltig, als sie es<br />
vor 40 Jahren war. Als ich begann, das Buch zu schreiben,<br />
war ich daran interessiert zu sehen, wie das Leben in den mir<br />
verbleibenden Jahren sein wird. Meine Motivation war, dass<br />
ich mir mein ganzes Leben über die Zukunft Sorgen gemacht<br />
habe, und heute frage ich mich: Muss ich mir noch mehr<br />
Sorgen angesichts der Zukunft machen? Das Schreiben des<br />
Buches hat sich als psychologisch sehr hilfreich erwiesen, weil<br />
es mich gelehrt hat, dass die größten emotionalen Verluste,<br />
die ich während meiner Lebenszeit erleben musste, bereits<br />
eingetreten sind. Wir haben bereits das Meiste der Wildnis<br />
verloren. Die Urwälder und Korallenriffe sind weitgehend<br />
vernichtet oder nicht mehr rettbar. Die Einsamkeit, die ich<br />
persönlich schätze, fällt schwerer in einer mehr und mehr<br />
überfüllten Welt.<br />
Obwohl all dieses traurige Nachricht sind, ist es interessanterweise<br />
irgendwie auch beruhigend, weil ich nicht glaube, dass<br />
wir in den nächsten 40 Jahren jetzt noch eine Katastrophe<br />
erleben werden.<br />
KLIMAWANDEL<br />
Wir werden künftig immer öfter eine zunehmend erratische<br />
Welt mit beängstigenden Klimaereignissen erleben. Wir werden<br />
eine Gesellschaft antreffen, die Geld für die Reparatur der<br />
Schäden aufwendet, statt den gleichen Betrag zur Vermeidung<br />
künftiger Probleme aufzuwenden. Die Vereinigten Staaten zum<br />
Beispiel sind nicht bereit, Geld auszugeben, um den Ausstoß<br />
von Treibhausgasen zu reduzieren, aber sie werden Geld für<br />
die Reparatur von Hurrikanschäden auf bringen.<br />
WIRTSCHAFT<br />
Es wird weltweit ein deutlich langsameres Wirtschaftswachstum<br />
geben, als die meisten Leute denken. Auf der Sollseite<br />
steht, dass wir mehr Armut sehen werden. Auf der Habenseite<br />
steht ein geringerer Einsatz von Ressourcen. Es wird also<br />
mehr Armut im Jahr 2052 geben und die meisten Menschen<br />
in den reichen Ländern werden nicht reicher sein als heute.<br />
Die gute Seite ist, dass der ökologische Fußabdruck der<br />
Menschheit kleiner ausfallen wird als heute. Da das Niveau<br />
der Ressourcennutzung niedriger ausfallen wird, wird auch<br />
der Schadstoffausstoß geringer sein.<br />
126<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Ausblick 2052<br />
Dr. Jørgen Randers ist weltweit anerkannter Klimaexperte. Er ist Professor für Klimastrategien an der BI Norwegian Business School und<br />
berät die norwegische Regierung bei Fragen der CO 2<br />
-Reduktion. Darüber hinaus sitzt Randers im Nachhaltigkeitsboard von British Telecom und<br />
The Dow Chemical Company. In den 90er Jahren war Randers stellvertretender Generaldirektor des World Wildlife Funds (WWF).<br />
TREND STUDIES<br />
Es gibt einen großen Unterschied zwischen meinem Buch und<br />
den meisten anderen Zukunftsstudien. Die anderen sind in der<br />
Regel Szenarioanalysen, die verschiedene mögliche Zukünfte<br />
beschreiben. Ihr Argument ist, dass ein bestimmtes Handeln<br />
heute eine bestimmbare Zukunft zur Folge hat. Die „Roadmap<br />
2050“ des World Business Council for Sustainable Development<br />
wiederum gehört zu einer anderen Kategorie: Backcasting.<br />
Sie definieren eine attraktive Lage im Jahr 2050 und legen<br />
dann fest, was und wie viel heute dafür getan werden muss.<br />
Im Gegensatz dazu ist mein Buch eine Prognose, denn ich<br />
sage: „Das ist nicht eine Zukunft, sondern das ist die Zukunft.“<br />
Ich konzentriere mich dazu auf sehr langfristige Trends wie<br />
zum Beispiel Bevölkerungsentwicklung und Infrastrukturmaßnahmen.<br />
Diese ändern sich nicht so schnell vor einem<br />
40-Jahres-Horizont. Und es ist das Gleiche mit dem Mangel an<br />
verantwortlicher Regierungsführung oder dem persönlichen<br />
Wunsch des Menschen, sich zu bereichern.<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
Nicht nachhaltig zu sein ist nicht zukunftsfähig. Das bedeutet,<br />
dass, wenn wir unsere nicht-nachhaltige Lebensweise fortführen,<br />
wie wir das gegenwärtig machen, dann können wir<br />
nicht erwarten, dies für immer zu tun. Wir werden gestoppt<br />
werden. Zum Beispiel emittieren wir mehr Treibhausgase in<br />
die Atmosphäre, als durch die Wälder und Ozeane absorbiert<br />
wird. Wenn wir dies fortsetzen, wird die durchschnittliche<br />
Temperatur steigen und schließlich das Leben unglaublich<br />
kompliziert machen.<br />
Daher wird noch in diesem Jahrhundert eine Nachhaltigkeits-<br />
Revolution, so nenne ich das, stattfinden: Gegenwärtiges,<br />
unhaltbares Verhalten wird auf die eine oder andere Weise<br />
gestoppt werden. Im Idealfall sollte es mit geplanten Maßnahmen<br />
gestoppt werden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass<br />
sich die Natur wehrt und uns stoppt. Ich glaube, dass der entscheidende<br />
Druck von Seiten des Klimawandels kommen >><br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
127
Agenda<br />
wird. Wir werden eine schwierige Zeit durchleben, bevor wir<br />
in eine nachhaltige Situation hinein gezwungen werden.<br />
KONSUM-DENKEN<br />
Ich denke, dass es hilfreich ist, die Verallgemeinerung zu machen,<br />
dass die Menschen an sich überraschend materialistisch<br />
sind. Die Leute wollen immer mehr besitzen für eine bessere<br />
Ernährung, ein besseres Zuhause oder einen besseren Urlaub<br />
etc. Das ist eine empirische Tatsache. Obwohl die Welt an sich<br />
nicht so sein müsste, ist diese Triebfeder sehr stark. Weise<br />
Politik sollte auf dieser Annahme basieren. Wenn jedoch der<br />
Konsum-Anstieg und steigende Einkommen zu Problemen<br />
führen, dann müssen wir Wege um diese Probleme herum<br />
suchen. Mein Vorschlag für die reiche Welt ist, das bestehende<br />
Wohlstandskonzept zu überdenken. Anstatt zu fragen, wie<br />
reich sind Sie, könnte man anfangen zu fragen: Wie fühlen Sie<br />
sich? Wir sollten versuchen, das Einkommen als ein Erfolgskriterium<br />
zu ersetzen durch einen persönlichen, subjektiven<br />
Aspekt, wie Zufriedenheit mit dem Leben. Das sollte das Ziel<br />
für die Politik sein: Dass die Menschen sich zufriedener fühlen.<br />
WELTBEVÖLKERUNG<br />
Die Dinge beginnen sich zu ändern. Vor vierzig Jahren war<br />
das Bevölkerungswachstum ein echtes Problem. Man ahnte<br />
damals noch nicht, welche Auswirkungen Urbanisierung und<br />
Bildung von Frauen haben würden. Aber in mehr und mehr<br />
Ländern haben heutzutage städtische und gebildete Frauen<br />
zunehmend einen Karrierewunsch statt Kinderwunsch. Dies<br />
ist ein wesentlicher Grund für den raschen Rückgang der<br />
Geburtenraten, und es ist freiwillig. Niemand hat die Frauen<br />
der reichen Welt gezwungen, weniger Kinder zu bekommen.<br />
Das war und ist ihr eigener Wunsch. Weltweit betrachtet ist<br />
eine andere Sache passiert: Wir erleben eine sehr rasche Urbanisierung.<br />
Die Menschen mögen arm sein, aber sie sind nicht<br />
dumm. Während es auf dem Land unter Umständen sinnvoll<br />
war, eine Menge Kinder zu haben, so lernen sie schnell, das<br />
große Familien in einer überfüllten Stadt Probleme verursachen.<br />
Die Geburtenrate sinkt folglich dramatisch, auch ohne<br />
Aufklärung und Verhütung. Dies ist ein zentraler Punkt in<br />
meinem Buch: Wir werden einen Höhepunkt in der Weltbevölkerung<br />
im Jahr 2040 zu erwarten haben, der dann bei<br />
8 Milliarden Menschen liegt und danach wird die Zahl sinken.<br />
MEGACITyS<br />
Eine Megastadt der Zukunft ist etwas ganz anderes als das,<br />
was wir von früher kennen. Und eine arme Megacity wird<br />
sehr schwer zu verwalten sein, weil sie nicht über eine<br />
wirtschaftliche Basis, Infrastruktur oder ein Steuersystem<br />
verfügt. Trotzdem werden wir einen klaren Trend hin zur<br />
Urbanisierung beobachten. Erstens, weil die Zentralisierung<br />
hilft, die Produktivität zu verbessern. Der Traum, dass die<br />
Menschen auf dem Land wohnen bleiben, steht im Widerspruch<br />
zum Wirtschaftswachstum. Zweitens entspricht das<br />
Modell der großen Städte den Lebensentwürfen vieler Paare,<br />
die beide arbeiten und sich entwickeln wollen. Drittens ist<br />
es viel einfacher und billiger, sich gegen die Auswirkungen<br />
des Klimawandels in diesen Städten zu verteidigen, zum<br />
Beispiel dadurch, dass die Stadt sturmsicher gemacht wird<br />
oder Gebäude durch Deiche geschützt werden. Ein besonderer<br />
Trend wird etwas sein, was ich als „Eco-Modern City“ bezeichne.<br />
Was ist das? Das sind Städte, die sich durch sinkende<br />
Geburtenraten und eine steigende Zahl von alten Menschen<br />
kennzeichnen. Innerhalb solcher Eco-Modern Cities werden<br />
Bevölkerung und Einkommen stabil sein, das BIP wird nicht<br />
wachsen, und der Alltag ist gekennzeichnet durch Recycling,<br />
Wiederverwendung und sogenanntem „Urban Mining“. Der<br />
digitale Aspekt wird entscheidend sein: Es wird eine virtuelle<br />
Realität, wo ihr Konsumverhalten, ihre Kommunikation und<br />
ihre sozialen Interaktionen hauptsächlich elektronisch und<br />
virtuell stattfinden.<br />
128<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Ausblick 2052<br />
ROHSTOFFE<br />
Ich denke, Ressourcen werden nicht knapp werden. Das<br />
Wirtschaftswachstum wird viel niedriger sein, als wir denken,<br />
ebenso wie die weltweite Nachfrage. Darüber hinaus<br />
wird es sehr schnell zu Substituten kommen. Preisspitzen<br />
und Preisverfall, wie wir dies immer wieder erleben, sind<br />
nur Unvollkommenheiten des Marktes und dauern ein paar<br />
Jahre, bevor einige Marktteilnehmer handeln.<br />
Das beste Beispiel ist Öl: Im Jahr 1970 kam billiges Öl aus<br />
Texas, aber die Fördermengen erreichten bereits in den 1980er<br />
Jahren ihren Höhepunkt. Danach haben wir offshore nach<br />
Öl gebohrt, aber auch das überschritt vor etwa 15 Jahren<br />
seinen Höhepunkt. Dann gingen wir in die Tiefsee, und<br />
zuletzt haben wir begonnen, in Ölsand zu investieren. Die<br />
Entwicklung zeigt also von sehr billiger Exploration zu immer<br />
teurerer. Jetzt kann man sich fragen: Wird diese Verteuerung<br />
von Öl ewig gehen? Und die Antwort lautet: Nein, es wird<br />
sich nur bis zu dem Punkt entwickeln, an dem Ersatzstoffe<br />
erschwinglich werden. Im Falle von Öl ist dies die „Coal to<br />
liquid“-Technologie und die Kosten hierfür belaufen sich auf<br />
ungefähr $ 70 pro Barrel. Deshalb wird der Ölpreis auf Dauer<br />
und für Jahrzehnte die 70-Dollar-Marke nicht überschreiten.<br />
Und das Gleiche wird im Lebensmittel-Bereich passieren, über<br />
den sich viele Menschen derzeit große Sorgen machen. Wir<br />
haben keinen Mangel an landwirtschaftlichen Kapazitäten<br />
in der Welt – in Brasilien, der Ukraine und Russland allein<br />
gibt es riesige Gebiete, in denen landwirtschaftlicher Anbau<br />
möglich wäre. Es ist richtig, dass der Anbau in diesen Regionen<br />
etwas teurer als in aktuellen Regionen wie den Vereinigten<br />
Staaten sein wird. Wir reden da am Ende von einem Preisanstieg<br />
von vielleicht 30 Prozent.<br />
MULTILATERALISMUS<br />
In einer idealen Welt ist Multilateralismus von zentraler<br />
Bedeutung. Die Europäische Union zum Beispiel ist eine<br />
großartige Idee, die versucht, die dezentralisierenden Kräfte<br />
von einst auf eine vernünftige Art und Weise zu bündeln.<br />
Werden wir uns global in diese Richtung bewegen? Vielleicht,<br />
aber selbst dann nur sehr, sehr langsam. Ich glaube, dass zur<br />
Zeit Polylateralismus der weitaus wahrscheinlichere Ansatz<br />
ist. Die Klimaverhandlungen sind ein sehr gutes Beispiel: Es<br />
ist schier unmöglich, dass sich weltweit 192 Ländern auf eine<br />
gemeinsame Linie einigen. Aber die EU, die USA und China<br />
zusammen emittieren mehr als 50 Prozent aller CO 2<br />
-Emissionen,<br />
und sie könnten im Grunde die Politik zu CO 2<br />
-Einsparungen<br />
festlegen. Sie könnten dann leicht den Rest der Welt zwingen,<br />
ihrem Beispiel zu folgen. Aber leider sind die Vereinigten<br />
Staaten nicht in der Lage, eine solche Entscheidung zu treffen –<br />
aufgrund ih rer internen Regierungsstrukturen – und so<br />
würde ich die USA vergessen. Das bedeutet, dass die EU und<br />
China beginnen sollten, ein bilaterales Abkommen mit einer<br />
CO 2<br />
-Steuer an ihren Grenzen zu verhandeln. Im nächsten<br />
Schritt könnten sie etwa nur mit den Ländern Handel treiben<br />
wollen, welche sich ihrer Politik anschließen. Ich verspreche:<br />
Die anderen werden sich sehr schnell anschließen.<br />
GLOBAL COMPACT<br />
Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ist ein wunderbares Beispiel für freiwillige<br />
Maßnahmen, um in der Welt Fortschritte zu machen. Der<br />
<strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ist ein Vorbild überall dort, wo wir nicht in<br />
der Lage sind, verbindliche internationale Institutionen zu<br />
bilden, um die großen Fragen der Menschheit zu behandeln.<br />
Das Beste, was der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> aus meiner Sicht erreicht<br />
hat, ist, dass er alle ethischen Diskussionen über die geeigneten<br />
strategischen Ziele beendet hat. Der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> ist eine<br />
ordentliche Plattform, er bietet eine zivilisierte Antwort auf<br />
die meisten ethischen Fragen, denen Unternehmen begegnen.<br />
Wir brauchen das nicht weiter zu diskutieren. Jetzt stellt sich<br />
die Frage der Umsetzung.<br />
Aber wenn es um die Rettung der Welt geht, dann glaube ich<br />
nicht, dass freiwillige Maßnahmen ausreichen. Regulierungen<br />
sind notwendig, um sicherzustellen, dass wir die notwendigen<br />
Dinge tun, auch wenn sie weniger rentabel sind. Wir<br />
brauchen also einen Paradigmenwechsel von dem, was am<br />
profitabelsten ist zu dem, was gesellschaftlich betrachtet am<br />
notwendigsten ist.<br />
Persönlicher Wunsch<br />
Mein einziger Wunsch für die globale Gesellschaft ist, dass<br />
wir endlich Erfolg haben mit der Schaffung einer supranationalen<br />
Institution, die die Autorität hat zu entscheiden, wie<br />
viel Treibhausgase jedes Land ausstoßen darf. Diese Institution<br />
muss dann auch die Macht haben, diese Regelung durchzusetzen.<br />
Demokratische Regierungen sollten sich auf eine globale<br />
Zentralbank für Klimagasemissionen verständigen, so wie<br />
sich die meisten zivilisierten Gesellschaften ja auch auf eine<br />
Zentralbank verständigt haben, die die Geldmenge bestimmt.<br />
Das würde eine Art von internationaler Besteuerung nach sich<br />
ziehen, wie beispielsweise die Tobin-Steuer. Das Geld würde<br />
dazu dienen, Häuser zu isolieren, den Ausbau emissionsarmer<br />
Fahrzeuge zu fördern oder um Wind- und Solarparks zu bauen.<br />
Kurz gesagt, um die Welt klimafreundlicher zu machen, auch<br />
wenn dies ein wenig mehr kostet als gar nichts tun.<br />
Zum Buch<br />
Jørgen Randers: 2052<br />
Der neue Bericht an den Club of Rome<br />
Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre<br />
432 Seiten, oekom verlag München, <strong>2012</strong><br />
ISBN-13: 978-3-86581-398-5, € 24,95<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
129
Agenda<br />
Stichwort „Die<br />
des Wachstums“<br />
Die Studie „The Limits to Growth“, auf Deutsch „Die Grenzen<br />
des Wachstums“, wurde im Jahr 1972 veröffentlicht und<br />
gilt als eine der Ur-Studien zur nachhaltigen Entwicklung.<br />
Sie entstand auf Initiative von und mit Unterstützung des<br />
Club of Rome und wurde von der Stiftung Volkswagenwerk<br />
gefördert. Erstellt wurde sie von einem Team von 17 Wissenschaftlern<br />
am MIT Massachusetts Institute of Technology.<br />
Die vier Hauptautoren sind (waren) Dr. Donella H. Meadows<br />
(gestorben 2001), ihr Mann Dr. Dennis L. Meadows, Jørgen<br />
Randers und William Behrens.<br />
„Die Grenzen des Wachstums“ basierte auf dem Modell der<br />
„Dynamik komplexer Systeme“ („Systems Dynamics“) einer<br />
homogenen Welt, im Buch als „Weltmodell“ bezeichnet. Es<br />
berücksichtigte die Wechselwirkungen zwischen Bevölkerungsdichte,<br />
Nahrungsmittelressourcen, Energie, Material<br />
und Kapital, Umweltzerstörung, Landnutzung und so weiter.<br />
Es war bewusst ein ganz stark vereinfachtes Modell.<br />
In diesem Modell wurden eine Reihe von Szenarien entwickelt,<br />
mittels Computersimulation und basierend auf der Entwicklung<br />
verschiedener hypothetischer „stabilisierender“ politischer<br />
Maßnahmen. So gab es neben einem Standardlauf des Weltmodells<br />
auch spielerische Variationen wie etwa das Verhalten des<br />
Weltmodells bei verdoppelten Rohstoffreserven, „unbegrenzten“<br />
Rohstoffvorräten und kontrollierter Umweltverschmutzung<br />
bis hin zu „unbegrenzten“ Rohstoffvorräten, Bekämpfung<br />
der Umweltverschmutzung, erhöhter landwirtschaftlicher<br />
Produktion und einer perfekten Geburtenkontrolle. Die Ergebnisse<br />
waren immer ähnlich: ein katastrophaler Abfall in<br />
der Weltbevölkerung und dem Lebensstandard innerhalb von<br />
50 bis 100 Jahren, wenn die gegenwärtigen Trends anhielten.<br />
Der Club of Rome hat in der veröffentlichten Buch-Version<br />
eine kritische Würdigung dieser Studie vorgenommen. Die<br />
wesentlichen Aussagen sind im folgenden zitiert:<br />
(...) Stärker als je zuvor tendiert die Menschheit gegenwärtig<br />
zu beschleunigtem Wachstum der Bevölkerung, rascherer<br />
Nutzung von Boden, Steigerung von Produktion, Verbrauch<br />
und Erzeugung von Schadstoffen. Man nimmt dabei kurzerhand<br />
an, dass der natürliche Lebensraum dies zulasse oder<br />
dass Wissenschaft und Technik alle etwaigen Hindernisse<br />
überwinden könnten. Wir wollten wissen, bis zu welchem<br />
Grad diese Haltung mit den Gegebenheiten auf unserem begrenzten<br />
Planeten und den grundlegenden Notwendigkeiten<br />
unserer menschlichen Gemeinschaft vereinbar ist.<br />
(...) Wir wollten dazu beitragen, die herrschenden Kräfte und<br />
die zwischen ihnen wirkenden Beziehungen klar herauszuarbeiten,<br />
die auf lange Sicht unser Weltsystem beeinflussen.<br />
(...) Wir wollten vor weltweiten Krisenzuständen warnen, die<br />
entstehen können, wenn diese Tendenzen anhalten, und<br />
Wege zu Veränderungen auf politischem, wirtschaftlichem<br />
und sozialem Gebiet aufzeigen, die derartige Krisen verhindern<br />
können.<br />
(...) Wir sind überzeugt, dass eine klare Vorstellung über die<br />
quantitativen Grenzen unseres Lebensraums und die tragischen<br />
Über den „Club of Rome“<br />
Der„Club of Rome“ ist eine Vereinigung von Persönlichkeiten<br />
aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik aus allen<br />
Regionen unserer Erde. Er wurde 1968 von dem Fiat-Manager<br />
Aurelio Peccei und dem OECD-Generaldirektor Alexander King<br />
in Rom ins Leben gerufen, mit dem Ziel, sich für eine lebenswerte<br />
und nachhaltige Zukunft der Menschheit einzusetzen.<br />
Die Weltöffentlichkeit kennt den Club of Rome seit 1972<br />
durch den viel diskutierten Bericht The Limits to Growth (Die<br />
Grenzen des Wachstums), dem bisher weitere 30 „Berichte an<br />
den Club of Rome“ zu unterschiedlichen Zukunftsfragen der<br />
Menschheit folgten.<br />
Um die Ideale des Club of Rome zu verwirklichen, gibt es<br />
heute in 32 Ländern sogenannte „National Associations“,<br />
nationale Gesellschaften des Club of Rome. Die Deutsche Gesellschaft<br />
wurde 1978 in Hamburg durch eine Initiative von<br />
Eduard Pestel gegründet, der als Mitglied des Club of Rome<br />
entscheidend zur Realisierung der Arbeiten an „Die Grenzen<br />
des Wachstums“ beigetragen hatte.<br />
Die Leitidee ist eine nachhaltige Entwicklung, die die Bedürfnisse<br />
der heutigen wie auch der künftigen Generationen an<br />
den begrenzten Ressourcen sowie der begrenzten Belastbarkeit<br />
unserer Ökosysteme orientiert. Der Club of Rome nimmt eine<br />
globale Perspektive ein, in der komplexe Wechselwirkungen<br />
ebenso wie lange Zeiträume zur Geltung kommen sollen. Er<br />
möchte dazu beitragen, Systeme und Prozesse im Sinne einer<br />
nachhaltigen Entwicklung zu gestalten und dazu anregen, dass<br />
jede und jeder Einzelne im eigenen Umfeld damit beginnt.<br />
Dieser Grundsatz ist im Ausdruck „<strong>Global</strong> denken – lokal<br />
handeln“ („Think global, act local“) zum Markenzeichen des<br />
Club of Rome geworden.<br />
130 globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Ausblick 2052<br />
Der US-Ökonom Dennis L. Meadows ist<br />
ein international renommierter Kritiker<br />
des Wachstumsdenkens in der Wirtschaft.<br />
Meadows argumentiert, dass durch einen<br />
übermäßigen Verbrauch von Rohstoffen<br />
kein nachhaltiges Wachstum und keine<br />
langfristigen Arbeitsplätze entstehen.<br />
Konsequenzen unseres Überschießens seiner Belastbarkeit<br />
dafür wesentlich ist, neue Denkgewohnheiten zu entwickeln,<br />
die zu einer grundsätzlichen Änderung menschlichen Verhaltens<br />
und damit auch der Gesamtstruktur der gegenwärtigen<br />
Gesellschaft führen.<br />
(...) Unserer Ansicht nach hat der Bevölkerungsdruck auf der<br />
Erde bereits eine solche Größe erreicht und ist gleichzeitig so<br />
ungleichmäßig verteilt, dass allein das schon die Menschheit<br />
veranlassen muss, einen Gleichgewichtszustand anzustreben.<br />
(...) Wir vertreten die Ansicht, dass ein weltweiter Gleichgewichtszustand<br />
nur erreicht werden kann, wenn sich die<br />
Verhältnisse in den sogenannten Entwicklungsländern grundsätzlich<br />
verbessern, absolut und relativ gesehen zu den hochentwickelten<br />
Industrienationen. Das aber kann nur durch<br />
weltweite Maßnahmen erreicht werden.<br />
(...) Wir stellen fest, dass das Problem der Entwicklung auf<br />
weltweiter Ebene so eng mit anderen globalen Aufgaben<br />
verknüpft ist, dass eine übergreifende Strategie zur Lösung<br />
aller bedeutenden Probleme erarbeitet werden muss, besonders<br />
auch der, die sich aus der Einwirkung des Menschen auf<br />
seine Umwelt ergibt.<br />
(...) Wir vertreten in der Tat die Ansicht, dass soziale Innovationen<br />
nicht mehr länger hinter den technischen zurückbleiben<br />
dürfen, dass die Zeit für eine radikale Reform institutioneller<br />
und politischer Prozesse auf allen Ebenen, einschließlich der<br />
höchsten, der Ebene der Weltpolitik, reif ist.<br />
(...) Zweifellos wird das Einschlagen neuer Wege für die Menschheit<br />
eine langfristige gemeinsame Planung und aufeinander<br />
abgestimmte, internationale Maßnahmen in einem bisher<br />
unbekannten Ausmaß erforderlich machen.<br />
(...) Die Hauptverantwortung liegt dabei bei den industriell<br />
entwickelten Nationen, nicht weil diese ein besseres Verständnis<br />
für die Erfordernisse eines wahrhaft humanen Lebens<br />
haben, sondern weil sie das Wachstumssyndrom erzeugt<br />
haben und noch immer an der Spitze des Fortschritts stehen,<br />
auf dem das Wachstum beruht. Wenn tiefere Einsichten in<br />
die Bedingungen und Vorgänge innerhalb des Weltsystems<br />
entwickelt werden, so müssen diese Nationen erkennen, dass<br />
in einer Welt, die dringend der Stabilität bedarf, ihr hoher<br />
Entwicklungsstand nur dann gerechtfertigt ist und toleriert<br />
wird, wenn er nicht als Sprungbrett für eine noch raschere<br />
Entwicklung, sondern als Ausgangslage für eine gleichmäßigere<br />
Verteilung von Wohlstand und Einkommen auf der<br />
ganzen Erde benutzt wird.<br />
(...) Wir sind schließlich überzeugt, dass jeder vernünftige<br />
Versuch, einen dauerhaften Gleichgewichtszustand durch<br />
geplante Maßnahmen herbeizuführen, letztlich nur bei<br />
grundsätzlicher Änderung der Wert- und Zielvorstellungen<br />
des Einzelnen, der Völker und auf der Weltebene von Erfolg<br />
gekrönt sein wird.<br />
(...) Der Bericht (... ) zeigt, dass es möglich sein wird, eine große,<br />
aber zahlenmäßig beschränkte Weltbevölkerung mit einem<br />
guten materiellen Lebensstandard zu versorgen, der eine fast<br />
unbegrenzte individuelle und soziale Weiterentwicklung<br />
gestatten wird.“<br />
Quelle: Die Aachener Stiftung Kathy Beys, Überarbeitung Dr. Elmer Lenzen<br />
Zum Buch<br />
Donella H. Meadows, Dennis L. Meadows,<br />
Jørgen Randers, William W. Behrens III (Hrsg.):<br />
The Limits to Growth<br />
205 pages, Universe Books: 1972,<br />
ISBN 0-87663-165-0 (out of print)<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
131
Agenda<br />
Vision<br />
Von Dr. Elmer Lenzen<br />
Zukunftsszenarien gibt es viele, doch in einer Einschätzung<br />
ähneln sie sich. Alle gehen davon aus, dass es im Vergleich zu<br />
heute eine deutlich größere Weltbevölkerung, geringere Ressourcen<br />
und wachsende Auswirkungen durch den Klimawandel<br />
geben wird. Für die „Vision 2050“ des World Business Council<br />
for Sustainable Development (WBCSD) haben 29 weltweit tätige<br />
Unternehmen aus 14 Branchen gemeinsam über Lösungen<br />
für diese Herausforderungen nachgedacht. Die „Vision 2050“<br />
liegt im CSR-Bereich, zeigt sie doch nicht nur die Probleme<br />
auf, sondern auch strategische Lösungswege. Anders als die<br />
Studie des Club of Rome wählt sie dazu einen sogenannten<br />
„Backtracking-Ansatz“. Ausgangspunkt ist eine gewünschte<br />
Wirklichkeit im Jahr 2050. Von diesem idealisierten Punkt aus<br />
werden nun Szenarien, Strategien und Konzepte entwickelt,<br />
um dorthin zu gelangen. Beispiel Bevölkerungswachstum<br />
und Urbanisierung: Die WBCSD Studie geht davon aus, dass<br />
die Weltbevölkerung von derzeit ca. sieben Milliarden auf<br />
neun Milliarden Menschen ansteigen wird. 98 Prozent dieses<br />
Wachstums werden nach UN-Berechnungen in Entwicklungsund<br />
Schwellenländern stattfinden.<br />
Am Gravierendsten werden die Auswirkungen in den Städten<br />
sein: Die Stadtbevölkerung wird sich verdoppeln. Megacities<br />
werden, oftmals unkoordiniert, wuchern. Es wird viele<br />
Wachstumsverlierer geben, die in Slums leben werden. Es<br />
wird aber auch eine wachsende Zahl an Menschen geben,<br />
die wirtschaftlich aufsteigen und den Lebensstandard der<br />
Mittelklasse erreichen. Damit steigt auch der Ressourcenverbrauch<br />
pro Kopf. Die Studienautoren schreiben: „Die Vision<br />
2050 basiert auf Wahrnehmungen, Berechnungen und Vorhersagen<br />
der beteiligten Unternehmen und Experten. Sie ist<br />
nach heutigem Wissen der beste Wegweiser in die Zukunft<br />
und soll Entscheidungsträgern in Regierungen, Unternehmen<br />
und zivilgesellschaftlichen Organisationen dabei helfen, die<br />
Fehler der Vergangenheit zu vermeiden – nämlich isolierte<br />
Entscheidungen zu treffen, die unbeabsichtigte Folgen für die<br />
Menschen, die Umwelt und die Erde haben.<br />
Die Entscheidungsträger in der Wirtschaft werden mit ganz<br />
neuen Anforderungen konfrontiert sein. Für Politik und Unternehmen<br />
werden Klimawandel und Ressourcenknappheit<br />
vom Umwelt- zum Wirtschaftsthema, bei dem es darum geht,<br />
wer die Chancen verwirklicht und wer die Kosten trägt. Man<br />
wird nach einem Wachstums- und Fortschrittsmodell suchen,<br />
das auf eine vernünftige Nutzung erneuerbarer Ressourcen<br />
und die Rückgewinnung nicht erneuerbarer Rohstoffe setzt.<br />
Daraus wird sich ein „Öko-Wettlauf“ ergeben, bei dem Staaten<br />
und Unternehmen kooperieren, aber auch konkurrieren. Diese<br />
Veränderungen nützen jenen Unternehmen, deren Entscheidungsträger<br />
die lokalen und globalen Herausforderungen<br />
nicht nur als Problem und Kostenfaktor sehen, sondern als<br />
Gelegenheit für Investitionen, mit denen sie zu Lösungen und<br />
zur Verwirklichung der Chancen beitragen.“<br />
Für den WBCSD bezieht sich die Fehlervermeidung vor allem<br />
auf diese Punkte:<br />
• Förderung von Bildung und wirtschaftlicher Emanzipation,<br />
v. a. von Frauen<br />
• Die Einpreisung externer Folgekosten wie CO 2<br />
, Wasser,<br />
Ökodienstleistungen<br />
• Die Verdoppelung der Agrarerträge bei konstantem Flächenund<br />
Wasserverbrauch<br />
• Die Halbierung der Emissionen bis 2050 (gegenüber 2005)<br />
• Verfügbarkeit klimaschonender Mobilität<br />
• Effizientere Nutzung der Rohstoffe um Faktor 4 bis 10<br />
Motivation für die Unternehmen im WBCSD ist eine Chancenorientierte<br />
Sicht auf die Herausforderungen der Zukunft. Die<br />
größere Weltbevölkerung bedeutet nach Ansicht des WBCSD<br />
letztendlich ja auch viele neue Konsumenten, die Wohnungen,<br />
Autos, Hausgeräte etc. benötigen. Die Zukunft bietet also<br />
auch enorme Wachstums- und Wertschöpfungspotenziale.<br />
In der Studie heißt es dazu: „Die zukünftigen Umwälzungen<br />
bringen enorme Chancen für viele Wirtschaftssektoren mit<br />
sich. Die globalen Problemfelder Wachstum, Urbanisierung,<br />
Ressourcenknappheit und Veränderungen der Umwelt werden<br />
im nächsten Jahrzehnt die strategische Ausrichtung von<br />
Unternehmen bestimmen. Allein in den Bereichen natürliche<br />
Ressourcen und Gesundheit und Bildung könnten sich im Jahr<br />
2020 Marktchancen in einer Größenordnung von USD 0,5 bis<br />
1,5 Billionen ergeben, die (auf Basis heutiger Preise) im Jahr<br />
2050 bereits auf USD 3 bis 10 Billionen steigen. Das entspricht<br />
1,5 bis 4,5 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP)<br />
von 2050. Chancen ergeben sich etwa bei der Entwicklung und<br />
Verwaltung von klimaschonenden und abfallfreien Städten,<br />
Verkehrs- und Infrastruktursystemen.“<br />
132<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
Ausblick 2052<br />
Vision 2050 – die neue Wirtschaftsagenda<br />
I. Ausbau und Transformation ...<br />
b) Infrastruktur<br />
a) Städte<br />
c) Lebensunterhalt<br />
und Lebensstile<br />
• Neubau und<br />
Flächenmanagement<br />
• Stadtplanung<br />
und -entwicklung<br />
• Intelligente<br />
Anwendungen<br />
• Urbane Mobilität<br />
• Transportinfrastruktur<br />
• Energieinfrastruktur:<br />
- Intelligenter<br />
Energiemix /<br />
Erneuerbare<br />
Energien<br />
- CO 2<br />
-Reduktion<br />
und intelligente<br />
Energiesysteme<br />
• Intelligente<br />
Mobilität<br />
• Eco-Häuser<br />
• Angepasste Lösungen<br />
für alle Märkte<br />
• Gesundheitsprävention<br />
und -versorgung<br />
• Bildung<br />
• Konsumentenerziehung<br />
und -marketing<br />
• Nachhaltige Lebensstile<br />
promoten<br />
• Intelligentes Produktdesign<br />
• Ökonomie des Leihens<br />
• Produkte und Dienstleistungen<br />
für alternde Bevölkerung<br />
• Nahrungsversorgung<br />
für Städte<br />
• Holzprodukte<br />
• Schutz und Wiederherstellung<br />
der Natur<br />
• Effizienzsteigerungen<br />
• Planung und<br />
Management der<br />
Landnutzung<br />
• Recycling<br />
• Infrastruktur zur<br />
Abfallwirtschaft<br />
• Intelligente<br />
Wassersysteme<br />
• Wasserinfrastruktur:<br />
- Anbieterseitige<br />
Innovationen und<br />
Lösungen<br />
- Reduktion und<br />
Anpassung des<br />
Wasserverbrauchs<br />
- Wassermanagement<br />
mithilfe der<br />
Forstwirtschaft<br />
• Zugang zu:<br />
- Wasser<br />
- Energie<br />
- Wohnen<br />
- Bildung<br />
- Finanzen<br />
- Gesundheit<br />
- Mobilität<br />
• Naturorientierte Bildung und<br />
Partnerschaften<br />
• Ressourcenteilende<br />
Unternehmen<br />
• Aus- und Weiterbildung der<br />
Mitarbeiter<br />
II. Ausbau der Biokapazitäten und Management der Ökosysteme<br />
• Waldschutz und Wiederaufforstung<br />
• Vermeidung von Rodungen<br />
• Schutz vor Bodenerosion<br />
• Schutz von Lebensräumen und Biodiversität<br />
• Wiederherstellung von Brachland und belasteten Böden<br />
III. Den Wandel möglich machen<br />
• Aufbau und Betreuung komplexer Koalitionen<br />
• Transparente Finanzierungen und Versicherungen<br />
• Realwert-Berechnungen<br />
• Verbindungen durch Informations- und<br />
Kommunikationstechnologien<br />
• Labeling und Produktzertifikate<br />
• Bildung und Sensibilisierung<br />
• Forschung und Einflussnahme in Politik-,<br />
Investitions- und Konsumentenwandel<br />
Quelle: WBCSD, Übersetzung: Dr. Elmer Lenzen<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
133
Agenda Impressum<br />
Verlag:<br />
Mediengruppe macondo<br />
Dahlweg 87<br />
48153 Münster<br />
Tel.: +49 (0) 251 – 200782-0<br />
Fax: +49 (0) 251 – 200782-22<br />
Mail: info@macondo.de<br />
URL: www.macondo.de<br />
USt-Id-Nr.: DE214683825<br />
Herausgeber:<br />
Dr. Elmer Lenzen<br />
Redaktion:<br />
Judith Bomholt, Dennis Lohmann,<br />
Sonja Scheferling<br />
Bildredaktion:<br />
Marion Lenzen<br />
Gestaltung:<br />
Magnus A. Sundermann<br />
Lektorat:<br />
Marion Lenzen<br />
Klimaneutralität:<br />
Das vorliegende Druckerzeugnis ist<br />
durch anerkannte Klimaschutzprojekte<br />
klimaneutral gestellt worden.<br />
(Nature Office Gold Standard Portfolio -<br />
GS, VER)<br />
Papier:<br />
Plano® Art, FSC zertifiziert<br />
Grußnote:<br />
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon<br />
Autoren dieser Ausgabe<br />
(in alphabetischer Reihenfolge):<br />
Dominique Alhäuser, Sarah Beckers,<br />
Yvonne Benkert, Georg Benz, Tom<br />
Biggs, Dr. Wolfgang Böhmer, Katja<br />
Brösse, Gerald Breyer, Kristina<br />
Ebenbeck, Hendrik Fink, Madeleine<br />
Förster, Julia Glogowski, Prof. Dr. Armin<br />
Grun wald, Dr. Axel Haberer, Christine<br />
Haupt, Dr. Jürgen Janssen, Georg Kell,<br />
Uwe Kleinert, Rainer Knirsch, Silke<br />
Linne-weber, Stefan Löbbert, Joachim<br />
Löchte, Tina Lück, André Månsson,<br />
Georg Müller, Elise Pham, Dr. Christina<br />
Raab, Prof. Dr. Jørgen Randers, Prof. Dr.<br />
134<br />
klimaneutral<br />
natureOffice.com | DE-223-100079<br />
gedruckt<br />
Ortwin Renn, Heinke Richter, Christoph<br />
Ringwald, Andreas von Saldern, Prof.<br />
Dr. Annette Schavan, Andy Schnackertz,<br />
Matthias W. Send, Pia Simon, Lisa<br />
Süß, Dr. Georg Suso Sutter, Oliver<br />
Thomsen, Philip Thormark, Dr. Peter F.<br />
Tropschuh, Isabell Ullrich, Gerd Vollmer,<br />
Dr. Wolfgang Weimer-Jehle, Marcel<br />
Wolsing, Kai Zöbelein<br />
Namentlich gekennzeichnete<br />
Beiträge geben nicht die Meinung des<br />
Herausgebers wieder.<br />
Bildnachweis:<br />
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25 oben, S. 31), mediaphotos/iStockphoto<br />
(S. 4 oben, 6/7), UN <strong>Global</strong><br />
Com pact (S. 4 Mitte, 27, S. 24 unten),<br />
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StudentReporter (S. 28), UN Photo/<br />
Rossana Fraga (S. 32), Essent (S. 35),<br />
DGCN (S. 36), Konstantin Yolshin/<br />
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Daimler (S. 45 links), miket/Fotolia.com<br />
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Reitter/Fotolia.com (S. 50), industrieblick/Fotolia.com<br />
(S. 56/57), Kärcher<br />
(S. 58/59), ABB (S. 63 links), ABB/<br />
Stefan Trappe (S. 63 rechts), Bayer<br />
(S. 84/85), Bosch (S. 66/67), Thomas<br />
Koehler/photothek.net (S. 68), Thomas<br />
Imo/photothek.net (S. 69), Heraeus<br />
(S. 70/71), HypoVereinsbank/UniCredit<br />
(S. 72), Miele (S. 74/75), Weidmüller<br />
(S. 76/77), Stefan Warter/Audi (S. 81),<br />
BSH (S. 83 oben, S. 83 unten links),<br />
Jan Greune/BSH (S. 83 unten rechts),<br />
Deutsche Post DHL (S. 85), francoise<br />
bro/Fotolia.com (S. 86), Evonik (S. 87),<br />
HSE (S. 88/89), Oliver Tjaden (S. 90),<br />
Willi Weber Fotografie (S. 91), Merck<br />
(S. 92/93), RWE (S. 94/95), Deutsche<br />
Telekom (S. 96/97), VS Vereinigte<br />
Spezialmöbelfabriken (S. 99), Harald<br />
Biebel/Fotolia.com (S. 100/101), BASF<br />
(S. 102/103), BMW (S. 104/105), CEWE<br />
(S. 106/107), Angelika Stehle/Coca-Cola<br />
(S. 108), Daimler/Mercedes-Benz Cars<br />
(S. 110/111), Ernst & Young (S. 113),<br />
Krones (S. 114/115), EUROMEDIA-<br />
HOUSE/MAN (S. 117), Judith Bomholt/<br />
macondo (S. 118), Dron/Fotolia.com<br />
(S. 120), Volkswagen (S. 121),<br />
Lavaris Technologies (S. 122/123),<br />
Kwest/Fotolia.com (S. 124/125),<br />
Jørgen Randers (S. 127), claudiozacc/<br />
Fotolia.com (S. 128), Schweizerische<br />
Energie-Stiftung SES (S. 131) sowie<br />
Marion Lenzen (S. 49, 78/79)<br />
Titelbild:<br />
Teun van den Dries / iStockphoto<br />
Bezugspreis:<br />
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Rechte:<br />
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck,<br />
Aufnahme in Online-Dienste und<br />
Internet sowie Vervielfältigung jeglicher<br />
Art nur nach vorheriger schriftlicher<br />
Zustimmung des HerausgeberS.<br />
Für unverlangt eingeschickte<br />
Manuskripte, Fotos und Illustrationen<br />
übernehmen wir keine Gewähr.<br />
ISSN 1614-7685<br />
ISBN-13: 978-3-9813540-4-1<br />
Printed in Germany © 2013<br />
Nützliche Adressen:<br />
Geschäftsstelle Deutsches <strong>Global</strong><br />
<strong>Compact</strong> Netzwerk (DGCN)<br />
Stabsstelle Zusammenarbeit mit<br />
der Wirtschaft<br />
Deutsche Gesellschaft für<br />
Internationale Zusammenarbeit<br />
(GIZ) GmbH<br />
Reichpietschufer 20<br />
10785 Berlin<br />
Tel.: +49 (0) 30 72614-204<br />
Fax.: +49 (0) 30 72614-130<br />
Mail: globalcompact@giz.de<br />
URL: www.globalcompact.de<br />
United Nations <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Office<br />
DC2-618<br />
New York, NY 10017, USA<br />
Tel.: +1 (212) 963 - 1490<br />
Fax: +1 (212) 963 - 1207<br />
Mail: name@un.org<br />
URL: www.unglobalcompact.org<br />
globalcompact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong>
SGS-COC-1349<br />
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Mediengruppe macondo<br />
Dahlweg 87<br />
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Tel: +49 (0) 2 51 - 200 782 -0<br />
Fax: +49 (0) 2 51 - 200 782 -22<br />
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Titel_2005_RZ 06.01.2006 15:02 Uhr Seite 2<br />
SGS-COC-1349<br />
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27.12.2007, 16:59<br />
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20.12.2006, 20:56<br />
Bisherige Ausgaben<br />
»<br />
Let us choose to unite the power<br />
of markets with the authority of<br />
universal ideals. Let us choose to<br />
reconcile the creative forces of private<br />
entrepeneurship with the needs of the<br />
disadvantaged and the requirements<br />
of future generations.<br />
BESTELLANSCHRIFT<br />
mediengruppe macondo<br />
Hüfferstr.25 | 48149Münster<br />
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«<br />
Kofi Annan, Secretary-General of the United Nations<br />
global<br />
compact<br />
25 | 30 US$<br />
Falzmarken Rücken<br />
global compact <strong>Deutschland</strong> | 2005<br />
global<br />
compact<br />
2005<br />
Today <strong>Deutschland</strong> it is increasingly clear<br />
that UN objectives – peace,<br />
security, development go hand-inhand<br />
with prosperity and growing<br />
markets.<br />
If societies fail, so will markets.<br />
Kofi Annan, former Secretary-General of the United Nations<br />
global<br />
compact<br />
25,00 EUR<br />
BESTELLANSCHRIFT Berliner Platz 8-10 Tel: +49 (0) 251 - 48 44 93 40 info@macondo.de<br />
Mediengruppe macondo D-48143 Münster Fax: +49 (0) 251 - 48 44 93 42 www.macondo.de<br />
global compact <strong>Deutschland</strong> | 2006<br />
global<br />
compact<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
2006<br />
iness leaders to embrace<br />
t as an organizing tool<br />
rations. Ensure that<br />
iaries and supply chain<br />
mpact as both a<br />
and a moral compass.<br />
global compact <strong>Deutschland</strong> | 2007<br />
compact<br />
Ich freue mich, dass die Mitglieder des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> <strong>Deutschland</strong> in einem<br />
global<strong>Deutschland</strong><br />
Jahrbuch über ihre Aktivitäten berichten. Ich wünsche mir, dass dieses Buch noch<br />
mehr Unternehmen anspornt, sich zu den Prinzipien des <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> zu bekennen<br />
und diese mit Engagement umzusetzen – im eigenen Betrieb ebenso wie über dessen<br />
Grenzen hinaus. Wir brauchen dieses Engagement der Unternehmen für mehr Ausgleich<br />
und Gerechtigkeit der internationalen Ordnung.<br />
I am pleased that the members of <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Germany are reporting on their<br />
activities in a yearbook. I hope that this book will encourage even more companies to<br />
adopt the <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Principles and carry them out with commitment – in their own<br />
operations and beyond their boundaries. We need this involvement of<br />
companies for more balance and justice in the international order.<br />
global compact <strong>Deutschland</strong> | 2008<br />
global<br />
compact<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
global<br />
compact<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
Ki-moon,<br />
retary General of the United Nations<br />
Dr. Horst Köhler,<br />
Deutscher Bundespräsident<br />
German Federal President<br />
Ich wünsche dem deutschen <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Jahrbuch einen großen Leserkreis.<br />
Möge es zu weiteren Anstrengungen für kreative und erfolgreiche Partnerschaften<br />
animieren, die der <strong>Global</strong>isierung nicht nur ein freundliches Gesicht verleihen, sondern vor<br />
allem deren vielfältige Chancen und positive Entwicklungen konkret erfahrbar machen.<br />
I wish the German <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong> Yearbook a large readership. May it<br />
animate further efforts towards creative and successful partnerships that not only give<br />
globalisation a friendly face but, above all, make it possible to experience<br />
concretely its many opportunities and positive developments.<br />
Dr. Angela Merkel,<br />
Deutsche Bundeskanzlerin<br />
German Federal Chancellor<br />
2007<br />
30,00 EUR<br />
2008<br />
2009<br />
T Berliner Platz 8-10 Tel: +49 (0) 251 - 48 44 93 40 info@macondo.de<br />
ndo D-48143 Münster Fax: +49 (0) 251 - 48 44 93 42 www.macondo.de<br />
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erische<br />
ng muss ein<br />
erden für ethische<br />
ärkte.<br />
UN Generalsekretär Ban Ki-moon<br />
global compact <strong>Deutschland</strong> 2010<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
global<br />
compact<br />
Durch Vorbilder und Kooperationen<br />
in Initiativen und Netzwerken können<br />
wir das Bewusstsein für Nachhaltigkeit auch<br />
als wirtschaftlichen Erfolgsfaktor weiter<br />
schärfen. Hierbei nimmt der <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong><br />
eine wichtige Rolle ein. Allen Akteuren, die<br />
sich in diese weltweite Initiative einbringen,<br />
sage ich von Herzen Dank.<br />
global compact <strong>Deutschland</strong> 2011<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
global<br />
compact<br />
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel<br />
30,00 EUR<br />
2010<br />
2011
These two goals<br />
– growth and quality –<br />
are keys to <strong>Global</strong> <strong>Compact</strong>’s<br />
global compact <strong>Deutschland</strong> <strong>2012</strong><br />
future.<br />
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon<br />
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